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»Ein stark, freffel, muthig zornig und wütend Thier ist das wilde Schwein, allzeit wild, mag nicht heimisch gemacht werden« heißt es in einem Jagdbuch von 1582 (nach Geßner). Dieser Satz ist zwar nicht buchstäblich zu nehmen, denn es gibt Beispiele auferzogener Schweine, welche ihren Herrn wie ein Hund begleitet haben, im Allgemeinen aber ist das Thier so geartet und gerade deßwegen wurde und wird noch die Schweinsjagd hochgehalten und wie der Hirsch ein edles, so wird das wilde Schwein ein ritterliches Thier genannt »massen es ihm nie an Muth und Herze fehlet.« Laube (Jagdbrevier) macht den Vers dazu:
»Sau ist ein ritterliches Thier, An Muth und Kraft des Waldes Zier, Und an Verwüstung so ungebährlich Und jeder Ordnung so gefährlich Wie die Ritter alle es waren.« |
Dieser Ritterlichkeit gedenkt auch der alte Spruch: »Ein Kriegßmann soll drey Eygenschafften an sich haben, den beherzten anfall eines Hetzhunds, die flucht eines Wolffs vnd gegenwehr eines Schweins.«Eine andere Lesart bestimmt dem Wolf den Angriff und nennt für den Rückzug den Fuchs.
Wegen seiner Tapferkeit ist der Keiler auch öfters zum Wappenbild gewählt worden, und wie man den Reiher und den Pfau ehrte, indem man sie bei hohen Gelöbnissen berührte, so geschah es nach scandinavischen Sagen mit dem Keiler. So schwört König Ring den Frithiof zu fangen und berührt dabei einen zubereiteten Keilerkopf.
»Und König Ring erhebt sich in seinem Silberhaar, Des Thieres Stirn berührend, gelobt er dieses klar &c.« |
Das wilde Schwein eignet sich für Parke mehr als irgend ein anderes Wild, da des Waidmanns Lust dabei verhältnißmäßig am wenigsten beeinträchtigt wird.
Das Jagen in Parken, wenn sie nicht sehr groß sind, steht dem ächten Waidmann immer weit zurück gegen das Jagen im Freien, denn schon die Leichtigkeit Beute zu gewinnen oder einen begangenen Fehler ohne besondere Opfer wieder gut zu machen, mindert das Vergnügen, da man das Wild als Preis verlangt für Arbeit, Anstrengung und bewiesene Geschicklichkeit; fällt daher Letzteres mehr und mehr weg, so sinkt auch der Werth des Preises. Ein weiterer Umstand, der die Parkjagd herunterdrückt, ist der, daß des Wildes Natur durch das Parkleben allmählig eine andere wird. Eine gewisse Schwäche und Mangel an Selbstvertrauen, möchte man sagen, gibt sich als Zeichen der Gefangenschaft, der künstlichen Fütterung und anderer Einflüsse kund, so vorzüglich bei dem Rothwild. Die Thiere verkümmern, das wildfrische Leben, welches ihnen im Freien eigen, verliert sich, sie entbehren des Stolzes auf ihre Kraft, sie sind ein schwindendes Geschlecht. Das wilde Schwein aber verhält sich darin ganz anders. Findet es nur genug gute Aesung, so gedeiht es unbekümmert um die Freiheit und wird nicht von nagender Sehnsucht des Ziehens und Wanderns ergriffen, wenn es durch die Parkdillen nach den weithin schimmernden Ebenen schaut und nach den fernen blauen Bergen, oder es ist wenigstens leicht mit einer tüchtigen Portion Eicheln, Kartoffeln oder Kastanien zu trösten. Wegen so völliger Unzugänglichkeit zu irgend einer Art von Sentimentalität, welche die Nerven abspannt oder überspannt, bewahrt denn eine ordentliche Sau auch im Park ihre Wildheit, ihren Muth und ihren Trotz. Wenn ein Keiler merkt, daß es an's Jagen geht, so ist's ihm zwar nicht gleichgiltig, doch hängt sein Thun und Lassen mehr von der momentanen Laune ab als von Reflexionen über kluges Benehmen unter den drohenden Umständen. Liegt er gerade recht bequem in seinem Lager oder Bett, so bleibt er wohl liegen, bis ihn fast der Stock des Treibers trifft oder der aufspürende unausstehliche Kläffer mit scheuem Bisse an den Borsten rupft und rumpelt dann unwirsch schnaubend gegen Treiber und Hund und bricht durch die Linie; ein anderesmal aber, da er gerade nicht faul ist, erhebt er sich schon bei dem leisesten Geräusch, welches eine Jagd andeuten kann (das Gehör ist schärfer als bei irgend einem andern Wild) und schleicht wie ein Fuchs durch's Dickicht, um aus dem Bogen zu kommen.Ein seltsames Treiben aus sumpfigen Gegenden am Rhein erwähnt Keyßler. Man errichtete auf der Seite, wo der Wind herkam, eine Reihe von Stangen und zündete daran Schwefel an. Der Geruch des brennenden Schwefels, der in den Bogen zog, trieb die Sauen heraus und gegen die auf der andern Seite aufgestellten Schützen. Gelingt es nicht und wird er des Flüchtens müde, so überkommt ihn nicht Zittern und Zagen, sondern im Gegentheil Trotz und Wuth und er setzt sich im nächsten Dickicht fest und wetzt wie die Jäger sagen, in seiner Bosheit die Hauer, um Alles was sich naht, auf den Tod zu schlagen und zu zerfleischen.
