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Nach ungefähr zwanzig Minuten kam der Verwalter des herzoglichen Hauses von seinem Rundgang zurück. Er schien noch nervöser zu sein als früher, als fühlte er, daß die Stunde der Gefahr immer näher rücke.
»Es ist alles schlafen gegangen, Herr Doktor,« sagte er. »Auch die Diener, die einen Schlüssel besitzen, sind, wie ich mich überzeugt habe, zu Hause.« In gedämpftem Ton fügte er hinzu: »Ich glaube, Lady Agatha erwartet einen neuen Mord heute nacht, denn ich sah Licht in ihrem Zimmer und hörte sie laut beten.«
Sogar den Arzt schien ein Schauer zu überlaufen, als er sich nun erhob. Ohne ein Wort zu erwidern, begab er sich auf die Diele hinaus.
Das große Haus lag in tiefster Stille da, als ob alle seine Bewohner sich ruhigsten Schlafes erfreuten. Ein einziges Licht erleuchtete die untersten Treppenstufen und warf einen schwachen Schein auf die im Dunkel liegenden oberen Stockwerke. Burrowes hatte seine Taschenlampe angeknipst, sie aber auf Anordnung des Arztes wieder verdunkelt. Die beiden Männer, die in tiefstem Schweigen die Treppe hinaufstiegen, erweckten den Eindruck wandelnder Schatten.
Tarleton fühlte das Zittern des Verwalters, als dieser an dem Alkoven vorbeiging, in dem die Leiche Montacutes verborgen gewesen war. Viel Hilfe konnte der Arzt wohl nicht von seinem Begleiter erwarten, denn in wirklicher Gefahr war auf diesen ängstlichen Mann sicherlich kein Verlaß.
Die Stille im zweiten Stockwerk war noch auffallender, und der unmerkliche Schein des von unten schwach heraufschimmernden Lichtes genügte kaum, um die einzelnen Türen zu unterscheiden.
»Welches ist das Zimmer der Herzogin?« fragte der Arzt in flüsterndem Tone.
Burrowes zeigte auf eine Tür, die der nach oben führenden Treppe gegenüber lag. Seine Miene war jedoch bedrückt.
»Wissen Sie, Herr Doktor, daß noch eine Verbindungstür in die Gemächer des Herzogs führt?«
»Das weiß ich. Aber ich bin fest überzeugt, daß sie heute nacht geschlossen bleiben wird. Ich werde mich hier aufstellen.«
Der Arzt wies auf einen Schrank, der an der Wand stand und groß genug war, um ein halbes Dutzend Leute aufzunehmen. Aber er wollte sich nicht in dem Schrank verbergen, wie es der Verwalter wohl erwartet hatte, sondern er holte sich einen unweit davon stehenden Stuhl, den er an die Schmalseite des Schrankes gegen die Wand stellte. Von diesem Posten aus konnte er sowohl die nach unten führende Treppe als auch die Türen der herzoglichen Gemächer im Auge halten, während er selbst durch den Schrank den Personen verborgen bleiben mußte, die von der anderen Seite her oder von oben die Treppe herabkommen würden.
Der aufmerksame Burrowes war offensichtlich durch diese Vorbereitungen aufs höchste erstaunt, machte aber keine Bemerkungen. Seit der Arzt Andeutungen gemacht hatte, daß er selbst als Schlafwandler Verbrechen verübt haben könnte, betrachtete ihn der Verwalter mit einer Scheu, die nahe an Furcht grenzte.
»Was soll ich tun? Wo soll ich mich verstecken?« fragte er mit einem verlangenden Blick auf das Innere des Schrankes.
Tarleton besann sich einen Augenblick. Und plötzlich hörte er etwas. Ein leichtes Geräusch erreichte die beiden Männer, so plötzlich, daß auch der mutige Arzt erschrak, während der Verwalter wie ein Espenblatt zitterte.
Ein schwaches, schnappendes Geräusch kam weit hinten aus der Finsternis des großen Hauses und ließ erkennen, daß sich irgendwo eine Tür geöffnet habe. In der diesem Geräusch folgenden Stille faßte der Arzt den zitternden Verwalter am Arm und zog ihn lautlos in die Ecke, in der sich sein Stuhl befand, während er selbst vor diesem stehen blieb, unsichtbar nach der Seite hin, aus der er den Mörder erwartete.
Der Arzt hatte sich nicht geirrt. Zehn, vielleicht zwanzig Sekunden vergingen unter den rasenden Herzschlägen der beiden Männer, als sich ein schwacher Schein an dem polierten Holz des Schrankes brach, der langsam heller wurde. Der überraschte Verwalter ließ ein unterdrücktes Seufzen hören, denn das Licht kam nicht aus der Richtung der herzoglichen Gemächer. Einen Augenblick darauf hörte man das Tappen vorsichtiger Schritte, das anzeigte, daß der sich Nähernde die im Schatten liegende Treppe herunterstieg.
