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Zu seiner Freude

Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Johannes 1, 11

 

27. April 1740

In der Welt ist es so, daß die Familien zueinander halten. Im Reiche der Gnaden aber, in geistlichen Sachen, geht es nicht nach der Natur. Ein Prophet gilt nichts bei den Seinen, spricht der Heiland. Selbst seine Brüder glaubten nicht an ihn. Die Seinen nahmen ihn nicht auf. Es ist eines jeden Hauptpflicht, die er sich selbst schuldig ist, seine Hauptsorge, damit er Tag und Nacht umgehen muß, damit er zu Bette gehen und aufstehen soll: »Er muß den Heiland aufnehmen.« Was heißt aber das? Das heißt: Außer dem Heilande in der Welt nichts haben, mit Wahrheit sagen können, was David spricht: was hab' ich im Himmel und auf Erden als dich? Der Heiland muß bei uns das Triebwerk zu allem sein und unser Gehen und Stehen, unser Essen und Trinken, unser Schlafen und Wachen muß im Namen Jesu geschehen, mit demselbigen Sinne und mit derselbigen Macht, wie ein Bevollmächtigter die Sache seines Herrn ausrichtet in seinem Namen. Jesu Bevollmächtigte sind wir in der Welt.

Darin besteht nun die Sünderschaft, daß man solange sein Elend gefühlt und davon gequetscht worden ist, bis man, ohne sich selbst übereilig herauszuzwingen, Gewißheit gekriegt hat in seinem Herzen: Er meint mich, ich meine ihn, nun sind wir eins; ich bin gleich noch so elend als ich zuvor war, bin ich gleich noch derselbe Mensch, bin ich gleich nicht von einem andern Schrot als mein Nachbar, ich bin eben der arme Mensch, eben die elende Kreatur, eben der Staub wie zuvor, so ist mir doch Barmherzigkeit widerfahren, sein Geist erhält mich, Christus, der ist mein Leben. Und so leben wir nicht darum, daß wir besser als andere sind, wir sind von Natur nichts als lauter Sünder, aber wir sind so glücklich, wir sind so selig, daß wir ganz sein sein dürfen.

Wenn wir ihn so haben, so sind wir nicht nur äußerlich in seiner Familie, sondern dann sind wir seine Familie, sein geliebtes Volk, seine nahen Verwandten, wie es vom Johannes heißt: der Jünger, den er lieb hatte. Aber er hatte ihn nicht darum so lieb, weil er sein Anverwandter war, sondern weil er sein Jünger war.

Ich dächte also, das sollte aller Sache sein, daß das ihnen eine Freude wäre, wenn sie dem, der für sie gestorben ist, mit allen Schritten und Tritten dienten.

Der Herr Jesus sagte: Wer an mich glaubt, der wird leben um seinetwillen; er wird das ewige Leben haben, weil ich lebe, er wird darum in der Welt sein, daß er meine Freude sei. Wir sind vom Sohne geschaffen, damit er an uns satt werde, sein Genügehaben und sein Verdienst, seinen Tod und seine Wunden vergolten kriegen mag und sein Schmerzgeld mit uns bekomme, für alles, was er gelitten hat. Wir sind ursprünglich zu seiner Freude bestimmt, wir sind sein Haus, da er wohnen, da er sich seines Leidens erholen will.

Wir wären nicht wert, daß wir lebten, wenn wir diese Seligkeit nicht achteten, wenn wir das gering schätzen, daß wir den Heiland so nahe haben können. Nehmts auf den Knien an und laßt uns immer mehr darin eins werden, darin ein Herz und eine Seele werden und sooft wir wieder zusammenkommen, uns wieder daran erinnern und sooft wir wieder voneinander gehen, uns darauf verabschieden, daß Jesus uns alles sein soll, daß, wo wir gehen und stehen, was wir tun mit Worten oder Werken, vor ihm tun zu seinen Füßen.


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