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Aphorismen.
Gott ist heilig; heilig seine Wege, heilig das Wort, heilig die Wohnung, heilig die Offenbarung seiner Macht, furchtbar und verehrungswürdig durch Heiligkeit.
Jalkut Jesaja S. 42.
Lobet den Herrn, denn er ist gütig; – ihn der für seine Schuldforderungen an den Menschen die Güter annimmt, die er ihm selbst, und in demselben Verhältnisse zutheilt. – Der Ochs des Reichen, das Lämmchen des Armen, das Ei des Weisen, das Huhn der Wittwe Es sind dieses die Gegenstände, die das mosaische Gesetz für die verschiedenen daselbst angedeuteten Personen als Spenden und Sühnopfer festsetzt. sind ihm gleich angenehm.
Pesachim S. 118 a.
Der Segen des Herrn ist der Friede; – das Siegel des Herrn ist die Wahrheit.
Megilla 18 a. Sabbath 55 a.
Der Mensch bildet Formen und Gestalten, aber kann sie nicht beleben. – Der Herr erschafft Körper innerhalb von Körpern, und Formen innerhalb von Formen, und haucht ihnen das Leben ein. Darum nannte ihn das prophetische Wort den höchsten Künstler. – Die Arbeit zerstört den menschlichen Künstler; aber der göttliche Künstler vollbringt seine Arbeit, und lebt.
Berachot 10 a. Megilla 14 a.
Adonai Adonai, ein hebräisches Wort, das eigentlich »Herr« bedeutet, und das gewöhnlich Gott bezeichnet. ist der Herr des Krieges; sein Name ist Adonai.
Als Herr des Krieges erschien er Israel am Meere; als ein Held, umgürtet mit Degen und Panzer und Schild, und bewaffnet mit Lanze und Spieß.
Aber vielleicht hat er diese Waffen nöthig? Nein Adonai ist sein Name. Sein Name ist's, der kämpft und siegt.
Gott erschien auf Sinai als ein ehrwürdiger Greis, von dessen Antlitz Güte und Mitleid ausstrahlen. –
War's vielleicht ein anderer Gott? – Nein: Adonai ist sein Name. Er ist der Gott des Meeres, er ist der Gott der Vergangenheit, der Gegenwart und aller Zeitalter. Die menschliche Kraft stützt sich auf Waffen und Kriegswerkzeuge; die göttliche Kraft beruht in seinem Namen.
Die menschliche Kraft schwindet mit den Jahren; die göttliche verändert sich nicht mit den Jahrhunderten.
Die menschliche Kraft in ihrer Wuth zerstört und vernichtet Alles. – Aber Gott, Adonai ist sein Name, immer barmherzig gegen alle seine Geschöpfe.
Die menschliche Kraft, wenn sie den tödtlichen Streich führt, kann ihn nicht mehr zurückziehen; die göttliche Kraft entfesselt den Blitz, und ruft ihn wieder zurück.
Die menschliche Kraft umgiebt sich mit Bewaffneten, aber reicht nicht aus, sie zu ernähren, sie zu beherbergen, Gott, der der Herr des Krieges ist, sorgt auch für alle seine Geschöpfe.
Die menschliche Kraft zieht in den Krieg mit Tausenden von Bewaffneten, und kehrt in Frieden mit gelichteten Reihen zurück. – Gott geht allein in die Schlacht, und kehrt in Frieden mit Tausenden seiner Geschöpfe zurück.
Der Mensch kann nur den Bitten und dem Weinen eines Einzigen Gehör schenken. – Gott, wenn auch alle menschlichen Geschöpfe zugleich sich bittend an ihn wenden würden, würde das Weinen und die Bitten Aller hören.
Der Mensch ist mitleidig gegen seine Angehörigen, und grausam gegen die Andern. – Gott ist gegen seine Heiligen härter und strenger.
Der Mensch wirft dem, der das Leben für ihn hingiebt, einen Obolen hin, und entläßt ihn. – Gott giebt demjenigen, dem er wohlwill, sowohl Friede, als Wissenschaft und Reichthum.
Jalkut S. 171 b.
Wo immer du ein Zeichen seiner Größe wahrnimmst, findest Du auch ein Zeugniß seiner Demuth. – Der Sterbliche, der einen Verwandten hat, verkündet laut seine Verwandtschaft mit ihm, wenn dieser reich ist; wenn arm, so verbirgt und verschweigt er sie. – Nicht so ist es bei Gott, der, wenn Israel sich auch in der tiefsten Erniedrigung befindet, dessen Kinder als seine Brüder und Freunde erklärt. – Der Sterbliche bezieht die Größe seines Nächsten auf sich und sagt: »jener Große ist mein Verwandter.« Gott bezieht die Kleinheit seiner Geschöpfe auf sich, und spricht mit dem Psalmisten »Israel, sein anverwandtes Volk.«
Megilla 31 a.
Gott umfaßt die Welt: Wörtlich; »Gott ist der Ort der Welt,« ein talmudischer Ausdruck, der anzeigt, daß die Unermeßlichkeit Gottes anders und größer ist, als die Unermeßlichkeit des Weltalls. die Welt umfaßt Gott nicht.
Der römische Kaiser richtete eines Tages folgende Fragen an Rabbi Gamaliel: »Ihr stellt eine sonderbare Lehre auf. Wenn man euch hört, so ruht die göttliche Majestät über jeder Versammlung von zehn Betenden. Es muß doch eine große Anzahl solcher Majestäten geben für so viele dergleichen Versammlungen, die durch die Welt verstreut sein mögen.«
Der Rabbiner, ohne zu antworten, rief den Diener des Kaisers, ließ ihn hinzutreten, und schlug ihn leicht auf die Stirne, mit einem Blicke des Vorwurfs.