Die beiden hielten den Atem an, um zu lauschen. Und als diese unheimlichen Schritte näherkamen, mischte sich in ihr Echo das leise Rascheln von Frauenkleidern. Bei allen Vermutungen und all dem Verdacht: An diese Möglichkeit hatte der treue Diener seines Herrn nie gedacht. Halb ohnmächtig sank er gegen die Gestalt des Mannes vor ihm und konnte kaum dem Verlangen, Lady Agathas Namen herauszuschreien, widerstehen.
Die Haltung des Arztes war jedoch eine andere. Er richtete sich in Erwartung der Person, die er seit vielen Stunden im Verdacht hatte, auf, als wäre er ein Chirurg, der sich auf eine Operation auf Leben und Tod vorbereitete.
Endlich kam die Mörderin näher. Das Weib, das schon zwei Morde auf dem Gewissen hatte, befand sich auf dem Weg, einem dritten Menschen das Leben zu nehmen. Die Schritte erreichten den Korridor, hielten einen Augenblick unschlüssig, und kamen langsam wieder näher, der Tür zu, hinter der die Frau wohnte, deren Sünden sich aus der Vergangenheit lösten. Tarleton hatte das vorausgesehen.
Das Licht wurde plötzlich grell, als es die Ecke des Schrankes streifte, und blendete die Augen der beiden wachenden Männer.
»Großer Gott!« entrang es sich den Lippen des Verwalters.
Dort, vor ihnen, überrascht, stand Lady Agatha, in der einen Hand die leuchtende Taschenlampe, in der andern den todbringenden Pfeil, der schon zwei Sünder in die Ewigkeit gesandt hatte.
In der ersten Überraschung sprach keiner der drei ein Wort. Nach einem ersten Zusammenzucken stand die Rächerin wie ein Steinbild da, ihre Lippen erstarrt in dem kalten, verachtungsvollen Lächeln der Selbstgerechtigkeit, das den Arzt zuerst auf die Vermutung gebracht hatte, daß es sich hier um eine Wahnsinnige handelte.
Erst nachdem er nach und nach alle sonst möglichen Erklärungen der Morde als unmöglich hatte fallen lassen müssen, war der Arzt auf diesen Verdacht gekommen. Anfangs hatte er ohne weiteres die Verbrechen dem Hauptmann Theobald oder seinem Werkzeug, dessen Diener Falai, zugeschrieben. Ob die Tat in Verteidigung seiner Braut oder seiner Verwandten verübt worden wäre, auf alle Fälle hatte er mildernde Gründe hierfür gehabt. Diese Verdächtigung ließ er jedoch fallen, als er in der Untersuchung mehr und mehr voranschritt. Als die Zofe ermordet wurde, legte er sie als nicht in Frage kommend, überhaupt beiseite. Dieser Mord konnte nur als Racheakt gewertet werden.
Der Gedanke, daß diese beiden Verbrechen vom Herzog angestiftet, beziehungsweise veranlaßt worden wären, war zwar von Zeit zu Zeit im Doktor aufgetaucht, immer aber wieder fallen gelassen worden, weil er der Ansicht war, daß der Herzog, wäre er wirklich der Schuldige gewesen, dies sicherlich seinem Verwandten, dem Innenminister, mitgeteilt hätte, um die Schande einer öffentlichen Untersuchung von seiner Familie fernzuhalten. Wenn er dies aber gebeichtet hätte, wäre der Innenminister dem Arzt sicherlich in andrer Art und Weise gegenübergetreten, als dies der Fall gewesen war. Die einzige naheliegende Erklärung, die man dem merkwürdigen Benehmen des Herzogs unterlegen konnte, war der Verdacht, daß er wahrscheinlich der Meinung war, die Frau, in die er so wahnsinnig verliebt war, wäre die Schuldige.
Der Verwalter hinwiederum hatte den Verdacht gegen sich dadurch herausgefordert, daß er im ersten Stadium der Untersuchung so geheimnisvoll tat und den Arzt in die Irre zu führen versuchte. Diese Verdachtsmomente aber verflogen, als sich Dr. Tarleton überzeugt hatte, daß das Entsetzen, mit dem er ihm die zweite Mordtat mitgeteilt hatte, echt war.
Gegen die ungesetzmäßige Herzogin war der Verdacht am meisten ausgeprägt gewesen, aber auch sie mußte außer Betracht gelassen werden, nachdem die Zofe ihr Leben einbüßt hatte. Tarleton hatte es sich, auf Grund von Erfahrungen in allen möglichen Verbrechen dieser Art, zur strengen Regel gemacht, die Tat einem Wahnsinnigen zuzuschreiben, wenn sich zwei oder mehrere Verbrechen gleicher Art in engstem Umkreis ereigneten. Das zweite Verbrechen aber konnte in diesem Fall von Anfang an infolge der Sorglosigkeit seiner Ausführung nur einem Wahnsinnigen zugeschrieben werden. Sicherlich durfte für die Erklärungen des zweiten Verbrechens nicht der Grund vorgeschoben werden, daß der erste Mord unentdeckt geblieben wäre. Nein! Im Gegenteil! Jeder im Hause wußte, daß er sich als mutmaßlicher Täter unter Beobachtung glauben mußte, kannte die Gefahr, in der er schwebte und mußte vermuten, daß die Gerechtigkeit, von Dr. Tarleton repräsentiert – ihm auf der Spur wäre. Unter diesen Umständen in aller Ruhe unter den Augen des Beamten ein zweites Verbrechen zu begehen, ließ auf ein getrübtes Urteilsvermögen schließen, auf ein Außerachtlassen der eigenen Sicherheit und Selbsterhaltung, wie man es nur einem Wahnsinnigen zumuten durfte.
