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Fünfzehnter Tag auf hoher See seit Kalkutta. Vom Tag und Nacht brüllenden Nordwestmonsun gepeitscht, bäumt sich die Chinesische See gegen unser kleines hilfloses Schiff, das doch trotzig seinen Weg weiterrollt und schlingert, mit der britischen Flagge auf der einen Seite, der Flagge der Chinesischen Republik auf der anderen. Diese Flagge, die das Drachenbanner abgelöst hat, besteht aus fünf Streifen. Jeder versinnbildlicht, wie mir gesagt wird, eine andere Himmelsrichtung; die Chinesen kennen also eine mehr als wir Europäer. Noch drei Tage Reise, dann sind wir in Hongkong, an der Pforte des großen Reiches der Mitte, das, von Geburtswehen gepeitscht, sich ächzend schüttelt und um sich schlägt.
Achtzehn Tage ohne Marconinachrichten. Diese Linie ist wahrhaftig nicht zu empfehlen. Was hat sich inzwischen in Europa, in China ereignet, was in Indien?
In diesen Tagen hat in Indien, in der Stadt Cawnpore, der Indische Nationalkongreß begonnen, dessen Präsident diesmal eine Frau ist, die Swarajistin Mrs. Naidu. Aber, selbst wenn wir Marconinachrichten bekämen, die Wahrheit über diesen Kongreß, auf dem nicht nur für Indien, sondern auch für England und in weiterem Sinne für die ganze 169 Freiheitsbewegung der Welt wichtige Entscheidungen fallen werden, würden wir doch auf dem Zettel Marconis unten auf dem Weg zum Speisesaal nicht vorfinden. Die Wahrheit nicht nur über Swaraj, sondern über alle ähnlich unbequemen Bewegungen verkrümelt sich scheinbar im Äther, den Marconi und Reuter beherrschen, sie muß sich hinter Schleiern verbergen, wie eine indische Frau.
Das letzte, was über den Mahatma in die Öffentlichkeit drang, ehe wir an Bord gingen, war eine verwirrende, vielleicht sogar erschütternde Nachricht. Trotz der Schwäche, die ihm die anstrengende Reise durch den Cutch eingebracht und deren Wirkungen ich an seinem zarten, hinfälligen Körper nur zu deutlich beobachten konnte, hatte der Mahatma acht Tage währendes Fasten begonnen, und er war am dritten Tage bereits so sehr von Kräften gekommen, daß Mrs. Naidu und der Vorsitzende der Swarajpartei, Pandit Motillal Nehru, die ihn in Sabarmati aufsuchen wollten, um von ihm Instruktionen für den Kongreß entgegenzunehmen, unverrichteter Dinge abreisen mußten.
Weshalb fastete Gandhi? Die britischen Zeitungen Indiens, die Phänomenen dieser Seele und ihrer Regungen ratlos gegenüberstehen, vermuteten: er büße durch sein Fasten wahrscheinlich, oder wie behauptet werde, die Schuld eines anderen, eines seiner nächsten Anhänger, der die Bewegung durch eine Tat in Gefahr gebracht habe.
Ein Freund in Kalkutta aber sagte mir: Dieser Mensch will sterben.
Im vorigen Kapitel habe ich mit wenigen Worten die Lage Swarajs gekennzeichnet. Die politische Macht hat der Mahatma, wie gesagt, längst aus der Hand gegeben; diese Waffe, die, obzwar eine gewaltlose, doch formidabel werden muß, wird sie von seelischen Kräften gelenkt, wie die seinen es sind. Er hat sie aus der Hand gegeben. In wessen Händen liegt sie nun? Wer führt Swaraj?
