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Die pragmatische Armee.

Der wunderlichste Titel für ein Heer, – »ein pragmatisches!« So hieß dasjenige, welches England und Holland im Herbste des Jahres 1742 zum Schutze der pragmatischen Sanktion in den Niederlanden aufgestellt hatten; im Hintergrunde lag die alte Feindschaft Englands gegen Frankreich und Hollands gegen Spanien; Nationalhaß, ob gerecht oder ungerecht hinsichtlich seiner Entstehung, – ist er durch Jahrhunderte genährt, dann erlischt er unter der Asche nicht so leicht, denn Furcht und Eifersucht halten die Funken lebendig. Die traurigste Wahrheit bei der ganzen Sache war, daß abermals Deutschland das Schlachtfeld sein mußte, auf welchem die bis ins Kolossale karikirte Unfähigkeit des gekrönten Maitressenknechtes Ludwig XV. von Frankreich, der nun mit einem Male zum Helden werden sollte, und die Krisis englischer Staats- und Kabinetskrankheit zusammentrafen. Eine, förmliche Kriegserklärung hatte man gar nicht für nöthig gefunden! Armes Deutschland! Wo war von Deinem Volk die Rede? Der Landgraf von Hessen-Kassel verkaufte seine Unterthanen eben so gut an England, welches gegen Kaiser Karl VII. kriegte, als an diesen Letzteren selbst.

Während nun die Franzosen unter Noailles am Neckar standen, zogen die österreichischen und englischen Truppen, durch Hannoveraner und Hessen, welche zu ihnen stießen, unterstützt, im Mai über den Rhein und gen Frankfurt, Lord Stairs nach Aschaffenburg. Noailles besetzte die Hohlwege oberhalb Aschaffenburg und die Posten am Obermain, schlug Brücken bei Seligenstadt und beherrschte dergestalt den Niedermain. Die pragmatische Armee befand sich, auf die Gegend von Aschaffenburg beschränkt und ohne Zufuhr von Lebensmitteln, in einer bedenklichen Lage, als König Georg II. mit seinem zweiten Sohne, dem Herzog von Cumberland, selbst bei derselben eintraf, welche 50,000 Mann zählte. Am 27. Juni kam es bei Dettingen, in der Gegend von Aschaffenburg, zur Schlacht, welche die Verbündeten gewannen. Die Franzosen mußten sich unter Noailles über den Main zurückziehen; später über den Rhein, wo sich Noailles mit Broglio vereinigte, um das Elsaß zu decken. Prinz Karl hatte sein Heer gleichfalls an den Rhein geführt und versuchte den Uebergang über diesen Strom bei Breisach und Rheinweiler (im August), wiewohl vergeblich. Im Herbst (zu Ende Octobers) kehrte er nach Bayern und in die Oberpfalz zurück, und legte seine Truppen in Quartiere. Inzwischen war König Georg II. mit der pragmatischen Armee zu Ende Augusts bei Mainz über den Rhein gegangen, über Oppenheim, Worms und Speier nach Germersheim vorgerückt und hatte die von den Franzosen verlassenen Linien bei Landau zerstört, worauf er über den Rhein zurückging und seine Armee gleichfalls in Winterquartiere legte.

Unter diesen Umständen war das bereits erwähnte Wormser Bündniß zu Stande gekommen, dessen Folgen sich nun schnell genug zeigten.

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