Bei niemand aus der Familie konnte man Spuren von derartigem Wahnsinn entdecken – mit einer einzigen Ausnahme. Der treue Burrowes hatte zwar erklärt, daß sein Herr wahnsinnig wäre, wo seine Frau in Frage käme; aber in den Augen eines Gerichtsarztes zählt eine derartige Verliebtheit nicht zu den Geisteskrankheiten. Daher mußte er den Herzog – so sehr dieser auch imstande gewesen wäre, einen Mord aus Eifersucht zu begehen – außer Acht lassen, sobald es sich um Mordtaten handelte, die auf Intrigen zurückzuführen waren. Das erste Verbrechen konnte man menschlich erklären, das zweite jedoch konnte nur durch einen Geisteskranken begangen worden sein.
So ungefähr waren die Gedanken des Arztes gewesen, und nachdem er sich erst einmal darüber klar geworden war, hatte er gar nicht weit nach dem vermutlichen Täter zu suchen. Das Benehmen Lady Agathas war ihm von Anfang an als das einer religiösen Fanatikerin erschienen. Die religiöse Gemeinschaft, die ihr den Eintritt in ihre Reihen verweigert hatte, mußte sicherlich von Anfang an das Abwegige ihrer Anschauungen erkannt haben. Sie war ein Musterbeispiel jener religiösen Verblendung, die – möge sie persönlicher Eitelkeit oder wirklicher Frömmigkeit zuzuschreiben sein – zu allen Zeiten und in allen Glaubensbekenntnissen zu finden gewesen war. Wie die Erfahrung den Arzt in seiner langen Praxis gelehrt hatte, war in einem zerrütteten Gehirn, wie das der Lady Agatha, nichts unmöglich. Ihre Hingabe als Krankenschwester war vollkommen vereinbar mit ihrer Ansicht, daß sie Gottes auserwähltes Werkzeug wäre, und das Haus ihres Vaters von allen Sünden und Sündern zu reinigen habe. Nur um Lady Agatha in Versuchung zu führen, hatte Tarleton sich bereit erklärt, die Schuldprobe, die Falai verlangt hatte, durchzuführen, beziehungsweise durchführen zu lassen. Als sie sich dann weigerte, an der Prozedur teilzunehmen, hegte er hinsichtlich ihrer Schuld keinerlei Zweifel mehr.
Daß er sich nunmehr der Mörderin Auge in Auge gegenüber befand, bedeutete ihm keine wesentliche Überraschung. Er war zwar etwas erregt, aber er hatte schon lange vermutet, daß er sie auf dem Wege zu einem dritten Mord treffen würde. Instinktiv trat er einen Schritt vor, um sich zwischen die Wahnsinnige und die Tür zu ihrem beabsichtigten Opfer zu bringen.
Lady Agatha war die erste, die das drückende Schweigen unterbrach. Anstatt von ihrem Vorhaben durch die unvorhergesehene Störung abgeschreckt zu werden, schien sie sogar auf ihre Absicht stolz zu sein.
»Sie also,« flüsterte sie mit einem tiefen Blick der Verachtung, »Sie haben es auf sich genommen, die Ehebrecherin vor der Strafe für Sünden zu schützen?«
Der Arzt rief alle seine Energie zu Hilfe, als er nun seinen strengen Blick auf die Wahnsinnige richtete. Die Lage war peinlich genug, um auch an ihn die größten Anforderungen zu stellen. Er war das einzige Hindernis zwischen einer rach- und mordsüchtigen Wahnsinnigen und ihrem geplanten Opfer, und in ihren Händen befand sich eine Waffe, deren geringste Berührung den Tod herbeizuführen imstande war. Dem Mädchen diese Waffe gewaltsam entreißen, bedeutete sicher für einen von ihnen, wenn nicht für beide den sicheren Tod.
Man mußte versuchen, Lady Agatha zu beruhigen.
»Lady Agatha,« sagte er in zerknirschtem Tone, »wie sollte ich dies alles begreifen? Sie haben mich vollständig im Dunkeln tappen lassen, denn Sie haben mir niemals ein Wort davon gesagt, daß die Herzogin des Ehebruchs schuldig sei.«
Die Wahnsinnige war offenbar von dieser entschuldigenden Rede des Arztes überrascht. Ihre Miene drückte ihre Zweifel aus.
