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Ungleich mehr Reize als der Feldjagd sind der Wasserjagd verliehen. Diese Jagd, zu welcher die Moosjagd zu zählen, gewährt fast das ganze Jahr Beschäftigung und ihre Vorzüge sind eigenthümlicher Art. Im Feld ist ein fremder Gast an Wild eine Seltenheit und nicht leicht von besonderem Interesse. Das Moos aber ist dem Meere zu vergleichen, wo es aus allen Ländern hin und her wechselt, wo jeder Tag neue Gäste bringt oder wenigstens die Aussicht dazu vorhanden ist, und ein solcher Gast ist nicht etwa einem Rammler zu vergleichen, der von der Pfarrwiese auf den Mülleracker gewechselt oder umgekehrt, ein solcher Gast ist oft weit her aus dem Mohrenlande, aus der Barbarei, oder auch wieder von den Küsten Skandinaviens, von den eisigen Fluthen Islands. Ein solcher Gast hat oft Reisen über die entlegensten Meere gemacht und mag den Jäger ebenso verwundert als ein fremdes Wesen betrachten wie dieser ihn. Da ist es als kämen Boten oder Gesandte aus fremden Vogelreichen um neue Ansiedelungen auszukundschaften oder wichtige Angelegenheiten abzumachen; oft ziehen sie gar schnell wieder ab, zuweilen aber scheint es ihnen zu gefallen und kommen noch andere ihresgleichen nach. Da klingt dann mancher seltsame Ruf über die feuchte Haide, daß Jäger und Hund lauschend stehen und gelingt es, eines solchen Fremdlings habhaft zu werden, so gibt es natürlich viel davon zu reden und zu fragen, bis endlich irgend ein lateinischer Name von einem gelehrten Professor oder auch dem nicht selten dafür geltenden Ausstopfer herausgebracht ist. So viel der Arbeit gibt es auf dem Moose, daß ein eifriger Jäger den Wunsch hegen muß, er möchte außer den Füßen, die ihm wie andern Menschen am Leibe gewachsen, noch einige Paare zum Wechseln haben, darunter, wenn's seyn könnte, eines mit recht breiten Sohlen und mit Gummielasticum überzogen, daß nichts durchgeht. Im Frühjahr der Strich und die Ankunft der verschiedenen Schnepfen, der schwarzgrünen Kibitze, der schneeig schimmernden Rothfüße, auch wohl einiger Kraniche und die Lust des falzenden Spielhahns, dann kurze Rast in der Brutzeit und nun im Sommer auf das junge Volk und die Zöglinge der Enteninstitute, im Herbst wieder Strichzeit und im Winter der Früh- und Abendfall auf Enten und Gänse und was sonst die Stürme herjagen und die Birsche im Schneegestöber; ein rastloses Treiben wie es ein ächter Jäger liebt.
Aber auch anderes Wild als Federwild steht in Aussicht, der Fuchs macht wie der Jäger überall seine Gänge, wo etwas zu kriegen ist, der Rehbock ruht gerne an heißen Tagen auf den wasserfrischen Grasinseln und in ihren Gebüschen, ein Otter wird auch wohl beim Entenfall oder auf der Birsche erlegt, sogar ein Biber kann gesehen werden! Und nun der Reiz mancher Gefahr, der Wechsel der Scenerie im weiten Gehege. Ich erinnere mich noch recht gut, wie ich die Ohren spitzend von alten Jägern erzählen hörte von guten und bösen Mösern und von solchen, wo's nicht recht richtig und wie ich dergleichen mit besonderer Spannung betreten. Da hieß es z. B. der beste Platz, aber ein gefährlicher, sey bei den hohlen Weiden am alten Röhricht, wo der »schwarze Toni« versunken oder »der Anderl,« den man noch deutlich um Hilfe habe schreien hören, aber nie mehr gefunden, oder auf dem Rothmoos im rostigen Grund, wo die verdammten Kupfernattern hausen, oder im »Rosengarten,« wo freilich statt der Rosen nur Schilfgräser stunden mit weißen Blüthenbüscheln, mitunter auf einem versteckten Altwasser eine Wasserlilie sich wiegte und wo auch mancher nimmer herauskam, der sich in diesen Garten gewagt hatte. Da wird vor dem einfallenden Nebel mit Recht gewarnt und vor der feindseligen Nacht, und