Man muß nicht glauben, daß einem rauhen und wetterharten Waidmann das Gefühl des Mitleids für Thiere fremd sey, er mag sie nicht ohne Noth leiden sehen und geschieht ihm oft mehr weh dabei als sogenannten zarten Naturen, aber gerade deßhalb ist es eine Lust mit einem schäumenden Keiler anzubinden, der ein wahrer Eisenfresser ist und auf den Ruf Huß Sau! sich selber in den vorgehaltenen Spieß (die Schweinsfeder) oder in den Hirschfänger hineinbohrt, bis er verendend zu Boden stürzt. Von der Bosheit der Sauen wäre mancherlei zu erzählen und sie können sogar fast Raubthiere genannt werden wie die Bären und Wölfe. Rothwild und Damwild, wenn es den Park mit ihnen theilt, ist schlimm genug daran und wittern sie den Schweiß eines angeschossenen Stückes, da sie in der Abenddämmerung aus ihren Dickichten ziehen, so beginnt eine nächtliche Jagd auf das wunde Thier, welche erst mit dem Fangen desselben endet und dann geht es mit Anschneiden drüber her und verzehren sie unter Neid und Streit gegeneinander die besten Braten.
Die Alten haben auch die Wuth gejagter Keiler mit besonders lebhaften Farben gemalt. So heißt es bei Xenophon, daß ihre Hauer wenn sie zornig sind, glühend werden und den Hunden die Spitzen der Haare versengen, wo sie dieselben beim Schlagen streifen. So weit haben es unsere Keiler nicht gebracht, es hat sich aber auch das Schlagen der nicht glühenden Hauer von jeher einen solchen Respekt verschafft, daß man damit schon zufrieden ist und ein Mehreres nicht verlangt.
Sowie den Gemsen die Vorsicht das Revier zu recognosciren, in welches sie flüchten wollen und das daher rührende öftere Stehenbleiben und Herumschauen beim Jagen zum Verderben gereicht, so ist die trotzige Trägheit der Sauen ebenso gefährlich für diese. Man hatte sonst eigene Hunde mittlerer Größe, die sogenannten Saufinder, welche man bei Jagd und Birsche gebrauchte; diese ließ man im Holz vorsuchen und trafen sie auf ein starkes Schwein, so gaben sie vor demselben Laut oder verbellten es, wobei das Schwein meistens Stand hielt und der Jäger zum Schusse sich anschleichen konnte.