Ehe ich auf den Bürgermeister von Kalkutta, Mr. Sen-Gupta, zu sprechen komme, mit dem ich mich vor meiner Abreise längere Zeit unterhalten habe (Sen-Gupta wurde mir von vielen als eine der charakteristischsten Gestalten in der Spitzengruppe der Swarajbewegung geschildert), will ich einen Satz herschreiben, den ich vom Rektor der 170 Hinduuniversität in Benares, dem gelehrten Professor Dhruwa, gehört habe. Ich fragte ihn, auf die Schar der Studenten weisend, die sich unter dem Fenster seiner Rektorstube auf dem Rasen des prächtigen Universitätshofes in lebhaftem Gespräch ergingen: wie sich denn die Idee Gandhis unter den jungen Menschen Indiens, besonders den Intellektuellen, bewähre. Der Rektor, der selber Kaddar und die weiße Gefängniskappe aus Leinwand trug, antwortete: Ideen von solchem Ausmaß, die solch ungeheuren Willensaufwand zur Entsagung fordern, bergen bedeutende Gefahr in sich. Der Einfluß des Mahatma auf die intellektuelle Jugend Indiens ist zwar gewaltig, der Geist des Opfers aber in der Jugend nicht stark genug, nicht von Dauer. (Ins Europäische übersetzt: Das Fleisch ist schwach.) Auf die tieferen Schichten des Volkes, sagte der Professor, wirke die Persönlichkeit Gandhis durch sein erhabenes Beispiel mit voller ungebrochener Gewalt. Ihnen gelte er als der Höchste, der Heiligste, den die Geschichte Indiens kenne, weil er entsagt habe. Akbar, der große Mogul und Führer des mittelalterlichen indischen Islams, sei zeit seines Lebens Sultan geblieben, seine Wirkung daher bereits bei Lebzeiten beeinträchtigt gewesen – nichts wirke auf die Menschen so stark wie Entsagung, Askese. Diese Askese sei auch die Ursache, weshalb Gandhis Wirken in Indien einen solch wesentlichen Schritt vorwärts bedeute. Gandhi habe die latenten Kräfte Indiens befreit, man könne heute in Indien in allen Schichten des Volkes Meinungen aussprechen hören, deren Äußerung vor vier Jahren höchste Gefahr in sich geborgen hätte. Das Große und Neue an der Erscheinung Gandhis sei eben, daß er als religiöser Führer, ob er nun wolle oder nicht, ob er aus freien Stücken die weltliche Macht aus der Hand gelegt habe oder nicht, auf die politischen Geschicke des Volkes wirke, ungleich jenen Sanyasins der indischen Vorzeit, die die Gemeinschaft aller Gläubigen, auch mit den tiefsten Kasten, doch nur im Hinblick auf die religiöse Übung hergestellt hatten.
Wieder mußte ich bei diesen Worten an Lenin denken und an diese Zeit überhaupt, diese geheimnisvolle harte Zeit, die führende Menschen höchster Art hervorgebracht hat, Menschen von reinstem Wollen und erschütternd reinem Leben, Führer, die von den Befolgern ihrer Lehre höchste Disziplin fordern dürfen . . .
An diese Zeit dachte ich, an ihre Heiligkeit und an die Gefahr . . .
171 In Mr. Sen-Gupta lernte ich einen außerordentlich interessanten Typus der jungen indischen Freiheitsbewegung kennen. Er ist europäisch gebildet, hat in Cambridge promoviert, ist Rechtsanwalt, wie die meisten Führer der Swaraj (Gandhi selbst war ja Verteidiger in Strafsachen), klug wie die Schlange (Taubensanftheit überläßt er dem Heiligen, der durch persönliches Eintreten seine Wahl zum Bürgermeister durchgesetzt haben soll) – er kommt, als ich ihn in seinem Amtsbureau aufsuche, vom Gerichtshof in der vorgeschriebenen Toilette, europäisch-indische Kleidung, Anwaltsbäffchen unter dem Kragen – wie ich ihm das nächste Mal begegne, bei der Eröffnung des Provinziallandtages von Bengalen, hat er die Landestracht der indischen Hindus angezogen, Kaddar trägt er mit derselben Selbstverständlichkeit, um nicht zu sagen Eleganz, wie den Frack und das Automobilistendreß, in seinem Kleiderschrank ist Raum für alle Gesinnungen, die ein kräftig vorwärtsstrebender junger Mann dieser Zeit benötigt.