wer nach Irrlichtern fragt, hört auch allerlei seltsame Geschichten. Es sieht in der That auf einem solchen Moos manchmal sehr bedenklich aus, wenn der schwankende Grund unter dem Tritt des Jägers wie ein Wellenthal sich niedersenkt, wenn in einem Bache, welchen man durchschreitet, der Boden plötzlich weicht, daß man den Fuß erschrocken zurückzieht wenn es noch geschehen kann, oder mit verzweifelten Schritten sich an's Ufer wirft und die Grasbüschel krampfhaft packt um sich mühevoll herauszuarbeiten. Ein ordentliches Ersaufen ginge noch an, aber gräulicher kommt's einem vor wenn man in breiigem Moorschlamm zu sinken beginnt, daß nur ein Niederwerfen auf die quer vorgehaltene Flinte noch einen Halt gewährt. Und gerade solche Plätze sehen mitunter sehr lockend und freundlich aus, ein heiteres Grün überzieht das lauernde Grab, wo die Molche hausen und häßliches Wassergethier, manche reizende Blume blüht empor, wie man sie nie gesehen, es ist etwas märchenhaft Anziehendes um den Ort gebreitet, aber unten ist's fürchterlich, und die dort und da verdächtig aufgluckernden Luftblasen sind oft die einzigen Warner, dem falschen Schmucke nicht zu vertrauen. Und ist man im Sonnenbrande viele Stunden gewandert, daß die Flinte so heiß wird, als könnte sich daran das Pulver entzünden, und ist man tiefer und tiefer in die öden Flächen vorgedrungen, immer wieder von einem einfallenden Vogel gelockt, weit von aller Gesellschaft der Menschen und was noch schlimmer ist, von dem erfrischenden Getränke, welches sie zu brauen verstehn und welches sie Bier genannt haben, und nun zieht's plötzlich schwer in schwarzen Wolken herauf am Horizont und murmelt ferne der Donner und jagt der Sturm heran, hui dann kann man die Lust weidlich büßen. Von einem Nachhauseeilen mit flüchtigem Schritte kann kein Gedanke seyn, mühsam wie es vorwärts ging, geht es wieder rückwärts, mit aller Bequemlichkeit kann das boshafte Wetter den Jäger umgarnen, schutzlos muß er vom strömenden Regen und rauschenden Hagel sich schlagen lassen und darf bei den niederzuckenden Blitzen nicht dran denken, daß er vielleicht der beste elektrische Leiter im Revier ist. Aber das alles schreckt den ächten Waidgesellen nicht, das ist nur das Sieb, auf dem der Thaler liegen bleibt, während die kleine Waare, die Groschen- und Kreuzerschützen, durchfallen, denn die letztern erleben solche Prüfung höchstens einmal und wollen dann von der Moosjagd nichts mehr wissen, als insoweit sie für die Enten auf einem geeigneten Bache oder Teich mit sicherem Schifflein abgemacht werden kann, oder gar in der Art, wie 1718 August II. von Sachsen in Moritzburg auf dem sogenannten Großtaich eine Jagd hielt, bei welcher wilde Gänse und Enten mit gestutzten Flügeln und mit Federbüschen auf den Köpfen geziert, eingesetzt waren und deren mehrere Hundert erlegt wurden.
Wir haben in Bayern der Wasserjagden genug, gleichwohl bemerken ältere Jäger mit bedenklicher Miene die Ausbreitung der Torfstecherei und das Ueberhandnehmen der Austrocknungssysteme, Drainage u. s. w. Meint sogar mancher (im Sinne des Landgrafen Philipp, siehe oben) es sey ein sündhaftes Beginnen, kein Moos mehr dulden zu wollen, denn sollte es nicht seyn, warum wäre es denn erschaffen worden. Die Moosvögel selber und ihr ganzer Bau beweisen am besten, daß es nicht Zufall war, daß ein Moos entstanden. Die Menschen aber thun, als wäre die Welt allein für sie, rotten die Gethiere des Waldes aus und die Vögel des Mooses, als hätten sie das Recht Schöpfungsverbesserer zu seyn. Und da sind die sonst so gläubigen Bauern die allerersten voran. Drum carpe diem sagt der Lateiner, das heißt, wenn du heute einen Schnepfen schießen kannst, so warte nicht auf morgen!