Die üblichste Art der Jagd war aber das Hetzen oder die Hatz. Dazu wurde, wenn ein guter Keiler in einem großen Dickicht bestätigt war, der zur Jagd ungünstige Theil des Holzes mit Tüchern oder Tuchlappen verwehrt und wurden Jäger mit leichten Rüden auf Wechsel oder Durchschläge gestellt, andere mit den schweren Hunden standen ebenfalls bereit und nun wurde ein Saufinder in's Dickicht gelassen. Wollte der Keiler nicht vom Fleck, so ließ man ein paar flinke Hunde daran, daß er endlich aus dem Lager fuhr und flüchtig ging. Sowie er die Wechsel der Jäger passirte, hetzten diese die Rüden, welche ihn bald ermüdeten, da er sich dann stellte und mit den Waffen (den Hauzähnen) um sich schlug und seine Ritterlichkeit bewährte. Nun schickte man die großen, öfters mit Panzerjacken beschirmten Hunde zu Hülfe, während die Jäger zu Pferde dem Jagen folgten und nach dem Kampfplatz eilten. Die großen Hunde aber packten endlich den Keiler so fest am Gehör, daß er nicht mehr schlagen konnte und der nächste Jäger oder dem die Ehre zugetheilt war, stieg vom Pferde und gab ihm, wenn er so von den Hunden gedeckt war, mit dem Hirschfänger den Fang unter dem Blatt.Bei späteren Hetzen und bei den z. B. in Preußen noch üblichen, wird von einem Jäger die von den Hunden gedeckte Sau ausgehoben, d. h. an den Sprunggelenken der hinteren Läufe gefaßt und in die Höhe gezogen, daß sie nicht mehr schlagen kann. Dann werden die Hunde abgebrochen und gibt ihr der Jagdherr oder ein anderer Jäger den Fang. Seit 1827 besteht in Berlin eine Aktiengesellschaft (an deren Spitze die königlichen Prinzen) zu solcher Jagd. Es werden verhältnißmäßig wenig Hunde verloren und ist angegeben, daß bei 378 Hatzen nur 31 ums Leben gekommen.
So gar sicher war der Handel gleichwohl nicht, denn öfters riß sich der Keiler von den Hunden los und kam der Jäger hart in's Gedränge. Der Fang oder ein Schuß wurde auch vom Pferde herunter gegeben, welches aber bei manchen als unritterlich galt. Von den Hunden gingen gewöhnlich einige zu Grunde, woher das Sprüchwort: »Wer Schweinsköpfe haben will, muß Hundeköpfe daran wenden.« Ein tüchtiger Hund fing zuweilen ein Schwein ganz allein, indem er sich über dasselbe schwang und es beim Gehör packte, wo er dann nicht mehr geschlagen werden konnte.
Es bedarf nicht vieler Phantasie sich in das Romantische der Lage des Jägers bei solchem Waidwerk zu denken, das Durchbrechen der Wildniß zu Pferde, das Schnauben und Bäumen des edlen Thieres, wenn es dem weitschallenden Getümmel der wüthenden Hunde immer näher kam, der Anblick des würgenden Knäuels durch die grünen Büsche und mitten drin der schäumende Keiler mit seinen blitzenden Hauern links und rechts den Tod sendend und nun vom Pferde mit der blanken Klinge in den Haufen hinein und des Augenblicks zu gewahren, wo der Fang zu geben, Alles das mußte von aufregenden, wilden und ernsten Scenen und Stimmungen begleitet seyn.
Daß man schon zu Kaiser Hadrians Zeiten († ann. 138) zu Rosse Sauen hetzte, geht aus einer Grabschrift hervor, welche der Kaiser einem seiner Pferde Borysthenes setzen ließ. Es heißt,
daß dem die pannonischen Eber verfolgenden Thiere keiner je zu schaden gewagt mit dem weißlichen Hauer oder seines Rachens Schaum an dessen Schweifspitze geschleudert habe, wie zu geschehen pflege.
Pannonios nec ullus
Apros eum insequentem
Dente aper albicanti
Ausus fuit nocere
Vel extimam saliva
Sparsit ab ore caudam
Ut solet evenire.
Eine Jagd dieser Art, welche Karl der Große bei Aachen gehalten, ist in einem lateinischen Gedicht vom Jahre 799 beschrieben.Das Gedicht wird Theodulf, Bischof von Orleans (früher missus dominicus im Dienste Karls) zugeschrieben; nach Bouquet ist der Verfasser unbekannt. B. Rerum Gallicar. et Francicar. Scriptores T. V. p. 388. Unter dem Gefolge Karls ist seine Tochter Theodrada genannt, auch Rhodhaid (auf einem stolzen Rosse mit einer Hirschdecke) und Hildrud werden erwähnt. Die Hunde (Molossi) werden gelöst, die Reiter umschwärmen den Bogen bis die Jagd anhebt und das Horn erschallt, wo dann die Hatz fortgeht.
D'rauf entflammte das Horn zum Kampf die mächtigen Hunde, Wo den verwachsenen Grund durchbricht der fliehende Keiler; Zeichnend die Richtung des Gangs mit den fallenden Blättern der Bäume Eilet er schnaubend dahin, im Zorne wetzend die Hauer, Bis ihm der Athem versagt und nun mit den tödtlichen Waffen Schlägt er der Hunde Schwarm und wirft sie gewaltig zu Boden. Sieh' da naht dem Gewühle der Held mit blitzendem Schwerte, Schneller als Vogelflug durchbohrt es die borstige Decke, Dringend tief in die Brust und verendend stürzet der Keiler. |
Die Jagd wird dann mit Treiben fortgesetzt und Karl erlegt viele Sauen mit dem Wurfspieß (missile ferrum).
