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Hier stellt sich abermals ein nächtliches Thier vor, das aber in seinem Körperbaue und der Lebensweise nach zu verschieden von dem vorigen ist, um mit ihm verglichen werden zu können. Die Küchenschabe dürfte ihrer äußern Erscheinung nach mindestens allen denen bekannt sein, welche in einem Bäckerhause oder einer Mühle wohnen. Im Freien treffen wir diese Art niemals an, sondern immer nur in menschlichen Behausungen. Während des Tages kommt sie so leicht nicht zu Gesicht, sondern bleibt verborgen in ihren dunkeln Schlupfwinkeln. Des Abends, besonders von 11 Uhr ab, kann man sie dagegen in Schaaren herumspazieren sehen, diese nichts weniger als liebenswürdigen Thiere. Sie suchen entschieden die Wärme auf, sind also in der Nähe der Backöfen, in den Backstuben und in den benachbarten Küchen an ihrem Orte.
Schon aus diesem Umstande ließe sich schließen, daß sie aus wärmeren Erdgegenden stammen, als die unsrigen von Natur sind. Ihr wissenschaftlicher Beiname orientalis deutet auf das Morgenland hin; mit Bestimmtheit läßt sich dies jedoch nicht behaupten. Wir wissen nur, daß sich das Thier in Ostindien, in Amerika, nicht blos in Küstenstädten, sondern auch im Binnenlande und in ganz Europa mehr oder wenig häufig findet, daß es sich sehr gern auf Schiffen aufhält, und seine Entwicklungsgeschichte wird uns zeigen, daß es sich ganz besonders dazu eignet, durch Warensendungen überall hin verschleppt zu werden. Zuverlässige Nachrichten über sein Vorhandensein in Europa reichen etwa 140 Jahre zurück.
Dem sei nun wie ihm wolle, so viel steht fest, daß wir die Küchenschaben zu unsern Hausgenossen rechnen müssen, welche hie und da auf einige Zeit von einer andern Die deutsche Schabe ( Blatta germanica), heller und mehr als um die Hälfte kleiner als die gemeine Küchenschabe, auch noch an zwei schwarzen Streifen auf dem Vorderrücken kenntlich, ist durch ganz Europa verbreitet, im nördlichen Afrika, Egypten und Syrien, und findet sich ebenfalls in Häusern. Man hat beobachtet, daß sie hie und da verschwunden und sich statt ihrer die Blatta orientalis eingefunden hat, es fehlt jedoch auch nicht an Beispielen, wo umgekehrt diese größere Art der kleineren weichen mußte. Eine noch kleinere Art endlich, die Blatta lappoinica . mit durchscheinendem Rande des Vorderrückens und schwarzfleckigen Flügeldecken, welche bei beiden Geschlechtern vorkommen, nur daß sie beim Weibchen bedeutend kürzer sind, findet sich überall nicht selten in Nadelwäldern, kommt aber niemals in die Häuser. Schabe verdrängt werden, wie dies in ähnlicher Weise von zwei verschiedenen Rattenarten gilt; daß wir sie nicht wieder los werden und daß sie durch ihre Erscheinung mehr lästige als gerade sehr schädliche Thiere sind. Sie stehen zwar im Rufe großer Gefräßigkeit, jedoch nach neuern, jahrelangen Beobachtungen C. Cornelius, Beiträge zur nähern Kenntniß der Periplaneta, (Blatta) orientalis L. morgenländische Küchenschabe, auch Schwabe genannt. Elberfeld 1853. wohl mit Unrecht. Brot und Mehl sind hiernach ihre Hauptnahrung, welche sie überall auszuspüren wissen, auch trinken sie gern und lecken besonders Bier gierig auf, auch den süßen Saft des Obstes u. dgl.