Gleich in den einleitenden Worten unseres Gespräches betont er:
daß Swaraj beileibe nichts mit Bombenwerfen zu tun habe . . .
daß die Wirkung des Mahatma leider in rapider Abnahme begriffen sei . . .
dann, als ich Machiavelli zitiere, den Satz, daß nur bewaffnete Propheten gesiegt haben, leuchtet es über seinem jugendlich frischen, indisch braunen Bonvivantgesicht auf, er hat etwas gelernt! . . .
und als ich ihn nach Ahimsa, dem erhabenen Prinzip der Gewaltlosigkeit befrage, antwortet er mit einer Handbewegung, die sich bis zu den zuckenden Achseln hinauf fortsetzt: »Selbstverständlich Ahimsa. Wir haben ja keine Waffen!«
Ich kann nicht umhin, ihn durch einen kleinen instruktiven Vortrag über die Art und Weise zu unterrichten, wie man den deutschen, aus dem Felde zurückkehrenden Proletariern im Winter 1918/19 die Waffen abgeschwindelt hat. Aufmerksam und mit vergnügtem Lächeln hört er zu und erzählt mir dann, daß unter der Arbeiterregierung MacDonalds ein paar tausend indische Swarajisten ohne viel Federlesens in die Gefängnisse geworfen wurdenHeute sitzen nur mehr hundertundfünfzig. Ihr Los ist hart. Diese Angelegenheit bildet den Stoff der Debatte am ersten Sitzungstage des Landtags von Bengalen.. Ihm selber aber, so 172 bemerkt er zum Schluß, könne heute, in der nächsten Viertelstunde, jeden Augenblick, das Gleiche passieren!
Zur Taktik der Swaraj, die, wie schon erwähnt, von dem früh verstorbenen Dass vorgezeichnet wurde, bemerkt Sen-Gupta: die Parole sei jetzt auch nicht mehr Non-Cooperation, sondern im Gegenteil: hinein in die Behörden, in denen die Majorität zu erlangen sei. Und dann allmählich die Maschine zum Stillstand gebracht. Zunächst müsse eine Revision der Verfassung erkämpft, Indien als Dominion regiert werden, wie Kanada, wie Australien. Dann erst folge die »Civil Disobedience«, vor der Gandhi leider im entscheidenden Augenblick zurückgezuckt sei, wodurch er ja seinen aktiven Einfluß auf die Massen eingebüßt habe. Der Weg dieser Gehorsamsverweigerung werde durch die allmählich swarajisierten Behörden leicht vorzubereiten sein. Man werde z. B. vor Gericht eben nur jene Fälle verhandeln, deren Verhandlung man als notwendig oder zulässig befinden werde. Auf solche Weise wird dann die Maschine allmählich in die Bahn des nationalen Willens hinübergelenkt werden.
Sen-Gupta glaubt sicher, daß Swaraj, wie es im revolutionären Zentrum Indiens, der Provinz Bengalen, bereits die Majorität habe, bei den nächsten Wahlen in sechs weiteren wichtigen Provinzen die Oberhand bekommen werde. Er hält den revolutionären Prozeß, der sich jetzt in Indien vollzieht, im Endresultat für sicher und widerspricht meiner Meinung, daß Indien von der rascher vorwärtsschreitenden Freiheitsbewegung Chinas und Ägyptens schließlich ins Schlepptau genommen werden wird. In der Uneinigkeit der Hindus und Mohammedaner sieht er kein gefährliches Hindernis für den Erfolg der Bewegung. Von dem jungen Sekretär der bengalischen Swarajpartei, der inzwischen ins Bureau gekommen ist, mit statistischem Material unterstützt, beweist er mir, daß z. B. in Bengalen die Partei zu zwei Dritteln aus Mohammedanern bestehe, daß mohammedanische Swarajisten über ganz Indien in den Behörden vertreten seien und daß sie vielgelesene Tagesblätter hätten, in Kalkutta allein zwei.
Sen-Guptas Auffassung weicht von der des Rektors Dhruwa in Benares wesentlich ab. Dieser behauptete, ein Einvernehmen zwischen Hindus und Moslim sei schwer zu erreichen, der Hinduglaube sei kompliziert, während der Islam im Vergleich nur einige primitive 173 Grundgesetze kenne. Der Islam ignoriere die Kompliziertheit der menschlichen Natur, der die Religion der Hindus voll und ganz Rechnung trage. Dies sei ein wesentlicher Grund für die Schwierigkeit des Zusammenwirkens der beiden wichtigsten Religionsgemeinschaften, ganz abgesehen von dem fundamentalen Unterschied der Temperamente.