Die Hunde waren beim Verfolgen einer Sau so wüthend, daß sich der Reiter in Acht nehmen mußte, zwischen sie und die Sau zu kommen, denn in solchem Fall haben sie oft das Pferd gepackt, niedergerissen und Pferd wie Reiter fürchterlich zerbissen.
Die großen zum Fangen und Hauptkampf bestimmten Hunde waren gewöhnlich englischer oder irländischer Race, sog. Doggen, die auch Leib- und Kammerhunde hießen, da sie als Lieblinge ihrer Herren in deren Schlafkammer ihre Lagerpolster und Bärendecken hatten. Die Panzer waren von starkem theilweise mit Haaren und Wolle dick gefüttertem und vielfach unternähtem schwarzen Barchent, an der untern Seite aber mit Spangen von Fischbein wohl bewehrt.
Auf alten Schlössern sieht man die fürstlichen Herren oft mit einem solchen Leibhund an der Seite abgebildet. Noch 1812 prangten bei einer königl. Jagd in Württemberg unter den dritthalbhundert Hatzhunden zwanzig solcher Panzerhunde.
Das Kloster Benediktbeuren war im Anfange des vorigen Jahrhunderts um seiner Hunde wegen berühmt. 1717 ersucht ein Graf d'Albert (nachmaliger Prince de Grimberg) den Prälaten um zwei Rüden zur Schweinshatz »so groß als sie immer seyn können,« da das Kloster genugsam mit solchen versehen sey. Er erhielt sie auch. 1737 wünscht der Churfürst Carl Albrecht ein paar gute »Faischhundt« (Schweißhund). Mehrere dergleichen Gesuche finden sich in den Klosterakten.
Im eingestellten Jagen wurden die Sauen auch auf den sog. Lauff gehetzt, d. i. nach dem Abschußplatz und wurden da aus dem Schirm geschossen oder es fingen sie die Herren außerhalb des Schirms mit der Feder oder dem Hirschfänger ab. Diese Saufeder heißt auch Schweinsspieß und 1474 findet sich die Benennung Eberspieß. Seltener wurden die Sauen mit dem Wurfspieß (Javeline, Javelin oder mit der Lanze vom Pferde aus gefällt; manchmal geschah das Abfangen zu Fuß und zu Pferde wie bei einer Jagd August II. von Sachsen 1737 im Saugarten hinter Neustadt-Dresden, wo 400 Sauen erlegt wurden.
Es war auch Mode unter dem Eisen kleine buntfarbige Fähnlein anzubringen, da dann, wie v. Rohr (Ceremon. Wissensch.) sagt, »curieus und lustig anzusehen, wie dieses Wildpret mit solchen Spiessen, darinnen die Fähngen stecken, ganz rasend fortläufft.«
Daß die Jäger vor Zeiten von härterem Holz waren, als sie heutzutage sind, erweisen mancherlei Beispiele.
So schreibt 1581 ein Graf von Henneberg in seinem 70sten Jahre an den Landgraf Wilhelm von Hessen, daß er vom Roß einem Schwein den Fang auf den Kopf gegeben, wobei der Spiesschaft, den er unterm Arm geführt, entzwei gebrochen »das zeigen E. L. (Euer Liebden) als einem Waidmann wir darum an, daß sie gleichwohl zu vernehmen, daß wir, als ein sechs und zwanzig Jähriger (d. h. gleich einem solchen) dannächst noch etwas mit unseren Fäusten vermögen.«Dr. G. Landau, Beiträge zur Geschichte der Jagd &c.