Wie sich der Gärtner zum Wegfangen der Ohrwürmer deren Liebhaberei, dunkle Verstecke aufzusuchen, zu Nutze macht, so läßt man in manchen Gegenden (z. B. in Elberfeld) den Durst der Schaben zu ihrem Verderben gereichen. Man legt nämlich mit Wasser oder etwas Hausbier angefeuchtete Scheuerlappen in die zu säubernden Räume und tritt in der Nacht die darunter als Zecher versammelten Thiere mit Holzschuhen todt. Der Leib eines jeden zerplatzt dabei mit einem leichten Knalle, etwa wie wenn eine kleinere Fischblase zertreten wird. Mitten im Sommer kann die Schabe auch 8 bis 14 Tage ohne Schaden hungern. Der Umstand, daß sie sehr langsam wächst und eben nicht sehr fleischig ist, spricht gleichfalls für ihre Genügsamkeit.
Juni und Juli sind die Monate, in denen die Schaben am zahlreichsten umherschwärmen; während des Winters scheinen sie ganz verschwunden zu sein, und läßt sich ja einmal eine sehen, so verrathen ihre langsamen und trägen Bewegungen, die ihr sonst gänzlich fremd sind, ein sichtliches Unbehagen. Betritt man in einem der genannten Monate und in nächtlicher Weile einen von ihnen bewohnten Raum, so sieht man sie in allen Größen zwischen der einer Bettwanze und eines sehr reichlichen Zolles allerwärts umherspazieren und besonders da gruppirt, wo sich ihnen Nahrung bietet. Erscheint man nicht sehr geräuschlos, so laufen sie mit einer Eile und Behendigkeit davon, welche überrascht, aber auch mit allen den Nebenumständen einen eigenthümlichen, fast Furcht einflößenden Eindruck hervorbringt. Die plötzliche Lichterscheinung jagt sie nicht in Schrecken, sondern das unerwartete Geräusch des Eintretenden, wie man sich leicht überzeugt. Eine vorbeisummende Fliege, eine plötzlich vorbeieilende Kellerrassel kann sie außer Fassung bringen und zu eiliger Flucht veranlassen. Mit den verschiedenen Größen hängt auch eine andere Färbung der Thiere zusammen. Je kleiner, desto heller, gilt im allgemeinen als Regel, welche indeß nicht ohne Ausnahme ist, denn es finden sich dann und wann unter den größten rein weiße oder lichtbraune Stücke, – eben erst gehäutete – während dieselben allermeist pechschwarz aussehen. Die kleineren sind die Larven und haben bei genaurer Besichtigung noch keine Spur von Flügeln, hiervon abgesehen sonst genau die Gestalt der Erwachsenen.
Letztere stellen sich in zwei wesentlich verschiedenen Formen dar, wie ein flüchtiger Blick auf unser Bild lehrt. Das geflügelte Männchen ist schlanker, das nur mit zwei Flügelstumpfen ausgerüstete Weibchen plumper. Die vier männlichen Flügel unterscheiden sich von einander und erinnern nebst der freien Vorderbrust entfernt an einen Käfer. Die obersten sind lederartig, nach hinten etwas weicher und bedecken die bedeutend kürzeren, aber breiteren Hinterflügel in der Weise, daß stets die linke Decke über die rechte mit ihrem Innenrande übergreift. Die Hinterflügel, an der Wurzel pergamentartig, werden weiter nach hinten dünnhäutig und falten sich nicht jeder unter seiner Decke zusammen, sondern legen sich als Unterfutter dieser über den Rücken so, daß umgekehrt der rechte mit seinem Innenrande über den linken greift. Der Abbildung nach zu schließen, möchte man glauben, die Beine säßen an dem Hinterleibe weil die sehr verlängerten Hüften schräg nach hinten gerichtet sind; jene nehmen von vorn nach hinten so an Länge zu, daß das hinterste Paar beinahe die doppelte des vordersten erreicht, und befähigen durch diese Stellung in Verbindung mit der starken Muskulatur zu der Blitzesschnelligkeit im Laufe. Der herzförmige Kopf neigt sich nach vorn, so daß das Maul weit nach hinten zu liegen kommt, und wird in der Ansicht von oben durch das Halsschild verdeckt. Die ziemlich großen Augen sind von nierenförmiger Gestalt und haben unmittelbar vor, sich, in dem Ausschnitte, die aus tiefer Grube entspringenden borstigen, vielgliedrigen Fühler. Wahrhaft ausgebildete Nebenaugen finden sich nicht, statt ihrer aber schräg über den Fühlerwurzeln je ein hellerer, mit weicherer Haut bedeckter Fleck. Die Mundtheile bieten nichts besonderes dar, sind zum Kauen eingerichtet zwischen einer kreisrunden Ober- und einer zweilappigen Unterlippe liegen die Ober- und Unterkiefer, deren letztere von außen her durch den sogenannten Helm, den wir bei den Heuschrecken noch etwas genauer kennen lernen wollen, bedeckt werden. Die Unterkiefer tragen am Grunde des Helmes ihre fünfgliederigen, die Unterlippe ihre dreigliedrigen Taster.