Becassinen
sind die eigentlichen Wahrzeichen eines so zu sagen vernünftigen Mooses, und wenn es an ihnen nicht fehlt, so kann man auch auf andere Gäste zählen. Es kommen drei Arten vor, wovon die häufigsten die eigentliche Heerschnepfe oder Himmelsziege, weil sie hochstreichend ein eigenthümliches Mäckern hören läßt (Scolopax gallinago); etwas weniger häufig kommt die kleine Haarschnepfe (Scolopax gallinula) vor, und die dritte Art, Halbschnepfe (große Becassine, großer »Gräser«) ist selten.
Becassinen kommen auf allen Mösern in Bayern vor und um München war sonst das Dachauer, Schleisheimer und Ismaninger Moos sehr reich an diesem kleinen Wild, so daß ein berühmter Flugschütze, der Graf Ricciardelli, im Jahr 1844 in zwei Tagen 96 Becassinen auf dem Ismaninger Moos erlegte.Von 1841–1845 sind zum Zwirchgewölb in München durchschnittlich per Jahr 1497 Becassinen geliefert worden. Gegenwärtig hat die Kultur diese Jagdplätze bedeutend reducirt. Nur ein flinker Schütze wird auf der Becassinenjagd eine erhebliche Beute gewinnen, denn abgesehen davon, daß die Becassinen wie ein zuckender Blitz hinausfahren, so erschwert das Schießen auch ihr niederes Wegstreichen, während ein Vogel, der gegen die Luft hin zu sehen, immer leichter zu schießen ist, weil keine täuschende Farbe des Grundes vorhanden, auf dem er sich bewegt. Wenn die Vorschrift beim Hasen viel Pulver und wenig Schrot empfiehlt, so ist es bei der Becassinenjagd umgekehrt. Nicht viel Pulver, aber viel Schrote von feinem Korn und den Schuß beim Aufstehen sogleich hinwerfen gibt oft bessere Resultate als abwarten, bis nach dem ersten Zickzack ein Gradausstreichen kommt, denn damit entfernt sich der Vogel schon zu weit und es erfolgt überhaupt nicht regelmäßig. Man muß Glück haben in der Art des Haltens der Becassinen wie des Aufstehens, dann kann man selbst ohne Meisterschaft im Flugschießen eine befriedigende Jagd machen, wer sie aber auch unter ungünstigen Umständen trifft, der darf den Kopf immerhin höher tragen als ein anderer, wenigstens so lange er im Bereich des Mooses wandelt. Die kleineren Haarschnepfen halten gewöhnlich besser aus als die größern und sind leichter zu schießen.
Das Jagen auf diese Vögel halten Viele so hoch, daß sie es den meisten andern Jagden vorziehen, nur die Waldschnepfen stehen drüber. Diezel sagt davon: »Fast möchte ich diese Jagd mit einem Tonstücke vergleichen, welches nur von einzelnen kunstverständigen Musikern geschätzt und vorgetragen wird, während die ungleich größere Zahl der Dilettanten dasselbe mit einer fast an Geringschätzung grenzenden Gleichgültigkeit bei Seite legt. Ob aber diese Gleichgültigkeit auch auf wirkliche Abneigung oder bloß auf ein Bewußtseyn des – Unvermögens gegründet sey, darüber wird wohl ebenso wenig ein Zweifel obwalten können, als über die Frage: ob die Trauben, die jener Fuchs in der äsopischen Fabel wegen ihrer Säure zu verschmähen versicherte, wirklich sauer waren oder bloß zu hoch für ihn hingen.«