Bei einer Hatz, zu welcher 1582 der Landgraf Wilhelm von Hessen den Erzbischof von Bremen und den Grafen von Henneberg eingeladen, war der letztere so krank, daß er in den Wagen zur Abfahrt nach dem Jagdplatz getragen werden mußte. Unterwegs wurde ihm schon etwas besser, »zu Spangenberg aber, schreibt der Landgraf, als S. L. an die wilden Sauen kommen, sind sie wieder auf's Pferd gesessen und gar gesund worden.«
Manches Abenteuer des Kaisers Maximilian zeigt die Gefahren, denen sich ein Waidmann damals aussetzte. So heißt es im Theuerdank, »Maximilian kroch in Oesterreich, auß frecher Jugend, einem großen hauenden wilden Schwein, auf allen vieren allein mit einem blossen Degen, durch eine gar dicke Hecken, in einen Busch, darinnen es lag, nach, und erwürgte solches mit seinem Schwert.« Im Brüßler Wald geschah es ihm, daß, als er ein Schwein abzufangen vom Pferde steigen wollte, das Schwein ihn übereilte, »daß er ihm mußte den Fang geben, als er noch den einen Fuß in dem Stegreif, und nicht Zeit hatte, völlig abzusteigen, noch sich recht nach Vortheil zu stellen, das Schwein schlug seinem Pferd einen Schenkel ab.«
Ein anderes Abenteuer erzählt: »Maximilianus rite auff einem braunen Türkischen Pferd in Braband auff ein Schwein-Jagen, solches, wie er Ihme vornahm, nicht zu Fuß, sondern auff dem Pferd zu fahen, als nun die Hund nach dem Schwein außgaben, rennet Er dem Gebell nach, indem nun das Schwein ihn ersehen, verließ es die Hund und setzte Maximiliano hefftig zu, stieß das Pferd mit den Waffen in den Bauch und Maximilianum an einen Fuß, daß Er länger als acht Tag hinket, als das Pferd nun unter Ihme todt dahinfiele, stach Maximilianus das Schwein im fallen, blieb aber darneben ligen, weilen Er deß Fußes halber weder stehen noch gehen kondte, biß man Ihne fand, und auff einem andern Pferd nach Hauß brachte.«
Gelegenheitlich mag hier angeführt werden, daß dieser »letzte Ritter« und Hauptjäger in Bayern das Jagen gelernt hat. 1475 als Erzherzog begab er sich mit seinem zugeordneten Hofstaat von 60 Pferden nach dem Bischofssitz Dillingen und verweilte da ein ganzes Jahr, in welcher Zeit er durch »Dipolten von Stein, zu Raisenburg Rittern« zur Jägerei angewiesen wurde, »welche Fürstl. Ubung Er mit sonderbarem Lust erlernte und mit solcher Emsigkeit, daß Ihme alle Ritte, Steige, Klingen-Forst, Wasser, Wälder, Berg und Thal, in der Markgrafschaft Burgau, auch in der Gegend zwischen dem Lech, Donau, Iler und Altmühle, viel besser als einigem Landmann selbiger Orten bekandt wurden.«
Auf der Schweinsjagd sich als tüchtig zu bewähren, mußte um so mehr Anerkennung finden, als das Abfangen mit dem Eisen einem ritterlichen Jäger besonders zustand und das Handeln aus sicherer Entfernung weniger Geltung hatte. So besingt schon Michel Beheim 1469 den Churfürsten Friedrich I. von der Pfalz (der Siegreiche) in seiner Reimchronik:C. Hoffmann. Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte. B. III.
»Ey wer hat hie noch anderswo je kein fursten gesehen (der) so manch wild, hauwend, grissgramend schwin felln vnd vahen mit dem schwert sin als unser Frideriche dyser furst lobeliche. |
Es wird dann des Herkules und des Erymanthischen Ebers erwähnt und heißt weiter:
»Aber unser Furst Friderich, der durchluchtig, hochgeborn, löblich, Synen eltern den Herculem wyt ubertroffen hat in dem mit sölchez, lobez prise, als ich uch hye bewyse; Wann der wilden hauwenden schwin |
Diese Abenteuer besprechen auch viele Briefe, die auf uns gekommen sind, denn die Jagd war natürlich oft Gegenstand derselben und die Fürsten und Herrn theilten sich gerne gegenseitig ihre Erlebnisse mit.
