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Ho ho ho, mein lieber Waidmann rund: Wie unterscheidest du den Wolf vor dem Hund? Ho ho ho, mein lieber Waidmann: Des Wolfs Fährt ist vorn gezwungen, länglich und schmal, Des Hundes aber breiter, die Klauen auseinander überall; So schnürt der Wolf gerade und fein, Bei'm Hunde aber wird's selten seyn. |
Ein Engländer gibt vom Wolf (Canis lupus) folgendes Charakterbild:Behlens Forst- und Jagdzeitung. 1834.
»Derb, dürr und boshaft, ganz Nerv, Knochen und Muskel, hat er keine Unze überflüssiges Fleisch an seinem Körper, seine ganze Gestalt ist der Inbegriff der Niederträchtigkeit; Wildheit zieht seine Lippe in Falten und droht von seiner Klaue, Bosheit lauert in seinem ruhelosen Auge und Argwohn in seinem gespitzten Ohre.«
Und solche Bestien haben in den vergangenen Jahrhunderten schaarenweise in Deutschland gehaust, vorzüglich aber zur Zeit des dreißigjährigen Krieges, als wäre an dessen Morden und Sengen und Brennen des Schreckens und Elends noch nicht genug gewesen.
In Bayern trieben sie wie anderwärts ihr Unwesen und eine Menge von Verordnungen jener Zeit betreffen ihre Vertilgung. Ueberall wurden Jagden auf sie angestellt und große Aufgebote gemacht, denen sich niemand entziehen durfte. Besonders in der Oberpfalz, Ober- und Mittelfranken war es arg mit diesen Räubern. Man darf nur die Angaben im ehemaligen oberpfälzischen Forstamt Roetz, welche Jäckel mittheilt,Correspondenzblatt des zoolog. mineral. Vereins in Regensburg. 1855. überblicken, um eine Vorstellung zu erhalten, wie es auch in der Nachbarschaft ausgesehen habe.
1643 wurden 16 alte Wölfe von Taxsöldern, Tannstein, Reichenbach, Waldmünchen, Pullenried &c. geliefert.
1644 wurden 10 Wölfe geliefert, von Waldmünchen, Murach, Stammsried &c.
1645 wurden 19 Wölfe geliefert, 15 alte und 4 junge von Penting, Wetterfeld, Neubäu &c.
Von 1646–51 in 6 Jahren wurden 55 Wölfe geschossen und gefangen, und als wäre ihre Zahl mit der Verfolgung nur gewachsen, kommen auf die 9 Jahre von 1660–1668 nicht weniger als 160 Wölfe. In diesem einzigen Forstdistrikt sind in 97 Jahren von 1631–1728 gegen 890 Wölfe erlegt worden. Nicht viel besser war es in Franken. Der Markgraf Albrecht V. (1639–67) that was möglich war zur Vertilgung dieser Würger, die öfters rudelweis in die Ortschaften eindrangen, bei Tag wie bei Nacht, und Menschen und Vieh zerrißen und fortschleppten. Es wurden WolfsgrubenDiese Gruben waren 10–12 Fuß tief und weit, mit Stangen und Aesten &c. bedeckt und in der Mitte ein Lamm oder dergleichen auf einer Stange auf ein kleines Rad gebunden; manche Gruben hatten einen beweglichen um eine Achse sich drehenden Deckel und waren mit einem geflochtenen Zaun umgeben, der nur einen Eingang hatte. Jenseits desselben war eine Gans oder anderer Köder und mußte der Wolf, um dahin zu gelangen, über den Deckel, der sich dann drehte, so daß der Wolf in die Grube fiel. angelegt, Fallen gerichtet und Luderplätze, für welche man eine Menge alter Pferde kaufen und stechen ließ. Die Jäger hatten Tag und Nacht Arbeit und waren streng in Dienst gehalten. Das Jägerrecht war um 1650 für einen Wolf anderthalb Thaler und der Balg, dagegen wurde denen, welche in der vorgeschriebenen Zeit nicht die bestimmte Zahl von Wölfen lieferten, für ein fehlendes Stück 1½ Thaler an der Besoldung abgezogen. Unter dem zahlreich vorhandenen Wild machten die Wölfe natürlich auch großen Schaden und wurde um 1660 das Fanggeld für einen alten Wolf in der herrschaftlichen Wildfuhr auf 18 fl., außer derselben auf 9 fl. festgesetzt.Unter dem Markgrafen Johann Friedrich war 1679 das Schußgeld nur 1 fl. 12 kr. und für den Balg, der eingeliefert werden mußte, 36 kr. Entschädigung. Man kann sich denken, daß es viele Wölfe gegeben habe, denn jeder Wildmeister und Streifer mußte jährlich 2 Stück liefern.
