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an sich

ist nichts, das wir wüßten, das wir Menschen wissen könnten; an sich ist, genau betrachtet, eine Negation; die kühne Behauptung, daß Etwas da sei, was dennoch nicht auf uns gewirkt habe. Nur der naive Realismus glaubt zu wissen, was die Dinge an sich, an und für sich seien. Die Formel an sich ist eine alte und genaue Übersetzung des griech. καϑ αὑτο, einer Redensart, welche wohl dem griechischen Sprachgeiste oder wenigstens den Gewohnheiten der griechischen Schulsprache angepaßt war; außer uns Deutschen hat keine moderne Kultursprache den Terminus dauernd übernommen. Im Deutschen hat Hegel sogar, dialektisch und unlogisch, den Dreitakt an sich – für sich – an und für sich in die Terminologie eingeführt und hat durch seinen vorübergehenden Erfolg die Sprachmode so stark beeinflußt, daß der letzte Ausdruck, der als Synthese des schwer begreiflichen an sich und des wirklich sinnverwirrenden für sich völlig unverständlich ist, daß – sage ich – der Ausdruck an und für sich in die deutsche Gemeinsprache der Bildungsphilister übergegangen ist. Denn das griech. καϑ' αὑτο ist nur die Negation einer Wirkung; ein Ding kann eine Wirkung haben προς τι, auf ein anderes Ding, oder προς ἡμας, auf uns, auf die menschliche Erkenntnis. Von den Beziehungen und Wirkungen der Dinge auf uns geben unsre Zufallssinne uns einige Nachricht; von den Wirkungen der Dinge aufeinander verschaffen wir uns durch List und Experiment, oft auch nur durch Analogieschlüsse, einige Kenntnis. Wobei wir übrigens niemals erfahren, wie ein Ding auf das andere direkt wirke; sondern höchstens, wie sich das andere Ding durch die Wirkung des ersten für uns verändert habe. Nur eine metaphysische Hypothese ist es (allerdings die älteste Hypothese des Menschen), daß die Dinge außer diesen Wirkungen noch etwas sind, καϑ' αὑτο, an sich. Wie sie aber außer diesen Wirkungen (aufeinander und auf uns) noch etwas für sich sein können, das verstehe, wer mag. (Wer als Übersetzung von καϑ' αὑτο für sich vorzieht wird wiederum den Terminus an sich tilgen müssen.) Die Frage nach dem An-sich der Dinge ist dem menschlichen Denken von der uralten Hypothese des naiven Realismus gestellt worden; die Antwort wurde nie gefunden, wenn nicht in Sprachverrenkungen, wie in dem το τι ἠν εἰναι des Aristoteles und in dem fremdartigen Ding-an-sich Kants oder in neuen deutlichen oder heimlichen Negationen wie: das Absolute, the unknowable. Auch die Sprachkritik sucht sich mit diesen historischen Formeln abzufinden, und ich mache von den Worten, mit denen ich die dreifache Beziehung wiedergebe, häufig Gebrauch. Die Dinge προς ἡμας bilden für uns die adjektivische Welt, die allein greifbare und begreifliche Welt des Sensualismus; die Dinge προς τι bilden die verbale oder kausale Welt, deren Beziehungen zueinander die Wissenschaft aufzuklären sich bestrebt; die Dinge an sich bilden die Welt noch einmal, die schöne überflüssige Welt, die substantivische Welt, – die in Feierstunden notwendige Welt der Mystik. (Vgl. Art.  substantivische Welt und verbale Welt.)

 


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