Höchst interessant gestaltet sich die Entwickelungsgeschichte unserer kleinen Freunde, Wenn mit dein April die Zeit des Eierlegens erschienen, schwellen die dazu befähigten Weibchen an ihrer Hinterleibsspitze merklich an und es zeigt sich eine dicke, wulstige, weiße Haut, aus deren Oeffnung genau in der Mitte der Leibesspitze ein zunächst fleischfarbener Körper wenig hervorragt; derselbe rückt allmählich weiter heraus, bekommt mehr Festigkeit und färbt sich dabei dunkler, bis er zuletzt pechschwarz wird. In unserer Abbildung ist er zur Hälfte sichtbar. Etwa zwei Tage nach seinem Erscheinen läßt ihn das Weibchen fallen: das Ei ist gelegt und zwar ein recht großes, wird derjenige meinen, der die Sache nicht besser versteht.
Das vermeintliche Ei stellt eine Walze von etwa 11 bis 13 mm. Länge und reichlich 5 bis über 6 mm. im Dickendurchmesser dar, welche an der einen Seite der Länge nach etwas flach gedrückt ist. Ueber diese Abplattung zieht sich eine aus zwei dicht aufeinander liegenden Platten gebildete, mit dem Ganzen zusammenhängende Kante. An dem einen Ende und zwar demjenigen, welches beim Ablegen zuletzt frei wurde, ist die Kante abgedacht und in zwei schwach erhöhte, gabelig auseinandergehende, kurze und glatte Nähtchen fortgesetzt, während sie am entgegengesetzten Ende ohne Nähte jäh abfällt. Außerdem zeigt die Kante in gleichen Abständen auf ihrem Gipfel 16 Knötchen, von welchen je eine feine Linie nach der Wurzel läuft. Endlich finden sich an der plattgedrückten Seite der Walze sieben Quereindrücke, zwischen welchen mithin sechs etwas bauchige Erhebungen liegen, so daß jene Abplattung, abgesehen von ihrem Mittelkiele, wellenförmig genannt werden kann. Dieser eigentümliche Bau, für ein Ei etwas sehr unregelmäßig, muß uns, zugleich mit der bedeutenden Größe des ganzen Gebildes, doch etwas stutzig machen und gerechte Zweifel entstehen lassen, daß wir wohl etwas anderes, als ein Ei vor uns haben möchten. Was soll es denn aber sein? Wer Lust hat sich aus eigener Anschauung zu überzeugen, welchen weitern Entwicklungsgang dieser sonderbare Körper nehme, der lege ihn nur ruhig in eine Schachtel und lerne – warten. Denn es kann nahe ein Jahr dauern, ehe seine Wißbegierde ihre Befriedigung findet.