Aber auch früher war manchmal große Noth mit den Wölfen. So haben sie in dem harten Winter 1271 gräulich in Franken gehaust und in wenig Tagen um Würzburg bei 30 Menschen zerrissen. Große Jagden wurden unter Markgraf Georg Friedrich (1557–1603) gehalten, zu Berneck, Bayreuth, Kulmbach, Bischoffsgrün &c. und 1592 wurden sie vom 5. Februar bis zum 11. April fortgesetzt, 1602 von Martini bis 18. März 1603, also vier Monate hindurch.
In anderen Kreisen von Bayern gab es ebenfalls zahlreiche Wölfe. Im Gjaidregister des Herzogs Wilhelm IV. von 1545 werden von Miterfels, Geisenfeld, Landshut, Ortenberg, München, Landsberg &c. 38 gelieferte Wölfe angeführt.
1618 wurden von München Jäger mit Zeug zu großen Wolfsjagden nach Donaustauf geschickt, ebenso nach Trostberg. Aehnliche Jagden wurden zu Hechenkirchen und Forstenried gehalten. Es liegen von 1643–73 mehrere kurfürstliche Befehle vor, daß die Freiherrl. Ruep. Herrschaft Falkenstein (bei Brannenburg) Jäger und Schützen, Leut' und Fuhren, zu den Wolfsjagden nach Hechenkirchen schicken soll. Es wurde remonstrirt, daß man im eigenen Besitz auf die Wölfe genug zu jagen habe. »Wir, im Gebirg, heißt es, haben nicht nur auf Wölfe, sondern auch auf Bären und Luchse zu jagen und haben keine Hülfe vom Flachland herein &c.«
Daß sie auch in andern Gegenden des oberbayrischen Gebirges, um Hohenschwangau, Werdenfels, Tegernsee &c. vorkamen, geht aus mehreren Angaben hervor, und noch jetzt trifft man dort vielfach die sogenannten Wolfsgruben. Um 1665 wurden von Zeit zu Zeit Wolfsjagden angestellt und wenn das Vieh auf die Almen getrieben wurde, ein eigenes Gebet der WolfssegenEin Wolfssegen aus einer Handschrift des l5. Jahrhunderts lautet: »ich treip heut aus in unser lieben frauen haus, in Abrahams garten, der lieber herr sant Martein, der sol heut meines (Viehes) pflegen und warten, und der lieber herr sant Wolfgang, der lieber herr sant Peter, der hat den himelischen slußel, die versperrent dem wolf und der vohin irn drussel, daß sie weder plut lassen noch bein schroten. Des helf mir der man, der chain ubel nie hat getan (d. i. Christus) und die heiligen V wunden behüten mein vieh vor allen holzhunden.« Grimm deutsche Mythologie S. 1189. Vohin ist hier die Wölfin, in Bayern wie beim Fuchs Fehin genannt. drüber gesprochen (Sepp). In Tegernsee und vielleicht auch in Berchtesgaden scheinen aber die Wölfe doch nicht gar zu häufig gewesen zu seyn; in den Rechnungen von Tegernsee ist wenigstens von 1568–80 kein Wolf genannt, die vom 17. Jahrhundert fehlen freilich, aber auch in dem Verzeichniß des Jägerrechtes von 1606 kommt der Wolf nicht vor, dagegen in dem von 1752, wo es zu 2 fl. angesetzt ist. Das Gedicht von St. Bartholomä erwähnt auch keines Wolfs.
1667 sind nach München eingeliefert worden 86 Wölfe und 6 Luchse. (Hiefür war das Schußgeld 554 fl.)
Diese gräuliche Plage dauerte bis gegen das Ende des 17. Jahrhunderts, wo unter andern noch die Zahl der Wölfe im Würzburgischen zu 80 Stück angeschlagen wurde.
