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Inzwischen waren die Dinge im Knoopschen Hause in Berlin durch eingetretene Umstände stark beeinflußt worden.
Hier, wie anderswo, hatten Zwang der Umstände, Einflüsse von außen und innen und jene Schwäche, die sich aus natürlicher Rücksicht, weichherzigen Anwandlungen und Nützlichkeits-Erwägungen zusammensetzt, bewirkt, daß derselbe Mann, der von allen Knoops bis dahin verabscheut worden war, den für immer aus ihrer Nähe zu entfernen, ihr fortwährendes Sinnen und Trachten gewesen, nunmehr im Hause wieder verkehrte und als berechtigtes Familienmitglied behandelt wurde.
Wenn man auch nicht unbedingt an seine Besserungsschwüre glaubte, auch seinen auf Entlastung von Schuld berechneten Erklärungen über seine Vergangenheit nur ein halbes Ohr schenkte, so hatten doch seine einschmeichelnden Beteuerungen bewirkt, daß von einer dauernd trennenden Auseinandersetzung nicht mehr die Rede war.
Herr Knoop hatte eine Summe gespendet, die Theodor, wie er selbst erklärte, von Sorgen befreite, aber sich auch dazu verstanden, seinem Bruder eine Thätigkeit im Geschäft anzuweisen.
Er hatte die Aufgabe, der Buchdruckerei und der Leitung Kundschaft zuzuführen und empfing dafür eine feste monatliche Zahlung und überdies eine nicht schlecht bemessene Provision.
Herr Knoop überlegte wohlweislich, daß Theodor seine Pflichten sehr bald vernachlässigen würde, wenn nicht ein Nebenreiz zum Verdienen bestand. So sah er wenigstens die Möglichkeit, daß sich sein Bruder an eine ehrliche Thätigkeit gewöhnte. Wo ihn sein Nachdenken und sein Verstand anders belehrten, da traten die Verwandtschaftsgefühle in ihr Recht, auch entschlug er sich nach verständiger Menschenart dem Grübeln über das, was einst kommen »konnte«.
Erreicht war zunächst, daß das unnatürliche Verhältnis zwischen den Brüdern beseitigt worden war, daß er sich der Gewissensbisse enthoben fühlte, die ihm immer doch geblieben wären, wenn er Theodor in der von ihm beabsichtigten Weise fortgeschafft haben würde, und endlich, daß er sich so am besten vor ferneren Schädigungen des Namens Knoop schützte. –
Das nächste wichtigste Ereignis im Hause war die Rückkehr von Arthur Knoop aus dem Auslande.
An einem Sonntag Morgen holten ihn sein Vater, seine Mutter und Margarete vom Lehrter Bahnhof ab. Sehr verändert sah er aus, als er den Seinigen gegenübertrat, und ganz anders, als sie erwartet hatten, begrüßte er sie.
Er legte das Wesen eines Mannes an den Tag, der es als etwas Kindisches ansieht, Gefühle hervorzukehren.
Er sprach, nachdem er ihnen kaum flüchtig die Hand geboten, wohl aber den mit dem Tragen deines Handgepäcks betrauten Träger deshalb sehr scharf angefahren, weil er bei dem Allzuviel eine lederne Tasche hatte fallen lassen, lediglich von der Zugverspätung. Auch äußerte er gleich beim Verlassen des Perrons, – unliebenswürdig kritisierend – daß die Feder auf Margaretens Hut seinen Beifall nicht habe. Er flocht in recht gemachter Weise englische Laute in seine Reden ein: »No – no – you know – certainly« und anderes an englischen Einschaltungen ging über seine Lippen. Vor dem Besteigen des Wagens mußte er sich noch eine Cigarette anstecken. Der scharfe Geruch führte für Frau Knoop einen Hustenreiz herbei, und Margarete wehte mit der Hand den Rauch ab.
»Na, seid ihr aber zimperlich,« entschied Arthur, warf zwar den Rest zum Fenster hinaus, zog aber ein mißfälliges Gesicht und schüttelte den Kopf.