So schreibt 1565 der Landgraf von HessenLandau. Geschichte der Jagd in beiden Hessen. an seinen Sohn Ludwig, da er 46 Sauen und darunter 8 hauende Schweine gefangen: »Und wir sind an eine ziemlich große Sau kommen, die ledig gewesen und hat gestanden an einem stickeln Berg; da viel Sau Geraffteln gewesen, daß wir zu Pferd nicht haben wohl zu ihr kommen können, denn der Schnee hat geglidden, und ist also gewesen, daß er sich gebellet und sind abgesessen und neben Karlowitz, Jost Jäger und Hansen von Rotenburg zu ihr gangen und wie die Sau unser sichtig worden, hat sie unser den nächsten begehrt und ob wir sie wohl getroffen, hat sie uns doch gelaufen, daß wir auf dem Rücken gelegen, desgleichen Karlowitz auch; und haben sie Jost Jäger und Hans von Rotenburg von uns gestochen, hat uns durch ein Stiefel gehauen, aber nicht wund und ist eine sehr lustige Jagd gewesen.«
Der Landgraf Wilhelm IV. von Hessen schildert ebenso in seinen Briefen wie es oft arg bei den Saujagden herging. »Wir wollenn auch E. L. nicht verhaltenn, das wir itzo alhier gar ein schwinden blutigen Kriegk mit den wilden Sauen füehrenn. Dann wir deren vff dreien Jachtenn 413 erlegt, wiewohl sie sich, das wir ihnen nachgeben müßten, redlich gewähret, haben Fürsten vnnd vom Adel, darundter große Rittmeister, die vor Mästricht ihre Pferd vnbeschedigt darvonn pracht, die Pferde auch ezlicher vom Adel, Jeger vnnd Bauren selbst geschlagen, vnd mit Geulen vnd andernn vberhauffenn gelauffen, auch den Bauren so vff Beume entfliehen wollen, nachgesprungen, bei den Füssen erwüscht vnnd widder herab gezogenn, doch seinde vnsere englische Rüdden biß anhero noch Gottlob zimblich ledig außgangenn, was nun weiter darauff ervolgtt, sollen E. L. vonn vnns freundlich verstendigt werdenn, wir haben E. L. offt darbey gewünschett, daß sie den Lusten auch mit hetten mögen ansehen.« Derselbe meldet 1581 in einem Schreiben an den Herzog Adolph von Holstein den Tod seines »frommsten Kammerjungen« Klaus Rantzau, gelegenheitlich einer Schweinsjagd.
»Wiewohl wir nun eine sehr lustige Jagd gehabt, darinnen wir 121 Säue gefangen, und sonst Gottlob! ohne Schaden abgegangen, so ist doch zuletzt der genannte Kammerknabe, welcher ohne unser Vorwissen bei den Vorhetzern gestanden, aus 'm Schirm gelaufen, und seinen Dolch, den er zuvor verloren, suchen wollen.
Indessen kommt ein Schwein vor den Hunden gegangen, da läuft er zu und will es fangen. Wiewohl ihm nun einer seiner Gesellen (ein Treusch von Buttlar) welcher an jenseit des Grabens, zugeschrien, er sollte gemach thun und sich vorsehen, denn es wäre ein Schwein (nämlich ein starker Keiler) so ist er doch fortgetreten, den Spies vorgeworfen, und fängt das Schwein vorn auf den Kopf, da schlägt ihm das Schwein den Spies aus und schlägt den armen Jungen gleich über'm Knie in's Dicke dermassen eine harte Wunde, daß alle Adern durch und durch bis auf's Bein des Schenkels entzwei gewesen, und ob ihm wohl unser Jäger einer zu Hülf kommen wollen, so hat doch solches von wegen eines tiefen Grabens, so zwischen ihnen gewesen, sobald nicht thuen mögen, also daß Rantzau danächst umgefallen und als man ihm nah kömmt etliche Worte zugeredet und ihn zu Gott ermahnt, hat er noch einmal oder etliche geseufzt und ist sobald selig entschlafen.«
Die Sauen jener Zeit waren freilich theilweise Riesen gegen die jetzigen, und besonders in Hessen erreichten sie eine ungewöhnliche Größe und Schwere. Es werden oft hauende Schweine von 4 Centner und darüber angeführt und 4 Fuß hoch und 7½ Fuß lang. Unter den Sauen, welche die Churfürsten Johann Georg I. und Georg II. von Sachsen um 1630 und 1668 erlegten, sind die stärksten Keiler zu 5–6 Centner, ein Gewicht, welches mitunter die Bären nicht erreichten, angegeben, die stärksten Bachen zu 4 Centner und aus dem ehemaligen würtembergischen Schlosse zu Urach fand sich ein hauendes Schwein abgebildet, welches der Herzog Ulrich 1507 gefällt hatte, wo die Unterschrift besagt, daß es bei 7 Fuß 3 Zoll Länge eine Höhe von 5 Fuß 2 Zoll gehabt habe. Man denke sich die Wucht und Gewalt eines solchen Thieres!
