Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
11.
Zu Nürnberg lebte der Harnischmacher Herimann Haubenschmidt, ein in seiner Kunst gar bewanderter Mann, der auch dem Eppelein und seinen Freunden das Rüstzeug lieferte und ihm daher als einem guten Kunden wohl gesinnt war. Der stand im Jahre 1349 an der Spitze der unzufriedenen Handwerker, die nicht einsehen wollten, warum sie sich durch die Patrizier und Kaufherren sollten regieren lassen zu deren, nicht zu ihrem Vorteil. Und um den Gegensatz noch größer zu machen, hielt der Rat mit den Geschlechtern zu Kaiser Karl, das niedere Volk zu Günther von Schwarzburg.
Die Meinungen aber waren geteilt. Auf Seiten der Geißbärte und Handwerker standen manche der Patrizier, Albrecht Ebner, Ulrich Stromer, Hans Ortlieb, Hermann Maurer und andere mehr, die bei einer Umwälzung an das Ruder zu kommen hofften. Auf Seiten des Rates aber hielten die Metzger und Messerschmiede fest.
So gab es manche Reibereien in den Schenken und auf den Gassen, bis die Unzufriedenen unter des Haubenschmidt Führung durch einen Gewaltstreich das Regiment an sich zu reißen beschlossen.
Hiervon hatte der Eppelein erfahren und gedachte dabei zu sein, wenn es zu Nürnberg losginge, da er immer seine Freude daran hatte, wenn sich die dort in den Haaren lagen und sich die Dickschädel blutig schlugen. So machte er sich von Drameysl weg und ritt nach Nürnberg.
Im Kreuzgang des Dominikanerklosters versammelten sich zu später Stunde die Unzufriedenen. Dort sprach in markigen Worten der Harnischmacher und nach ihm seine Helfershelfer Pfauentritt, Gramlieb, Rex und Ofenwisch, ein jeder für seine Zunft.
Als aber der Zunder gelegt und das Feuer der Leidenschaft geschürt war, trat in voller Rüstung Eppelein mit seinen Freunden herein, so daß die Versammelten nicht anders glaubten, als ihre Zusammenkunft sei dem Rat verraten worden. Sie freuten sich aber, als sie den Eppelein erkannten, denn ein so starker Arm war ihnen in jenen Tagen gar sehr willkommen.
Der Ritter trat auf das Podest und sprach zu ihnen:
»Liebwerte Zünftler und Handwerksleut! Bin stets Euer Freund in Ehren gewest, obgleich die Herren vom Rat das nit haben erkennen wollen und mich mißachtet, mir auch haben den Garaus machen wollen, dieweil ich in ehrlicher Fehde gegen sie gestanden. Hab allzeit Mitleiden mit Euch gehabt, daß Ihr Euer gut und sauer erworben Geld habet in ihre Taschen stecken müssen und bin gern bereit, Euch zu helfen, damit Ihr dasselbige wiedergewännet. Verspreche Euch auch, falls Ihr die Macht ergreifet, Euch ein guter und treuer Freund zu sein, wie es dem Ritter geziemet, den Unterdrückten beizustehen.«
Da war ein großer Jubel, daß die Kreuzbögen widerhallten, und alle traten herzu und drückten dem wackeren Manne die Hand. Der aber lachte sich ins Fäustchen und sagte zu sich in Gedanken:
»Ihr Ellenreiter und Krämerseelen! Wird ein Ritter sich beschmutzen in Eurer Gemeinschaft? Nein! Will aber oben rupfen und unten zupfen, weil man die Gelegenheit beim Schopf ergreifen soll, so diese sich bietet.«
Da war aber ein Jude, Namens Abraham ben Ismael, der dem neuen Bürgermeister, Kaspar von Grundherr, verpflichtet war und sich ihm dankbar erzeigen wollte. Der wußte auch, daß er und seine Stammesgenossen bei den Geißbärten nicht gut angeschrieben standen. Der wohnte als Bettelmönch verkleidet hinter einer Säule der Versammlung bei und verriet, was er gesehen und gehört hatte, den Geschlechtern, so daß, als die Handwerker Ernst machen wollten, sie die Gegner wohl gerüstet fanden.
Da gab es einen furchtbaren Tumult zu Nürnberg.
Der Eppelein, als Metzger verkleidet, war auch dabei. Wie vorher verabredet worden, fing er auf dem Herrenmarkt mit einem Bäcker scheinbar Streit an und gab so den ersten Anlaß zum Aufstand.
Da schlugen sie sich männiglich herum und es gab blutige Köpfe. Manch einer drückte den Boden und die Quacksalber hatten alle Hände voll zu tun, bis die Handwerker allmählich doch die Oberhand gewannen.
