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16.

Giafar ging nun noch muthiger an seine Geschäfte; die Liebe war seine Begleiterin; ihre reine, wonnevolle Flamme glühte in seinem Herzen und umleuchtete das Ziel seines edlen Strebens. Aber nur zu bald fühlte er die Gefahr der Schwärmerei; entsprungen aus der Liebe, dem Wunderglauben an einen schützenden Geist, beflügelt von dunkler Hoffnung auf die Hülfe dieses Geistes, theilte sie Allem, was Abbassa that und sagte, einen unwiderstehlichen Zauber mit. In sanftem Schimmer umschwebte sie ihre Stirne, ihre ganze Gestalt, belebte ihre reizenden Züge, spielte in geistigem, durchdringendem Feuer in ihren Augen und drohte ihn selbst jeden Augenblick in den magischen Kreis zu ziehen, den sie um sie gezogen hatte. Zu schnell mußte er der Hochbegeisterten erzwungene Kälte entgegensetzen und sie durch seine Blicke, durch hingeworfene Worte zu dem Zwang zurückrufen, den die Schwärmerei so rasch gelöst hatte; aber Das, was er dabei litt, der innere Kampf, das brennende Verlangen seines Herzens, der Unwille über den Grausamen, der zwei zum Glück geschaffene Wesen auseinander riß, die heimlichen Thränen, das plötzliche Wegwenden seiner Blicke verriethen nur allzu sehr, was er verbergen wollte. Die vorige peinliche Stimmung von beiden Seiten trat wieder ein. Man suchte sich mit feurigem Verlangen, träumte von dem Glück der nahen Zusammenkunft – sah sich, wagte nicht zu reden, nicht um die Ursache des Verstummens zu fragen. Noch verließ Giafar seine Stärke nicht, noch ergriff er die Gelegenheit, ihre Aufmerksamkeit durch Mittheilung seiner Entwürfe, des Guten, das ihm gelungen, zu fesseln – sie drückte seine Hand wider ihre Lippen, und ihre feuchten Augen erhoben sich zum Himmel. Wenn er sie verließ, so machte sie sich Vorwürfe über ihr Betragen, sah sich als die Ursache seiner Qual, seines Unglücks an. »Wenn ich nicht mehr sein werde; wird er nicht ruhig sein?« lispelte sie sich zu. »O um seiner Ruhe, um des Guten willen, das er thut, das ich nun hindere, möchte ich sterben! Werde ich dann nicht glücklich sein? Was mich jetzt unglücklich macht, begreife ich nicht; ich fühle es nur – und das Gefühl davon überzieht meine erbleichenden Wangen mit Scham. – Kälte schleicht durch meine Glieder; undeutliche, verworrene Gesichter schweben in meinen Träumen vor mir; in glühender Hitze erwache ich, und ermattet sinke ich wieder in schweren Schlummer. Ihm darf ich nicht sagen, was ich leide, darf ihn nicht fragen, warum ich leide – sehe ihn leiden und darf ihn nicht fragen, warum er leidet, wage ihm nicht mehr zu sagen, daß ich ihn liebe. Erbeben, Zittern ergreifen mich, wenn ich klagen, wenn ich ihn beklagen will.«

Ihr Blick fiel während einer dieser Ergießungen auf die goldne Spitze eines Pavillons, der, getrennt von dem Garten, unter dem dunkeln Schatten hoher, dichter Bäume lag. Oft hatte sie diese düstere Einöde durchirrt und sich vorzüglich da gefallen. »Dorthin will ich fliehen,« rief sie begeistert; »unter dem sanften Rieseln der Bäche, dem Gesänge der Vögel, der stillen Ruhe, dem Wehen in den Aesten der dunkeln Bäume mich wieder suchen und finden! Ihn nicht wieder sehen, bis ich diesen lästigen Trübsinn überwunden habe, bis ich ihn durch meine Gegenwart wieder beglücken und aufheitern kann!«

Ihre Seele heiterte sich auf bei dieser Vorstellung, bei dieser Hoffnung, die der Wunsch zur Gewißheit machte. Sie theilte ihrer Amme ihren Entschluß mit, und nur diese nebst einigen getreuen Dienerinnen sollten sie begleiten. Durch die Mutter ließ sie Giafar bitten, sie in ihrer Einsamkeit nicht zu stören. »Sage ihm, in jenen einsamen Gebüschen sucht' ich meine und seine Ruhe, sein und mein künftiges Glück; er sollte mich nur dann wieder sehen, wenn ich sie gefunden hätte. Wie ich mir es angelegen werde sein lassen, kannst du denken, da unser Wiedersehen der Preis ist, um den ich nun kämpfe. Auch du mußt mich nicht besuchen, denn dein Ernst, deine Blicke, dein Mitleid – und wozu dein Mitleid, da ich glücklich bin?« fügte sie gerührt hinzu und riß sich von ihr los.

Giafar erschrack über diesen raschen Entschluß; sein Herz machte ihr diese willkürliche Trennung zum Vorwurf, er erwartete nichts von dieser Einsamkeit als Vermehrung ihres Grams, Angst und Unruhe für sich. Die Mutter fühlte die Ursache seines Widerspruchs, sie hatte in sein und Abbassas Herz geblickt und oft für Beide gezittert. Sie warnte ihn vor der Gefahr, die ihm drohte, zeigte ihm seine Schwäche und bewies ihm, die Prinzessin sei durch ihren Entschluß größer, stärker und vorsichtiger, als er. Sie sprach viel von ihrer Heiterkeit, ihrem Muth, und Giafars Seele füllte sich mit neuer Hoffnung.


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