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IV.
Capriccio.

D ass wir im neuen Jahrhundert
uns treffen durch Zufalls Spiel,
es hat mich gar nicht gewundert:
Ich hatte das so im Gefühl.

Wie freut es mich, dass ich's erreichte,
dich wiederzusehn, Pierrot.
Vernimm meine Karnevalsbeichte
bei diesem Glase Cliquot:

Dass einst ich dich angebetet,
ich glaube es selber kaum.
Ganz definitiv ertötet
ist mein blühender Liebestraum.

Du bist mitunter abscheulich!
Welch kapriziöse Art
hattest du nicht erst neulich
bei unserer Droschkenfahrt.

Wir reichten uns höflichst die Hände
und dachten im Stillen voll Hohn:
Erfreulicherweise zu Ende
die beiderseit'ge Passion!

Nein, weisst du, wie ich dir grollte!
Ich wiederholte mir täglich,
dass ich dich hassen wollte,
glühend, verzehrend … unsäglich!

Was bist du mir denn, mein Lieber?
Ich sage es ohne Malice:
Es geht doch alles vorüber,
Warum denn nicht diese Caprice?

Wie schade, dass wir uns nicht trafen,
wenn ich kutschierte voll Verve
das dogcart des blonden Grafen,
(meines Liebsten in der Reserve).

Oder wenn der Niebesiegte
(mein Tenor!) im separée
in seinen Armen mich wiegte
als sein geliebtes bébé!

Oder wenn Excellenz, der Alte, –
(Ach, dass ihn Venus behüte
und seine Ruinen erhalte!)
so andachtsvoll vor mir kniete. – – –

Dass ich einstmals dich besessen
in deiner Lilienschlankheit,
Pierrot, das hab' ich vergessen
wie eine Kinderkrankheit!

Das ging mit moderner Schnelle.
Ich hab' dich geliebt. – Vorbei! –
Du warst in meiner Tabelle
Nummer einhundertzwei!

Das ist meine Karnevalsbeichte!
Herrgott! wie bin ich doch froh,
dass ich diesen Standpunkt erreichte.
Und jetzt – – leb' wohl, Pierrot!

Ich habe dir alles gestanden,
doch ja! – der Wahrheit die Ehr':
So wie du zu küssen verstanden,
versteht es doch keiner mehr!

Und keinen hab' ich gefunden,
der erzählen kann wie du!
Wie viele entzückende Stunden
hörte ich träumend dir zu.

Stets war mir, wenn ich dir lauschte,
als tränke ich Sekt mit Bordeaux.
Wie mich die Stimme berauschte,
du ahnst es nicht, Pierrot!

Und als ich die anderen küsste,
erschien mir das wie ein Vergehn! –
Dass ich dich unendlich vermisste,
muss ich dir leider gestehn.

Ich dachte im Träumen und Wachen,
ich dachte zu jeder Stund'
an dein leichtsinniges Lachen
und an deinen roten Mund.

Und – – ja – – was wollte ich sagen?! –
Herzliebster! Schmolle nicht so!
Wir – wollen – uns – wieder – vertragen!
Meinst du nicht auch, Pierrot?!

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