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VII. Shuin. Die Selbstbefriedigung

Wir haben oben in den Abschnitten über das Harikata und das Azumagata, bei letzterem ausschließlich, gegenständliche Mittel für die Selbstbefriedigung von Mann und Frau kennen gelernt; das Harikata wird auch in Formen hergestellt, die dazu dienen sollen, den geschlechtlichen Genuß der Frau zu erhöhen. Im folgenden handelt es sich lediglich um Selbstbefriedigung der beiden Geschlechter ohne gegenständliche Mittel, d. h. durch die menschliche Hand, die wir als Teil des eigenen Körpers nicht zu den, wir wollen einmal sagen: fabrikmäßig hergestellten gegenständlichen Mittel rechnen können.

Zunächst wollen wir uns mit den Namen der Selbstbefriedigung beschäftigen, die für beide Geschlechter gebraucht werden. Die Unterlagen bieten nur wenig in dieser Hinsicht. »Irou« bedeutet: sich mit etwas befassen, etwas handhaben, gebrauchen, mit der Hand befühlen, berühren; es ist also an sich ein »anständiges« Wort, solange es nicht für das Berühren der Geschlechtsteile, das Kitzeln der Vulva oder die Handhabung des Penis gebraucht wird. »Iro«, das allerdings nur zufällig in Irou vorkommt, bedeutet sowohl Liebe im edlen Sinne, als auch Geschlechtsverkehr; wird aber meistens mit der Nebenbedeutung »Wollust« verwendet, so daß in »Irou« der Begriff der Selbstbefriedigung leicht eingeschoben werden konnte.

Ähnlich liegt der Fall bei dem Wort »Itazura«, das aber als unzüchtig, unverschämt, verworfen, Unsittlichkeit (es ist sowohl Eigenschaftswort als auch Hauptwort) nur in der Gassensprache die Selbstbefriedigung beider Geschlechter bedeutet, während es sonst auch für unerlaubten Geschlechtsverkehr und Liebesränke gebraucht wird. In diesem Sinne sagt man: »Itazura-Goto«, ein unzüchtiger Gegenstand (wie das Harikata usw.); Itazura-mono, ein ausschweifender Mensch, »ein übler Kunde«; »Itazura-Musume«, ein unsittliches Mädchen; »Itazura wo suru«, in Liebessachen Unheil anrichten. Jedenfalls muß man mit der Verwendung des Wortes Itazura vorsichtig sein, denn es hat auch die Nebenbedeutung: Scherz, Schabernack, und als Umstandswort: vergebens (Fujisawa und Inouye).

Als Schluß der allgemeinen Ausdrücke noch zwei besondere Redewendungen: »Hotaru-Kaki«, das Reiben des Leuchtkäfers, für die Selbstbefriedigung an einem dunklen Ort, und »Mekuragaki«, wie ein blinder Mann Selbstbefriedigung treiben, d. h. mit geschlossenen Augen.

Das als Überschrift gewählte Wort »Shuin« ist gewissermaßen das wissenschaftliche Wort für die Selbstbefriedigung beider Geschlechter.

Für die Selbstbefriedigung des Mannes gibt es eine Unmenge Ausdrücke, die zum großen Teil mit dem bei uns gebrauchten übereinstimmen. »Tezaiku« bedeutet: die Handarbeit. In dem erotischen Buch »Kōshoku Akaeboshi« (Die wollüstige rote Mütze) steht folgendes:

»Danshi wa Hassai yori Tezaiku no gaku ni iru.«

»Mit Beginn des achten Lebensjahres lernt der Mann das Handwerk.« Stände diese Zeile nicht in einem erotischen Buch, so würde sie, aus dem Zusammenhang herausgerissen, ganz harmlos klingen; so aber erfahren wir die interessante Tatsache, in welchem Alter die japanischen Knaben mit der »Handarbeit« beginnen.

Etwas scherzhaft sagt man in der Provinz Higo »Te-Tenjō«, die Hand nach der Zimmerdecke führen oder richten. Die Unterlagen bieten keine Erklärung für den Ausdruck.

Deutlicher ist schon das Wort »Tezutsu«, der Handrevolver (Tsutsu, das Gewehr, die Kanone). Es tauchte zuerst in der japanischen Übersetzung eines chinesischen Buches auf, mit dem Titel »Nikufuton« (Yeh Pu Yüan). Nikufuton oder Nikubuton bedeutet wörtlich: Die Körperdecke oder die Fleischdecke. Futon ist die wattierte Decke, die auf die Strohmatten gelegt wird, und auf der die Japaner zu sitzen pflegen. Nikufuton ist ein Gassenwort für eine Ehefrau oder für eine Beischläferin. Man bezeichnet damit aber auch einen alten Mann, der zwischen zweien oder mehreren jungen Mädchen schläft, um dadurch verjüngt zu werden und Kräfte für den Geschlechtsverkehr zu erhalten. Wir sehen also, daß der Glaube an die Verjüngung durch Aufnahme der Ausdünstung junger Mädchen auch in Japan bekannt ist.