»Sie wollen mich in die Irre führen,« sagte sie in keinesfalls festem Tone. »Sie kamen ja nur ins Haus, um mich an der Ausführung meiner Pläne zu hindern. Habe ich Sie nicht darauf aufmerksam gemacht, daß dies ein Haus der Sünden sei? Trotzdem haben Sie versucht, sich in die göttliche Strafabsicht einzumischen?«
Das Entsetzliche der Situation wurde durch die Tatsache verstärkt, daß die beiden nur flüsternd sprachen. Lady Agatha hatte das größte Interesse daran, die Bewohnerin des Zimmers, vor deren Tür sie standen, nicht aufzuwecken. Der Arzt wiederum war davon überzeugt, daß, sobald er seine Stimme lauter werden ließ, die Wahnsinnige dies als ein Zeichen beabsichtigten Verrats ansehen und ihn angreifen würde. Keiner von ihnen ahnte, daß hinter der geschlossenen Tür ein entsetztes Weib auf dem Fußboden kniete, krampfhaft die Türklinke festhielt und Gott anflehte, sie zu retten.
»Ich bedaure es, wenn ich etwas Unrechtes getan habe,« sagte der Arzt, indem er sich den Anschein gab, als hätte er seine Ansicht geändert. »Ich kann nun wirklich begreifen, daß Sie nur eine Pflicht zu erfüllen vermeinen.«
Vermeinen?« wiederholte sie verächtlich. »Das kommt hier wohl gar nicht in Frage. Ich weiß, daß ich von Gott ausersehen bin, seine Strafe zu vollziehen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil ich Nacht um Nacht eine Stimme in mir tönen höre: ›Erhebe dich und töte‹,« erklärte die Wahnsinnige in triumphierendem Ton. »Lassen Sie mich vorbei, daß ich Gottes Befehl ausführen kann.«
Tarleton sah endlich einen Ausweg und beeilte sich, ihn einzuschlagen.
»Halt, bleiben Sie! Hat Ihnen diese göttliche Stimme jemals befohlen, auch mich zu töten?«
Lady Agatha war von dieser Frage offensichtlich nicht entzückt. Sie runzelte nachdenklich die Stirn, ehe sie antwortete. Inzwischen merkte Tarleton, daß der Mann neben ihm so zitterte, daß ihm die Zähne klapperten, wie man deutlich hören konnte.
»Nein!« gab Ihre Herrlichkeit nach einigem Zögern zu. »Bisher nicht! Aber Sie dürfen auch nicht versuchen, mich davon abzuhalten, den göttlichen Befehl auszuführen.«
Der Arzt atmete schwer. Es war schon etwas wert, die Wahnsinnige überzeugt zu haben, daß er nicht zu den vorausbestimmten Opfern gehörte.
»Wenn es sich so verhält, dann steht Ihnen auch kein Recht zu, mir etwas zuleide zu tun,« erklärte er festen Tones. »Sie wagen es nicht, Menschen ohne die Autorität eines göttlichen Befehls zu töten. Sie sind religiös und müssen deshalb das fünfte Gebot beachten.«
Das arme Weib stöhnte in ihrer Verwirrung. Tarleton glaubte einen beifälligen Seufzer der Erleichterung von dem erregten Verwalter zu hören, aber er hielt seine Augen starr weiter auf die Wahnsinnige vor ihm gerichtet.
»Was mir befohlen ist, muß ich ausführen,« sagte sie in unglücklichem Tone, »und Sie haben kein Recht, mich daran zu hindern. Ich befehle Ihnen: Gehen Sie aus dem Weg!«
Tarleton konnte sehen, daß sie ihren Entschluß gefaßt hatte. Er würde sonst etwas dafür gegeben haben, wenn er gewußt hätte, was sich hinter der verschlossenen Tür der Herzogin abspielte. Nach seinen Kombinationen hatte diese nur vor dem Herzog Angst und erwartete keinen Feind von außen. Es war daher wahrscheinlich, daß Ihre Gnaden nur die Tür nach dem herzoglichen Zimmer verriegelt, dies aber bei der Tür nach dem Korridor versäumt hatte. Vielleicht gehörte die Herzogin auch zu den Leuten, die sich vor dem Einriegeln fürchten, weil sie glauben, daß sie im Falle eines plötzlichen Überfalles oder eines Feuers von aller Hilfe abgeschnitten wären. Möglich war es, daß das Zimmer überall verschlossen war, aber durfte er das Wagnis auf sich nehmen? Konnte nicht Lady Agatha die Tür öffnen und den Mord begehen, ehe er noch in die Lage käme, ihn zu verhindern?
Es war ein entscheidender Augenblick, aber der Mut verließ den Arzt auch jetzt nicht.