In Sachsen fehlte es um jene Zeiten auch nicht an Wölfen. Vom Churfürst Johann Georg I. ist angegeben, daß er von 1611 bis 1655 (in 44 Jahren) 815 Wölfe erlegt habe und von Georg II. sind von 1656–1680 (mit seiner Begleitung) an erlegten Wölfen 2195 Stück verzeichnet (der stärkste zu 130 Pfd.)
Um die damaligen Zustände ganz würdigen zu können, muß man in Erwägung bringen, daß die Wölfe sehr unstett sind und weit wechseln; wenn man daher glaubte eine Gegend gereiniget zu haben, so waren plötzlich wieder Schaaren von Wölfen da, als wüchsen sie aus dem Boden. Eine Wölfin setzt oder wölft 3–9 Junge und trotz aller Verfolgung weiß man aus neuerer Zeit 1815, daß ein Wolf in der Gegend von Schliersee, Tegernsee &c. sich neun Jahre herumgetrieben hat, bis er erlegt wurde. Er hat nach amtlichen Erhebungen in dieser Zeit gegen 1000 Schafe gerissen und viel Wildpret, so daß der Schaden auf 8–10,000 fl. veranschlagt wurde.
Ein Wolf frißt ein ganzes Schaf auf eine Mahlzeit, auch zwei, wenn er hungrig ist, außerdem frißt er von einem Stück nur die Weichen, das Netz oder dergl. und macht wieder auf ein anderes Jagd. In Tegernsee riß einer ober der Roßsteinwand 4 Stück Wild, alt und jung in einer Nacht und fraß nur die Weichen. Bei Fischhausen am Schliersee riß ein Wolf Nachts zwischen 10 und 11 Uhr vier Schafe und des andern Morgens früh 6 Uhr ward er am Isarfall gesehen. Man sieht daraus, wie weit ein Wolf in einem Zuge wechselt, denn in gerader Linie ohne Berg beträgt die Entfernung 8 Stunden. Man wußte gewiß, daß nur ein Wolf damals in der Gegend war.
Die Wolfsjagden haben daher die Jäger oft zur Verzweiflung gebracht und hat mancher geglaubt, es gehe nicht mit natürlichen Dingen zu. So berichtete 1677 der Oberforstmeister von Leubelfing zu Amberg, welcher auf einen Wolf, der um Schönsee einige Kinder angefallen und zum Theil zerrissen, vergebens mit seinen Förstern Jagd machte, daß dieses »khain Nathürlicher, sondern ein gezauberter Wolff« sey und erhielt, nachdem das Thier zu Treswitz wieder einen Hütbuben getödtet, von der Regierung neuen Befehl zum Streifen, mit der Aeußerung »dabei auch die Hüt- und andere Leuth, so uffm Feld zu schaffen haben, sich mit Geistlichen mitln versehen zu lassen.«
Die abergläubische Furcht vor dem Wolf war von Alters her so groß, daß man sich scheute seinen Namen auszusprechen, woher das noch gangbare Sprüchwort: »Wenn man den Wolf nennt, so kommt er gerennt.« Man sagte »das Unthier« oder dergl. und bei den Schäfern in Hessen hieß er im 15. Jahrhundert »Wul, Höltzin, Hennicke, auch Graubein, Goldzahn &c.S. Landau S. 214 und Wolfs deutsche Götterlehre S. 93. Nach der altdeutschen Sage konnte man sich auch durch Zauberei mittelst eines sog. Wolfshemds, Wolfsgürtels oder Wolfsrings in einen Wolf verwandeln; ein solcher hieß WerwolfWerwolf = Mannwolf, goth. ver = Mann. J. Hanush. Zeitschrift für Mythologie &c. von Wolf und Mannhardt. Bd. IV. und dauerte der Zauber neun Tage, dann kehrte die menschliche Gestalt wieder zurück. Dieselbe Sage bestand schon bei den alten Griechen. PausaniasBeschreibung von Hellas. Bd. VI. 8. 2. und VI. 2. 3. berichtet als solche, daß ein Faustkämpfer, Namens Damarchos, bei dem Opfer des Zeus Likäos in die Gestalt eines Wolfes (λυκος) verwandelt und zehn Jahre nachher wieder ein Mensch geworden sey. Bei ähnlichem Opfer sey ein Sohn des Pelasgos, Lykäon (der ein Menschenkind geopfert habe) zum Wolf geworden, es aber nicht sein ganzes Leben hindurch geblieben. Wenn sich ein solcher des Menschenfleisches enthalte, werde er nach zehn Jahren wieder ein Mensch, außerdem bleibe er ein Wolf.
