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Die Prosperitätsepoche, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg einsetzte, stimulierte die Arbeiterkreise zur Gründung neuer und Ausdehnung der vorhandenen gewerkschaftlichen Organisationen. Ein solches Bedürfnis machte sich auch unter der Weberbevölkerung geltend, deren Lage eine besonders gedrückte war. Aus meinem Wahlkreis wurde die Anregung zu einem deutschen Webertag gegeben, der vom 28. bis 30. Mai 1871 in Glauchau tagte. Derselbe war von 147 Delegierten besucht, die 134 Mandate aus 85 Orten zu vertreten hatten. Unter den Delegierten befand sich auch der spätere Reichstagsabgeordnete Harm-Elberfeld, der damals im Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein stand. An Stelle von Motteler, der eine notwendige Geschäftsreise zu unternehmen hatte, war mir das Referat über die drei Fragen übertragen worden: 1. Wie ist es gekommen, daß in der Weberei die Löhne so gedrückt sind? 2. Wie sind sie zu heben? 3. Wie sind sie den Zeitverhältnissen entsprechend zu erhalten? Im Laufe des Vortrags wies ich darauf hin, daß durch die Annexion von Elsaß-Lothringen mit seiner hochentwickelten Baumwollspinnerei und -weberei den gleichen deutschen Industriezweigen eine gewaltige Konkurrenz erwachsen dürfte, die zweifellos auch eine revolutionierende Wirkung auf die Art der bisherigen Produktionsweise in Deutschland (weite Verbreitung der Hausweberei) ausüben werde. Glauchauer Kaufleute, die als Zuhörer anwesend waren und damals durch ihre Faktoren in der Hausweberei arbeiten ließen, hörten diese Ausführungen mit Kopfschütteln an. Als ich aber nach langer Haft im Jahre 1875 in meinen Wahlkreis zurückkehrte, wurde mir allseitig die Richtigkeit meiner Ausführungen bestätigt. Davon überzeugte mich auch der Anblick der Städte in meinem Wahlkreis, in denen in wenig Jahren die Fabriken wie Pilze aus dem Boden gewachsen waren. Ich empfahl, mit den elsaß-lothringischen Webereiarbeitern Fühlung zu nehmen. Weiter beantragte ich Resolutionen, die ein Verbot der Kinderarbeit in den Fabriken und die gesetzliche Einführung eines zehnstündigen Normalarbeitstags verlangten, die einstimmig angenommen wurden. Ferner wurde gegen zwei Stimmen die Abschaffung der Sonntagsarbeit zu fordern beschlossen. Eine andere von mir eingebrachte Resolution, die nach lebhaften Erörterungen ebenfalls Zustimmung fand, betraf die Arbeitseinstellungen, und lautete:
»Der allgemeine deutsche Webertag empfiehlt allen Fachgenossen, bei Organisierung von Streiks mit der größten Vorsicht vorzugehen und unter keinen Umständen eine Arbeitseinstellung vorzunehmen, wenn nicht die Gewißheit vorhanden ist, daß durch genügende Mittel und Unterstützung der Erfolg gesichert ist.«
Bezüglich der Schiedsgerichte schlug ich folgende Resolution vor:
»Der erste allgemeine deutsche Webertag erachtet es für wünschenswert, daß sich Schiedsgerichte bilden, die zu gleichen Teilen aus Arbeitern und Arbeitgebern bestehen, um Differenzen, durch die ein Streik droht, auf gütlichem Wege auszugleichen.«
Schließlich wurde ein Komitee von fünf Personen niedergesetzt (Sitz Glauchau), das die Agitation und Organisation der Fachgenossen in die Hand nehmen und regelmäßig Zirkulare herausgeben sollte mit fachgenössischen Mitteilungen. Es fand auch ein zweiter Webertag in Berlin statt, und eine Anzahl Zirkulare wurden ebenfalls herausgegeben, dann aber brach die Bewegung wieder zusammen.