»Lady Agatha,« sagte er mit fester Stimme. »Sie mögen den göttlichen Befehl erhalten haben, Ihre Stiefmutter zu ermorden! Ich aber habe keinen derartigen Befehl erhalten. Ich darf es deshalb auch nicht geschehen lassen. Auch ich muß dem göttlichen Gebot gehorchen. Dieses Zimmer dürfen Sie nicht betreten.«
Die Augen der Wahnsinnigen glänzten in wütendem Leuchten. Sie erhob den Pfeil, den sie in ihrer Hand hielt, bis er direkt vor dem Gesicht des Arztes stand.
»Im Namen Jehovas! Ich befehle Ihnen, aus dem Weg zu gehen!« zischte sie zwischen den Zähnen.
Tarleton bereitete sich auf einen schweren Kampf vor.
»Ich weigere mich!«
»Gott sei Dank!«
Dieser Ausruf ertönte von den Lippen des Verwalters fast zu der gleichen Zeit mit den letzten Worten des Arztes. Lady Agatha wollte eben mit der tödlichen Pfeilspitze ihrem Gegner ins Gesicht stechen, als plötzlich ihre Haltung erstarrte und sie den Arm wie gelähmt zur Seite fallen ließ. Ein andrer Arm hatte sich liebkosend um den Nacken der Wahnsinnigen geschlungen, der Arm ihrer Schwester Rosa.
Diese war auf dem Schauplatz erschienen, ohne von jemand außer dem entsetzten Burrowes, bemerkt zu werden. Der Verwalter hatte sie schon auf der Treppe erblickt; sie war ihm wie ein strahlender Schutzengel erschienen, bekleidet vom selben weichen Morgenrock, in dem sie schon die Bewunderung des Arztes an jenem ersten Morgen in Trafford House erregt hatte. Der atemlose Burrowes war ihr, ohne ein Wort zu sprechen, mit seinen Augen gefolgt, als sie so schnell, wie es ging, die Treppe herunterglitt, und gerade zur rechten Zeit erschien, um die Schwester von dem Angriff auf den Arzt zurückzuhalten. Lady Rosas Antlitz war weiß wie Kreide, aber ihr Mut verließ sie keinen Augenblick.
»Agatha, Liebling, gib mir diesen Pfeil! Du mußt mit mir zu Bett.«
Diese sanften Worte schienen einen verborgenen Widerhall in dem verdunkelten Gemüt der Wahnsinnigen zu wecken. Das arme Wesen ließ den furchtbaren Pfeil fallen und sich von ihrer jüngeren Schwester ohne Widerstand fortziehen.
Schnell trat der Arzt vor, und hob die tödliche Waffe vom Boden auf. Dann warf er sie die Treppe hinab.
Lady Agatha rührte sich auf den Lärm, den der fallende Pfeil verursachte, nicht. Ihre ganze Erregung schien bei der sanften Berührung der schwesterlichen Hand verflogen zu sein. Sie ging langsam, als wäre sie sehr ermüdet, und die beiden Männer folgten den Schwestern in achtungsvollem Schweigen, bis sie sich vergewissert hatten, daß beide in ihrem Zimmer verschwunden waren.
Dann erst löste sich die bis dahin starre Miene des Arztes in ein Lächeln der Befriedigung auf.
»Das war doch eine recht knappe Sache, Burrowes. Ich glaube, ich könnte jetzt einen Kognak vertragen, wenn Sie so freundlich wären, mir einen zu besorgen. Bringen Sie ihn mir, bitte, ins Zimmer Hauptmann Theobalds. Bitte, suchen Sie auch den Pfeil, und heben Sie ihn für mich auf, ich möchte ihn gern als Andenken behalten.«
Der dankbare Verwalter eilte, den Wunsch des Arztes zu erfüllen, während sich dieser nach dem Zimmer Theobalds begab, um dem erstaunten jungen Mann den ganzen Vorfall zu berichten, der sich in den letzten paar Minuten abgespielt hatte.
»Ich möchte Sie jetzt bitten, die Wache zu übernehmen, bis ich geschulte Wärter bekommen kann. Diese Verbrechen müssen nun hier aufhören,« fügte er zum Schluß noch hinzu.
Theobald sprang aus dem Bett. Er konnte sich in Ausdrücken der Bewunderung nicht genug tun, am meisten aber freute ihn die Rolle, die Lady Rosa in dem Drama gespielt hatte.
»Ja, ja,« sagte Tarleton. »Jetzt können wir uns auch ungefähr denken, was Lady Rosa an jenem Morgen so zeitig auf den Korridor getrieben hat, Sie muß ihre arme Schwester schon lange beobachtet haben. Wahrscheinlich hat sie alles schon lange geahnt, aber aus geschwisterlicher Liebe verbarg sie dieses Wissen. Wahrscheinlich brachte sie es nicht übers Herz, Ihnen etwas von ihrer Schwester zu erzählen, und deshalb hat sie es wohl für das beste gehalten, die Verlobung zu lösen.«
Theobald drückte dem Arzt dankbar die Hand.