 

Mit Te (Hand) zusammengesetzte Ausdrücke gibt es noch mehrere. »Tewaza« bedeutete wie Tezaiku: die Handarbeit. Ein beim Volke sehr beliebtes Wort ist »Te-Bobo«, die Handvulva, womit man einen Mann bezeichnet, der die Hand zu einer Vulva zusammenschließt und auf diese Weise Selbstbefriedigung treibt. Diese Tätigkeit nennt man »Tegaki«, das Reiben mit der Hand. In dem erotischen Buch »San In Ron« (Drei Abhandlungen über die Geschlechtsteile) steht folgendes: »Man nennt es Hyaku-mukuri oder Tegaki in diesem Lande.« »Hyaku-mukuri« bedeutet: Das hundertmalige Abstreifen oder Entblößen und weist auf das Zurückziehen der Vorhaut hin. In dem Buch »Immei Kō« (Abhandlung über die Namen der Geschlechtsteile) von Matsuoka Yuzuru wird Hyaku-mukuri ebenfalls erwähnt: »Chizuri-Momogaki oder Hyaku-Mukuri.« Dieses Chizuri-momogaki« ist eigentlich nur eine bedeutend vermehrte Auflage von Hyaku-mukuri, denn es bedeutet: Ein hundert und tausend Handgriffe. In früheren Zeiten gebrauchte man auch für die Selbstbefriedigung das Wort »Kisehagi«, das Entblößen und Bedecken, nämlich der Spitze des Penis.

Statt des oben erwähnten Te-Tenjō gebraucht man auch für Selbstbefriedigung das Wort »Ude-Tengō«, Der mit dem Arm närrisch tut, den Kobold spielt, und als Zeitwort »Udetengō wo kaku«, Selbstbefriedigung treiben. Veraltet ist der Ausdruck »Hitori-Tengō«, mit sich selbst spielen. Tengō wird in der Umgangssprache in der Bedeutung »mit der Hand spielen« gebraucht. In dem erotischen Buch »Shinjitsu Ise Monogatari« (Eine wahrhaftige Geschichte von Ise) ist folgendes zu lesen:

»Otonage naku mo Kodomo no toki seshi
         Hitoritengō ni rachiakete.«

»Es war kindisch, mit den Händen zu spielen, was er früher versucht hatte, um diese Sache zu erledigen.« Der einfachste Ausdruck, der wohl überall gebraucht wird, ist »Kaku«, reiben. Ein Senryū sagt:

»Baka na hitorimi Yotsumeya wo
         Tsukete kaki.«

»Ein närrischer Junggeselle treibt Selbstbefriedigung und bringt dabei ein Aphrodisiacum auf seinen Penis!« Die Mittel, die vom Hause Yotsumeya verkauft wurden, haben wir oben ausführlich besprochen. Das Senryū macht sich über den Junggesellen lustig, der noch ein den Geschlechtstrieb anregendes Mittel braucht, um seinen Penis in die richtige Verfassung zu bringen.

 

Eine lustige Geschichte, die mit der Doppelsinnigkeit der Wörter spielt und deshalb im Deutschen nicht wörtlich übersetzt werden kann, wollen wir hier mit den japanischen Wörtern wiedergeben, unter Beifügung der deutschen Übersetzung. Es handelt sich um ein Zwiegespräch zwischen dem Besitzer des Geschäftes und dem Lehrling Iwamatsu. Der Bantō ist der erste Buchhalter, der Vorsteher des kaufmännischen Büros.

 

Der Herr: »Höre einmal, Iwamatsu, was hast du im Lagerhaus gemacht?«

Iwamatsu: »Oh! Ich habe die Abzugsrinne gereinigt!«

Der Herr: »Wer hat das angeordnet? Und was ist das für eine Abzugsrinne?«

Iwamatsu: »Der Herr Bantō hat das angeordnet!«

Der Herr: »Lüge mich doch nicht an! Du hast Henzuri (Selbstbefriedigung) getrieben! Nicht wahr?«

Iwamatsu: »Nein, nein! Solchen Unfug mache ich niemals!«

Der Herr: »Wirklich? Weshalb hast du denn mit gespreizten Beinen dagestanden und den Kopf heruntergebeugt? Was hatte denn das zu bedeuten?«

Iwamatsu: »Der Herr Bantō befahl mir, das so zu machen!«

Der Herr: »Was du nicht sagst! Solchen Unfug ordnet der Bantō niemals an! Wer hat dir gesagt, daß du Henzuri (Selbstbefriedigung) treiben sollst?«

Iwamatsu: »Bantō-san ga!« (Der Herr Bantō hat es gesagt!)