Und was draußen in den Straßen sich darstellte, das unterzog er einer fortwährenden, abfälligen Kritik, verglich es mit England und meinte:
»Die guten Deutschen bleiben ewig in den Kinderschuhen stecken.«
Der Eindruck auf seine Familie war, wenn auch ein vermiedener, bei allen ein unbehaglicher. Bei Frau Knoop siegte zwar die Bewunderung über den Sohn. Arthur besaß das Aeußere und die Manieren eines Mannes von Welt. Sie verglich die Zeit, in der er im Kittel und gelben Riemengurt um den kleinen Leib umhergelaufen war, mit dem heutigen Tage, und fühlte sich gehoben durch ihres Sohnes Bildungs- und Anpassungsfähigkeit. Sie glaubte an seinen Wert, weil sie ihn erhoffte. Sie redete sich ein, daß er sein altes, zutrauliches Kinderherz nur verstecke.
Und Herr Knoop sah in ihm den jedenfalls das Leben kräftig anpackenden Mann, der wußte, was er wollte, der besser fuhr, wenn er sich mit Weichmütigkeit nicht abgab.
Was ihm nicht gefiel, darüber würde er schon mit ihm sprechen. Anders war's mit Margarete. Sie empfand nicht nur eine starke Enttäuschung, sondern sie wurde auch zu einer energischen Abwehr gedrängt.
Das Gefühl für alles Natürliche, Vernünftige und Gerechte, das im Grunde auch ihrer Mutter eigen war, das bei der nur einen Abbruch erlitt, sofern es sich um ihre Kinder handelte, lehnte sich gegen den kaltherzig abbrechenden Ton auf, den sich ihr Bruder erlaubte.
Wenn er ihre Hutfeder getadelt hatte, so ärgerte sie sich über seinen Hang, sich der herrschenden thörichten Mode anzuschließen:
»Warum hast du denn deine Beinkleider unten umgelegt? Es ist ja völlig trockenes Wetter!« warf sie spöttelnd hin.
Und Arthur antwortete:
»Sprich doch nicht so naives Zeug, Grete! Man sollte glauben, du lebtest in Posemuckel oder in einem anderen Nest –«
»Du irrst, Arthur! Ich weiß sehr wohl, daß zahllose Narren mit aufgekrempelten Beinkleidern umherlaufen, sollte aber meinen, daß sich Menschen mit geläutertem Geschmack nicht zum Diener solcher Abgeschmacktheiten machen.«
»Na ja, na ja, liebes Kind! Du bist die Weisheit in Person,« warf wiederum Arthur hin, und schon hier im Wagen mußten die Eltern zum Frieden ermahnen. –
Die nächsten Tage nach seiner Ankunft benutzte Arthur Knoop, um sich im Geschäft umzusehen, und dort die alten und neuen Angestellten zu begrüßen.
Ueberall, wo er erschien, begegnete man ihm mit einer ausnehmenden Zuvorkommenheit, ja, nicht selten mit äußerster Unterwürfigkeit. Man sah in ihm den Stellvertreter des Herrn Knoop, den künftigen Chef. Und Arthur, mit der tadellosen Erscheinung, der uninteressierten Miene, den kalten Augen und dem nach portugiesischer Art zugespitzten Kinnbart, reichte den Herren in den Geschäftsabteilungen entweder herablassend die Hand, oder machte sich, wenn er ein Gespräch anknüpfte, zum Mittelpunkt der Erörterungen.
Niemals fragte er nach den persönlichen Verhältnissen der Mitarbeiter seines Vaters. Den Unterbeamten und Handlangern nickte er überhaupt nur zu, und behielt in den Unterabteilungen der Druckerei, den Setzersälen, den Maschinensälen und Papierlagerräumen, nach englischem Vorbild den schwarzen Cylinderhut auf dem Kopf.
Nur Adolf behandelte er anders, und auch Theodor, sein Onkel, fand Gnade vor seinen Augen. Theodor wußte ihn zu umschmeicheln, und da es mit vollendeter Meisterschaft geschah, so wußte er Arthur für sich einzunehmen. Arthur fragte, wo sein Onkel abends verkehre, ließ sich erzählen und erklärte, sich ihm häufiger anschließen zu wollen.
Theodor Knoop hatte inzwischen in seiner äußeren Erscheinung sehr gewonnen. Er kleidete sich einfach dunkel, mit großem Geschmack. Er hatte den roten Bart abgeschnitten, die Haarfrisur vorteilhaft verändert und glich nunmehr einem, den vornehmen Kreisen angehörenden Flaneur der Großstadtwelt.