Es hat gewiß seine Reize, die Geschicklichkeit im Schießen möglichst zu erproben und trotz des Zickzackzuges diese schnellen Mooskinder zu fangen, die Begleitung eines guten Hundes, der beschriebene Charakter ihrer Wohnplätze &c. thut auch das Seinige für diese Jagd; will man sie aber, wie zuweilen schon geschehen, mit der Hirsch- oder Gemsjagd in Vergleich ziehen, dann wird's mit der Erhebung zu bunt und fallen einem wieder der Fuchs und die Trauben ein. Man beruft sich gerne auf die Schwierigkeiten des Schießens und wie man flink seyn müsse bei solchem Waidwerk; das ist gewiß wahr, es ist aber auch wahr, daß es selbst gute Flugschützen machen wie die Sonnenuhr mit ihrem Spruche: »non numero horas nisi serenas« (ich zähle nur die heitern Stunden), denn sie zählen sehr fleißig was beim Schuß herunterfällt, was aber nicht herunterfällt, das zählen sie nicht so fleißig und dessen ist oft mehr, als sie sich erinnern mögen. Auch kommen hier nicht selten Schüsse vor, wo der Zufall das Stück schießt, denn es fällt gar manches zur Verwunderung des Schützen, weil er weiß, daß er schlecht abgekommen. Wie es aber auch zugehen möge, so kommt man doch selten leer nach Hause. Bei andern Jagden und namentlich wo man die Büchse zu handhaben hat, spielt sich das Spiel schon deßwegen schwerer, weil oft alles auf einem einzigen Schuß steht und weil Mühe und Plage vieler Stunden, ja ganzer Tage umsonst ist, wenn dieser mißlingt.
Ueberhaupt aber ist es schwer über die Vorzüge dieser oder jener Jagd vergleichend zu urtheilen, denn ein Jäger ist niemals unparteiisch und ein Nichtjäger hat weder das Zeug dazu noch die Autorität. Auch bezieht man manchmal auf die Jagd, was genau betrachtet wo anders hin gehört. So lobt einer z. B. die Becassinenjagd, meint aber eigentlich die Mühle am Moosbach, wo sich so gemüthlich rasten läßt, wo der brave Müller ein treffliches Bier schenkt und den Labetrunk seine hübsche lustige Tochter credenzt. Ein Anderer preist aus ähnlichen Gründen die Hühnerjagd, denn er weiß, daß diese Vögel, die er gern ißt, herkömmlich im Jägerhaus schon am Spieß stecken, um den Schützen für eine vielleicht unsichere Jagd doch einen sichern Imbiß zu gewähren, ein dritter lobt das Gehege des Grafen X., während dessen Weinkeller zu verstehen u. s. w. Und gewiß ist bei der Moos- und Feldjagd eine Wahrheit, was ein alter Spruch sagt: »Die Jäger haben einen guten Schlund und essen und trinken zu jeder Stund.«
Muß sich jeder Waidemann Um den Fuchs beschweren, Steht der Durst noch obenan, Kann ihn nicht erwehren, Und muß sich viel plagen Zu tilgen den Wicht, Und muß es verstehen, Sonst fällt er ihn nicht. Wißt, es ist des Durstes Art Schlieft der Daxl alles aus, Hab's mein Lebtag so gemacht, |
Das bunte Heer der Enten, Blasseln, Strandläufer, Rohrhühner, Möven, der Rohrdommel, Kibitz, Reiher &c. sind mit den meisten Arten in Bayern vertreten, welche auch anderwärts die Möser und die Ufer der deutschen Flüsse und See'n beleben.
