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Sechstes Kapitel

Es hätte schlimmer um Damian gestanden, wäre er nicht gleich in den ersten Krankheitstagen von Frau Kruttke, seiner Wirtin, in rührender Besorgnis gepflegt worden. Sobald Damian der Mutter Nachricht von seiner Erkrankung gegeben hatte, trafen überdies ein paar so reichlich mit allerhand guten Dingen gefüllte Pakete ein, daß die gute Frau Kruttke keine Not hatte, den Patienten, sowie er erst einmal fieberfrei war, rasch wieder auf die Beine zu bekommen. Mutter Christel hatte sich auch zu einem besonders langen Brief an Damian aufgeschwungen, über den dieser allerdings lächelnd den Kopf schüttelte, als er darin las: »Vater hat mich mit seinem ewigen Geunke über das große Schermesser, das seit deiner Abreise täglich schlimmer wird, nun endlich so durchgedreht, daß ich kaum noch schlafen kann vor Angst und Sorge um unser Leben. Ich hab's jetzt aufgegeben, dagegenzureden, mir ist selbst schon ganz unheimlich zumute. Wir müssen uns vorsehen. Da du nicht mehr hier bist, schreibe ich dir, was ich mache. Erzähl aber niemandem was davon. Ich habe mein Erspartes genommen, und der Vater hat mir auch fünfzig Taler dazugegeben, denn ich habe ihm gesagt, wofür ich sie brauche, und er ist sehr erfreut, daß wir uns versorgen. Ich schaffe lauter haltbare Ware an, Zucker, Mehl, Reis, Erbsen, grünen Kaffee und was man sonst noch braucht und gut aufheben kann.« ›Die gute Mutter, es ist natürlich verrückt von ihr‹, schmunzelte Damian beim Lesen in sich hinein, ›ich möchte bloß wissen, woher wir eine Hungersnot bekommen könnten, aber sie ist halt angesteckt vom Vater, und schließlich ist es ja kein hinausgeworfenes Geld.‹

Nach seiner Genesung stürzte sich Damian, um das Versäumte nachzuholen, mit wahrem Feuereifer erneut auf sein Studium. Wieder sah er die Straßen der Stadt nur auf dem Wege zur und von der Universität oder der Bibliothek. Nur an den Sonntagen gönnte er sich den einen oder anderen längeren Spaziergang im Scheitniger Park oder an den Oderufern.

Es war an einem abnorm heißen Junisonntag, dem letzten des Monats, als sich Damian nach einer solchen ausgiebigen Wanderung, die ihn reichlich ermüdet und arg erhitzt hatte, am späten Nachmittag ein menschenleeres, von Weidengebüsch umstandenes Plätzchen dicht bei einer sogenannten Buhne am Fluß, weit von der Stadt, zum Lagern aussuchte und nach kurzem Hindösen beschloß, sich durch ein Bad zu erfrischen; ein ziemlich unvorsichtiges Beginnen für einen mäßigen Schwimmer wie ihn, denn der Strom hatte, wie jeder Einheimische wußte, seine Tücken. Aber Damian erinnerte sich, als er seine Kleider abwarf und ins Wasser stieg, nur an die fröhlichen Stunden, da er sich zusammen mit seinem Freund Reinhard im harmlosen Heidewasser daheim in Wilkau sommers vergnügt hatte. In diesem Augenblick vermißte er Reinhard doch sehr, wenn er diesem Gefühl auch sonst nur selten nachgab.