Die Betheiligung gleichen Aberglaubens zeigt auch folgende Geschichte.Jäckel a. a. O. Schöppners Sagen.
1685 trieb ein Wolf in der Gegend von Ansbach sein Unwesen, verwundete mehrere Leute und zerriß und fraß in der Zeit eines Vierteljahres drei oder vier Kinder, so daß Alles in Angst und Schrecken gerieth. Im Volk verbreitete sich nun bald die Sage, dieser Wolf sey der kurz vorher gestorbene Bürgermeister von Ansbach, Michael Leicht, von dem es auch hieß, er habe von seinem Dachfenster aus seinem eigenen Leichenbegängniß zugeschaut; nun sey er in einen Wolf verwandelt worden und ziehe als ein solcher herum.
Nach längerem Verfolgen wurde der Zauberwolf erschlagen und ist darüber folgende Relation ausgezeichnet:
»Als dieser schädliche Wolf Samstags den 10. Oktober in den Weiler Neuses bei Windsbach sich begeben, um alldorten abermals seine grausamen Mordthaten auszuüben und an zwei Bauernknäblein sich zu rächen suchte, auf welche er hinter den Holzstößen lauerte, die Knäblein aber ihm, Wolfen, zu klug gewesen und sich in ihre Häuser retirirten; ist es von den Aeltern laut und in dem Weiler auflauernd geworden.
Endlich aber, als Gott diesem wüthig und grimmigen Thier zu fernerem Unheil nicht länger mehr zusehen wollte, fügte sich's zum Glück an, recht wunderbar, durch die Dazwischenkunft eines Hahns, daß er denselben verfolgte und über einen alten mit Reisig bedeckten Brunnen vor ihm daherflatternd hinjagte, dabei aber selbst in den Brunnen hineinfiel, und von der eilend zusammenlaufenden Gemeinde mit Stangen, Prügeln und Steinen umgebracht wurde. Nachdem man nun das Luder also gefällt, nacher Ansbach der hochfürstlich gnädigsten Herrschaft zu schauen gebracht hatte, wurde derselbe an dem auf dem sogenannten Nürnberger Berge vor Onolzbach aufgerichteten Schnellgalgen in einer Kleidung von gewichster Leinwand, an Farbe fleischfarb röthlich, in einer kastanienbraunen Perücke und mit einem langen weißgraulichten Barte aufgehängt. Das Wolfsgesicht selbst aber an und für sich ist mit einem Schönbart oder gemalten Menschengesicht seiner etlichermassen bei Lebzeiten gemachten Physiognomie nach verdeckt und die Wolfsschnauze bis an die Augen abgehauen worden.« Hierüber wurden damals folgende Reime gemacht, welche auch über das verzauberte Individuum Aufschluß geben.
»Ich Wolf, ein grimmig Thier und Fresser vieler Kinder, Die ich weit mehr geacht', als fette Schaf' und Rinder, Ein Hahn, der bracht' mich um, ein Bronnen war mein Tod; Nun häng' am Galgen ich, zu aller Leute Spott. Als Geist und Wolf zugleich thät ich die Menschen plagen, Wie recht geschiehet mir, daß jetzt die Leute sagen: Ha! du verfluchter Geist bist in den Wolf gefahren, Hängst nun am Galgen hier geziert mit Menschenhaaren. Dieß ist der rechte Lohn und wohlverdiente Gab', So du verdienet hast, der Galgen ist dein Grab. Hab' dieses Trankgeld dir, weil du fraßt Menschenkinder, Wie ein wuthgrimmig Thier und rechter Menschenschinder &c. |
Es werden dem in den Wolf Gefahrenen weiter Geiz, Wucher, Eigennutz und Untreue in Amtssachen vorgeworfen. Die Ansbacher erhielten wegen dieser Exekution den Spottnamen »Wolfshenker.« Das Hängen der Wölfe an den Galgen kam öfters vor und schon 1333 ist bei Marburg ein »Woluisgalgin« erwähnt. (Landau.)