Ich kann nicht sagen, daß ich ein besonderer Freund des Winters bin; er schaut oft gar zu grämlich drein und das Grün sehe ich lieber als das Weiß, wenn er aber einen schönen Neu bringt und damit eine gute Jagd auf Wildpret oder Sauen möglich macht oder eine Fuchsjagd, dann ist er schon recht und ebenso wenn in der Gegend, wo man weilt, mit Enten etwas zu machen ist. Ein mit weidlichem Regen vorüberziehendes Donnerwetter ist einem Wanderer ohne Büchse ein ärgerliches Begegniß, wenn es aber eine Rehbirsche begünstigt, ist es eine sehr willkommene Erscheinung und wer Enten birschen geht, der freut sich beim Schneegestöber, als fielen Rosenblätter vom Himmel, denn da sind die Enten vertraut und ihnen gut beizukommen. Schon deßwegen soll man das Jagen treiben, weil es hundert Genüsse gewährt, wo ein Nichtjäger nur Widerwärtiges hinnehmen muß. In seiner Art aber einzig kann der Entenfall genannt werden, obwohl das stundenlange Hinsitzen in einen beschneiten Schirm von Geröhricht an einem eistreibenden Bach, und der Gang dahin ehe der Tag graut, oder beim Abendfall die Heimkehr in frostiger Nacht gar Manchem die Lust benimmt, auf diese Weise einen Genuß zu gewinnen. Dazu kommt noch mancherlei, was man nicht genau nehmen darf, wenn man da mitthun will. Es gibt ein französisches Buch, welches von den kleinen Leiden des menschlichen Lebens handelt, nämlich von denen, wo einem das Butterbrod auf den schmutzigen Boden fällt und wie mancher meint, so recht boshaft immer auf die Butterseite oder wo auf den leichtbeschuhten Fuß ein schwerer Reiterstiefel des lieben Nächsten tritt, daß man schreien möchte u. s. w., dahin gehört, was man oft um die Entenfreuden des Winters erlebt, daß der Pelzhandschuh in den lockeren Schnee fällt und der nicht dran denkende Fuß ihn noch hineintritt und mit den Wasserkrystallen vollstopft, daß der Stiefel mit einemmale einen Leck bekommt, den man beim Durchschreiten eines Baches nur zu bald fühlt, ohne helfen zu können, daß die erstarrten Finger keinen Pfropfen zum Laden mehr traktiren können, während es in den Lüften trompetet vom Anzug einer Schaar von Wildgänsen &c. Ich will nicht davon reden, daß man mit aller Geschicklichkeit des Gehens gar oft in ein Loch fällt oder durch eine Eisplatte bricht und nur mühselig das steile Ufer wieder gewinnt, daß der Frost, wenn er gerade bei Laune ist, durch den besten Pelz und durch den dicksten Strumpf dringt u. dergl., denn das weiß man ja vorher schon. Und doch ist der Entenfall höchst anziehend und besonders der Frühfall, wo das Vergnügen oft einige Stunden dauert.
Welche Lust, wenn sie in reichen Flügen über den Schirm hinrauschen und in Kreisen ein- zweimal wiederkehren, bis endlich das Wasser aufschlägt ringsum und dann Alles plötzlich wieder still ist, als wäre es ein Traum gewesen. Junger Jäger, beachte diese Stille und rühr' dich nicht bis die schwarzen Schwimmer vertraut zusammenrinnen und ein kecker Entrich klangvoll in die Welt hinausruft, daß es lustig sey im eisigen Bach. Und kracht der Schuß, welches Geflutscher und Gesaus fort über den Moosgrund und, oft nicht zu glauben, im nächsten Augenblick schon wieder neue Gäste auf dem rauschenden Wasser u. s. w.
Wenn der Fall gut ist und wenn die Enten einige Zeit am Fallplatz mit Eicheln gefüttert wurden, so beträgt die Zahl der nach und nach einfallenden Enten oft mehrere Hundert und kann einer, wenn er Glück hat, wohl 12–16 Stück schießen, wie dieses auf dem Ismaninger Moos bei München öfters vorgekommen und mir selbst begegnet ist. Ich meine hier die Stockente (Anas boschas); sogenannte Halbenten (Anas querquedula, crecca) kommen auch in großer Menge bei uns vor und fallen beim Abendfall, wenn es schon ziemlich dunkel, oft auf einen kleinen Platz, ohne das Schießen oder den Schützen zu scheuen, der seine Beute mit dem Hunde zusammensucht.
Wie der Fall ist auch die Entenbirsche lustig und das Anschleichen in verwachsenen Auen an einen hochufrigen Bach oder an ein Altwasser, besonders wenn diese in der Nähe eines größeren Flusses liegen, wie bei uns die Auen an der Isar und an der Donau, denn da geht der Strich den ganzen Tag hin und her und steht gar mannigfache Beute in Aussicht. Wer aber die Strapazen des Winters scheut, der mache seine Jagd im Sommer auf die jungen Enten, eine Jagd die zur rechten Zeit angestellt, nämlich wenn die Enten eben aufstehen können und wenn man mit guten Hunden versehen, sehr lohnend ist. Das Interesse hat sie übrigens nicht, wie die Jagden zur Strichzeit und im Winter, denn da kommen mancherlei Bewohner des Nordens, die selten oder nicht bei uns brüten, so die Merrer, die nordischen Taucher, die Steißfüße u. a., die sich den Winter über auf unsern See'n aufhalten und auch an Flüssen getroffen werden.