»Ich werde Ihnen niemals genügend danken können, Doktor! Aber was wird sie jetzt anfangen? Glauben Sie nicht, daß sie sich doch noch die Sache überlegt?«
»Wo wirkliche Liebe in Frage kommt, ist kein Ding unmöglich,« antwortete ihm der Ältere. Und er seufzte. Warum? – Das erfuhr der Offizier niemals.
Burrowes brachte den verlangten Kognak, als der Hauptmann eben seine Toilette beendet hatte.
»Lady Rosa hat mich aufgehalten,« erklärte er dem Arzt. »Sie bat mich, Ihnen zu sagen, daß sie gern mit Ihnen ein paar Worte spräche. Lady Agatha schläft.«
»Wir wollen sie gleich aufsuchen.«
Die drei Männer betraten mit einem Gefühl der Achtung für das tapfere Mädchen deren Boudoir. Ihre Augen hatten einen trostlosen Ausdruck, aber als sie ihren Blick nun auf ihren Verlobten richtete, wurden sie hoffnungsvoller. Ihre ersten Worte richtete sie jedoch an Tarleton.
»Doktor, wie kann ich Ihnen je danken? Sie haben Ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um meine Schwester vor einem neuen schrecklichen Verbrechen zu bewahren.«
»Bitte, erwähnen Sie nichts davon, was ich getan habe,« war die in erkünstelt rauhem Ton gegebene Antwort. »Ich muß Ihnen danken, Lady Rosa! Denn wenn Sie nicht gewesen wären, wäre ich jetzt tot!«
Das tapfere Mädchen blickte ihn ernst an.
»Ich befand mich aber gar nicht in Gefahr, denn meine Schwester ist immer sehr lieb zu mir.«
Tarleton schüttelte mit einem nachdenklichen Blick den Kopf, aber er sagte nur:
»Wann haben Sie denn eigentlich das erste Mal den wahren Sachverhalt vermutet?«
Rosa war verwirrt. Um sie wieder zu beruhigen, setzte sich der Arzt ruhig nieder, und winkte auch den anderen, ein Gleiches zu tun. Dann rückte er sich bequem in seinem Stuhl zurecht, als ob er den Erklärungen Rosas über ihm noch unbekannte Begebenheiten entgegensähe.
Er irrte sich nicht in seiner Annahme, daß Lady Rosa die schwesterliche Zurückhaltung und Verschwiegenheit nun überwinden würde.
»Ich erzähle zwar die Sache nicht gern, aber ich denke, es ist doch besser, wenn alles ans Tageslicht kommt. Ich befürchte, daß die arme Agatha durch ihre Liebe zu Montacute zum Wahnsinn getrieben worden ist.«
Die drei Zuhörer blickten sich erstaunt an. Das also war der Schlüssel des ganzen Geheimnisses, das die einzige Spur, die Tarleton nicht entdeckt hatte? Nun begriff der Arzt, wie er von allem Anfang an eine falsche Fährte verfolgt hatte, weil er die Geschichte, die man ihm von der Liebe Montacutes zu Lady Rosa erzählt hatte, als wahr aufgenommen hatte.
»Ja,« fuhr die junge Dame fort, »jeder hier im Hause dachte, daß Montacute mich besuchte. Ich habe ihn aber niemals leiden können, und hätte mir, wenn es nicht wegen Agatha gewesen wäre, seine Besuche verbeten. Ich sah, wie lieb sie ihn hatte, und hoffte, daß auch er sich in sie verlieben würde. Aber das geschah nicht. Sie mußte beobachtet haben, daß er sich nur für mich interessierte. Sie war aber niemals eifersüchtig auf mich – Gott sei Dank – und versuchte ihre Liebe durch Frömmigkeit zu töten. Ich bin sicher, daß sie wirklich fromm war. Sie wandte sich dem Beruf einer Pflegerin zu, aber als man sich weigerte, sie in ein Kloster aufzunehmen, begann der Fanatismus ihren Geist zu beeinflussen. Sie war wirklich ein gutherziges Menschenkind, solange sie geistig gesund war.«
In dieser schwesterlichen Verteidigung einer unglücklichen Wahnsinnigen sah der alte Arzt etwas unglaublich Rührendes.
»Ja,« murmelte er vor sich hin. »Das kann ich verstehen.«
Lady Rosa dankte ihm mit einem Blick.
»Das nächste, was sie so furchtbar beeinflußte, war die zweite Heirat unseres Vaters. Sie haßte unsere Stiefmutter von Anfang an, und ich glaube, es ging mir nicht viel anders. Sie sagte mir wiederholt, daß unser Vater ein schlechtes Weib geheiratet hätte, und daß nur Schlimmes aus dieser Ehe entstehen könnte. Sie gab mir zu verstehen, daß sie fühlte, wie ein Fluch auf dem Haus zu ruhen schien. Von nun an konnte ich täglich Veränderungen zum Schlechteren an ihr beobachten. Jedem begegnete sie rauh und voller Verachtung, nur nicht mir. Sie freute sich, als sie hörte, Mr. Montacute wäre das Haus verboten worden, aber ich glaube, daß sie damals schon wußte, daß etwas hier nicht in Ordnung war. Vor einigen Wochen wurde ihr Zustand plötzlich ganz schlimm. Ich nahm an, daß sie etwas entdeckt haben mußte – sie deutete es mir auch an – aber sie wollte auch mir nichts Näheres erzählen!«
Tarleton berichtete ihr nun, daß Montacute des Nachts ins Haus gekommen wäre, und daß ihn Lady Agatha, ebenso wie Burrowes, einmal getroffen haben mußte.