Warum schlugst du ihn? sagte der Fürst.
Warum? antwortete der Gelehrte. Bemerkst du nicht, daß die Sonne dir auf dein königliches Gesicht brennt? War es nicht Pflicht von diesem, den Sonnenstrahl von deinem Gesicht abzulenken?
Was faselst du? den Sonnenstrahl ablenken? Wer kann sich jener Gluth entziehen? Verbreitet die Sonne ihr Licht nicht über die ganze Erde?
Ueber die ganze Erde? Und doch ist die Sonne nur ein unendlich kleines Lichtchen im Vergleiche mit dem göttlichen Lichte. Und glaubst du nicht, daß dieses göttliche Licht sich auch über die tausende von frommen Versammlungen der Erde erstrecken könne?
Sanhedrin S. 39 a.
Ich will euern Gott sehen, sagte der Kaiser zu Rabbi Jehoschua.
Herr! antwortete der Weise, euer sterblicher Blick kann den großen Glanz nicht ertragen.
Nicht ertragen? ich will es versuchen, ich will ihn sehen. Ihr wollt? versetzte der Weise: wohlan! folget mir.
Es war die wärmste Zeit des Jahres, und die Tagesstunde brannte am heißesten. Der Weise führte den Fürsten auf das freie Feld, zeigte auf die Sonne hin, und sprach zu ihm: Großer Fürst! richtet euern Blick dorthin.
Zur Sonne? antwortete der Andere verwundert.
Wer kann den Blick auf die Sonne gerichtet halten? Ihr könnt nicht? Aber die Sonne ist nichts Anderes, als einer der unzähligen Diener Gottes. Ihr könnt das Auge nicht auf diesen seinen Diener richten, und wollet Gott sehen?
Chulin S. 59 b.
Zum Hochzeitsmahle seines Sohnes hatte Gamaliel drei gelehrte Freunde eingeladen, Elieser, Jehoschua und Zadok.
Als die Geladenen sich an den Hochzeitstisch gesetzt hatten, geht Gamaliel mit dem Becher in der Hand umher, und bietet zu trinken an.
Der erste Gelehrte, erröthend und beschämt von einem so großen Manne bedient zu werden, läßt ihn weiter gehen, ohne etwas anzunehmen.
Der zweite hingegen nimmt an, und trinkt. Der Andere erstaunt, und fast unwillig, spricht also zu ihm: »Freund! wie kannst du es zugeben, daß ein so großer Mann dich bediene?«
Bediene? antwortete der Angeredete. Was thut's, wenn es ihm Vergnügen macht? Sei er immerhin groß, er ist doch nur ein Mensch. Wir haben in der heiligen Geschichte Beispiele von großen Männern, die ähnliche Handlungen der Demuth und Bescheidenheit verrichteten. Wer ist größer als Abraham? der, wie uns das heilige Wort erzählt, die drei Gäste als ein gemeiner Diener bei Tische bediente? »Und die Gäste waren für ihn nur Menschen! er wußte nicht, daß sie Engel seien.«
Da unterbrach Rabbi Zadok das Gespräch mit folgenden Worten: »Meine Freunde! Ihr suchet Beispiele von Demuth, Güte, Fürsorge, und sucht sie bei menschlichen Geschöpfen; suchet sie vielmehr beim Vater aller Dinge. Er ist es, der von Zeit zu Zeit ein leises Lüftchen um uns wehen läßt; Er ist es, der die Wolken sammelt, der die Erde mit Regen befeuchtet, der die Felder befruchtet, der die Saaten wachsen läßt, der gleichsam den zubereiteten Tisch vor uns hinstellt. Was sind die Dienste des Menschen im Vergleich mit diesen!«
Kiduschin S. 32 b.
Ein dienstthuender Vorbeter ließ dem gewöhnlichen Gebete einen selbstverfaßten Lobgesang an Gott vorhergehen, mit einem nicht endenwollenden Schwall von Beinamen und Lobliedern. Derselbe fing also an: »o großer Gott, starker, ehrwürdiger, mächtiger, gefürchteter, geehrter, ewiger …«, und wollte nicht aufhören, Beinamen auf Beinamen und Lobsprüche auf Lobsprüche zu häufen. Rabbi Jochanan, der zugegen war, wartete geduldig, bis der Vorsänger seinen langen Vortrag beendet hatte, alsdann sich ihm nähernd, sprach er also zu ihm: »Mein Freund! hast du wirklich alle Lobsprüche, die dem Herrn gebühren, erschöpft? Welche Kühnheit! Wir wagen es kaum in unsern Gebeten, Gott diejenigen Eigenschaften beizulegen, die das heilige Buch uns lehrt, denn in unserer Unwissenheit geschieht es allzuleicht, daß wir dem Herrn Beinamen geben, die ihm nicht geziemen. Und du lässest dich zu einer so unvorsichtigen Redseligkeit fortreißen? Glaubst du, durch diese unkluge Ueberschwenglichkeit Gott in der rechten Weise zu loben? Stelle dir einen König, Herrn von Millionen Unterthanen vor. Wäre es vielleicht ein angemessenes Lob, wenn du ihn König von Tausenden nennen würdest? So, je mehr Worte du häufst, wenn du von Gott redest, desto entfernter bleibst du von der Wahrheit.«