Von 1841–1845 sind zum Zwirchgewölb in München jährlich gegen 1877 Stück Enten und 100 Blasseln (Fulica atra, das schwarze Wasserhuhn) geliefert worden.
Entenjagden hielt Max Emanuel mehrere am Starenbergersee und wurden dabei einmal 300, ein anderesmal 524 Stück geschossen.
Es bestand damals ein churfürstlicher Entenfanger, Moritz Landwöhr. Derselbe lieferte 1698 von Zustorf (Landgerichts Erding) und von Freising und Wartenberg 662 Enten, welche das Stück zu 10–12 kr. verkauft wurden.
Von 1751–1754 kommen in den Rechnungen des Zwirchgewölbs nur 66 Enten und 298 Blasseln vor.
Um 1750 und 1758 wurde den Fischern auf dem Kochelsee (der noch gegenwärtig sehr reich au Enten) und auf anderen Seen bei strenger Strafe verboten, zur Sommerszeit die halbgewachsenen Enten oder auch alte sich halb in der Maus befindliche zu erschlagen oder zu schießen oder Eier aus den Nestern zu nehmen. Um 1768 durften die Blasseln auf dem Chiemsee nur mit Legangeln gefangen und deren nur 20 gelegt und wöchentlich nur von zwei Fischern abwechslungsweise besorgt werden. Das Schießen derselben war damals schon seit 1732 bei 12 Reichsthaler Strafe verboten.
Ein besonderer Freund der Entenjagd muß der fürstliche Probst Cajetanus Antonius zu Berchtesgaden gewesen seyn, indem er 1737 in einem Wildschützenmandat das Schießen der Enten so hoch verbietet »als ob ein solcher (Schütze) sich an Hirschen, Reh, Haasen und anderen hohen Wildprat vergriffen hätte.« Aehnlich war es mit den »Wild-Dauben« wo aber mehr »der Frevel als die Schwäre« in Betracht kommen sollte. Als Strafen sind angegeben 4–6 Wochen und mehr in Eisen und Banden, Landesverweisung, Ruthenaushauung, ewiger (!) Vestungsbau, Galeeren &c. Alle Schießgewehre im ganzen Land waren bei 50 Reichsthaler Strafe verboten, für die Scheibenschützen waren besonders sicherstellende Bestimmungen getroffen. Jeder Denunciant, der einen Wildfrevler »glaubwürdig« anzeigte, erhielt 12 Speciesthaler d. i. 24 fl.
Außer den nordischen Entenjagden sind die in der Nähe Venedigs berühmt und in den Buchten von Neapel. Der König Ferdinand hielt dort 1824 eine sechstägige Entenjagd und wurden dabei 960 Stockenten geschossen, worunter nicht weniger als 876 Entvögel, was nach Diezel ein deutlicher Beweis, daß die Zahl der Männchen größer ist, als der Weibchen.
Zur Strichzeit im Spätherbst finden sich auch große Schwärme von Wildgänsen (Anser segetum) bei uns ein, die nur in Oberfranken fehlen. An der Rednitz und am Main kommen sie besonders zahlreich vor und ebenso in der Pfalz in den Rheinebenen. Die Wildgans, von welcher unsere zahme Gans abstammt, ist nicht so dumm, wie diese Tochter der Cultur, sie ist im Gegentheil sehr schlau und nur auf dem Fall oder wo man sich in Gräben anschleichen kann, gelingt es, sie zu Schuß zu bringen. Es kommt deßhalb eine Wildgans auch öfter zu ihrem hohen Alter als ein anderer Vogel den man brauchen kann und da ihre Lebenszeit bis zu 50 Jahren (bei der zahmen Gans sagt man bis 80) geht, so ist nicht zu verwundern, wenn der Jäger an ihr oft einen sehr zähen Braten heimbringt. Bekanntlich gilt das Sprichwort:
Les vieux lievres et oisons Sont une viande de demons.