Nur mit fortgesetzter Anstrengung konnte dieses Raubwild endlich so weit vertilgt werden, daß es seit den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nur vereinzelt von Zeit zu Zeit in unsern Wäldern erscheint.1815 wurde das Schußgeld für einen Wolf auf 75 fl. erhöht. Im gegenwärtigen Jahrhundert wurden geschossen:
in Oberbayern: 5 Wölfe, zu Oberammergau, Schliersee, Reit im Winkel je einer, zu Tegernsee 2, der letzte daselbst 1837; in Niederbayern: 2 Wölfe, einer zu Zwisel und einer 1846 zu Falkenstein im bayerischen Wald;
in der Oberpfalz: 3 Wölfe, zu Vohenstrauß, Waldsaßen und 1852 bei Langenbruck;
in Oberfranken: 3 Wölfe, einer bei Erlangen und 2 am Fichtelgebirg, der letzte 1811;
in Mittelfranken keiner, in Unterfranken 2: einer zu Arnstein, ein dritter 1819 angeschossen. Den letzten dieser Wölfe erlegte ein Forstgehülfe, der seltsamerweise den Namen Lamm führte;
in Schwaben und Neuburg einer zwischen Offingen und Landstrost 1821;
in der Rheinpfalz: 4 Wölfe, 1846 im Zweibrück'schen und 3 im Jahre 1848.
Außer diesen sind mehrere Wölfe in Bayern vorgekommen, die nicht zu Schuß gebracht werden konnten oder zu Verlust angeschossen wurden.
Nach der Pfalz kommen sie zuweilen von Frankreich herüber, wo deren 1797 so viele waren, daß hohe Prämien auf ihre Vertilgung gesetzt wurden. Es sollen dort damals an 7000 Wölfe erlegt worden seyn. Auch im gegenwärtigen Jahrhundert haben sie sich in Frankreich um das Jahr 1816 so vermehrt, daß von Beginn dieses Jahres bis zum 1. Juli 1817 nach amtlichen Berichten nicht weniger als 2416 Wölfe erlegt wurden, besonders im Ardennen-Departement, im Aude-Departement, Landes &c. In Tyrol und Vorarlberg sind von 1833–1835 inclus. 18 Wölfe erlegt worden.
Ein Hegen der Wölfe, um sie zu jagen, hat begreiflicher Weise nirgends stattgefunden, sie waren so zu sagen immer vogelfrei erklärt, wie es schon der Sachsenspiegel 1215 bestimmt. Dagegen suchte man sie oft lebendig zu fangen und hatte dazu die sogenannten Wolfsgärten, von Pallisaden umschlossen, wo man sie mit Luder hineinlockte und dann Fallthüren niedergingen. Von da wurden sie weiter transportirt in die Behälter zu den Kampfjagen oder um in geschlossenen Höfen mit Hunden gehetzt zu werden. Junge Wölfe können wohl gezähmt werden, nehmen aber meistens ihren wilden falschen Charakter an, wenn sie erwachsen sind oder alt werden. Keyßler erzählt von einem schwarzen Wolf, welchen der Herzog Eberhard Ludwig von Würtemberg besaß und welchen er nach dem französischen Freibeuter Melak benannte. Er begleitete den Herzog wie ein Hund. Als er einst bei der Armee über'm Rhein war, mochte ihm der Feldzug, der sich in den späten kalten Herbst verzog, zu lange dauern, und plötzlich erschien er wieder im Schloß zu Ludwigsburg, ohne daß man weiß, wie er über den Rhein gekommen war. Ebenso entfernte er sich von der Kaiserkrönung 1711 zu Frankfurt. Obwohl dem Herzog sehr zugethan, war er gegen andere falsch und riß einmal dem Oberstlieutenant v. Forstner ohne alle Veranlassung ein Stück aus dem Backen.Die Sage erzählt viel von der Zähmung wilder Thiere durch heilige Männer und Frauen, und P. Abraham a St. Clara macht davon folgende Zusammenstellung: der heil. Sabba hat die Löwen zahm gemacht, der heil. Corbinian die Bären (ein Bär trug sein Reisegepäck nach Freysing – Freysingerwappen), der heil. Kentingernus zähmte die Wölfe, die heil. Brigitta die Füchse, der heil. Dintanus die Hirsche, der heil. Bandolinus die Wildenten.
