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Leviathan fuhr ergrimmt in die Hölle zurück. Schweigend, die Augen fürchterlich rollend, sank er zu den Füßen Satans hin. Das Triumphgeschrei der Teufel stockte plötzlich, da sie seine finstre Wuth bemerkten.
Satan rief ihm zu: Bringst du Sieg, mein Sohn?
Leviathan. Sieg, Herr, doch keinen für mich.
Satan. So stehen die Barmeciden?
Leviathan. Gefallen! Aber Der, den ich hierher reißen wollte, den ich vernichten, dem ich Laster zur Tugend machen wollte, der hat über mich gesiegt. Ich habe mich in ihm betrogen, und der Haß gegen die Menschen würde mich tödten, wenn mich die Last der Unsterblichkeit nicht drückte. Ich wollte ihn nur äffen, nur den Wunsch zum Verbrechen in ihm erzeugen, dann mit Hohnlachen davon ziehen; die Verzweiflung hätte ihn mir schon nachgesandt. Nichts ließ ich unversucht; ich gaukelte ihm die künftige Glückseligkeit der Söhne des Staubs vor, setzte ihn auf den Thron der Khalifen, ermordete ihn, sein Geschlecht, Tausende der Elenden im Bilde vor seinen Augen; verwüstete, verbrannte Städte, sprach im Geiste deiner Philosophie – umsonst! Alle meine List, alle meine Kenntniß vom Menschen scheiterten an ihm. Die Vernunft ist seine Gesetzgeberin, der reine Wille sein Leiter. Erhaben über die Schrecken, womit ich ihn umgab, stand er da! Mein fürchterlicher Anblick erstarrte ihn nicht! Sein schreckliches, nahes Ende machte ihn nicht erbeben! Alle Qualen unsers Daseins empfand ich, da ich ihn in seiner kalten Erhabenheit vor mir stehen sah. Bis zum glühenden Wahnsinn von seinem Geschwätze über Tugend ermüdet, wollt' ich wagen, die Grenzen meiner Macht über ihn zu überschreiten – schon schoß ich in die scheußlichste Larve der Hölle, schon berührte mein flammendes Haar das Gewölbe des Kerkers; ein Sklave des Ewigen erschien, berührte mit seinen glänzenden Schwingen die Augen des Thoren – er sah in Verzückung, was wir verloren haben! Ich mußte entfliehen! Leviathan mußte vor dem Sklaven entfliehen! – Noch sah ich Giafar unter den Händen des Henkers – noch hörte ich die Verbannung seines Geschlechts ausrufen.
Satan (leise). Da haben wir's! doch deine Neider würden froh sein, wenn ich dir zürnte. – (Laut.) Mein Sohn, du hast genug gethan! Das uns verhaßte Geschlecht der Barmeciden, die Hauptstütze der Tugend in Asien, ist durch die Bosheit der Menschen dahin; das Andenken dieses Khalifen wird das Andenken der großen Aufopferungen dieser Thoren schon abkühlen und wenig gefährlich für uns machen. So ein Herrscherstreich heilet die Narren von dem Enthusiasmus der Tugend auf lange. Tretet näher, ihr Teufel, bewillkommt den Fürsten, und sucht ihm gute Laune einzuflößen.
Die Teufel nahten spöttisch, und Moloch sagte: Fürst Leviathan, auch dem geschmeidigsten Sophisten gelingt nicht immer der Zungenkampf. Schade nur, daß es ein Sohn vom Weibe geboren ist, der dich überwunden hat.
Satan. Schweig, Prinz Moloch! Leviathan hat gesiegt! für die Hölle groß gesiegt! Nur sein edler Ehrgeiz macht ihn mißvergnügt.
Leviathan. Verdammt sei die Vernunft des Menschen! Durch sie dachte ich diesen dem Ewigen zu entreißen, und brachte ihn ihm näher. Dreimal verdammt – meine Verwünschung erschalle durch die ganze Hölle – sei die kalte, starke Vernunft! Groß ist die moralische Kraft des Menschen, wenn sie ihn leitet, und nur durch sie steht er da, ein Bild des Ewigen! An Keinen will ich mich mehr machen, der sich bloß von ihr leiten läßt, der das Gute um des Guten willen thut, ohne Hoffnung auf Lohn, der die Tugend zu seiner Natur und Bestimmung macht! Macht euch, ihr Teufel, an Die, welche sich vom Glauben leiten lassen, die vor Strafe zittern und nach dem Lohn schnappen, der so lockend für sie ist, weil er, wie sie meinen, alle Genüsse übertrifft, die sie in Schwelgerei ihrer Sinne gekostet haben. Die Vernunft steht in einer Schanze, in Felsen gehauen; nur dann, wenn sie sich mit dem Glauben sinnlich vermischt, zieht die Einbildungskraft eine Verzäunung von Stroh um sie, diese setzt ihr mit einem einzigen irdischen Funken in Flammen und erstickt die gefesselte Sklavin im Dampfe!
Satan. Merkt euch dies, ihr Teufel!
Leviathan. Doch sage mir, Herr, was soll aus uns werden, wenn die Philosophie, die dieser Giafar nur ahnte, und die von der deinen so sehr absticht, einst von einem tiefen Denker systematisch bearbeitet wird und faßlich unter den Menschen in Gang kommt.
Satan. Damit hat es noch lange Zeit, und geschieht es einst, so wird es damit gehen, wie mit Allem, was die Menschen thun. Sei ruhig, mein Sohn, über diesen Punkt. Der Faden ist für die groben Sinne viel zu fein gesponnen, das Licht viel zu helle, als daß es die bloß an Helldunkel gewöhnten Augen der Menschen ertragen könnten. Und wagt sich einst dieser Denker hervor, so werden die Schüler meiner Weisheit ein solches Geschrei erheben, daß man die Stimme der Wahrheit nicht vernehmen wird. Meine Schüler, Leviathan, schreien für die Ehre, das Brod, das Handwerk, und ihre Zunft ist groß, wie du weißt. – Alles Das ist nur für die Hörsäle, allenfalls noch für die Wolkenritter, wie dein Barmende einer war. Versuche nur Einer, diese kalte philosophische Dichterei thätig unter den Menschen auszuüben, und es wird ihm ergehen, wie diesem da. Nur meine Philosophie ist und bleibt die wahrhaft allgemein praktische für diese sinnlichen Söhne der Erde. Die übersinnliche des Philosophen, womit du uns bedrohst, wird nur eine Satire mehr zur Beschämung dieses Geschlechts werden und meinen treuen Schülern noch viel giftigere Beweise zur Bekräftigung der meinigen, von den Menschen geliebtern, liefern.