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(Die Hochzeit eines zum Tode Verurteilten.) Im Militärgefängnis von Mailand fand kürzlich eine traurige, tief ergreifende Feier statt. Ein wegen Desertion zum Tode verurteilter junger Soldat hatte an sein Kommando die Bitte gerichtet, mit seiner Braut getraut zu werden, um ihrem zu erwartenden Kinde die Legitimität zu geben. Dieser Bitte wurde willfahrt und an dem für die Trauung festgesetzten Tage erschien die Braut, ein junges Mädchen aus dem Valtellin, in Begleitung ihres Onkels in Mailand. Die Ziviltrauung wurde im Sitzungssaal des Militärgerichtshofes durchgeführt. Als Zeugen fungierten ein Oberst und ein Rechtsanwalt sowie die Prinzessin Arese und die Gräfin Castiglioni, die als Patronessinnen eines patriotischen Hilfsvereins erschienen waren. Darauf begab sich der seltsame Hochzeitszug in das Gefängnisgebäude zurück und dort fand in der Hauskapelle die kirchliche Einsegnung des Paares statt, die der Gefängnisgeistliche vollzog. Gleich nach der Trauung mußten die Neuvermählten wieder Abschied voneinander nehmen und die heftig weinende junge Frau, die einen kleinen, ihr von den Offizieren gespendeten Blumenstrauß in der Hand hielt, wurde von ihrem Onkel wieder in die Heimat zurückgeleitet. Der Trauungszeremonie hatten sämtliche Mitgefangene des Bräutigams beiwohnen dürfen.
Gedruckt gleich hinter der Versicherung, daß speziell im Grand Hotel von Kitzbühel sich allabendlich ein glänzendes Bild mondänen Lebens entwickelt, während der Sporting-Club die internationale Lebewelt vereinigt. Was diese Welt aber in Wahrheit für eine Sterbewelt ist und welch ein Leichnam von Menschheit ihr Verweser ist, erfährt man schon, wenn man nur das andere Bild für sich betrachtet und sich vorstellt, zu welch tief ergreifenden Feiern sie doch von Zeit zu Zeit das Animo findet. Um die Legitimität des zu erwartenden Kindes besorgt, nicht darum, ihm den Vater zu erhalten, wird ihr im Sitzungssaal des Militärgerichtshofes weich ums Herz. Es würde ihr schier brechen, wenn nicht der Bräutigam eben ein Deserteur wäre, also der einzige Mensch in der Hochzeitsgesellschaft und einer, der so weise war zu glauben, daß das Menschenleben zu etwas besserem tauglich sei als sich von bunt tapezierten Trotteln zum Schlachtviehtransport abrichten zu lassen. Aber – wie sagt doch Salten –: Es muß sein. Und es muß fürs Vaterland wie abgerichtet so auch hingerichtet sein, und jene Institution, die dazu da ist, zu aller Untat, die sich die Menschheit antut, ihren Segen zu geben, ist bereits zur Stelle, nicht ohne daß man zwischen dem Oberst und dem Rechtsanwalt, die die Ehre haben, Zeugen dieser Scheußlichkeit zu sein, Patronessinnen eines patriotischen Hilfsvereins bemerkt und zwar eine Prinzessin und eine Gräfin, also allem Anschein nach Frauen. Offiziere haben einen Blumenstrauß gespendet und werden sich vielleicht noch im Sporting-Club von Kitzbühel dieser Galanterie erinnern. Die Mitgefangenen, die vielleicht Mitgehangene sind, durften der Trauungszeremonie beiwohnen. Der Onkel führte die junge Frau in die Heimat zurück, wo es kein Wiedersehn gibt, und der Ehemann ging in die ewige Hochzeitsnacht. Alles in allem: nur durch die Handlung, nicht aber auch durch Zeit und Ort der Tragödie dieser Menschheit entrückt zu sein, ist Schmach, Reue und Schüttelfrost. Wäre man als Jaguar und nicht als Zeitungsleser auf die Welt gekommen, die Bestialität, die einen mit den anderen Geschöpfen (nicht mit seinesgleichen) verbände, hätte nichts von jener Blasphemie der Humanität an sich, die das Menschentier zu einer so hoffnungslos verlogenen und von der Seele stinkenden Kreatur macht.