Das Wasser war kühler, als er es sich vorgestellt hatte, daher suchte er sich durch eine Anzahl kräftiger Schwimmstöße zu erwärmen und ließ sich, weil im Schutze der Buhne von der Strömung noch so gut wie nichts zu merken war, dazu verleiten, bis an die Spitze der weit in den Fluß vorgetriebenen Buhne herauszuschwimmen. Unglücklicherweise passierte, als Damian gerade dort angelangt war, ein stromaufwärts fahrender Schleppdampfer in der Mitte des Stromes die Höhe der Buhne, und seine pflügenden Schaufelräder hinterließen eine immerhin so beträchtliche Wellenspur, daß sie Damian unversehens noch ein ganzes Stück um die Buhne herum in Richtung auf den Strom abtrieb. Als Damian sogleich zurückstrebte, spürte er, daß er nicht von der Stelle kam, ja, wie eine Art Strudel ihm die Füße nach unten zog, so daß er seine Schwimmlage nicht mehr einhalten konnte. Gänzlich unkundig, wie er dieser Situation hätte Herr werden können, verschlimmerte er mit jeder neuen Kraftanstrengung, sich aus dem Strudel zu lösen, seine Lage in kurzem so, daß er Mühe hatte, nur noch den Kopf aus dem Wasser zu halten, und wenn nicht augenblicks ein Wunder geschah, mußte er hier ertrinken. Es gelang ihm gerade noch, in höchster Todesnot einen gellenden Schrei auszustoßen, dann stockte sein Herzschlag, die Sinne verließen ihn, und das Wasser schlug über ihm zusammen.

In den Sekunden, die seiner Besinnungslosigkeit vorangingen, erlebte Damian das gleiche, was jedem Ertrinkenden widerfährt, wie man aus den Berichten derjenigen weiß, die gerettet werden konnten: durch sein Hirn jagten wie Wolkenfetzen Erinnerungsbilder und Eindrücke aus seinem Leben, zusammenhanglos, wie in wirren Träumen. Das erste, was er empfand, war, er stürze von neuem wie damals im Zuge nach Breslau vor dem Tunnel Hunderte von Metern aus der Luft in eine saugende Tiefe, und wieder dröhnte es brausend in seine Ohren; nur hatte er jetzt das Gefühl, es wirbele ihn mitten in einem donnernden Wasserfall reißend bergab. Merkwürdigerweise drang durch das tobende Element die Stimme Reinhards an sein Ohr, der, schon weit über ihm, auf einem Brücklein stand, das Damian als die Heidewasserbrücke erkannte, und ihm händeringend, voller Angst zurief: »Das habe ich nicht gewollt! Ich selbst gehöre unter die Steine da im Wasser! Hörst du mich? Ich werde es wiedergutmachen, so wahr mir Gott helfe, mein Leben werde ich für dich einsetzen, dich zu retten!« Was er ihm noch weiter zuriet, konnte Damian nicht mehr hören, denn der Strudel hatte ihn schon zu weit fortgerissen, und gleich darauf schwanden ihm die Sinne.

Ehe Damian wieder zu sich kam, spürte er, wie irgend etwas regelmäßig und schwer wie ein Hammer auf seinen Brustkorb schlug. Als er endlich die Augen öffnen konnte, nahm er zunächst nur eine über ihn gebeugte Gestalt wahr, einen jungen Mann in Hemdsärmeln, dem die Schweißtropfen auf der Stirn standen, und der ihm, wie Damian jetzt erst erkannte, die Arme vor der Brust auf und nieder riß. Das also waren die Stöße, die ihn wieder ins Leben zurückgerufen hatten.

Erst nach einer Weile vermochte Damian sich klarzuwerden, was eigentlich mit ihm geschehen war. Doch da wurde ihm auch schon vom Magen her übel, und er mußte all das Wasser wieder von sich geben, das er geschluckt hatte. Sein Retter hielt ihm den Kopf und lächelte ihm dabei zu, holte dann eine Zitrone, die er bei sich trug, hervor und drückte ihm den Saft in die Kehle.

Na, junger Mann, ein paar Minuten länger unter Wasser, und es war nichts mehr zu machen.«

Das waren die ersten Worte des Unbekannten an Damian, der sich bis dahin völlig den Manipulationen des anderen überlassen hatte und nun, noch einigermaßen entkräftet, halb sitzend in dessen Armen lag.

Es stellte sich heraus, daß Damians Lebensretter ein junger Offizier vom Infanterieregiment 51 war, der, auf einem sonntäglichen Bootsausflug begriffen und schon auf der Heimfahrt, gerade in dem Augenblick in einiger Entfernung von der Unfallstelle vorbeiruderte, als Damian seinen Hilfeschrei übers Wasser schickte. Er war sogleich an Land gerudert, zur Spitze der Buhne gelaufen, an die vermutliche Stelle hinausgeschwommen und getaucht, um Damian gerade noch so rechtzeitig zu finden, daß sich nach fast einstündigen Wiederbelebungsversuchen endlich doch noch der kaum mehr erhoffte Erfolg eingestellt hatte.