Auf diese Einwände, die ich vorbringe, haben Sen-Gupta und der junge Sekretär nichts übrig als überlegenes Lächeln. »Da haben Sie aber einen wilden Hindu erwischt!« sagt Sen-Gupta. »In den kleinen Ortschaften, und auf diese, auf das Land, auf die Agrarbevölkerung kommt es ja im wesentlichen an, besteht zwischen Mohammedanern und Hindus kein Streit; in den Industriezentren ja wohl. Die Ursachen sind aber zum Teil künstlich geschaffen. Wir kennen sie und sind mit Erfolg bemüht, sie zu konterkarierenSen-Gupta meint damit, daß die Engländer diesen latenten Konflikt zwischen Hindus und Moslim bewußt schüren und nicht zur Ruhe kommen lassen. Wofür wohl einige Anhaltspunkte zu finden wären. Niemals aber habe ich, sooft ich mit Engländern, englischen Offizieren oder Zivilbeamten der Regierung in Indien sprach, so stürmischen Widerspruch erlebt wie in Fällen, in denen ich die Vermutung des künstlichen »Divide et impera« erwähnte!.«
Bei der Frage nach der Bevölkerung der Industriestädte, der wichtigsten Orte Kalkutta, Bombay, Madras, kommen wir auf den Streik der Spinnereiarbeiter in Bombay, auf die trostlosen Lebensverhältnisse, die elenden Löhne der Juteweber in Kalkutta zu sprechen. Ich frage Sen-Gupta, ob er glaube, es sei viel erreicht, wenn es schon gelinge, die britischen Industriellen aus dem Felde zu schlagen – aus dem Feld, das dann sofort den heimischen Kapitalisten eingeräumt werden wird? Ob es denn für das Arbeitervolk so viel bedeute, von wem es ausgebeutet werde, wenn eben die Ausbeutung weiter bestehen bleiben soll? Swaraj habe es ja doch nicht vor, den Kapitalismus zu attackieren, das Übel bei der Wurzel zu fassen. Darauf erhalte ich von den beiden jungen Indern eine diplomatisch vorsichtige und advokatenhaft geschmeidige Antwort. Sie wittern in der Fragestellung so etwas wie eine bolschewistische Falle und behaupten, daß nach der Beseitigung des britischen Kapitals die Interessen des indischen Volkes durch einheimische Arbeitgeber verteidigt werden würden, weil für 174 diese eben die nationalen Bedürfnisse, die ja auch für sie als Inder Geltung hätten, maßgebend seien. Ich bemerke darauf, daß in Rußland gerade die umgekehrte Taktik befolgt worden sei. Man habe dort zunächst dem einheimischen Kapitalismus, der schwerer zu kontrollieren ist als der ausländische, den Hals umgedreht. Mit Emphase wird nun behauptet, daß Rußland, d. h. die russische Idee, auf Indien gar keinen Einfluß ausübe. Daß Indien seinen eigenen Weg gehe. Und daß Swaraj, die rein nationale Bewegung, der einzige Weg sei, auf dem Indien vorzuschreiten habe.
Zwei Gesichtspunkte haben, während ich in Indien war, die öffentliche Meinung in tiefstem Maße bewegt:
1. Ist Indien als nationale Einheit überhaupt imstande, sich selber zu regieren? Ist der Sinn für Pflichterfüllung und Verantwortung im Inder derartig entwickelt, daß er fähig ist, sein Land gegen den Überfall fremder feindlicher Mächte zu verteidigen und den Frieden im Innern aufrechtzuhalten? Einheitlichkeit der nationalen Interessen bei den verschiedenen Volksstämmen, die Indiens Bevölkerung ausmachen, zu erzielen? Respekt vor den Gesetzen, die man sich selbst gegeben hat, durchzusetzen? Und überhaupt und vor allen Dingen: Ist der Inder fähig zu organisieren?