Zuletzt öffnet sich die vielbesprochene Kante, welche als die Naht zweier Platten bezeichnet wurde, unregelmäßig und es spaziert daraus nicht eine Schabe hervor, sondern, wenn die Entwickelung nicht gestört worden ist, laufen in Zeit von wenigen Stunden sechzehn junge, weißliche, braunäugige Kakerlake munter in der Schachtel umher. Meist stecken noch zarte Häutchen in jener Spalte, ihr erstes Kleid, die Windeln, welche sie beim Eintritte in die Welt in ihrer Wiege zurückgelassen haben. Das vermeintliche Ei war mithin eine Kapsel, ein Gehäuse, welches sechszehn Eier einschließt. Dieselben stehen in zwei Reihen neben einander und zwar so, daß ihre Kopfenden jener Naht zunächst liegen, und eine von ihr durch die ganze Kapsel senkrecht gelegte Scheidewand, eine rechte und linke Reihe von je acht Stück ergeben würde. Viele Insektenmütter legen ihre Eier in regelmäßigen Häufchen an die Stellen, welche sie für ihre Brut als die geeignetsten halten; hier ordnen sich dieselben im Leibe so regelmäßig an, werden von einer anfangs weichen, allmählich aber erhärtenden Kapsel eingeschlossen und mit dieser in den Schlupfwinkeln der Thiere abgelegt. Nur vom April bis zum August entwickeln sich beim Weibchen diese Eikapseln, und jedes kann in diesem Zeiträume bis vier Stück absetzen, also Mutter von 48 Jungen werden; ob es dann stirbt? Der Analogie nach mit andern Insekten muß diese Frage bejaht werden. Sichere Beobachtungen über diesen Umstand liegen nicht vor, doch ist kaum zu glauben, daß im nächsten Jahre dies Geschäft fortgesetzt werde, zumal der Larvenzustand schon mehrere Jahre dauerte und in diesem Falle das Leben des vollkommen entwickelten Insekts ein kurzes zu sein pflegt. Bei keinem andern Kerfe eignet sich die Fortpflanzungsweise so gut zum Verschleppen der Brut, wie bei den Schaben, weshalb die schnelle Ausbreitung dieser Art über fern gelegene Länder bei dem weit verzweigten Handelsverkehr nicht mehr Wunder nehmen darf.
Die jungen Larven, eben ihrer Eikapsel entschlüpft, verzehren ihnen vorgelegtes, weiches Weißbrot mit sichtlichem Behagen und lassen sich in der Gefangenschaft bei sorgfältiger Pflege auch den nächsten Winter durchbringen. In ihren Behälter (Zuckerglas) gelegte Stücken wollenen Zeuges scheinen ihnen genehm zu sein; denn sie verkriechen sich gern darin, vielleicht auch der Wärme wegen, welcher sie im jugendlichen Alter ganz besonders nachgehen. Mit einer Häutung wurden sie geboren, wie wir gesehen haben, ihr folgen noch sechs andere nach, ehe die Thiere so weit entwickelt sind, daß sie ihr Geschlecht fortpflanzen können. Nach vier Wochen erfolgt die zweite Häutung. Von nun an liegt aber zwischen jeder folgenden bis der sechsten einschließlich ein Zeitraum von ungefähr einem Jahre, so daß die Larve also bei ihrer sechsten Häutung den fünften Sommer erlebt und mithin vier volle Jahre alt ist. Im Laufe des letzten erfolgt die siebente Häutung und mit ihr die Vollendung der Schabe, deren ganze Lebensdauer man auf fast fünf, vielleicht sogar auf sechs Jahre veranschlagen muß, wenn man bedenkt, daß die Häutungen nur in der Sommerzeit erfolgen und das fortpflanzungsfähige Weib während eines Sommers seine Eikapseln legt.
Gewisse begünstigende oder hemmende Einflüsse, wie heiße und trockene, oder rauhe und nasse Sommer mögen vielleicht die Entwickelungsdauer abkürzen oder verlängern, wie sich ja in solchen Fällen eben nur immer eine Durchschnittszeit angeben läßt. Eine neugeborne Schabe mißt etwa 5 mm., wächst sehr langsam durchschnittlich, und ist nach der vierten Häutung am Ende des dritten Sommers 15 mm. lang, vor der letzten 19,25 mm. und jetzt zeigen sich auch erst deutlich die beiden hellen Flecke am Kopfe, welche die Nebenaugen vertreten. Die Ausfärbung des Körpers nach jedesmaliger Häutung beginnt am Kopfe und schreitet allmählich nach hinten fort. Bei den männlichen Larven sind Mittel- und Hinterrücken viel größer, derber und härter, als beim vollkommen entwickelten Thiere, und sie gleichen darum mehr den Weibchen, zumal auch den letzteren die Flügelansätze fehlen. Den Männchen ergeht es wie manchen Käfern mit verwachsenen Flügeldecken, sie können nicht fliegen, weil die Hinterflügel zu kurz sind, um einer Bewegungsweise zu dienen, deren das schnellfüßige Insekt nicht bedarf.