Kein Wunder, wenn der Waidmann da guter Dinge war und selbst im Jagdhumpen gern an das ritterliche Wild erinnert wurde, wie einen solchen der Markgraf Friedrich von Baden 1605 in reich vergoldetem Silber fertigen ließ. Er stellt einen Schweinskopf vor und faßt 1¼ Maas. Dieser Humpen wird noch zu Kandern aufbewahrt und derjenige, dem er vorgesetzt wird, muß sich in das Stiftungsbuch einschreiben, welches das »Wilkum-Buch zu Kander« heißt. Der Markgraf selbst schrieb 1605 hinein:
»Als mir das Waidwerk wohl abgangen, Und ich ein gutes Schwein gefangen Und auch mit Freuden kam nach Haus Trank ich den Willkhom erstlich aus.« |
Die Schweinsjagd wurde vom 16. bis Ende des 18. Jahrhunderts und noch im Anfang des gegenwärtigen in Deutschland theilweise in einer Ausdehnung getrieben, von der man sich kaum eine Vorstellung machen kann und nur der dreißigjährige Krieg that einigen Abbruch. Vorzüglich reich an Schwarzwild waren die hessischen Waldungen, worüber Landau's Jagdgeschichte sehr schätzbare und ausführliche Details enthält. Die oben genannten Landgrafen erlegten nicht selten in einer Jagdzeit über tausend Sauen. Unter dem Landgrafen Ludwig VIII. wurden die sogen. Sau-Dukaten geschlagen, sie zeigten auf einer Seite ein Schwein, auf der andern den für die Jägerei eben nicht sehr schmeichelhaften, sonst aber eine ziemlich erprobte Wahrheit enthaltenden Vers »durch den Dukaten ward ich verrathen.« Aehnliche Dukaten hatte man für die Hirschjagd. Um interessante Vorfälle auf die Nachwelt zu bringen, waren gewöhnlich Jagdmaler im Gefolge des Landgrafen, darunter der Maler Eger sich in treuen Darstellungen besonders auszeichnete.
Die sächsischen Churfürsten Johann Georg I. und J. Georg II. hatten noch reichere Gehege und es klingt fast fabelhaft, wenn man aus den Verzeichnissen ihrer Jagden ersieht, daß sie mit ihrer Begleitung in einem Zeitraum von 68 Jahren (1611–1680) über 50,000 der schwarzen Borstenträger erlegt und gefangen haben. Mögen auch, wie wahrscheinlich, die Angaben übertrieben sein, so geben sie immerhin Zeugniß außerordentlichen Wildstandes.
In Preußen war um 1728 des Schwarzwilds so viel, daß sich oft keine Käufer dafür fanden. Da wußte man aber in jenen Zeiten Rath; zum Theil mußten die Bediensteten der verschiedenen Collegien, Räthe, Secretäre, Canzellisten &c. die Sauen für ihre Küche annehmen und bezahlen, zum Theil waren es Bürger, Kaufleute &c., denen man sie aufnöthigte, den bedeutenden Rest aber mußten die Juden in Berlin annehmen. Im Falle sich der eine oder andere nicht willig zeigte, lud man ihm die verhaßten Sauen vor der Hausthüre ab und ging dann der Handel schneller, nur um den Gräul eines Schweines nicht vor den Augen zu haben. Viele wußten mit dem erkauften Wilde nichts anzufangen, als es zu verschenken.
In Würtemberg war bis zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts immer ein bedeutender Stand an Schwarzwild.1761 kostete ein Wildschwein durchschnittlich nur 5 fl.
Zu einer Jagd des Herzogs Karl wurden 1782 außer 6000 Stück Hoch- und Rehwild auch 2600 Sauen eingefangen und bis zum Tode des Königs Friedrich war die Jagd vorzüglich. Als er in den letzten Jahren befahl, daß diejenigen, welche über Wildschaden zu klagen hatten, deshalb einkommen sollten, machte ein Pfarrer die Eingabe:
Euer Königlichen Majestät Allerhöchste Sauen haben meine allerunterthänigsten Kartoffeln gefressen. – So berichtet ein vorzüglicher Waidmann, der verstorbene Herzog Heinrich von Würtemberg im Jahre 1835 und nennt sich damals, charakteristisch für die Wendungen der Zeit, »Jäger ohne Wild und ohne Hoffnung, daß Diana ihm wieder lächelt.« Sie hat ihm aber doch noch einmal gelächelt, wie bei der Hirschjagd erwähnt ist.
In Oesterreich befahl Kaiser Joseph II. schon 1786, daß Schwarzwild nur in Parken gehalten, im Freien aber wie Raubthiere behandelt und zu jeder Jahreszeit von jedermann gefällt und gefangen werden solle.
