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Wie das Harikata, war auch das Azuma-gata im allgemeinen ein Sondererzeugnis des Hauses Yotsume-ya (siehe oben) in der Yedo-Periode.
Azuma-gata ist wörtlich: der Frauenersatz, ein cunnus succedaneus, oder vielmehr eine künstliche Vulva. Man sagt dafür auch »Insō«, das Abbild einer Frau, oder »Bobo-gata«, die Vulva-Form, dafür auch »Bobo-kata«, wie kata, die Form, die Gestalt, das Modell usw. in Harikata. Weitere Namen, die zu Stoff oder Form des Azumagata in Beziehung stehen, werden wir unten anführen.
Die älteste Erwähnung dieses Gegenstandes für die Selbstbefriedigung des Mannes ist eine Abbildung in dem erotischen Buch »Kōshoku Tabimakura (wörtlich: Wollüstiges Reisekissen, also ein Kissenbuch für die Reise, ein erotisches Buch, das man zur Unterhaltung mit auf die Reise nimmt); es erschien im achten Jahr der Genroku-Periode (1695 u.Z.). Nach dem erotischen Buch »Makura Bunko« (die Boudoir-Bücherei) von Insai Hakusui (Keisai Eisen) wurde ein solches Ding aus dünnem Bekko, Schildpatt, hergestellt, dessen Öffnung mit Sammettuch bekleidet war, um die großen Schamlippen nachzuahmen; das Bild stammt aus diesem Buch.
Früher wurde manchmal auch ein Birōdo-no-Tsubabukuro benutzt, die aus Sammet hergestellte Schutzhülle für Schwertgriff und Schwertstichblatt. Solche Schutzhüllen waren erforderlich, weil die Stichblätter meistens Kunstwerke waren, oft von ganz bedeutenden Künstlern entworfen und mit dem Namen gezeichnet; das Musée Guimet in Paris besitzt solche mit Gold und Silber eingelegte Stichblätter. Die Schutzhülle war dementsprechend sorgfältig in Sammet angefertigt. Sollte eine solche Schutzhülle als künstliche Vulva benutzt werden, dann wendete man die Innenseite nach außen um und füllte in die Öffnung irgendeine schleimige Masse ein. Das war eine von den Formen, die man Sokuza-Azumagata nannte, eine rasch zurechtgemachte künstliche Vulva. Das Bild aus dem Buch »Onna Teikin« (Gartenlektüre für Frauen) zeigt eine solche Stegreifvulva.
Für eine rasch zurechtgemachte Vulva verwendet man auch die eßbare Wurzel des Konnyaku (connophallus konjac oder amorphophallus rivieri).
Die Wurzelstücke sind rechteckig und etwa 8cm lang, 5cm breit und 2,5cm dick; sie werden in folgender Weise verwendet: »Lege zwei oder drei Konnyakus aufeinander und schneide in die Mitte mit einem Messer einen Schlitz, wie er bei einer Vulva ist. Ehe man das Ding in Gebrauch nimmt, erhitze man es in heißem Wasser bis zur Wärme des menschlichen Körpers.« Von den beiden Bildern stammt das eine aus dem Buch »Onna Teikin«; es zeigt ein einfaches Konnyaku. Das andere Bild zeigt neben dem einfachen noch das in ein Kleidungsstück eingebundene Konnyaku, das in dieser Weise zurechtgemacht als Frauenersatz dienen soll. Das Bild ist dem Buch »Jitsugokyô Eshô« entnommen.
Für die oben in der »Boudoir-Bücherei«, Makura Bunko, beschriebene künstliche Vulva aus Schildpatt und Sammet gibt dasselbe Buch eine Gebrauchsanweisung, Azumagata tsukaiyo, zu der das umseitig stehende Bild gehört. Das Azumagata ist in die wattierte Schlafdecke eingebunden und der Mann drückt diese Ersatzfrau in Hockstellung an sich. Der Künstler hat auch das Abwischpapier, ohne das eine geschlechtliche Handlung in Japan undenkbar ist, auf seinem Bild nicht vergessen.
In dem erotischen Buch »Jiiro Haya-shinan« (Die Kunst, einen Neuling rasch zu verführen) sagt der Verfasser Hakusui (Keisai Eisen) folgendes über das Konnyaku-Azumagata:
»Nach einem volkstümlichen Brauch legt man einige Stücke Konnyaku aufeinander, macht eine Höhlung wie einen Cunnus hinein und kocht das ganze in heißem Wasser; auf diese Weise wird eine künstliche Vulva hergestellt. Aber ein solches Ding entspricht seinem Zweck gar nicht, denn dein Penis wird sicherlich wie Oden. Oden wird in der Umgangssprache als Abkürzung für Nikomi-Oden gebraucht; es ist eine Speise, die aus Konnyaku besteht, das mit anderen Nahrungsmitteln zusammen gekocht, weich gekocht ist. Der Vergleich des Penis mit Oden soll bedeuten, daß die Haut aufgeweicht wird. werden und Schaden leiden.