Dieses Wertlegen auf eine ausgewählte Kleidung gefiel Arthur ausnehmend, er zog daraus sogar Schlüsse auf die Würdigkeit seines Onkels. Die Vorurteile, die ihm durch den Inhalt der Briefe von Hause über Theodor geworden, schwanden allmählich mehr. Da Theodor es auch bei gelegentlichen Gesprächen über seine Vergangenheit mit gewohnter großer Klugheit verstand, sich lediglich als Opfer ganz besonders widriger Verhältnisse darzustellen, befestigte er sein Ansehen in den Augen seines Neffen wenigstens gegenwärtig durchaus.
In einer Unterredung mit seinem Vater hatte Arthur die Absicht kund gegeben, die Thätigkeit von Klamm, von dem er sich immer und immer wieder erzählen ließ, der ihm wegen seiner jetzigen Vermögenslage außerordentlich imponierte, aufzunehmen.
Allerdings machte er auch gleich bestimmte Einschränkungen, indem er erklärte, daß er stets um sechs Uhr frei über seine Zeit verfügen und sich überhaupt nicht gleich einem Angestellten binden wolle.
Er huldigte dem Sport nach allen Richtungen, und übte alle Passionen, die zu pflegen in England zum guten Ton gehörten.
Namentlich verstand er es auch, die vorhandenen Kräfte auszunutzen, die Angestellten in jener fortwährenden Spannung zu erhalten, die in ihnen die Befürchtung wach erhielt, daß sie bei irgend einer Unterlassung oder geringerem Eifer ihrer Stellung verlustig gehen könnten. Die Personen waren eben nur für seine Zwecke da, und Geschäft war lediglich Geschäft. Da gab's keine Artigkeiten, keine Rücksichten, sondern nur Dienstbarkeit und Arbeit, wofür bezahlt wurde. Wo die Familie verkehrte, machte er alsbald Besuche, und dem Kutschbock-Diener, der für ihn die Karten abwarf, mußte eine neue Livree angeschafft werden.
Auch ließ er sich in verschiedenen Sportklubs, und namentlich auch in dem so genannten Millionenklub aufnehmen. Er trat auf als der Sohn des Großkaufmanns, des Millionärs.
Und infolge seines Auftretens und seiner Erfolge verwandelte sich auch das anfängliche Unbehagen seiner Eltern bald in ein Gefühl, daß ihn das doch alles gut kleide. Stolz erfüllte ihr Inneres. Die alte Schwäche der Nachsicht des Herrn Knoop gegen seine Familienangehörigen trat in Kraft. Nur Margarete verhielt sich nach wie vor ablehnend gegen seine kalte Art, gegen sein Besserwissen, gegen seinen Egoismus und seine Ueberhebung.
So hörte sie auch mit allergrößtem Mißfallen einem Abendgespräch zu, in dem Arthur bei Erwähnung der Kommerzienrat-Aussicht des Herrn Knoop geringschätzig hinwarf:
»Ach! Das ist ja gar nichts, Vater. Kommerzienrat kann jeder werden, und wenn du es sein wirst, so meinst nur du allein, daß du etwas erreicht hast.
»Du mußt den erblichen Adel erstreben! Das ist etwas für dich und für uns! Und das werde ich einleiten, und in dieser Richtung soll Theodor helfen. Unsere Vorfahren waren ja adlige Dithmarscher Ritter. Daran wollen wir anknüpfen, und wenn du dafür Opfer bringen mußt, du hast ja die Mittel!«
Herrn Knoop gefiel diese Rede ausnehmend. Er, der Sohn eines einfachen Mühlenbesitzers, sollte den erblichen Adel erhalten! Das war Nahrung für seinen Ehrgeiz!
Aber noch eine vernahm, was er sprach, obschon sie dabei saß, als ob sie gar nicht dazu gehöre, ja, als ob sie gar nicht im Zimmer sei: Ileisa!
Und sie dachte, welche geringe Bedeutung und welcher Unwert das war, was man besaß, und welchen ungemessenen Reiz das ausübte, was man nicht hatte.
Sie war eine Baronesse von Oderbruch – und was war sie, und was fing sie damit an? Und diese Leute wollten ihr ehrliches Bürgertum gegen ein »von« umtauschen und dafür Opfer bringen, deren Inhalt zahllosen unglücklichen Menschen ein glückliches Dasein verschaffen konnte.
Auch ihr gefiel, wie Margarete, manches durchaus nicht an Arthur, aber seine Entschiedenheit, seine Männlichkeit, sein Selbstgefühl flößten ihr einen gewissen Respekt ein.