Da gedachte Eppelein auch eine alte Schuld wett zu machen und begab sich zu seines Gevatters, des jetzigen Ratsherrn Tetzel Haus, dem zu melden, die Zünftler rückten an und wollten ihm das Haus verbrennen. Da war der Tetzel dem Eppelein dankbar, wußte aber keinen Rat, wie er denen entkommen könne. Eppelein aber führte ihn zum Misthaufen, der an der Stadtmauer duftete, und riet ihm, von da aus zur Mauerkrone hinaufzuklimmen und drüben das Weite zu suchen. Das leuchtete dem Tetzel wohl ein. Als er aber auf der obersten Sprosse stand und mit den Händen schon die Kante berühren konnte, rief Eppelein, der ihm half: »Sie kommen! Sie kommen!« und riß die Leiter weg, daß der Ratsherr in die Jauche klatschte und ein übelduftendes Bad nahm.
Eppelein aber ließ ihn nicht heraus, ergriff eine Gabel und häufte den Mist in Garben über ihn. Er tue das, sagte er, damit die Handwerker ihn nicht fänden, denn unterm Mist vermute keiner einen so wackeren Herrn vom Rate.
Er aber lief zum Hof hinaus.
Da lag der Tetzel stundenlang und rührte und regte sich nicht, bis er merkte, daß der Eppelein sich mit ihm einen schlechten Spaß gemacht habe, denn die Zünftler hatten anderes zu tun.
Der Eppelein aber lief unterdessen von Haus zu Haus, wo er wußte, daß einer von den Reichen wohnte, und tat sein Werk. Die aber erkannten ihn in seiner Verkleidung nicht.
Den Seitz Holzschuher, den Haller und den Pfienzing steckte er in Truhen, den Pirkheim, den Behaim und den Geuder in halbgefüllte Mehlsäcke, den Stromaier, den Schopper, den Groß, den Muffel und andere in leere Weinfässer und rollte und wälzte sie durch die Straßen zum Markt, daß sie glaubten, Hören und Sehen verginge ihnen, und sie ihm Berge Goldes versprachen, wenn er sie heil zur Stadt hinausbrächte. Das tat er und legte seine Truhen, Tonnen und Mehlsäcke auf einen Karren, den seine Knechte bereit hielten, sagte den Handwerkern, die fragten, was er da habe, das sei sein Teil, und fuhr sie vor die Stadt, wo er sich seine Belohnung auszahlen ließ. So zog er seinen Gewinn von jeder Partei.
Die Handwerker aber wollten sich wundern, daß sie keinen von den Ratsherren fanden, und plünderten in ihrer Wut darüber, daß diese ihnen entschlüpft, ihre Häuser, daß die Möbelstücke, Truhen und Betten, und was sonst zum Hausrat gehört, zertrümmert und zerschnitten auf den Gassen lagen.
Die Geschlechter aber flohen nach Haideck, wo sie bei dem ihnen wohlgesinnten Burgherren Unterschlupf fanden.
Als es aber zur Teilung kam und Eppelein seinen Lohn forderte, paßte das dem Volk nicht. Sie nannten ihn einen Raubgesellen, sagten, er habe ja schon seinen Teil sich angeeignet, und zwackten hier ab und dort ab von dem, was ihm noch zukam.
Da wurde der Ritter wütend und ritt davon, sandte ihnen aber ein Schreiben, in dem es so hieß:
»Ihr Backtröge und Scherenschleifer, Ihr Eisenklopfer und Holzdreher wollt einem edlen Ritter des heiligen römischen Reiches deutscher Nation seinen Sold nit geben? So merket Euch, daß er Euer gedenken will, wenn es Euch am unliebsten, und Euch die Brühe zu dem Braten richten, daß sie zum Himmel stinket wie ihr selbst!«
In ihrem Uebermut verlachten sie seine Drohung. Ein Narrenregiment begann nun zu Nürnberg. Zunächst verordnete der neue Rat, daß jedes Handwerk seine Trinkstube und seine Tanztage haben sollte. Da war des tollen Lebens, des Fressens und Saufens und Raufens kein Ende. Dann aber gedachte er auch, der Stadt Gutes zu tun und begann, die Mauern niederzureißen, denn er wollte Nürnberg um das Doppelte erweitern und Poppenreuth in den Stadtkreis einbeziehen. Wird urkundlich berichtet.
Rechtzeitig aber wandte sich das Glück. Der Haidecker half dem Rat, in die Stadt zurückzukehren, und Kaiser Karl zog herbei und bestrafte die Unbotmäßigen in harter Weise.
Der ganze Haß aber, der immer noch die Besiegten erfüllte, sollte sich bald gegen die unschuldigen Juden wenden.