Lady Rosa war über diese Mitteilung nicht sehr überrascht; sie sagte nur:
»Vermutlich war es das. Sie ist ja oft erst spät nach Haus gekommen. Vor allen Dingen fing sie an, mir Dinge anzudeuten, die mich ängstigten. Manchmal hörte ich sie, wie sie im Schlaf vor sich hinmurmelte. Wenn sie dann ihren Anfall bekam, stand sie auf und wanderte unten im Haus herum. Ich folgte ihr dann immer, und bat sie, doch wieder ins Bett zu gehen.«
Der Blick, den Tarleton dem Hauptmann zuwarf, sagte deutlich, daß der Arzt seine Vermutungen bestätigt gefunden habe.
»Vom Tode Montacutes wußte ich natürlich nichts,« fuhr Rosa fort. »Aber als ich in der Zeitung las, daß er mit einem vergifteten Pfeil getötet worden war, bekam ich Angst. Ich wußte, daß du Pfeile mit hierher gebracht hattest, und als ich dann nach dem Köcher suchte, war er verschwunden.«
Tarleton beantwortete den fragenden Blick, den sie eben auf den Hauptmann geheftet hielt.
»Ich habe den Köcher nach Montacutes Tod selbst mit fortgenommen, leider aber war es schon zu spät, denn einige der Pfeile waren schon abhanden gekommen.«
»Das erklärt mir alles. Ich durchsuchte Agathas Zimmer, um den Köcher zu finden, aber als mir dies nicht gelang, meinte ich, ich hätte mich geirrt. Auch glaubte ich es nicht, daß sie es über sich gebracht haben könnte, ihn zu töten. Aber als die Zofe ebenfalls ermordet wurde, verlor ich alle Hoffnung. Ich sah endlich ein, daß die Pfeile von ihr irgendwo verborgen worden waren.«
»Die Zofe wurde wahrscheinlich als Mitschuldige Montacutes und der Herzogin von Ihrer Schwester ermordet,« warf Tarleton ein.
»Zweifellos. Ich wußte, daß meine Schwester sie als eine Verworfene und als Schandmal für Trafford House betrachtete, mehr aber weiß ich nicht. Von diesem Augenblick an war ich überzeugt, daß meine Schwester für ihre Handlungen nicht verantwortlich gemacht werden könnte. Ich hatte so wahnsinnige Angst, gegen wen sie denn nun vorgehen würde. Sie konnte ja in ihrem kranken Geist irgend jemand als neues Opfer ausersehen haben. Sogar Vater war ja nicht mehr sicher vor ihr.«
Die letzten Worte sprach sie beinahe im Flüsterton, und auch die drei Zuhörer sahen sich schmerzlich an. Welch ein Heldenmut! Dieses junge Mädchen hatte das furchtbare Geheimnis die letzten zwölf Stunden in ihrem Busen bewahrt, ohne sich etwas merken zu lassen, nur geleitet von der Angst um ihre Schwester. Ihr Verlobter brach beinah zusammen.
»Rosa,« schluchzte er beinahe. »Warum hast du mir nicht etwas davon gesagt?«
»Wie durfte ich das?« fragte sie einfach. »Wie durfte ich meine Schwester verraten?« Sie wandte sich flehend dem Arzt zu. »Sie werden sie retten, nicht wahr? Sie werden sie nicht als Verbrecherin verhaften lassen?«
Dr. Tarleton hätte einen Stein anstatt eines Herzens in der Brust haben müssen, wenn er dieser Bitte hätte widerstehen können.
Alles, was ihm jetzt noch zu tun übrig blieb, wurde nun schnell erledigt. Er ließ Burrowes und Theobald im Wohnzimmer der Schwestern zurück, um die schlafende Wahnsinnige zu bewachen, bis erfahrene Hilfe eintreffen konnte. Er selbst begab sich zum Herzog, um auch diesem die Lösung der Tragödie mitzuteilen. Ein schwaches Klopfen schon genügte, um den Herzog an die Tür zu bringen; er sah aus, als hätte er die ganze Nacht kein Auge geschlossen. Tarleton folgte ihm in das entfernteste Zimmer, um außer Hörweite der Herzogin zu gelangen, und erzählte seinem Auftraggeber alles, was sich ereignet hatte.