Aus den ältesten Urkunden ersieht man, daß in Bayern die Hirschjagd bedeutender war, als die Schweinsjagd. So finden sich im Gjaidregister des Herzogs Wilhelm IV. von 1545 in diesem Jahre 515 Sauen verzeichnet, während die Zahl des erlegten Rothwilds 2000 Stück betrug. Die Jagden und Hatzen fanden vorzüglich statt zu Höchenkirchen, Geisenfeld, Köschingerforst, Landshut &c.
Das Jagdbuch des Herzogs Albrecht V. von 1555–1579 gibt 525 Sauen an, welche der Herzog eigenhändig erlegte, die Zahl des erlegten Rothwildes ist dagegen auf 4783 Stück angegeben.Vom Schwein hatten die Jäger 1 fl. 15 kr. Fanggeld, von »Pachen« 45 kr. Es gab damals auch im oberbayrischen Gebirge einiges Schwarzwild in den Klosterjagden von Tegernsee und Benediktbeuern, wo jährlich 5–6 Stück gefangen wurden.
Von 1618 werden Schweinshatzen von Churfürst Maximilian I. angeführt, welche in Mindelheim abgehalten zehn Tage dauerten. Es muß der Wildstand damals ziemlich bedeutend gewesen seyn, weil 1637 auf Antrag des Jägermeisters Grafen Wilhelm von Hohenwaldegg verschiedene Jagdbezirke in Ober- und Niederbayern pachtweise vergeben wurden, um den Unterthanen sowohl wegen des Schwarzwilds als wegen der Wölfe, heißt es, zu helfen und dabei einige Rente zu erzielen.Schrank gibt an, daß unter Churfürst Maximilian I. die Schweinsjagd der Kammer jährlich 200,000 Gulden eingetragen habe.
Zu den Schweinshatzen und Birschen wurden vorbehalten:
Grünwald, Sauerlach, das Ueberreiteramt Däning, Hoffolding, Hechenkirchen, das Ueberreiteramt Pörring, Vorssterried, Wangen, Traubing, Prunnen, Schöngeising, Pfaffenhofen, Ingolstadt sammt der Meringer- und Künsau, Eichelforst, Dirnpuech sammt dem daran stoßenden Gemain, dann Mainburg. Ferner das Isareggeramt und das Wildbahnbereiteramt Landshut, Wartenberg, der Seyboltstorfer-Bogen im Cröningeramt, Ergolsbach, Mattighoven, Maurkirchen, Burghausen und Oetting.
Obwohl der Churfürst ein großer Freund der Jagd war, so wurde doch stets das Eigenthum der Bauern an Feld und Aeckern möglichst geschont und sollte bei großen Jagden, zu welchen fremde Potentaten oder Fürsten eingeladen waren, wegen Reitens oder Fahrens durch fremde Grundstücke zuvor mit den Besitzern unterhandelt werden, und im Fall eine Vereinigung nicht zu Stande käme, gar nicht gejagt werden. Die damals abgehaltenen Hirschfaisten, Hirsch- und Schweinsjagden und Hatzen kosteten im Verhältniß gegen die späteren nicht viel, eine Hauptrechnung von 1599 gibt 3868 fl. für sämmtliche Jagden an, darunter auch die niedern Jagden und die Kosten auf Vorsuchen der Bären in der Grafenau und an der Schöfa bei Murnau. Es wurden zu den Schweinshatzen 3–400 Rüden gehalten, später aber auf 200 reducirt.
Da im Laufe des dreißigjährigen Krieges sich vielerlei Gesindel mit Wilddieberei beschäftigte und im Lande herumtrieb und die Bauern auch Büchsen führten, die sie in Ermanglung einer Gelegenheit zu eigener Vertheidigung zum Wildschießen verwendeten, so ergingen 1648 und 1649 deßhalb mehrere Erlasse, um Ordnung und Jagdschutz aufrecht zu erhalten.
Im Jahre 1630 wohnte der Kaiser Ferdinand II. der Hirschfaist und Schweinshatz um Regensburg bei und den Birschen auf der Perlacherhaide, und ebenso Ferdinand III. 1640 der Schweinshatz um München und Regensburg, wie aus den betreffenden Jagdamtsakten unter dem Jägermeister Grafen von Maxlrain zu entnehmen ist. Wo und so lange der Kaiser jagen wollte, da mußten auch die mit Gnadenjagden begabten auf ihre Rechte verzichten, wie ein Erlaß der Churfürstin Maria Anna von 1653, während der Minderjährigkeit ihres Sohnes Ferdinand Maria, bezüglich der Jagden um Regensburg kundgibt.