Der Herr: »Du verdammter Kerl! Willst du mich denn verrückt machen?«

Iwamatsu: »Nein! Ganz gewiß nicht! Aber der ... Herr ... Bantō ... befahl ... es!«

Der Herr: »Was sagte er denn eigentlich, als er dir den Befehl gab?«

Iwamatsu: »Ah! Du wirst niemals etwas lernen, wenn du nicht Kaku (schreibst)!«

Der Herr: »Das ist aber doch kein Henzuri! Das ist doch Tenarai (Schreibübung)!«

Iwamatsu: »Aber Henzuri und Tenarai ist doch ganz dasselbe!«

Der Herr: »Was meinst du damit?«

Iwamatsu: »Weil in beiden mit den Fingerspitzen Kaku (geschrieben und gerieben) wird!«

 

Im Deutschen könnte man den Scherz beim Erzählen allenfalls durch eine undeutliche Aussprache des Wortes »geschrieben« wiedergeben. Wir werden im Abschnitt über die Selbstbefriedigung bei Frauen auf die Schreibübung zurückkommen, weil uns dafür ein Bild eines schreibenden Mädchens zur Verfügung steht, auf dem auch das Henzuri zur Geltung kommt. Henzuri, das in der Umgangssprache als Bezeichnung der Selbstbefriedigung für beide Geschlechter dient, ist aus Senzuri, tausend Reibungen, entstellt, aber trotzdem vielleicht das volkstümlichste Wort für die einsame Selbstbefriedigung des Mannes. Über das Wort Senzuri gibt es ein Kyōka, ein komisches Gedichtchen, das durch einen eigenartigen Vergleich auffällt:

»Senzuri wa Sumida-no-Kawa no watashimori,
         Sao wo nigitte kawa wo achi-kochi.«

»Die Selbstbefriedigung ist gleich einem Fährmann am Sumidafluß, denn er muß die Stange festhalten und die Haut hin und her bewegen.« Der witzige Sinn des Kyōka ist in der Übersetzung gar nicht wiederzugeben; kawa bedeutet sowohl Wasser als auch Haut. Sao, die Stange, ist zugleich ein Wort des niederen Volkes für den Penis, wie im folgenden Senryū:

»Sao e suji dashite
         Segare wo hara wo tate.«

»Indem er eine blaue Ader auf der Stange zeigte, wurde der Sohn zornig.« Der Sohn oder mein Sohn, Segare, als Bezeichnung für den Penis, ist ein nicht sehr häufig gebrauchtes Wort und scheint sonderbarerweise nur in der Beziehung zum Zorn gebraucht zu werden, wie das nachfolgende Senryū beweist:

»Segare doko yuku aosuji tatete;
         Umare-kokyō no aka-bobo sashite.«

»Mein Sohn, wo gehst du hin mit den blauen Adern, die auf deinem Körper herausstehen?« »Ich gehe zu meinem Geburtsort, einem rot gefärbten Cunnus!« Der Witz liegt darin, daß man von dem zornigen Sohn eine ganz andere Antwort erwartet, als die, daß der Blaue zu einer Roten geht. –

Die auch im Deutschen nicht unbekannte Bezeichnung der männlichen Selbstbefriedigung als »Fünf gegen Einen« hat im Japanischen mehrfachen Ausdruck gefunden. Man sagt: »Gonin-Bayashi«, die fünf Musikanten, »Gonin-Musume«, die fünf Mädchen oder die fünf Töchter, und »Goningumi«, die Bande oder die Rotte von fünf Mann. Hier ist also jeder Finger der Hand als selbständige Person aufgefaßt. Dieses Wort wird in der Umgangssprache für die Selbstbefriedigung beider Geschlechter benutzt, aber gewöhnlich nur auf Männer angewendet. Für das weibliche Geschlecht kommt zunächst das Wort »Niningumi« in Betracht, von dem wir später sprechen werden; »Goningumi« hat es wohl nur der Ähnlichkeit des Lautes zu verdanken, daß es zuweilen auch bei Frauen gebraucht wird.

