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Deutsch.
Aus dem Munde des Volks in Elsaß. Die Melodie ist traurig und rührend; an Einfalt beinah ein Kirchengesang.
Ich steh auf einem hohen Berg,
Seh 'nunter ins tiefe Thal,
Da sah ich ein Schifflein schweben,
Darinn drey Grafen sass'n.
Der allerjüngst, der drunter war,
Die in dem Schifflein sass'n,
Der gebot seiner Lieben zu trinken
Aus einem venedischen Glas.nach der Tradizion ein Glas, das den Trank vergiftete.
»Was giebst mir lang zu trinken,
Was schenkst du mir lang ein?
Ich will jezt in ein Kloster gehn,
Will Gottes Dienerin seyn.«
»Willst du jetzt in ein Kloster gehn,
Willst Gottes Dienerin seyn,
So geh in Gottes Namen;
Deins gleichen giebts noch mehr!«
Und als es war um Mitternacht,
Dem jung'n Graf träumts so schwer,
Als ob sein allerliebster Schaz
Ins Kloster gezogen wär.
»Auf Knecht, steh auf und tummle dich;
Sattl' unser beide Pferd!
Wir wollen reiten, sey Tag oder Nacht;
Die Lieb ist reitens werth!«
Und da sie vor jen's Kloster kamen,
Wohl vor das hohe Thor,
Fragt er nach jüngst der Nonnen,
Die in dem Kloster war.
Das Nönnlein kam gegangen
In einem schneeweissen Kleid;
Ihr Häärl war abgeschnitten,
Ihr rother Mund war bleich.
Der Knab er sezt sich nieder,
Er saß auf einem Stein;
Er weint die hellen Thränen,
Brach ihm sein Herz entzwey.
Englisch.
Aus den Reliqu. of anc. English Poetry Vol. II p. 141. Es ist bereits in der N. Bibl. der sch. Wiss. Th. 2. St. 1. und, mich dünkt, sonst übersetzt gewesen. Eine schöne Bußfertige von Corregio gemahlt, den Todesbecher in der Hand, in andächtiger Gestalt der mittlern Zeiten.
Einst herrscht' ein König, in der Zahl
Heinrich der zweit' er hieß,
Der liebte, nebst der Königin,
Ein Fräulein hold und süß.
Ihrs gleichen war auf Erden nicht
An Liebreiz und Gestalt;
Kein süßer Kind war auf der Welt
In Eines Manns Gewalt.
Ihr Lockenhaar, für feines Gold
Hätts jedermann erkannt;
Ihr Auge stralte Himmelsglanz
Wie Perl' aus Morgenland.
Das Blut in ihren Wangen zart
Trieb solch ein Roth und Weiß,
Als ob da Ros' und Lilie
Stritt um den Wettepreis.
Ja Rose, schöne Rosemund'
Hieß recht das Engelskind,
Der aber Königin Lenor'
War Todesfeind gesinnt.
Darum der König, ihr zum Schuz,
(Der Feindin zu entgehn)
Zu Woodstock baut' ein' solche Burg,
Als nimmer war gesehn.
Gar künstlich war die Burg erbaut
Von vestem Holz und Stein;
Nach hundertfunfzig Thüren erst
Kam man zur Burg hinein.
Und alle Gänge schlangen sich
So durch und durch ins Haus,
Daß sonder eines Leitgarnsbund
Niemand kam ein und aus.
Und ob des Königs Lieb und Gunst
Zu seiner holden Braut
Ward nur dem treusten Rittersmann
Die Wacht der Burg vertraut.
Doch ach! das Glück, das oft ergrimmt,
Wo es zuvor gelacht,
Beneidet bald des Königs Lust
Und Röschens Liebespracht.
Des Königs undankbarer Sohn,
Den er selbst hoch erhöht,
Empörte sich in Frankreich stolz
Nach Vaters Majestät.
Doch eh noch unser König hold
Sein Engelland verließ,
Da nahm er noch dies Lebewohl
Von seiner Bule süß:
»O Rosemunde, Rose mein,
Du meiner Augen Lust,
Die schönste Blum' in aller Welt
An deines Königs Brust.
Die Blume, die mein Herz erquickt
Mit süssem Wonnestral,
O meine Königsrose, leb',
Leb wohl zu tausendmal!
Denn, meine schönste Rose, nun
Werd' ich dich lang nicht sehn,
Muß übers Meer, muß Aufruhrsstolz
In Frankreich bändigen.
Doch meine Rose – ja gewiß!
Sollt bald mich wiedersehn!
Und mir im Herzen – o, da sollt
Du immer mit mir gehn!«
Als Rosemund', das holde Kind
Kaum Königs Wort gehört,
Da brach mit Macht der Kummer aus,
Der tief ihr Herz verzehrt.
Im Himmel ihrer Augen schwamm
Thrän' über Thrän' hinan,
Bis, wie ein Silber, Perlenthau
Von ihren Wangen rann.