Sie drängte die Empfindungen für Klamm, die in größter Stärke wieder erwacht waren, nachdem seine Verlobung mit der Witwe in Dresden bekannt geworden, mit aller Kraft zurück. Sie nahm sich vor, Arthur entgegenzukommen ihn zu prüfen, sich allerdings auch nichts zu vergeben. Sie war ihm infolgedessen, als er einmal etwas früher ins Speisegemach getreten war, sie dort allein angetroffen und sie angesprochen hatte, zuvorkommender begegnet, als es sonst in ihrer Art lag.
Aber als er, dadurch kühn gemacht, sich eine Vertraulichkeit gegen sie hatte erlauben wollen, hatte sie mit großer Bestimmtheit im Ton gesagt:
»Sie werden von Ihrem Fräulein Schwester erfahren haben, wer ich bin, Herr Knoop! Ich bitte deshalb, daß Sie mir trotz Ihres Aufenthaltes im Hause, ein Bleiben möglich machen. Ich habe nichts, als mein unbescholtenes Ich! Aber das ist mir so wert, wie irgend jemandem, der sich einer Bedeutung und eines Ansehens in der Welt rühmt.
»Ich rufe den Kavalier in Ihnen an – ich weiß, Sie sind ein Kavalier – und nun – ich bitte – Ihre Eltern und Fräulein Margarete kommen – treten Sie zurück –«
Zwei Tage später, als er abends mit seiner Schwester aus einer Gesellschaft zurückgekehrt war, hatte er die Gelegenheit ergriffen, einmal eingehend über Ileisa zu sprechen. Er fragte sie, was sie nach ihren Beobachtungen von ihr halte.
Und Margarete hatte erwidert:
»Ileisa ist eine vornehme Natur. Ich wüßte nichts an ihr auszusetzen –«
»Aber einen Fehler wird sie doch auch haben,« fiel der nüchterne Arthur ein.
Margarete dachte nach, dann sagte sie:
»Mutter meint, der Verstand sei doch mehr in ihr ausgebildet, als das Herz.«
»Na, das ist doch erst recht ein Vorzug –«
»Wohlan, wenn du es so betrachtest – und dann – dann –«
»Nun?«
»Sie glaubt, sie sei im Grunde doch ziemlich adelsstolz. Als du neulich von den Plänen gesprochen hättest, die du für Vater hast, habe sich ein verächtlicher Zug um ihre Mundwinkel gelegt. Als ob sie hätte sagen wollen:
»Ihr Bürgerlichen! Ihr bleibt ja doch Grautiere, wenn ihr euch auch mit der Löwenhaut umhüllt.«
»Na, ja,« fiel Arthur mit kaltem Lachen ein. »Sie hatte ja damit auch nicht so ganz unrecht. Ich meine, – in den Augen derer trifft's zu, die auf ererbten alten Adel zurückblicken. Die Menge beugt dagegen den Rücken. Bei der Masse giebt's Ansehen. Und auf sie kommt es an. Und den Zutritt zu den vornehmen Kreisen eröffnet das ›von‹, ja, sichert es. Was will man mehr?«
»Unbegreiflich,« warf Margarete hin.
»Du, der entsetzlich nüchterne Verstandesmensch, legst auf Dinge solchen Wert, erörterst gar deren Wert in solcher Weise! Du, für den Erwerb, Geld, Lebenszweck ist! Ich denke, der Adel soll bestehen in der Tadellosigkeit unserer Lebensführung, in vornehmer Gesinnung und Handlungsweise! Mein Bürgerstolz lehnt sich dagegen auf, um des erkauften Titels oder Ranges willen mit anderen Augen in der Gesellschaft angesehen zu werden.«
»Ja, ja, du kommst immer mit deiner Kinderstubenmoral und Tugendsamkeit, meine Beste. Das kennt man! Aber mit ihnen wird man höchstens eine kleine Kompastorin auf dem Lande.
»Uebrigens kamen wir von Ileisa ab! Giebt's sonst noch etwas?«
Margarete schüttelte erst den Kopf, dann sagte sie spöttisch:
»Ja, eines giebt es noch, und das wird wenigstens auch in deinen Augen ein sehr starker Mangel sein! Dieses einzige ist: du imponierst ihr gar nicht! Nachdem offenbar sogar ein Herr von Klamm ihr den Hof gemacht – so stark den Hof gemacht, daß er sie heiraten wollte, – versinkt deine Herrlichkeit in nichts!«
»Wie? Herr von Klamm hat sich um sie bemüht?« fiel Arthur, die starke Enttäuschung, die Margarete ihm bereitet hatte, vorläufig unterdrückend, ein.