 

Ein Volksliedchen mit »Goningumi« lautet so:

»Hito no Koiji wo
         Kiku tabigoto ni,
Sewa ni naru no wa Goningumi.«

»Jedesmal, wenn ich von den Liebeshändeln anderer höre, nehme ich die Selbstbefriedigung zu Hilfe.« Im Deutschen ließe sich der Witz des Volksliedchens sehr gut wiedergeben, wenn wir den Doppelsinn von »Händeln« in Anspruch nehmen und sagen: »Jedesmal, wenn ich von Liebeshändeln höre, rufe ich eine Bande von fünf Mann zur Hilfe herbei!«

Ein älterer Schriftsteller hat aus der »Bande von fünf Mann« das schönere Wort »Goshirō« gemacht, das »die fünf Finger Töchter« bedeutet, also die fünf Finger als fünf Schwestern aufgefaßt. »Goshirō« findet man in dem erotischen Buch »Yedo Murasaki« (Die Purpurfarbe von Yedo), das während der Anyei-Periode erschien (1772–1780 u. Z.).

Aus der Fachsprache der Schulknaben in der Meiji-Ära ist uns das Wort »Toppu« für Selbstbefriedigung überliefert, das heute allerdings fast außer Gebrauch gekommen ist. Es scheint sich um einen Schülerscherz zu handeln. Toppu ist die japanische Wiedergabe des englischen Wortes Top, das im Deutschen viele Bedeutungen hat, von denen die im Japanischen gebrauchte aus den Unterlagen nicht ersichtlich ist. In Betracht käme: Kopf, Spitze oder auch vielleicht der Kreisel, der in Süddeutschland mundartlich Topp oder Dopp genannt wird. Jedenfalls wird das Wort Top in japanischen Schriftzeichen Doku Raku geschrieben, und dies bedeutet: Durch sich selbst Vergnügen haben.

siehe Bildunterschrift

Rōsoku-ya.

Ein Gassenwort für den Penis ist »Rōsoku«, die Kerze, die Wachskerze, das seit der Yedo-Periode gebraucht wird. Den Penis eines Knaben nennt man »Rōsoku-Chimbō«, wobei man durch Beisetzung des Wortes Chimbō lediglich einen kleinen Penis bezeichnen will, da Chimbō an sich schon, wie wir oben gesehen haben, in der Kindersprache den Penis eines Knaben, also ein »Zümptchen«, bedeutet.

Ein »Rōsoku-Ya« ist ein Kerzenmacher; Lichtzieher können wir nicht gut sagen, da bei den Japanern während der Yedo-Periode das Wachs an der Spitze eines Bambusstäbchens angebracht wurde, indem man es dort mit der Hand festdrückte. Auf dem oben stehenden ersten Bilde aus »Yanagidaru«, Bd. 2, erschienen im 14. Tempō-Jahr (1843 u. Z.), sieht man fertige Kerzen, die etwa wie die Blütenkolben unseres Schilfrohres aussehen, und im Hintergrund sind die Stäbchen an die Wand gelehnt. Die Art der Herstellung der Kerzen war die Veranlassung, daß man die männliche Selbstbefriedigung als »Rōsoku-Ya« bezeichnete und die Ausübung als »Rōsoku Kakeru«, das Licht anfassen. Ein Senryū macht mit der doppelsinnigen Bedeutung des Wortes »Rōsoku« folgenden Scherz:

»Rōsoku-ya kozō jōzu ni shigoku teru.«

»Der kleine Gehilfe des Kerzenmachers kann schon sehr geschickt mit der Hand durchziehen.« Das untenstehende Bild aus einem erotischen Buch mit lustigen Erzählungen, das gegen Ende der Yedo-Periode erschien, will die Selbstbefriedigung nach Art der Herstellung der Kerzen deutlich machen. Durch die kaum angedeuteten Schamhaare soll das jugendliche Alter des »Kerzenmachers« hervorgehoben werden. –

Wenn ein Mann unter Heranziehung seiner Einbildungskraft unter bestimmten Vorstellungen Selbstbefriedigung treibt, so nennt man das in Japan »Ategaki«, eine tadelnswerte Handlung. Der Vorwurf des Tadelnswerten richtet sich dabei nicht gegen die Selbstbefriedigung an sich, sondern nach einem alten Aberglauben wird die bei der Selbstbefriedigung vorgestellte Person, eine Frau oder ein Mädchen, die eigene Frau oder die Geliebte, ganz bestimmt krank. Nach einem in der Yedo-Periode erschienenen Buch kann ein solcher Mann, im Volke Ategaki genannt, sich das Bild seiner Geliebten im Geiste vorstellen oder auch ein wirkliches Bild betrachten, während er Selbstbefriedigung treibt. Ein Kyōka (kleines humoristisches Gedichtchen) in dem erotischen Buch »Shunsō Hiji« (Geheime Gespräche aus dem Plauderzimmer) sagt folgendes über Ategaki:

siehe Bildunterschrift

Rōsoku-ya.