Der Lippen zart Korallenroth
Ermattet' und erblich;
Für Kummer starrt ihr schönes Blut,
Und all ihr Geist entwich.
Sie sank, in Ohnmacht sank sie hin
Zu ihres Königs Knie,
Der oft denn seinen Königsarm
Voll Liebe schlang um sie.
Wohl zwanzig, zwanzigmale küßt
Er sie mit nassem Blick,
Bis endlich noch ihr sanfter Geist
Ins Leben kam zurück:
»Was ist dir Rose, Rose mein,
Was dir so Kummer macht?« –
»Ach, seufzt sie, ach, mein König zeucht
Ja fern in Todesschlacht!
Und da mein Herr in fremdes Land,
Vor wilder Feinde Heer,
Hinzeucht, und Leib und Leben wagt,
Was soll denn ich hier mehr?
Dein Waffenknabe laß mich seyn,
Gib Tartsche mir und Schwert,
Daß meine Brust dem Streiche steh,
Der dich zu tödten fährt.
Wie oder laß im Königszelt
Mich betten dir zur Nacht,
Und kühlen dich mit Bädern frisch,
Wenn du kommst aus der Schlacht.
So bin ich doch bei dir, und will
Nicht Arbeit scheun, noch Noth!
Ab'r ohne dich – ach, leb' ich nicht,
Da ist mein Leben Tod!«
»Besänft'ge dich, mein Liebchen, sieh,
Du bleibest heim in Ruh,
Im lieblich schönen Engelland;
Kein Feldziehn kommt dir zu!
Nicht blut'ger Krieg, der Friede sanft
Ist für dein sanft Geschlecht;
Auf schöner Burg ein Freudenfest,
Nicht Lager und Gefecht!
Mein Röschen soll hier sicher seyn
In Lust und Saitenspiel,
Indeß ich unter scharfem Speer
Den Feind aufsuchen will.
Mein Röschen glänzt in Perl' und Gold,
Indeß mich Stahl umhüllt;
Mein Liebchen tanzt hier Freudentanz,
Wenn dort mich Schlacht umbrüllt.«
»Und, Edler, den ich auserkannt
Zu meiner Liebe Wacht,
Hab, wenn ich weit entfernet bin,
Hab auf mein Röschen Acht!«
Und nun erseufzte tief der Held,
Als bräch' ihm ganz sein Herz,
Und Rosemund' ach! sprach nicht mehr,
Kein Wort nicht mehr für Schmerz.
Und freilich konnt' ihr Scheiden seyn
Für Beider Herz so schwer,
Denn seit der Zeit sah Rosemund
Nie ihren König mehr.
Kaum daß der Held fern über Meer
In Frankreich Krieg begann,
Kam Königin Lenore schon
Erbost zu Woodstock an.
Schaft schnell den Ritter zu sich her,
Ach unglücksel'ge Stund'!
Er kam von seiner Burg herab,
Und hatt' das Fadenbund.
Und als er hart verwundet war,
Gewann sie das Gebund,
Und kam, wo wie ein Engel schön
Saß Fräulein Rosemund.
Und da sie nun mit starrem Blick
Sah selbst der Schönen Glanz;
Ob aller Reize Treflichkeit
Stand sie versteinert ganz.
»Wirf ab, schrie sie, wirf ab das Kleid
So köstlich und voll Pracht,
Und trink hier diesen Todestrank,
Den ich für dich gebracht.«
Auf ihre Kniee fiel alsbald
Die schöne Rosemund,
Fleht tiefgebeugt ihr alles ab,
Was sie ihr Leids begunt.
»Erbarm dich, rief das holde Kind,
Doch meiner Jugend zart!
Mit solchem strengen Todesgift
Straf, ach! mich nicht so hart.
Ich will aus dieser Sündenwelt
Wo in ein Kloster fliehn,
Will, wenn du's foderst, fern verbannt
Die weite Welt durchziehn.
Und für die Schuld, die ich verbrach,
Ob nur aus Zwang verbrach,
Straf' ach! mich wie du willt, nur laß
Die Todesstrafe nach.«
Und mit den Worten rang sie oft
Und viel die Lilienhand,
Und längs das schöne Angesicht
Kam Thränenstrom gerannt.
Doch nichts, ach nichts! besänftigte
Die Wuth der Mörderin;
Sie stieß, noch kniend stieß sie ihr
Den Becher Gift dahin.
Zu trinken aus das Todesgift
Nahm sie es in die Hand,
Erhob ihr tiefgebeugtes Knie
Noch zitternd auf, und stand;
Und schlug die Augen himmelwärts,
Und fleht' um Gnade – ach!
Da trank sie aus das strenge Gift,
Das bald das Herz ihr brach.
Und als der Tod nun voller Wuth
Durch ihre Glieder wallt,
Da pries noch ihre Mördrin selbst
Die schöne Todsgestalt.
Und als ihr lezter Hauch entfloh,
Begrub man ihr Gebein
Zu Godstow nah nach Oxfort zu,
Wie's noch zu sehn soll seyn.