Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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32.

Hellblauer Himmel mit weißen Streifen
läßt alle Saatfelder grüner prangen.
Und den Bäumen am Wege muß wohl ein Bangen
vor den mächtigen Roßschweifen
des Windes durch die Knospen wehen;
sie zittern. Aber zwei Menschen gehen
ruhig einen Wiesenrain hinan.
Einem Weibe erwidert ein Mann:

Mein Töchterchen? – Hm – sonderbar:
sie sagte – sie meinte wohl dein Auge und Haar –:
du siehst ganz schwarz aus, ganz schwarz und heiß,
aber inwendig seist du wohl weiß.
Nun stehst du wieder, wie zur Erstarrung geneigt.
Lea! sieh um dich! Sieh, wie alles sich ändert:
wie jeder Baum sein Wachstum klarer zeigt,
wie's lichtbegehrlich aus Spitze an Spitze spritzt.
wie er das Eine, das alle zackt und rändert,
mit eigner Perlschrift trotzig ins Freie ritzt!
Dann preist dir jedes Hälmchen im Feld
den Geist der körperlichen Welt.
Dann sagt dir jeder Lebenshauch:
wie du dich giebst, so bist du auch!

Er stutzt: Sie lächelt ins Blaue hinein.
Sie steigt still über den Wiesenrain.
Sie bricht sich einen Knospenzweig ab.
Sie hebt ihn wie einen Zauberstab:

Wenn ich nun aber nach jenen Wolken weise,
die unter der Sonne den Abendhimmel streifen,
und nun im Geist nach Morgenländern reise,
dann mögen sie noch so eigen anders schweifen,
die ganze Landschaft versichert mir:
wie du mich nimmst, so bin ich dir!

Sie stutzt: Er weist still über die Wiesen:
die sehn noch aus wie abgeweidet.
Die Wolken werfen Schatten wie Riesen.
Zwei Menschen merken, was sie scheidet.


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