Leutnant Gregory, als der er sich vorstellte, nahm, nachdem seine Kleider einigermaßen abgetrocknet waren, den reichlich beschämten, seiner Beine noch nicht recht mächtigen Damian zu sich ins Boot und ließ sich mit ihm gemächlich bis zur Sandbrücke treiben. Unterwegs erholte sich Damian zusehends von dem schlimmen Abenteuer, so daß er, angetan von dem kameradschaftlich aufgeschlossenen Wesen des jungen Offiziers, dessen kluge braune Augen vor Lebenslust blitzten, während er ungezwungen von sich und seinem herrlichen Beruf plauderte, bald auch seinerseits, mehr als er es sonst einem Fremden gegenüber getan hätte, aus sich herausging und ihm von seinen eigenen Verhältnissen, seinem Studium und seinem selbstgewählten Einsiedlerdasein berichtete.

So waren Damian und sein Lebensretter, wie sie an der Bootsanlegestelle ankamen, schon vertrauter miteinander, als es bei einer Begegnung unter gewöhnlichen Umständen nach so kurzer Zeit denkbar gewesen wäre; und deshalb ließ es sich Damian auch ohne größeres Widerstreben gefallen, als sich der Leutnant anbot, ihn auch noch auf der Straßenbahn und den dann nicht mehr allzu weiten Weg zu Fuß bis nach Hause zu begleiten.

Als sie in die Nähe des Gebäudes der »Schlesischen Zeitung« kamen, fiel ihnen eine dichte Menschengruppe auf, die sich offenbar um ein dort ausgehangenes Telegramm zusammengefunden hatte. Und gleich darauf erstand der Leutnant von einem Zeitungsjungen das ausgerufene Extrablatt, das wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Kunde von dem ruchlosen Verbrechen in Sarajewo unter die sonntäglich gestimmten Menschen trug.

Der kaum dem Tode entronnene Damian stand noch viel zu stark unter der Nachwirkung seines eigenen Erlebnisses, als daß ihn diese sensationelle Nachricht über das allgemein menschliche Mitgefühl mit den Ermordeten und die heftige Verurteilung des Attentats als solchen hinaus tiefer erregt hätte. Daher empfand er auch die Art, mit der sein Begleiter diese »Explosion auf dem Balkan«, wie er sich ausdrückte, aufnahm und die politischen Kombinationen, die er alsbald daran knüpfte, als überraschend, ja befremdend.

Denn kaum, daß sie beide oben im Zimmerchen Damians saßen, dem Frau Kruttke, entsetzt von dem kurzen Bericht von dem beinahe tödlichen Ausgang seines Sonntagsausflugs, sogleich einen Krug starken Bohnenkaffee und einen reichlichen Imbiß aufgetragen hatte, als der Leutnant, der sich im übrigen von Damian nicht nötigen ließ, zuzugreifen, geradezu leidenschaftlich seiner Überzeugung Ausdruck gab, daß dieses Attentat unvermeidlich zu dem europäischen Krieg führen müsse, der schon längst fällig und nur bis jetzt mangels eines äußeren Anlasses noch nicht ausgebrochen sei.

Auf Damian, der so versponnen in seiner zeitfernen Welt der Antike lebte, daß er kaum jemals einen Blick auf die politischen Vorgänge geworfen hatte, welche die Tageszeitungen registrierten, wirkten derartige Aspekte gleich Offenbarungen aus einer ihm bisher verschlossen gebliebenen Welt. Noch wehrte er sich mit nicht minder leidenschaftlicher Beredsamkeit, als sein neuer Freund aufwandte, um ihn zu überzeugen, gegen eine solche, doch im 20. Jahrhundert unmögliche und undenkbare Katastrophe, wie sie ein europäischer Krieg bedeuten würde, konnte es aber doch nicht hindern, daß er sich im Verlauf ihrer hitzigen Debatte immer unbehaglicher der unheilverkündenden Vorstellungen erinnerte, mit denen sich sein Vater Jochen zu Hause seit Jahr und Tag herumplagte.