»Das ist ja etwas ganz Neues! Das habe ich ja gar nicht erfahren! Woher weißt du's? Hat sie es dir gesagt?«
»Gesagt? Nein, Liebster! Dazu ist sie zu diskret und zartfühlend. Sie wußte ja, daß er mir durchaus nicht gleichgültig war. – Aber ich habe sie im Traume sprechen hören. Es geschah bald, nachdem uns Klamm verlassen hatte. Sie schläft doch neben mir. Die Thür stand an dem Abend offen. Plötzlich hub sie an, seinen Namen zu rufen und sich sehr schwärmerisch auszudrücken.
»Und überdies hat mir Onkel Theodor erzählt, daß sie ein gewisser Numick im Tiergarten mit ihm hat promenieren sehen.
»Es mag Zufall gewesen sein. Aber es ist sehr verdächtig, daß sie mir niemals etwas davon erzählt hat.« –
»Hm – hm – so – so! Darüber möchte ich wohl etwas Sicheres erfahren? Und namentlich möchte ich wissen, weshalb denn nichts aus der Partie geworden ist?«
Margarete zog die Schultern und holte unwillkürlich Atem, wie jemand, der sich so besser einer Starken Bedrückung entledigt.
Dann sagte sie:
»Ist überhaupt Herr von Klamm zu ergründen? Bei uns eifrig, ja unermüdlich! Ein Adliger aus vornehmer Familie! Ein Mann, mit dem Drang nach Einfachheit, Solidität, bürgerlicher Thätigkeit, nach Erwerb und Erfolg. Und gleichzeitig versteckt, unzuverlässig, unwahr! Der Frau von Krätz, die er nun geheiratet hat, soll er kurz vor der allgemein erwarteten Verlobung plötzlich abgeschrieben haben. Dann hatte er sich – es scheint sicher – an ein anderes armes, junges Mädchen in Dresden gebunden. Die ließ er aber auch, – – und wiederum – nachdem ihn die Not trieb – suchte er die Millionärin auf. Wenn nun noch hinzutritt, daß er Ileisa den Kopf verdreht hat, so steht man ja vor einem Rätsel, es sei denn, daß er eben doch ein Abenteurer ist, daß er hier nur so arbeitete und täuschte, weil er sich mit den geheimen Absichten trug, Papas Kompagnon zu werden, oder ihm das Geschäftliche für damalige eigene Zwecke abzulauschen. Diese Thatsachen haben denn auch, wenn meine Sympathien für ihn nicht abgeschwächt, doch meine Neigung für ihn zum Erlöschen gebracht.«
Arthur hatte nicht ohne Spannung zugehört. Nachdem seine Schwester aber ihre Rede beendet, sagte er mit einer an ihm sonst nicht hervortretenden Lebhaftigkeit:
»Ich muß ihn kennen lernen! Ich möchte mir selbst ein Urteil bilden, möchte der Wahrheit oder den Ursachen seiner Handlungsweise nachspüren. Und Ileisa von Oderbruch –!? Hm – was du sagst – Uebrigens – da fällt mir ein – sie hat ja noch eine Tante. Die wollen wir doch bald einmal einladen.
»Ich möchte sie näher kennen lernen –«
»Mir will wirklich scheinen, daß du für unsere Hausgenossin ein nicht gewöhnliches Interesse hast, Arthur!« fiel Margarete ein. »Aber ich wiederhole dir: Bei der, grade bei der wirst du kein Glück haben!«
»Na, ich werde dir das Gegenteil beweisen,« stieß Arthur Knoop heraus, zog sein Etui hervor, entzündete eine Cigarette und blies die Rauchwolken nach der Art stark Erregter aus dem Munde.
Grade waren sie jetzt eben an dem Knoopschen Hause angelangt. Nachdem Arthur seiner Schwester die Thür geöffnet und sich noch versichert hatte, daß das ihrer wartende Mädchen zur Stelle war, nahm er den Weg zurück. Er wollte noch in den Klub und dort einige Nachtstunden verbringen. –