Nimm lieber eine gut ausgereifte Makuwauri Makuwauri ist die Warzenmelone oder Kantalupe, Cantalupo, nach einem päpstlichen Schloß bei Rom; engl. muskmelon oder cantaloup. und entferne das Mark im Innern. Dann bedecke die oben abgeschnittene Stelle mit einem Stück Baumwollezeug, das den Schlitz der Vulva nachahmt, wickele eine Bettdecke schräg zusammen und stecke die Enden in ein Patchi Das Patchi bedeutet enge Beinkleider, Hosen nach Satow und Inouye; weite Beinkleider nach Fujisawa; das Wort soll aus dem Koreanischen stammen; patchiri ist japanisch: weit. und bringe das zubereitete Makuwauri an die richtige Stelle. Dann legst du dich mit dem Leib auf die Matratze und übst eine mechanische Selbstbefriedigung aus. Das ist gerade so, als wenn du eine Frau hättest, denn das Gefühl ist beinahe wie bei einem richtigen Weib und du wirst auf diese Weise einen sehr guten geschlechtlichen Genuß haben.
Anmerkung: Wenn du noch das Kyara-no-abura (das aus dem Aloö-Samen gepreßte Öl) anwendest, das den echten Frauengeruch hat, dann wirst du das überhaupt mögliche tiefste Gefühl haben.«
Von den beiden beigegebenen Bildern zeigt das erste die zubereitete Warzenmelone, das zweite die Herstellung des Azumagata aus Bettdecke und weiten Hosen. Der Verfasser des Jiiro Hayashinan bezeichnet die Anfertigung dieses Frauenersatzes als »Azumagata Hayakoshirae«, eine leichte Art, eine künstliche Vulva herzustellen.
Ein besonderer Name für ein solches Melonen-Azumagata (ohne das Beiwerk) ist das oben erwähnte Wort »Bobo-gata«. Man sagt dafür auch Uri, womit die gewöhnliche Melone gemeint ist, die nach Satow in der Yedo-Periode oft als Vulva-Ersatz verwendet wurde. Uri wird in der Umgangssprache auch für den Cunnus gebraucht. Ein Azumagata in der obigen Form nennt man auch Konnyaku-Harikata.
Ein Azumagata aus der neueren Zeit stellt die umseitig stehende Abbildung dar. Es sieht aus wie ein Brötchen und besteht aus Florettseide, die mit Habutae, mit weißem Seidenzeug, überzogen ist. An der Vorderseite sind die großen Schamlippen mit dem Seidenstoff nachgeahmt. Die kleinen Schamlippen und die Scheide bestehen aus rot gefärbtem weichen Gummi. Bevor man es gebraucht, gießt man heißes Wasser in den Scheidenkanal, bis er auf die Wärme des menschlichen Körpers gebracht ist. Dann nimmt man das Azumagata in die Hand und führt den Penis ein, nachdem man ihn mit einem Condom überzogen hat. Die Oberfläche des Condoms soll man vorher mit Seife oder Öl bestreichen, um es schlüpfrig zu machen.
Eines der allerneuesten Fabrikate ist das umseitig abgebildete Azumagata, das beweist, daß die Hersteller solcher Artikel mit der Zeit fortschreiten. Dieses Azumagata wird seit Beginn der Shôwa-Ära (1929) verkauft. Satow erhielt das Reklame-Heftchen für diese Ware am 16. August 1929 aus Ôsaka. Es wird als »Saku« bezeichnet. Über diesen Namen geben die Unterlagen keine Auskunft. Saku kann die Furche bedeuten, als Anspielung auf den weiblichen Geschlechtsteil. Oder Saku, die Kapsel, die Hülse. Dies Azumagata ist ein Gummibeutel mit einer die Vulva darstellenden Höhlung und kann, wie der Schraubenverschluß der Abbildung zeigt, mit warmem Wasser gefüllt werden. Diese Einrichtung hat den Vorteil, daß das Azumagata nach der Entleerung nur wenig Raum in Anspruch nimmt.
