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Feldzüge von 1746 und 1747 in Italien.

Der Abschluß des Dresdner Friedens machte es Marien Theresien möglich, im Jahre 1746 eine Armee von 30,000 Mann frischer Truppen nach Italien zu schicken, unter dem Oberbefehl des Fürsten Wenzel Lichtenstein und des Marchese Botta; Bärenklau und der Feldzeugmeister Graf Browne kommandirten unter denselben. Im März d. J. 1746 wurden nun die spanisch-französischen Truppen von drei Seiten angegriffen; der König von Sardinien wendete sich gegen Asti, Bärenklau gegen Mailand, Browne gegen Guastalla, wo er (am 27. März) die Alliirten unter Castellar besiegte; Guastalla wurde sodann erobert, und bald waren die Oesterreicher auch wieder Meister von Asti, Mailand, Casale, Parma und Piacenza. Am 16. Juni griffen die Alliirten unter Don Philipp und Maillebois die Oesterreicher in ihren Verschanzungen bei Gossolegno (in der Nähe von Piacenza) an, wurden jedoch durch Lichtenstein besiegt und zurückgetrieben, worauf beide Theile einen Monat lang sich gegenüberstanden, ohne eine neue entscheidende Schlacht zu wagen.

Da trat ein Ereigniß ein, dessen Folgen auf die Verhältnisse in Italien nicht geringen Einfluß hatten; am 9. Juli 1746 starb nämlich der arme fast blödsinnige König Philipp V. von Spanien und der nicht viel fähigere Ferdinand VI. bestieg den Thron. Nun erlosch der Einfluß der leidenschaftlichen Königin Elisabeth Farnese im spanischen Kabinet, und da sich Ferdinand VI. fast ganz dem Rath seiner Gemahlin, einer portugiesischen Prinzessin hingab, welche zu England und Marien Theresien hinneigte, so kam jetzt ein ganz anderer Geist in die spanische Politik. Ferdinand VI. ließ seinem Stiefbruder Don Philipp nicht mehr das Ansehen, welches derselbe bisher bei der Armee behauptet hatte, Castellar und Gages wurden zurückberufen, und der Oberbefehl dem General de las Minas, einem Manne voll stolzer Schroffheit gegen die Franzosen, übertragen, während sechstausend Mann spanischer Truppen, welche man erwartete, Befehl zum Rückzug erhielten.

Inzwischen hatten der König von Sardinien, Botta und Bärenklau (am 10. August) Don Philipp bei Rotto freddo besiegt worauf sich dieser nach Tortona zurückzog. Bald zeigte sich die Spaltung zwischen den Alliirten, und die schlimmen Folgen davon. Am 20. August zog sich las Minas in's genuesische Gebiet zurück, und die Franzosen mußten ihm folgen; sie wichen bis Nizza und gingen über den Var. Dagegen eroberten nur die Oesterreicher unter Botta (am 1. September) die Bocchetta, der König von Sardinien besetzte das Finale, eine englische Flotte sperrte den Hafen Genua's.

So bedrängt sah diese Stadt jetzt keinen anderen Ausweg, als sich den Oesterreichern zu ergeben. Dies geschah am 5. September, und mit 15,000 Mann zog Botta in Genua ein, während die übrigen Truppen der Bundesarmee im Gebiete der Stadt lagerten. Die Stadt mußte eine Brandschatzung von 24 Millionen erlegen, Geschütz und Waffen ausliefern und sich außerdem die demüthigende Bedingung gefallen lassen, daß der Doge mit sechs der vornehmsten Senatoren sich nach Wien verfügen sollte, um die Kaiserin persönlich um – Verzeihung zu bitten! Maria Theresia dispensirte sie jedoch davon. Uebrigens hatte die Stadt Genua noch zahlreiche, unerträgliche Unbilden der Sieger zu erdulden. Botta hatte die Truppen bei den Einwohnern einquartirt und wehrte den Ausschweifungen nicht, welche sich jene erlaubten; so erbitterte er das Volk, anderseits reitzte er aber auch den Adel durch zahlreiche Verhaftungen; und so brachte er es bald dahin, daß beide, Volk und Adel, aller Mißhelligkeiten vergessend, gegen die Sieger gemeinsame Sache machten, nur den rechten Augenblick erwartend, um das verhaßte Joch der Fremden abzuschütteln.