Ein sehr beliebtes Argument, das die Engländer anführen, um ihr Recht auf Indien zu beweisen, ist: daß das indische Volk vor der Ankunft des ersten britischen Soldaten ein Spielball und willenloser Raub seiner korrupten nationalen Fürsten, Könige und Mogulen gewesen sei. Darauf haben sogar jene Skeptiker unter den Indern, die die eben niedergeschriebenen Fragen nicht so ohne weiteres mit »Ja« beantworten mögen, die Entgegnung: die Geschichte des indischen Volkes beginne nicht mit der Ostindischen Gesellschaft, Clive, Warren Hastings und den anderen, vielmehr sozusagen mit dem König Asoka, und daß das indische Volk schon einige Jahrtausende vor dem ersten in Indien eingetroffenen Engländer ganz gut sich ohne fremde Eroberer beholfen habe.
2. Der andere Gesichtspunkt betrifft eben jene wichtigen taktischen Fragen: ob einer Swarajist genannt werden dürfe, wenn er in die gegenwärtige Verwaltung Indiens eintritt, auf derselben Bank mit den 175 Engländern sitzt, die, eine Handvoll Fremdlinge (tatsächlich sind es nur wenige tausend), dieses Dreihundert-Millionen-Volk regieren.
Diese Frage trat mit einem wuchtigen Schritt in den Vordergrund, als das Mitglied der Swarajpartei, Mr. Tambe, seine Ernennung in die exekutive Körperschaft der Zentralprovinzen Indiens annahm, ohne seiner Partei hierüber Bericht zu erstatten oder Rechenschaft abzulegen. Die prinzipiell wichtige Frage: »Ist verantwortungsvolle Mitarbeit der Weg, der zur bürgerlichen Gehorsamsverweigerung führt?« hat dem Fall Tambe eine Bedeutung verliehen, die dem Konflikt der Hindus und der Buddhisten um die Buddha-Gaja-Stätte gleichkam.
Im Grunde ist es in jeder revolutionären Partei dieses in erschütternder Wandlung begriffenen Erdballs das gleiche: Reinhalten der Partei auf Kosten ihrer Einheit; Spaltung viel eher als Amalgamation nicht zusammengehöriger Elemente, Legierung von Rein und Unrein – Gandhis Schrei nach moralischer Durchorganisation der Partei . . .
Es sind gläubige, aber ehrgeizige; nüchtern denkende, aber phantastisch fühlende; europäisch gebildete, aber im indischen Sagenland verwurzelte junge Menschen, in deren Hand jetzt das Ruder der Bewegung gelegt wurde oder geglitten ist. Noch schöpfen sie ihre geheime Kraft aus der tiefen Quelle jenes Auserwählten in Sabarmati, der ja, wie sie behaupten, sein aktives Prestige in der Bewegung aufgegeben oder verloren hat. Das Volk folgt ihnen, weil es ihre Verbindung mit dem Mahatma erfährt und kennt. Daß auf die skeptischen Gemüter dieser typischen politischen Intellektuellen die Erscheinung des Mahatma nicht den Eindruck macht wie auf das primitive, gläubige, nach Wundern gierige Volk, das bemerkt ja die Masse kaum. Abseits bauen die Führer der Swaraj dem Heiligen Gottes einen Altar, um vor diesem im Angesicht der indischen Nation das Opfer zu bringen, das sie selber zu Priestern weiht.
Die übermenschliche Bitterkeit in der Seele Mahatma Gandhis, der es mit ansehen muß, wie seine Reinheit zum Werkzeug des Ehrgeizes dieser Kirchenväter zu werden beginnt . . .
Was wird das Ergebnis des Nationalkongresses sein, der sich jetzt, während das Schiff gegen den Dezembermonsun anläuft, in Indien abspielt? Im Grunde ist es gleichgültig. In drei Tagen sind wir in 176 Hongkong. Aus den Zeitungen wird zu ersehen sein, ob der Mahatma die Tage seines Fastens überstanden hat. Ob er lebt. Ob die Schwingungen dieser Menschenseele den Äther um den Erdball weiter befruchten.