Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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21.

Und Wolke über Wolke kommt gekrochen
und drückt das offne Land in dumpfe Schranken;
es liegt im Halblicht wie gebrochen,
der Bergforst steht gesträubt.
Der Donner brodelt schon, und Blitze wanken;
und wenn die Funken fahl durchs Dunkle kochen,
dann ist's als atmeten des Tales Flanken.
Der Mann macht Halt wie dunstbetäubt:

So sind wir rings umhüllt vom Unbekannten;
dem Qualm der Niederungen kaum entklommen,
stehn wir vom Schwall der Höhen schon benommen
und gehn vielleicht erst recht der Tiefe zu.
Und wenn der Bann, dem unten wir entrannten,
hier oben uns ereilt mit glühendem Schuh,
wenn dann im letzten taumelgrellen Nu
die eine Frage noch in uns entbrannte:
ist nicht des Lebens Mißgeschick
nur unsres Wesens Ungeschick –
dann wirbelt noch durch unsre tiefste Ruh
als einzige Antwort aus der Ewigkeit
des Daseins grausige Unsicherheit.

Und drohender erschallt das Lichtgebebe,
die hohen Tannen fangen an zu schauern.
Bis ganz ins Land hängt Alles in der Schwebe;
es ist, als ob das Tal die Flügel hebe.
Das Weib zeigt in die rollenden Wolkenmauern:

Wenn sonst die Blitze so den Raum durchschossen,
war mir so grenzenlos, so haltlos bange
wie damals vor der Todeswut der Schlange;
Jetzt scheint durch jeden mir der Himmel erschlossen!
Ich brauche blos mit dir ins Licht zu schauen
und habe vor Nichts, vor Nichts mehr Grauen!

Und jählings reißt sich aus der Dunkelheit
blendend und knatternd der erste klare Strahl.
Mit prasselnder Sohle springt der Regen ins Tal.
Zwei Menschen atmen wie befreit.


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