Inzwischen war zwischen dem österreichischen Heerführer und dem König von Sardinien ebenso Uneinigkeit eingetreten, wie auf der andern Seite zwischen den Franzosen und Spaniern, Und zwar über nichts Geringeres als über Ziel und Plan der ferneren Kriegsunternehmung. Indem die Oesterreicher die errungenen Erfolge rasch benützen und direkt auf Neapel losgehen wollten, besorgte der König von Sardinien ein bevorstehendes Uebergewicht Oesterreichs in Italien, und besorgte England, daß Maria Theresia, wenn ihre Truppen Neapel überwältigten, dem Abschluß eines (wie England meinte) billigen Friedens mit größerer Hartnäckigkeit entgegen sein würde. So drang denn der andere Kriegsplan durch: einen Angriff auf Frankreich selbst, und zwar auf die Provence, zu unternehmen Nachdem nun der König von Sardinien im November die Grafschaft Nizza erobert hatte, ging Browne über den Var und drang in die Provence ein. Antibes wurde mit Hilfe der englischen Flotte durch den General von Roth belagert, einige Inseln von den Engländern und Oesterreichern besetzt, Provence und Dauphinée von fliegenden Haufen verheert. Das nächste Ziel sollte dann die Eroberung Toulon's sein. Diese raschen Fortschritte wurden jedoch durch einen Aufstand der Bewohner Genua's aufgehalten.

Da nämlich der König von Sardinien zur Belagerung von Antibes kein Geschütz hergeben wollte, so befahl Botta, daß das in Genua vorhandene zu diesem Zwecke aus der Stadt abgeführt werden sollte. Bei dieser Gelegenheit kam es zu einem Zwist zwischen einem österreichischen Korporal und einem genuesischen Fuhrknecht, welcher sich weigerte, einen Mörser nach dem Hafen zu schaffen, worauf ihn der Erstere mit dem Stocke schlug. Diese Mißhandlung gab das Signal zum allgemeinen Aufstand. Des Geschlagenen nahm sich eine Menge seiner Landsleute an, der Korporal wurde angegriffen und verwundet, die Oesterreicher, die ihm zu Hülfe eilten, mit Steinwürfen zurückgetrieben. Es war am 5. Dezbr. In der Nacht griff das ganze Volk zu den Waffen, die engen Straßen wurden verrammelt; drei Tage lang kämpfte das Volk allein gegen die Oesterreicher, bis es endlich, durch Officiere unterstützt, welche das Geschütz leiteten, einen vollständigen Erfolg errang. Botta verließ mit seinen Truppen die Stadt und die nächste Umgebung, zog dann in die Bocchetta und von dort nach Novi, während er zerstreute kleine Besatzungen und Posten gänzlich den Genuesen preisgab. Zum Glück für die Oesterreicher, welche durch Mangel und Seuchen bedrängt wurden, währte die Uneinigkeit zwischen Las Minas und Maillebois fort, und dauerte noch immer, als der Letztere durch Belleisle ersetzt wurde. Uebrigens mußten die Oesterreicher zu Ende Januar 1747 – wider Willen Browne's und der übrigen Befehlshaber, nach einem ausdrücklichen Befehl aus Wien – die Belagerung von Antibes und die Unternehmung gegen die Provence aufgeben, worauf sie sich (3. Februar) über den Var zurückzogen.

Im April galt es der Wiedereroberung Genua's, welche Marken Theresiens sehnlichster Wunsch war. Der Feldzeugmeister Graf Schulenburg schloß, nachdem er sich der Bocchetta versichert hatte, die Stadt ein, wobei ihn die englische Flotte unterstützte, ohne daß sie es jedoch hindern konnte, daß der Herzog von Bouffleurs eine Verstärkung nach Genua brachte; wogegen der König von Sardinien die Belagerer durch Truppen und Geschütz verstärkte. Zur Rettung der Stadt zog Belleisle (im Juni) über den Var; er bemeisterte sich Nizza's, Montalban's, Villafranca's und Ventimiglia's. Um dieselbe Zeit hob Schulenburg, der sich bedeutende Fehler hatte zu Schulden kommen lassen, die Belagerung Genua's auf, und zog nach der Lombardei. Der Chevalier Belleisle aber, der Bruder des Marschalls und selbst nach dem Marschallstab lüstern, unternahm (19. Juni) an der Spitze eines zweiten französischen Corps, durch die auf's Beste vertheidigten Felsenpässe einen verwegenen Angriff auf Turin. Im Col di Sietta, zwischen Erilles und Fenestrelles, hatten sich die Piemontesen, durch Oesterreicher verstärkt, trefflich verschanzt. Vergeblich jeder Widerrath der Tapfersten, die keinen Kampf gegen Menschen scheuten, aber es für thöricht erklärten, Felsen bezwingen zu wollen. Der Chevalier befiehlt den Sturm. Zweimal werden die Seinigen zurückgeworfen, da tritt er selbst voran, schon pflanzt er die Lilienfahne auf der Felsenschanze auf, als ihn ein Schuß zu Boden streckt. Viertausend Franzosen bezahlten mit ihm diesen chevaleresken Streich mit dem Leben; zweitausend waren verwundet, der Rest zog sich nach Briançon zurück. Die weitere Folge dieses mißglückten Wagestücks war der Rückzug des Marschalls Belleisle nach Nizza, um diese Grafschaft zu behaupten. Was die Belagerung Genua's betrifft, so war man in Wien über Schulenburgs Abzug in hohem Grade ungehalten und Browne erhielt Befehl, das Unternehmen neuerdings aufzugreifen. Doch der Abschluß des Aachener Friedens (wovon später) kam plötzlich dazwischen.

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