Die Jagden wurden im 16. und 17. Jahrhundert meistens mit Garnen angestellt, in welche die eingekreisten Wölfe durch Treiber und Hunde unter großem Geschrei und Lärmen von Trommeln gesprengt und von den dabei aufgestellten Leuten mit Prügeln erschlagen oder wenn man sie lebend haben wollte, mit starken eisernen Zangen zu beiden Seiten am Hals gefaßt und aus den Netzen gezogen wurden. Dann brachte man sie in Kasten und führte sie weiter. Es kamen damals Wölfe von 80 und 90 Pfund schwer vor, einzelne sogar über 100 Pfund schwer.
Die Kosten einer solchen Jagd waren oft bedeutend. So betrugen die Ausgaben für eine Wolfsjagd, welche 1691 in dem genannten Bezirk Rötz 19 Tage hindurch gehalten wurde, 269 fl. 20 kr. und für das Luder (Pferde à 1 fl. 15 kr. und gefallene Ochsen à 44 kr.) 10 fl. 43 kr. und 4 fl. 40 kr. Botenlohn. Die am Zeug stehenden Leute, die das Fangen überwachten, erhielten jeder 10 kr. von jedem Wolf, und diejenigen, welche den Wölfen den Fang gaben oder sie todtschlugen, auch von jedem 10 kr. Bei erwähntem Jagen, wo übrigens nur ein einziger Wolf gefangen wurde, verbrauchte man 4 Pfund Pulver zu Schreckschüssen. Die Jagden waren um so beschwerlicher, als sie wegen des Einspürens gewöhnlich nur im Winter mit Vortheil angestellt werden konnten.
Wie bei uns in Bayern, so waren in früheren Jahrhunderten fast durch ganz Deutschland Wölfe verbreitet und bis in's 16. Jahrhundert fehlten sie kaum irgendwo in Europa. Im 11. und 12. und bis zum 15. Jahrhundert hausten sie zahlreich in England, Schottland und Irland, waren jedoch zu Ende des 17. Jahrhunderts fast gänzlich vertilgt. Charakteristisch für die Zeit ist die Angabe, daß Alan Earl of Bretagne, den Mönchen der Abtei Fors in Yorkshire in der letzten Hälfte des 12. Jahrhunderts das Privilegium verlieh, in dem Walde von Wensleydale die Reste alles Wilds für sich zu benützen, welches durch die Wölfe gerissen worden. Es scheint Jägerfamilien gegeben zu haben, welche vorzugsweise die Wolfsjagd trieben; so wird um 1320 ein John le Wolfhunt, Sohn und Erbe des John le Wolfhunt erwähnt, der in den königlichen Forsten von Derbyshire die Wölfe jagen und fangen sollte.Visits to Fields of Battle in England by R. Brooke. 1857. p. 294.
In Frankreich wurde im 16. und 17. Jahrhundert die Wolfsjagd systematischer getrieben, als anderwärts und Karl IX. († 1574), Ludwig XIII. († 1643) und Ludwig XIV. († 1715) liebten diese Jagd. Die churpfälzische Prinzessin Elisabeth Charlotte erwähnt als Herzogin von Orleans in ihren Briefen mehrmals der Wolfsjagden, die sie mitgemacht. In einem derselben (Versailles den 3. April 1699) sagt sie: »Ein wolff ist viel weniger alß ein hirsch zu fürchten, den wen sie gejagt attaquiren sie die menschen Nie.« Ein andermal (Versaille den 8. mertz 1701) heißt es: »Montag fuhr Ich mitt monsieur le dauphin auff die wolffs jagt funden aber nichts ob wir zwar lang suchten, Dienstag renten wir den hirsch zu St germain – – Donnerstag wieder auff die wolffjagd, die wehrte 4 gantzer stunden.« 1709 schreibt sie von Marly den 9. Februar: »Die wolff haußen auch abscheulich hir, den courier von allançon haben sie Sambt seinem pferdt gefreßen undt vor der statt du mon haben 2 wolff Einen Kauffmann attaquirt Einer sprang Im auff die Brust undt fing schon ahn sein justau corps zu zerreißen Er schrie zwei dragoner so Vor der statt spatzirten Kammen dem Kauffmann zu hülff Einer zog den Degen undt stieß den wolff damitt durch und durch der wolff lest den Kauffmann undt springt den dragoner ahm halß der Cammerraht Konte nicht geschwindt genug dazu Komen Er bracht den wolff zwar umb allein daß graußame thier hatt den dragoner schon Erwürgt, der zweyte wolff Kam von hinden wurff den dragoner zu boden undt biß Im die gurgel ab Ehe Man Ihm auß der statt zu hülff Konnte Komen wie die hülff kam fandt Man Einen wolff undt die zwey dragoner todt der zweyte wolff aber hatte sich auß dem staub gemacht.«
