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Das Verhältniß zwischen Preußen und Oesterreich war seit den Tagen des großen Kurfürsten ein freundliches gewesen, wenngleich Preußen dabei eine mehr untergeordnete Stellung einnahm, wie sie anfänglich aus der des Reichsfürsten zum Reichsoberhaupt hervorging; denn als Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg die Einwilligung des Kaisers Leopold I. zur Annahme des Königstitels nachsuchte, mußte er die Erfüllung seines Lieblingswunsches durch Bedingungen erkaufen, welche jene untergeordnete Stellung noch mehr befestigten, so unter Anderm durch das Versprechen: in allen Reichsangelegenheiten der kaiserlichen Stimme beizutreten und bei der künftigen Kaiserwahl seine Kurstimme einem Fürsten des Hauses Oesterreich zu geben; der betreffende Traktat vom Jahr 1700 setzte fest, daß diese Artikel auch für die Nachkommen des Kaisers wie des Kurfürsten verbindlich sein sollten. König Friedrich Wilhelm I. hatte dies freundliche Verhältniß fortgesetzt und, wie bekannt, die pragmatische Sanktion anerkannt, aber allerdings unter einer Bedingung, welche Karl VI. nicht erfüllte.
Das Haus Brandenburg hatte nämlich gerechte Ansprüche an den Besitz von Cleve, Jülich und Berg, welche einige Jahre vor dem Ausbruch des dreißigjährigen Krieges in den Besitz der Linie Pfalz-Neuburg gekommen waren und nach dem Erlöschen derselben in den der Sulzbachischen Linie übergehen sollten. Dagegen hatte nun Friedrich Wilhelm I. protestirt und von dem Heimfall der Erbschaft Cleve's, Jülich's und Berg's die Annahme der pragmatischen Sanktion abhängig gemacht. Dessenungeachtet sprach Karl VI. den Besitz des ganzen neuburgischen Erbes, also auch Cleve, Jülich und Berg der Linie Sulzbach zu. Tief empfand Friedrich Wilhelm I. die Demüthigung, welche ihm durch diese Entscheidung widerfuhr; »da steht Einer, der mich rächen wird«, sprach er einst, und wies auf seinen Sohn.
Hatte Friedrich II. schon hierin einen Grund, gegen Oesterreich aufzutreten (er ließ ihn jedoch fallen), so diente ihm derselbe eigentlich hauptsächlich nur dazu, um die Ansprüche Preußens an die schlesischen Fürstenthümer mit noch größerem Nachdruck zu erheben. Hiermit verhielt es sich folgendermaßen: Kaiser Ferdinand II. hatte 1632 den Fürsten Johann Georg von Jägerndorf aus dem Hause Brandenburg in die Acht erklärt, dessen Fürstenthum an sich gezogen und die Ansprüche Brandenburgs an dasselbe nicht anerkennen wollen. Eben so wenig hatte Kaiser Leopold I., nach dem Tode des letzten Fürsten von Liegnitz, Brieg und Wolau (1675), auf die zwischen dessen Hause und Brandenburg bestehende Erbverbrüderung (von 1537) Rücksicht genommen, sondern diese Länder eingezogen. Zwar sollte der große Kurfürst 1686 durch den Schwiebuser Kreis für seine Ansprüche entschädigt werden; aber sein Sohn Friedrich I. gab denselben 1695 an den Kaiser zurück, welcher dessen Verlegenheit klug zu benutzen und auszubeuten verstand; immerhin behielt sich jedoch Friedrich I. die Ansprüche Brandenburgs auf Jägerndorf, Liegnitz, Brieg und Wolau vor. Friedrich II. sah jetzt, nach dem Ableben Karls VI., den günstigen Augenblick, sie geltend zu machen.