»Yube kimi ni hedaterareba, Ategaki no kawatsurumi shite
         usa wo shinobitsu.«

»Wenn sie dir nachts den Koitus abschlägt, so mach das wieder gut indem du Selbstbefriedigung treibst und sie dir dabei vorstellst.«

siehe Bildunterschrift

Ategaki.

Dies ist in dem obenstehenden Bild von dem Maler zum Ausdruck gebracht. Er hat selbstverständlich die Geliebte oder Frau des Mannes als Gemälde an der Wand angebracht, da er ja anders die eingebildete Vorstellung nicht zum Ausdruck bringen konnte. Es wird sowieso niemand annehmen, daß in einer Wohnung eine Darstellung der Geliebten in dieser Haltung an die Wand gehängt wird. Wir haben oben im Abschnitt über das Harikata gesehen, daß auch Frauen es lieben, beim Gebrauch eines Harikata das Bild eines Geliebten oder eines berühmten Schauspielers zu betrachten und daß man diese Art der Selbstbefriedigung » Ateire«, das tadelnswerte Hineinstecken, nennt. Das Bild ist dem oft erwähnten Buch »Bidō Nichiya Nyohō Ki« entnommen. Zu diesem Bild paßt sehr gut das folgende Senryū, das wie üblich zunächst ganz harmlos klingt:

»Kame no kubi yori
         Mizu no deru kimi no yosa.«

»Was ist das für eine nette Sache, wenn man aus dem Kopf der Schildkröte das Wasser heraussprudeln sieht.« Kame, die Schildkröte, bedeutet in der Mundart von Hokkaidō, der nördlichsten der vier großen Inseln, den Penis. »Mizu«, das Wasser, »Kimizu«, das gelbe Wasser, oder »Shiro-Mizu«, das weiße Wasser, nachdem Reis darin gewaschen ist, sind volkstümliche Ausdrücke für den männlichen Samen. Es handelt sich also in dem Senryū um die Freude, die der Selbstbefriediger hat, wenn aus dem Penis der Samen hervorkommt.

Das in dem oben angeführten Kyōka gebrauchte Wort »Kawatsurumi« bedeutet eigentlich: Verkehr, Umgang mit der Haut; gemeint ist natürlich: mit der Haut des Penis (Fujisawa: Tsurumu, sich paaren). Es wird auch manchmal auf den gleichgeschlechtlichen Verkehr unter Männern angewendet, ist aber im allgemeinen ein Gassenwort für die Selbstbefriedigung. Ise Teijō sagt darüber:

»Kawatsurumi wa kinsei no zoku ni Senzuri-wo-kaku to iu koto nari, waga Mara no kawa nite Tsurumu to iu koto narubeshi.«

»Kawatsurumi ist dasselbe, was wir heute Senzuri-wo-kaku (Selbstbefriedigung treiben, siehe oben) nennen. Das Wort ist wohl als ›Verkehr mit der Haut des eigenen Penis‹ zu deuten.« Matsuoka Yuzuru schreibt in seinem Buche »Immei Kō« (Sonderabhandlung über die Namen der Geschlechtsteile):

»Te shite Dan-in no kawa wo rōsuru waza
         wo inishiye wa Kawatsurumi to ieri.«

»Die Haut an den Geschlechtsteilen eines Mannes, die mit seiner eigenen Hand bewegt wird, nannte man in alten Zeiten Kawatsurumi.« –