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Im Jahre 1836 schoß ein Jäger bei Danzig eine Wildgans, die ein messingenes Halsband trug, auf welchem in holländischer Sprache eine Inschrift eingegraben war, besagend daß dieses Halsband der Trägerin im Jahre 1801 bei Snitzchen in Geldern umgelegt worden sey. Die Gans war also sicher 35 Jahre alt. (Diezel.)
Von 1735 ist eine Wildgansjagd verzeichnet, welche der Churfürst Karl Albrecht mit der Churfürstin und dem Herzoge Theodor, Bischof von Freysing, am 28. Jänner bei Erding abgehalten. Eine seltsame Jagd dieser Art ist 1820 bei Nürnberg vorgekommen. Es war am 18. Januar dort der Wiesgrund am Weiler Weigerholz unter Wasser und fanden sich da viele Wildgänse ein. Am 24. bemerkte man, daß eine Schaar derselben unter großem Geschrei sich vergebens bemühte aufzufliegen. Man erkannte, daß sie wohl mit den Ständern angefroren seyn müßten und so war es auch; nun lief viel Volk herzu und wurden 167 solcher Gänse mit Knitteln erschlagen.
Bemerkenswerth ist die Mövenjagd bei Seefeld in der Nähe des Ammersees. Dort brüten von der spec. Larus ridibundus viele Hunderte auf einer kleinen Insel im Wörthsee. Wenn die Jungen anfangen flügge zu werden (gegen Mitte Juni) wird die Jagd gehalten und fahren die Schützen in mehreren Kähnen nach der Insel, die sie umstellen. Auf die ersten Schüsse stehen dann solche Schwärme von Möven auf, daß man wohl sagen kann, sie verfinstern die Sonne. Das Feuern dauert einige Stunden und besteht die Beute oft in 1000–1800 Stück. Diese Möven streichen bis München und erscheinen im englischen Garten als willkommene Boten des Frühlings. Sie brüten auch in großer Menge am Chiemsee.
Zu den selteneren Vögeln aus unsern Mösern, Flüssen und Seen gehören, um die bekannteren zu nennen, die Kraniche (Grus cinerea), wilde Schwäne (Cignus musicus) und Nachtreiher (Ardea nyctocorax). Kraniche brüten auf dem Moos bei Rosenheim und Murnau. Wilde Schwäne, besonders der Singschwan, kommen öfters zu unsUnter Karl Albrecht war 1773 das Schießen der wilden Schwäne bei schwerer Strafe verboten. und im heurigen Winter (1858) hielt sich eine Schaar von 45 Stück am Starenbergersee gegen 14 Tage lang auf und wurden 7 davon geschossen, darunter Exemplare von 23 Pfund. Sie kamen zum Abend- und Morgenfall auf die Würm und Abends meistens sehr zeitig und früher als die Enten. Man hörte ihr Geschrei weit und fast immerwährend.
Vor 25 Jahren hielten sich dort drei dergleichen Schwäne mehrere Wochen auf und wurde den Jägern der Befehl gegeben sie lebendig zu fangen. Das geschah in der Art, daß man sie durch Aufstreuen von Gerste an einem Ufer, wo sie sich öfters niederließen, auf einen kleinen Platz lockte und dann ein Tellereisen legte, dessen Feder aber nur stark genug schlug, um den Schwan, wenn er sich fing, festzuhalten. Zwei Jäger waren in etwa 500 Schritt Entfernung Tag und Nacht auf der Passe und erkannten an dem Flügelschlagen, wenn sich einer gefangen hatte, eilten dann herbei und lösten ihn aus. Es fingen sich so zwei, beide am Hals und wurden nach Nymphenburg gebracht, wo sie sich bald an die dortigen zahmen Schwäne (cign. Olor) gewöhnten und bei ihnen blieben.
Ein junger Nachtreiher wurde u. a. 1847 vom Prinzen Adalbert am Main bei Aschaffenburg geschossen.