Unter Ludwig XV. vermehrten sich die Wölfe im Jahre 1764 auf eine furchtbare Weise und war damals eine solche Bestie durch ihre Anfälle auf die Menschen, deren sie nicht weniger als 83 zerrissen und gefressen haben soll, der allgemeine Schrecken des Landes. Man nannte das Thier la bête du Gévaudan und erst mit einem allgemeinen Aufgebot der Jäger unter Anführung von Antoine de Beauterne gelang es, dasselbe zu erlegen. Man hat öfters die Bemerkung gemacht, daß manche Wölfe eine besondere Gier nach Menschenfleisch zeigten und die Hirten aufsuchten, wenn ihnen auch die Heerden zu Gebote standen. So geschah es um 1437, wo die Wölfe in der letzten Woche des Septembers zwischen dem Montmartre und Porte Saint-Antoine vierzehn Menschen zerrissen und auffraßen.
Johann von Clamorgan, der zur Zeit Carls IX. über die Wolfsjagd geschrieben, gibt Anleitung, wie der Wolf mit dem Leithund zu bestätigen, wie er zu ludern und wie er parforce zu jagen sey. »Ich habe, sagt er, mein tag viel par force gefangen, vnd mit etlichen auff die acht stund sehr kriegt vnd zu thun gehabt.« Die Wölfe wurden auch in der Art gejagt, wie Clamorgan beschreibt, daß Jäger mit Hunden in Schirmen verborgen sich auf die Wechsel vorlegten und andere das Treiben und Jagen besorgten. Sowie dann ein Wolf an den Vorlagen erschien, hetzte der Jäger seine Hunde und fingen ihn diese. Bei dem entstehenden Kampf war die Aufgabe des Jägers, dem Wolf »ein guten langen Stecken in's gebissz zu stossen.« Dieser Autor erwähnt schon, daß die Pariserinnen Wolfszähne in Silber oder Gold gefaßt von zahnenden Kindern in den Mund nehmen lassen, um das Hervorbrechen der Zähne zu erleichtern, ein Brauch, der sich auch bei uns bis zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts erhalten hat. Von des Wolfs Natur führt er an, daß sie den Schafen ganz und gar zuwider, »darumb gesagt wird, wann ein seyten (Saite) von einem Wolfsdarm, und eine andere von einem Schafsdarm gemacht, vnd zusammen auff ein Lauten oder sonst Instrument gezogen werden, sie allzeit vngleich vnd einander zuwider lauten, vnd die Schafseite viel eher, dann die ander zu trümmern gehet.«
Um der Wölfe Herr zu werden bestand in Frankreich das Institut der LouveterieLa Chasse a Courre en France par J. La Vallée. p. 375. mit einem Grand Louvetier (Oberstwolfsjägermeister) an der Spitze, welcher Großofficier der Krone war. Man kennt die Namen dieser Würdeträger von 1479 bis 1789, wo ein Graf d'Haussonville das Amt bekleidete. In der Revolution hörte das Institut der Louveterie auf, die Wölfe mehrten sich aber wie schon oben gesagt so, daß allgemeine Jagden angeordnet werden mußten. Unter Napoleon I. wurden freiwillige Wolfsjäger gesucht und diese erhielten den Titel Lieutenants de louveterie. Sie mußten einen Piqueur, zwei Hundknechte und eine Meute von 10 Hunden und 4 Leithunde halten und durften zur Uebung des Monats zweimal in den Staatswaldungen jagen. 1830 wurde letztere Erlaubniß aufgehoben, die Wolfsjäger trieben aber dessenohngeachtet aus Neigung ihr Jagen fort und erlegten in den Jagden von 1835 und 1836 nicht weniger als 641 Wölfe. Die Jagdlust bestimmt sie öfters auch zu einer gewissen Hege und eine Wölfin lassen sie gern laufen. Meistens wird ein Bogen umstellt und der Wolf geschossen.