Zu den Männern, die Selbstbefriedigung ausüben, müssen wir auch die Frotteure rechnen, die sich in irgendeinem Menschengedränge auf der Straße, auf der Eisenbahn an das andere Geschlecht von hinten heranmachen, um ihre Geschlechtsteile, bedeckt, oder in selteneren Fällen entblößt, an den Kleidern der Frauen zu reiben und dadurch Orgasmus zu erzielen. Auf die Einzelheiten dieser Perversion können wir hier nicht eingehen. Vgl. Dr. Iwan Bloch, Beiträge usw., Dresden 1903, Bd. 2, S. 351; Bilderlexikon, Sexualwissenschaft, Wien und Leipzig o. J. (1930), S. 274, und die allerdings harmlosen Bilder aus Witzblättern. Satow zählt zu den oben genannten Gelegenheiten für Frotteure noch auf: Feste, die Wagen der elektrischen Bahnen, Theater und Lichtspieltheater, in denen meistens die Zahl der Sitzplätze beschränkt ist. In Japan herrscht der Aberglaube, daß ein unverheiratetes Mädchen oder eine solche Frau, die von einem Frotteur, ohne daß sie es merkt, angegriffen wird, entweder jung stirbt oder im Leben ihr Vorwärtskommen nicht finden wird. Das umstehende Bild ist eine Pinselzeichnung des Malers Toramaetē Hantaosu, die als Postkarte erschienen ist. Sie stellt sinnbildlich auf einem Stück Kleiderstoff die Folgen der Berührung mit einem Frotteur dar. Bezeichnet ist die Postkarte als: Im Wunderzimmer der fünften Ausstellung zu Tōkyō. Es handelt sich wohl um ein Zimmer, in dem irgendein Gemälde ausgestellt war, das für in dieser Hinsicht Veranlagte einen Anreiz zur Ausübung ihrer unsauberen Tätigkeit geben konnte. Im Japanischen nennt man die Frotteure »Bōin«; Satow gibt das Wort als »falsches oder nachgemachtes Siegel« wieder. Man könnte das Wort, mit kurzem o, auch als Boin erklären, als ein Handzeichen, d. h. ein mit dem Daumen auf ein Schriftstück aufgedrücktes Zeichen, das die Stelle eines Siegels vertritt. Inouye erklärt Bōin als unmäßige Ausschweifung. –

siehe Bildunterschrift

Bō-in.

Für die Selbstbefriedigung der Frauen und Mädchen gibt es im Japanischen viele Bezeichnungen, die, von den allgemeinen abgesehen, die Art und Weise kennzeichnen, in der die Selbstbefriedigung ausgeübt wird. Der Volksmund, oder, wie wir meistens hier sagen, die Gassensprache, hat treffende Wörter erfunden, die wir in den erotischen Büchern häufig verwendet finden, so daß sie auch literarisch belegt sind.

Ein gewöhnliches Wort des Volkes ist »Tsubi-Henzuri«, das Kitzeln der Vulva. Wir haben oben gesehen, daß Henzuri eine allgemeine Bezeichnung der Selbstbefriedigung ist. Durch das Wort »Tsubi« wird sie nun näher für das Mädchen oder die Frau bestimmt. Tsubi ist verderbt aus »Tsubo«, der Topf, die Schale, ein Gassenwort für den Cunnus, wovon wir ebenfalls schon gesprochen haben. Tsubi-Henzuri kommt in den erotischen Büchern aus dem Ende der Yedo-Periode häufig vor. Das zu Henzuri verderbte Wort Senzuri dient zur Bildung des Ausdrucks »Bobo-Senzuri«, das ebenfalls Selbstbefriedigung der Frau bedeutet, mit Verwendung des Wortes »Bobo«, dem meist gebrauchten Wort für den Cunnus, von dessen vielfachen Wandlungen wir oben ausführlich gesprochen haben. Die Selbstbefriedigung, die sich auf das Streicheln des Kitzlers beschränkt, bezeichnet man mit »Sane-Senzuri«, wörtlich: Kitzlerselbstbefriedigung. –

Daß auch in Japan die Mädchen sehr früh mit der Selbstbefriedigung beginnen, beweist folgendes Volksliedchen:

»Betcho kawarake dayo shitakute naranu,
         Kito wo yokome ni Itazura wo.«

»Obwohl ihr Cunnus noch ohne Haare ist, liebt sie es doch schon, im geheimen Selbstbefriedigung zu treiben.« »Betcho« ist ein Wort für den Cunnus in den nordöstlichen Provinzen von Japan; über die Deutung des Wortes geben die Unterlagen keine Auskunft. Itazura, Unzucht, ist eines der allgemeinen Wörter für Selbstbefriedigung, und die Bedeutung von Kawarake, das unglasierte Tongeschirr, der Cunnus ohne Haare, haben wir oben besprochen; in dem Volksliedchen soll es darauf hinweisen, daß das Mädchen noch nicht mannbar ist.

siehe Bildunterschrift

Yubi-Ningyō.

Die Verwendung der Finger bei der Selbstbefriedigung der Mädchen und Frauen kommt in dem Wort »Yubi-Ningyō«, die Fingerpuppe oder Marionette, zur Geltung. Dieses Gassenwort bedeutet das Kitzeln der Vulva mit den Fingerspitzen, wie wenn man mit einer Marionette spielt. Man sagt auch kurz »Ningyō«, die Puppe, wie in den folgenden Senryū:

»Musume no Kōbako
         Ningyō mo hairi kane.«

»In das Weihrauchbüchschen eines Mädchens (die noch Jungfrau ist), kann man keine Puppe hineintun!« Mit andern Worten: Es ist schwierig, die Puppe in den Cunnus hineinzubringen. Wir werden gleich sehen, wie das Puppenspielen gedacht ist. »Kōbako« und in der »anständigen« Form »Okōbako«, das Weihrauchbüchschen, ist ein beliebtes Gassenwort für den weiblichen Geschlechtsteil, wobei man mit »Okōbako« besonders denjenigen einer adligen Dame meint. In dem erotischen Buche »San In Ron« (Drei Abhandlungen über die Geschlechtsteile) lesen wir folgendes:

»Sono Tōtoki wo Okōbako to yū.«

»Die höhere Art nennt man ›ein Weihrauchbüchschen‹.« Und in dem Buche »Ōwarai Zazen Mondō« (Ein humoristischer Katechismus für religiöse Betrachtungen) steht:

»Kyara omo irezu shite
         Okōbako to yū ga gotoshi.«

»Wir haben zwar kein Agallochum, sondern wir nennen das ein Weihrauchbüchschen!« Agallochum (Kyara, Kiara) ist das Adlerholz, eine Art des wohlriechenden Aloëholzes.

Der obenstehende Satz will also andeuten, daß sie zwar kein Adlerholz haben, dafür aber einen wohlriechenden Cunnus, wobei in diesem humoristischen Katechismus für religiöse Betrachtungen auf die Verwendung des wohlriechenden Weihrauchs beim Gottesdienst angespielt wird.

Das zweite Senryū zu Ningyō lautet:

»Ningyō wo tsukai Yuki ni shimi ga deki.«

»Ich habe mein Yukikleid fleckig gemacht, weil ich Selbstbefriedigung getrieben habe.« Yuki ist eine besondere Art von feinem Baumwollenstoff, der aus der Provinz Yuki, Shimosa, kommt.

»Suso kara te wo ire Ningyō tsukatteru.«

»Wenn sie die Hand unter die Kleider bringt, dann übt sie auch Selbstbefriedigung aus!« Mit andern Worten: Dann kannst du als sicher annehmen, daß sie die Puppe tanzen läßt. Das nebenstehende Bild stellt Ningyō dar, aber der Scherz der Darstellung beruht darauf, daß man mit Ningio (mit kurzem o) eine Wassernixe bezeichnet. Aus »Nenchū Kōgō Koji« (Fabeln vom Koitus für das ganze Jahr); das Bild ist gezeichnet von Sasenasai Marumaru.

Statt Yubi-Ningyō sagt man auch »Yubi-deku«, das ebenfalls die Fingerpuppe bedeutet. Ein Senryū, das dieses Wort verwendet, macht die gleiche Anspielung, wie das Senryū oben über das Yukikleid:

»Yubi-deku de Akane wo kegasu
         Mura shibai.«

»Im Dorftheater verdirbt sich die Bauersfrau ihr rotes Lendentuch bei der Selbstbefriedigung.« Akane ist eine Abkürzung von Akane-momen, d. h. Baumwollenstoff, der mit Krapp, Färberröte (Rubia cordata), englisch-indisch munjeet, rot gefärbt ist. Da die Frauen auf dem Lande gewöhnlich Lendentücher tragen, die aus diesem Stoff hergestellt sind, so nennt man die Bauersfrau auch mit dem Spitznamen »Akane«. Wir mußten aber im obigen Senryū beide Bedeutungen nebeneinanderbringen, um den Sinn verständlich zu machen, wodurch allerdings der Witz des japanischen Urtextes nicht zur Geltung kommt. Zur Sache selbst erinnern wir daran, daß in den Theaterstücken ziemlich derbe Liebesszenen vorkamen, weshalb das Puppenspiel der Bauersfrau doppelsinnig in das Theater verlegt wird.

siehe Bildunterschrift

Ningyō.

Ein anderer Name für Yubi-ningyō ist »Ninin-gumi«, zwei Begleiter. Gemeint sind mit diesen zwei Begleitern der zweite und dritte Finger, die, nebeneinander stehend, bei der Selbstbefriedigung von Mädchen und Frauen benutzt werden. Ein Senryū stellt den oben erklärten Ausdruck »Goningumi« in scherzhafter Weise mit »Niningumi« zusammen:

»Otoko Goningumi nara
         Onna Niningumi.«

»Was man beim Manne ›eine Bande von fünf Kerlen‹ nennt, das heißt man bei der Frau ›zwei Begleiter‹.« Auf dem nebenstehenden Bild aus dem von Koide Tomegorō zusammengestellten Buch »Heso no Yado-Kae«, das im Juni des fünfzehnten Meiji-Jahres (1882 u. Z.) erschienen ist, liest ein Mädchen, wahrscheinlich in einem Liebesbriefsteller, die ja Anweisungen für solche Dinge enthielten, nach, wie sie sich bei der Selbstbefriedigung zu verhalten hat; ihre Fingerhaltung zeigt deutlich, daß sie sich für »die zwei Begleiter« entscheiden will. Das andere Bild aus demselben Buch zeigt dasselbe in sinnbildlicher Darstellung, d. h. nicht ohne weiteres erkennbar.

siehe Bildunterschrift

Ninin-gumi.

