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Sappho.

D ie Meereswellen singen sacht
ihr ew'ges Klagelied, und weich
umfängt mich schwül die Frühlingsnacht,
und meine Seele sucht nach euch.

O kommt! o süsse Mädchenschar,
ich will von deiner Schönheit trinken,
und gieb dem wind dein wildes Haar
und lass die Hüllen lautlos sinken.

Reich deinen Mund, mein blasses Kind,
und schüre meine tolle Glut; – – –
wie kühl die roten Lippen sind;
du weisst noch nicht, wie Liebe thut.

Und du mit deiner Riesenlast
von flammend rotem Lockengold,
das dir wie Feuerwogen fast
bis auf die Fersen niederrollt,

Lasst mich die Flackerlichter sehn,
die heiss aus deinen Augen sprühn,
und du darfst niemals von mir gehn,
denn du bist schön wie Sonnenglüh'n.

Ihr aber seid wie blasse Strahlen,
ihr scheuen, schlanken Schwestern beide,
mit euren stummen Liebesqualen,
mit eurem stillen Herzeleide,

Mit eurer Glieder Marmorpracht,
weiss wie der Wellen Leuchteschaum,
und euer Haar ist wie die Nacht,
und schweigsam seid ihr wie ein Traum –

O Blütenstrauss! O Mädchenschar,
ich will von deiner Schönheit trinken,
und gieb dem Wind dein wildes Haar,
und lass die Hüllen lautlos sinken! –

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