Johann Gottfried Herder
Stimmen der Völker in Liedern
Johann Gottfried Herder

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

19. Für die Priesterehe

Mönchlatein.

Von Walter Mapes, dem Verf. des Mihi est propositum: via lata gradior ec. Aus Camden's Remaines p. 333. Ich hoffe nicht, daß Jemand in deutschen Lettern das Lied zu frei finden werde, da es mit lateinischen Lettern in Wolf, lection. memorab. und (dünkt mich) selbst in Flacii poemat. de corrupto ecclesiae statu zu finden; die Hälfte von Strophen ist überdem weggeblieben und die andre mit Fleiß nur frei übersetzt. Weitere Nachricht von Mapes Gedichten giebt Leyser hist. poetar. et poemat. med. aevi p. 776. &c.

Auch der gute Priscian wird nicht respektiret!
Gar das Wort Sacerdos nicht recht mehr dekliniret!
Voraus hieß es hic und haec, so wards durchgeführt;
Jetzo heißt es: armer hic! haec ist exsuliret.

Leider! so, muß immer ja Gottes Kirche leiden,
Was er selbst zusammen gab, soll der Mensch nicht scheiden,
Was Gott bei der Schöpfung sprach, sprach er ja zu Beiden:
»Wachset und vermehret euch, mehrt die Welt mit Freuden.«

Aber Jammer jetzt und Weh, die verlassen müssen,
Die so sanft sich zu uns that, scheiden von der Süssen!
»O Pabst Innocentius, du wirst büssen müssen,
Daß du unser Leben uns halb hinweg gerissen.

Bist du Innocentius, der die Unschuld liebet?
Und was jung er selbst genoß, andern nicht mehr giebet.«
Andern nicht vergönnt als Greis, was er jung geübet –
Bitte Gott, Pabst Innocenz, daß ers dir vergiebet.

Was war Adams Lebenslauf? Söhn' und Töchter zeugen!
Und das alte Testament macht sich dies zu eigen,
Und den alten Bund will ja nicht der Neue beugen,
Patriarchen, Könige und Propheten zeugen.

Paulus, der Apostel, ward hoch hinauf entzücket,
Was er in drei Himmeln sah, wer hat das erblicket?
Und was spricht er, wenn er uns wieder näher rücket?
»Jeder, spricht er, hab sein Weib, hab es unzerstücket.«

Ich bleib auch bei Paulus Wort, bei der guten Gabe:
»Lieben Brüder, es ist gut, daß ein Weib man habe,
Jedermann sein eigen Weib und sich an ihr labe,
Und daß jeder Priester auch seine eigne habe.«

Denn mich dünket, es ist hart und nicht feine Sitte,
Daß ein armer Priester sich erst zu Gaste bitte,
Bei der Tochter, Nichte, Frau in des Nachbars Hütte,
Lieben Herren, das ist hart und nicht feine Sitte.

Darum, heilger Vater, hilf, hilf uns aus den Nöthen,
Daß das Paternoster wir bald selbander beten:
Priester denn und Priesterin werden mich vertreten,
Und für meine Sündenschuld Paternoster beten.

 


 << zurück weiter >>