Der oben in dem Senryū erwähnte Umstand, daß man in dem Weihrauchbüchschen einer Jungfrau keine Puppe unterbringen kann, wird verständlich, wenn wir die in einem erotischen Buch aus dem Ende der Yedo-Periode geschilderte Art und Weise lesen, wie eine solche Puppe hergestellt wird: »Das Verfahren ist so: Ihr zarter Zeigefinger, der Mittelfinger und der Ringfinger gehen zusammengelegt an die Arbeit, berühren leicht den Schlitz des Cunnus, namentlich den Kitzler, und dringen manchmal in die Öffnung der Scheide ein, mehr oder weniger, wo sie nun ein- und ausgehen, langsam oder schnell, indem sie der allmähligen Steigerung des Lustgefühles folgt, bis sie den Liebeskrampf erreicht und mit der herrlichen Entladung endigt.« Diese ziemlich pedantisch anmutende Gebrauchsanweisung ist für die Art der Selbstbefriedigung, die man »Hyakutataki«, einhundert Streiche, nennt.

siehe Bildunterschrift

Ninin-gumi.

Eine ganz sonderbare Bezeichnung für das Kitzeln der Vulva mit den Fingern ist »Matsuba-Kagami«, der Spiegel aus Fichtennadeln. Der Ursprung dieses Wortes ist unbekannt und eine Erklärung ist nicht zu erlangen gewesen. Matsuba allein wird für eine bestimmte Art des Koitus gebraucht, von der wir noch sprechen werden. – Auffallend ist, daß die Sprache der Gebildeten von dem europäischen Gemeinwort »Masturbation« sich die Abkürzung »Masu« für die Selbstbefriedigung der Frau zurechtgemacht hat. Jedenfalls sieht niemand diesem japanischen Wort der jüngsten Zeit seine Abstammung an. Das untenstehende Bild stammt aus der in Ōsaka erscheinenden Zeitung »Kokkei Shimbun«, und zwar Nr. 164, erschienen am 5. Mai des 41. Meiji-Jahres (1908 u.Z.). Die Unterschrift »Haikara E-monji« bedeutet wörtlich: »Bildwort eines Stutzers«, Haikara ist nach Fujisawa die japanische Wiedergabe der englischen Worte »high collar«, hoher Kragen, und bedeutet Gigerl, Stutzer, weil solche Kragen anfangs für etwas Sonderbares angesehen wurden. d. h. eines Zierbengels, weil das Wort gar nichts volkstümliches an sich hatte. Wir haben es also mit einer Satire zu tun.

siehe Bildunterschrift

MAS
Haikara E-monji.

Auf dieselbe Weise kam der Ausdruck »Suma-no-Ura« zu seiner Bedeutung für die Selbstbefriedigung der Frauen. Suma-no-Ura ist eine kleine Bucht (Ura) an der Seeküste von Suma-machi, Mukogun, in der Provinz Settsu, wo sich die Leute zum Baden einfinden. Su-ma betrachtet man als back-slang, das heißt Umkehr der Silben von Ma-su, womit die Erklärung der sonderbaren Bezeichnung gegeben ist. –

Bei Erklärung des Wortes Kaku haben wir oben davon gesprochen, daß in der humoristischen Geschichte sich verschiedene Wortspiele befinden, durch die der eigentliche Witz dieser Geschichte zustande kommt. Tenarai, die Schreibübung, und Henzuri, die Selbstbefriedigung, werden beide mit den Fingerspitzen ausgeführt. Und beides nannte der Lehrling Kaku, schreiben. In dem untenstehenden Bild hat der Künstler diesen Scherz in bezug auf ein Mädchen verwertet. Dieses Tenarai-Senzuri (Senzuri = Henzuri, s. oben) hat den Höhepunkt erreicht und das Bild zeigt deutlich, daß die Schreibübung in den Hintergrund getreten ist und das Mädchen mit geschlossenen Augen das Schreibgerät nicht mehr auf dem Papier halten kann. Die Zeichnung stammt aus dem erotischen Buch »Ono no Baka Mara Muda-Ji Zukushi« (Sammlung von nutzlosen Schreibereien eigener Erinnerung), erschienen gegen Ende der Yedo-Periode. –

siehe Bildunterschrift

Tenarai-Senzuri.


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