Der Herzog war ein anderer Mann geworden, als die Erzählung beendet worden war. Die Kunde, daß seine älteste Tochter eine Wahnsinnige, und noch dazu eine Mörderin wäre, hatte ihn gealtert und zum bescheidenen und demütigen Mann gemacht. Er bemühte sich in beinahe mitleiderregender Weise um das Wohlwollen des Arztes, wie ein Ertrinkender, der nach einem Strohhalm greift.
»Bitte, raten Sie mir, was ich tun soll, Doktor!« bat er hilflos. »Ich weiß, daß Sie mein bester Freund sind!«
Der Arzt benutzte diese Bitte, um dem Herzog ein paar offene Worte zu sagen.
»Die größte Schuld für die Geschehnisse trifft Mrs. Dunlop – um ihr den ihr zukommenden Namen zu geben –. Wenn Sie meinem Rat folgen wollen, lassen Sie sie ruhig nach Paris fahren und bitten sie auch nicht, jemals wiederzukommen! Ob Sie sie nun wirklich heiraten oder nicht, hierher darf sie nicht wieder kommen, um mit einer Ihrer Töchter unter einem Dach zu leben. Ich glaube sogar, daß Sir Charles Beaumanoir diese Bedingung stellen wird, um die Sache zu unterdrücken.«
Der gedemütigte Herzog widersprach nicht mehr.
»Es wird geschehen, wie Sie wünschen, Doktor. Ich selbst fühle auch so und glaube nicht, daß ich diese Frau werde jemals wieder sehen wollen. Es ist mir, als ob sich ein Hindernis zwischen uns aufgerichtet hätte. Ich glaube sogar,« fügte er bitter hinzu, »daß sie sich in Paris auch ohne mich wohlfühlen wird, solange sie den Titel und mein Geld hat. Ich möchte mich nicht gern öffentlich von ihr trennen.«
»Dazu besteht auch keine Notwendigkeit, außer wenn Sie noch einmal würden heiraten wollen,« sagte der andere.
»Darüber wird wohl noch lange Zeit vergehen,« erwiderte er in überzeugendem Ton. »Was soll denn nun aus Agatha werden? Besteht Hoffnung, daß sie wieder gesundet?«
»Wir wollen das nicht hoffen,« antwortete der Sachverständige mit ernstem Blick.
»Warum sagen Sie das?«
»Weil Lady Agatha im Fall des Gesundwerdens vor Gericht gestellt werden würde, um sich wegen zweier Morde zu verantworten. Das Urteil würde wohl lauten, sie in einem Kriminal-Irrenhaus zu internieren, so lange es des Königs Majestät beliebe. Kein Innenminister würde es wagen, sie jemals wieder in die Freiheit zurückkehren zu lassen. Ich halte es für das beste, wenn Sie sie irgendwo im Ausland unterbringen könnten!«
Der schwer getroffene Herzog sprach kein Wort mehr, außer daß er seinem erprobten Berater aus vollem Herzen dankte. Dann bot er ihm ein königliches Honorar, worauf die beiden Männer als gute Freunde auseinandergingen.
Wenige Stunden später saß der Arzt beim Innenminister in geheimer Konferenz, deren Resultat beide Teile befriedigte. Sir Charles war nur zu dankbar, daß es ihm möglich war, das entsetzliche Familiengeheimnis zu verdecken, ohne mit seinem Gewissen in Konflikt zu geraten.
Er war diskret genug, nicht auf die Liste für die zukünftigen Adelsverleihungen hinzuweisen, aber er dankte in anzüglichen Worten für die »ritterlichen« Dienste, die der Arzt seinem Haus erwiesen hatte.
Die beiden Herren besprachen noch, daß der Totenbeschauer, im Fall der Zofe, ein Urteil wegen Selbstmordes fällen sollte, so daß Falai, wenn man ihn fände, unbesorgt in seine Heimat zurückkehren könnte.
»Zum Schluß möchte ich Sie bitten,« sagte Sir Charles, »mir einen ausführlichen Bericht über die Ereignisse auszufertigen, den ich dann, im Interesse aller Beteiligten aufheben werde. Sie können aber dem Herzog von Altringham versichern, daß dieser Bericht geheim gehalten wird, und zwar so lange, als nicht Ereignisse eintreten, die mich zu einer Veröffentlichung zwingen würden.«
Er klingelte, während er dies sprach, seinem Privatsekretär. Und mit diesem Klingeln wurde das Geheimnis des »Hauses der Sünde« ad acta gelegt, bis es vielleicht in späterer Zeit, wenn alle Beteiligten tot und begraben waren, einem Forscher wieder vor Augen kommen würde.
Aber als das Klingeln und Läuten einer andern und freudigeren Glocke ertönte, um die endliche Vereinigung zweier Liebenden zu feiern, da hob sich der düstere Vorhang wieder, der bisher auf Trafford House gelastet hatte, um einen! gern gesehenen Gast Eintritt zu gewähren. Niemand freute sich des Glückes der jungen Leute, die nun auf immer vereinigt waren, mehr, als
Sir Frank Tarleton, Baron des Königreichs.
Ende