Auch Pelekane (Pelecanus onacrotalus) besuchen uns zuweilen und ist es mit ihnen wie mit den Bären und Luchsen, wenn sie auch große Raritäten sind, es wäre doch möglich, daß einem einer begegnete, besonders in gegenwärtiger Zeit, wo der Dampf zu Wasser und zu Land Alles rebellisch macht. Von diesem merkwürdigen Vogel erzählt Gesner, der Kaiser Maximilian habe einen gehabt, der beim Aufbruch des Lagers immer vorausgeflogen sey und habe ihm später zu Mecheln das Ehrenfutter gegeben, wobei er 80 Jahre alt geworden. Seine Heimath ist Asien, das caspische und schwarze Meer, von wo er nach den Seen Ungarns heraufkommt und gelegenheitlich auch bis zu uns.Nach Italien hat sich im Sommer 1858 eine Schaar von vielen Hunderten verstrichen und sind deren am Po eine große Anzahl geschossen worden.
Jäckel gibt darüber folgendes an: Im Jahre 1768 zog den 8. Juli eine Schaar von 130 Pelekanen, vorher nirgend beobachtet, hohen Fluges vor den Schweizergebirgen nach dem Bodensee und ließ sich in der Nähe von Lindau nieder. Ein Exemplar hievon, flügellahm geschossen, gezähmt und zur Schau herumgeführt, wurde zu Augsburg auf einer Kupfertafel gelungen dargestellt. Später, etwa um das Jahr 1786 wurde bei Ingolstadt ein Pelekan geschossen. Am 26. Mai 1806 erschien wieder auf dem Bodensee ein einzelnes Exemplar bei Fussach, welches ebenfalls durch einen Schuß gelähmt, zur Schau umhergetragen wurde. In dem durch den Besuch der Flamingo denkwürdigen Jahre 1811 erschienen wieder einige Stücke am mehrgenannten See und im Monate Mai wurde auf dem Sameistersee, der an der Landstraße zwischen Roßhaupten und Lechbruck im Landgericht Füssen liegt, ein Exemplar erlegt und zur selben Zeit ließ sich ein anderes in der Nähe des Bodensees in einem benachbarten Hofe nieder und wurde gefangen. Ein Stück im Erlanger Museum ist im Bayreuth'schen geschossen worden und um 1846 eines auf der Krautinsel am Chiemsee durch den Maler Ruben, bei welchem sich die Fischer über die gewaltigen Verheerungen beklagten, die diese »Kropfgans« unter den Fischen anrichte.
Die erwähnten Flamingo's (Phoenicopterus roseus), von den altrömischen Schwelgern um ihrer Zunge willen hochgeschätzt, sind am 25. Juni 1811 bei Bamberg beobachtet und ein Stück in der Nähe des Bades Kissingen geschossen worden. Sie stammen aus Asien und Afrika und kamen wahrscheinlich vom caspischen Meere. Im vorigen Jahrhundert sind deren auch einige in Hessen geschossen worden.
Auch der Ibis (der rothe) ist mehrmals vorgekommen und unter andern ein Stück 1856 bei Gunzenhausen geschossen worden; von Hämantopus Africanus wurde 1855 im Juli ein Exemplar auf dem Ismaninger Moos geschossen.
Auf die Störche, die in mehreren Gegenden Bayerns vorkommen, wird nicht Jagd gemacht. Es ist besonders der weiße Storch (Ciconia alba) in der Oberpfalz, Oberschwaben und in Mittelfranken häufig verbreitet, während er längs des Hochgebirges, im bayrischen Wald und im Fichtelgebirg fehlt.
Dieser Vogel (der Kinderbringer), an dem Weisheit, Gerechtigkeit, Dankbarkeit und Treue gerühmt werden, hat wie die Schwalbe das Hausrecht. Man hat Beispiele, daß alte Störche sogar überwintern, ihre Jungen dagegen folgen regelmäßig dem Wanderzug der Verwandten.
Der seltenere schwarze Storch (Ciconia nigra) brütet ebenfalls in einigen Gegenden von Oberbayern (unter andern zuweilen im Forstenrieder Forst) in der Oberpfalz, Ober und Mittelfranken.Eine sehr schätzbare Abhandlung über die geographische Verbreitung der in Bayern vorkommenden Vögel von A. J. Jäckel findet sich in den Abhandlungen des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg. 1849.