Es gibt auch noch ein anderes Azumagata aus Gummi, das rosarot gefärbt ist und die Gestalt eines länglichen Kissens hat. Es soll von Seeleuten benutzt werden. –
Daß in früheren Zeiten die Samurais, die Angehörigen der Kriegerkaste, solche Azumagatas gebrauchten, erfahren wir aus einem Senryū:
»Rakujō no hori ni uiteru
Azuma-gata.«
»Im Wallgraben der eroberten Burg schwimmt eine künstliche Vulva!« Weshalb sich der Besitzer derselben entledigt hat, ist nicht ohne weiteres klar. Vielleicht daß er, da unter den Samurais die gleichgeschlechtliche Liebe eine uralte Überlieferung war, sich nicht weibischer Gelüste bezichtigen lassen wollte. Satow nimmt an, daß es sich um ein Azumagata aus Bekko, Schildpatt, gehandelt habe. Die einfachste Erklärung des Senryū wäre doch wohl die, daß es sich lediglich um das oben beschriebene Birōdo-no-Tsubabukuro, um eine Schwertschutzhülle handelt. Der Volksdichter nimmt an, daß die Verwendung der Schutzhülle allgemein bekannt ist und vergleicht sie ohne weiteres mit einer künstlichen Vulva.
Ein Azumagata aus Leder nannte man »Kawagata«, die Lederform, oder »Kawa-no-sugata«, das Abbild aus Leder. Letzteres kann aber auch ein Harikata aus Leder sein. Am beliebtesten scheint aber Tuch für die Anfertigung der Azumagatas zu sein, wie wir oben schon gesehen haben, Baumwolle, Seide oder Sammet. Ganz aus Tuch hergestellt war das Chasen, das eigentlich einen Teerührer aus Bambus bedeutet, dessen Ähnlichkeit mit einem Azumagata diesem aber den Namen gegeben hat. Aus dem beigegebenen Bild ersieht man, daß bei dem Chasen das in feine Splitter zerschlissene Bambusrohr nach der Mitte eingebogen und dort zusammengebunden wurde. Die Ähnlichkeit des Chasen mit einem Azumagata aus Tuch lag also in der Einbuchtung in der Mitte des oberen Teiles. Eine humoristische Bezeichnung eines solchen Azumagata war »Warai-Chasen«, der lachende Teerührer.
Ein Azumagata, das in der Form eines hohlen Stößels, der im Innern mit Sammet bekleidet war, hergestellt wurde, nannte man »Momokusuri«. Das Wort kommt in einem erotischen Buch der Yedo-Periode vor. Satow gibt die Bedeutung des Wortes mit: Hundert Handgriffe, Handbewegungen, wieder. Da aber das Momo, der Pfirsich, auch die Bedeutung Cunnus oder Vulva hat, und kusuri von kusuru, reiben, abgeleitet ist, liegt die Erklärung als Pfirsichreiber, d.h. Vulvareiber, oder auch Reibevulva näher. Auch die Verwendung von Momo, Schenkel, in Verbindung mit kusuri ließe sich rechtfertigen. Die Schriftzeichen sind natürlich verschieden.
Die Ausgestaltung des Azumagata zu einem vollständigen Frauenkörper, von den Franzosen »Dame de voyage« genannt, läßt sich auch für Japan nachweisen, wo man ein solches Azumagata »Dô-ningyo«, Puppenkörper, nennt. In dem erotischen Buche »Jiiro Haya Shinan« (Die Kunst, einen Neuling rasch zu verführen), Bd. 2, finden sich die folgenden Angaben:
»Ein Mann, der gezwungen ist, allein zu schlafen, kann sich mit einem Dō-ningyo Genuß verschaffen. Dies ist der Körper einer weiblichen Puppe, als Nachahmung eines Mädchens von 13 bis 14 Jahren; sie hat eine Vulva aus Sammet. Aber diese Art Puppen ist nur etwas für Leute von hohem Range,« d.h. doch wohl: sie sind sehr teuer.
Statt Dō-ningyo sagt man auch »Dō-gata«, die Körperform, die Rumpfform; das Wort bezeichnet aber auch, wie wir oben gesehen haben, ein Harikata ohne Spitze. Deutlicher und jeden Zweifel ausschließend ist die Benennung »Tabi-Jorō«, die Reisehure, für ein Dō-ningyo.
Zum Schluß sei darauf hingewiesen, daß man scherzhafterweise den Anus als ein Azumagata, als eine künstliche Vulva für die buddhistischen Priester bezeichnete. Man vergleiche hierzu das im Abschnitt »Nanshoku« mitgeteilte Senryū. –