Die beiden jungen Männer, die sich hier, wie vom Zufall in einem außerordentlichen Augenblick zusammengeführt, bis ins erste Morgendämmern diskutierend gegenübersaßen, aber in Lebensanschauungen steckten, die sich voneinander so schieden, wie schon gemeinhin zu allen Zeiten die eines Offiziers von einem Bürger, ähnelten sich dennoch aufs natürlichste in zwiefacher Hinsicht; zum ersten rein altersmäßig in ihrer Jugend – der Leutnant war Damian um nicht viel mehr als zwei Jahre voraus – und demzufolge in, jener leidenschaftlichen Ausschließlichkeit, die das Vorrecht der Jugend ist, mit der sie ihre weniger durch Erfahrung als durch Erziehung und Bildung gewonnenen Überzeugungen gegenseitig verfochten; zum zweiten beinahe blutsmäßig in ihrer Schwärmerei für die hohen Ideale antiken Menschentums mit seinem Kult der Schönheit und Heroen. Allein gerade hierüber entspann sich zwischen ihnen bald ein Wettstreit, wie er sich edler auch nicht in einer der philosophischen Akademien jenes goldenen Zeitalters der Hellenen hätte ereignen können.

Ihr Thema, von dem an diesem Abend ihr Gespräch ja ausging und um das es ständig kreiste, hieß Krieg oder Frieden. Sie bohrten sich förmlich hinein in dieses ewige Fragen der Menschheit danach, unter welchem Zustand, dem des Friedens oder dem des Krieges, die Völker ihre höchste Daseinserfüllung fänden und zu welcher Lösung sie wohl gelangen müßten, um bei Anlegung höchster völkischer und moralischer Maßstäbe dem überhaupt denkbaren Idealzustand menschlichen Zusammenlebens nahezukommen.

Der Leutnant, selbst Sohn eines Obersten a.D. und in Wahlstatt geradlinig auf seinen künftigen Beruf hin erzogen, hatte sich von dem für einen Kadetten selbstverständlichen Motto »mens sana in corpore sano« seit seiner Jünglingszeit begeistert leiten lassen und diese auf preußische Zucht und Sitte gegründete Erziehungsanstalt als ihr bester Turner, Schwimmer, Fechter und Reiter verlassen. Doch war er darüber keineswegs einer einseitigen Überschätzung der bloßen körperlichen Kraft verfallen, sondern, von seinem Wesen her nicht minder aufgeschlossen für die geistige Führung durch seinen Klassenlehrer, zu einem so harmonischen Ausgleich zwischen Geist und Körper gelangt, wie er für einen Zögling Wahlstatts mindestens ungewöhnlich war. Aber erst der Umstand, daß er sich aus eigenem Antrieb durch freiwilligen Unterricht im Griechischen bis zur Lektüre der Klassiker fördern ließ, hatte in ihm jener Synthese von kraftgestähltem Körper und idealistischem Geist den Boden bereitet, die ihn als einen Jünger Heraklits ins Leben entließ, der im »agon«, dem hellenischen Begriff des Wettkampfs, die Sinngebung jeglicher Lebensform erblickte.

Vor diesem Begriff des »agon« aus nun suchte der Leutnant die seelischen Widerstände Damians, in dem er mit einigem Recht einen Gefährten seiner hellenischen Gesinnung sah und als solchen freudig begrüßt hatte, zu besiegen, mit denen sich dieser hartnäckig gegen die These des Leutnants stemmte, daß der Krieg schöpferischer als der Friede, ja daß der Friede als Dauerzustand sogar lebensfeindlich sei.

Damian, tiefer als der Leutnant in den Geist des Griechentums eingedrungen, hielt ihm entgegen, daß jener »agon« zweifellos nur als eine eingewurzelte Lebensform der Hellenen anzusehen sei, die nicht mit dem verwechselt werden dürfte, was wir Menschen heute als Krieg bezeichnen. Krieg habe auch einem Perikles etwa nur als Ausnahmezustand, als der Ernstfall gegolten, für den man zwar gerüstet sein, den man aber, wenn er schon unvermeidlich sei, so bald wie möglich wieder in den höheren Zustand des Friedens zurückmünden lassen müsse.

Ebendies könne er nicht unterschreiben, replizierte der Leutnant lebhaft:

»Nein, mein lieber Maechler, die Menschen haben sich seit Heraklit oder auch Ihrem Perikles nicht geändert und werden sich sobald noch nicht ändern. ›Der Kampf als Vater aller Dinge‹ regiert die Welt, heute mehr denn je. Gewiß, wir leben den äußeren Verhältnissen nach in weit fortgeschritteneren Zeiten, gesegnet mit allen Gütern der Zivilisation – aber sehen Sie sich doch einmal um, nicht nur im deutschen Vaterland, sondern in ganz Europa, ja in der ganzen Welt! Unter der friedlichen Oberfläche schwelt die Unzufriedenheit. Sie dürfen nicht in den Fehler verfallen, nur von Ihrem eigenen Ich aus auf die Summe aller übrigen ›Ichs‹ zu schließen. Mögen es auch Tausende oder auch Hunderttausende sein, die als Individuen so denken wie Sie – was besagen diese gegen all die Millionen, welche die Massen der Völker darstellen und seelisch friedlos sind, weil sie spüren, daß unsere ganze menschliche Gesellschaft von heute ihrer Zusammensetzung, ihrer Schichtung wie ihren Lebensbedingungen nach im Grunde noch jeglicher höheren Ordnung entbehrt. Ist nicht diese ganze Gesellschaft selber nur ein Mittel zum Kriege? Ich habe viel über diese Frage nachgedacht und kam auch lange zu keiner Klarheit – bis ich eines Tages auf Nietzsche stieß. Seitdem sehe ich klar. Wenn er die Triebkraft, die sich in dem unabänderlich kommenden ›kriegerischen Zeitalter‹ erfüllen wird, als den ›Willen zur Macht‹ kennzeichnet, so fand er damit für Heraklits ›Kampf als Vater aller Dinge‹ und das hellenische ›agon‹ nur einen neuen Namen. Der Sinn ist der gleiche! Der Kampf, der jetzt entbrennt, geht um zwei miteinander verkoppelte Ziele, um die Austragung des Kampfes um die Erdherrschaft, und dieser Kampf muß erst durchgefochten werden, ehe das andere Ziel der Menschheit, sich eine wahre und auf echten moralischen Grundsätzen ruhende Ordnung der Gesellschaft zu schaffen, in Angriff genommen werden kann. Dann erst, aber in wie weiter Ferne noch liegt dieses Ziel, mag einmal die Zeit heraufdämmern, in der Ihr Glaube, lieber Maechler, an den ewigen Frieden, der schöpferischer ist als der Krieg, von allen wird geteilt werden können.«

Damian gab sich von diesen Erkenntnissen und Folgerungen des Leutnants keineswegs geschlagen und holte noch mancherlei Argumente heran, um jenen wenigstens zu der Einsicht zu bekehren, daß der ewige Friede als Leitidee die Gedanken aller Menschen und die Handlungen aller Staatsmänner bestimmen müsse, und zwar schon heute und nicht erst in einer ungewissen Zukunft. Diese Idee allein entspräche der höchsten menschengöttlichen Daseinsform der menschlichen Gesellschaft, daher mache sie es jedem einzelnen zur absoluten Pflicht, unbeirrt von allem realen Geschehen auf die Verwirklichung dieses hohen Ideals hinzuarbeiten.

Als Damian sich endlich von dem Leutnant, nach ihrem stundenlangen Nachtgespräch und den vorangegangenen Ereignissen des Tages nun doch reichlich abgeschlagen, drunten an der Haustür verabschiedete, trennten sie sich voller Herzlichkeit als Männer, die sich in einer schicksalsschwangeren Nacht über alle Wesensunterschiede hinaus freundschaftlich nahegekommen und entschlossen waren, ihrer Zuneigung auch weiterhin nachzugeben.


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