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Dienstag, 2l. Nov. 1911. Auf dem Weg zum Frühstückslager sahen wir schon von weitem ein großes Wegmal vor uns, und als wir 3 ½ Kilometer darüber hinaus waren, holten wir auf 8º 32' die Exmotorabteilung ein. Seit 6 Tagen wartete sie hier auf uns. Die Männer sehen ganz kräftig aus, sind aber sehr hungrig; daraus ergibt sich, daß eine Ration, die für Ponylenker ausreicht, für Männer mit schwerer Zugarbeit nicht genügt, also meine Anordnung für unsern Marsch in die Höhe richtig ist. Selbst dabei werden wir zweifellos bald alle Hunger zu spüren bekommen.
Die Motorabteilung soll uns noch 3 Tage begleiten, dann gehen Day und Hooper zurück. Solange hält auch Jehu noch aus; dann wird er wohl als Hundefutter dienen müssen; Meares lauert schon seit Tagen auf eine tüchtige Mahlzeit für seine Schützlinge. Der Chinese hält sich tapfer – wer weiß, ob die Ponys nicht doch noch leisten, was ich von ihnen erhofft habe.
22. Nov. Alles unverändert. Die Ponys magerer, aber nicht viel schwächer, die »Schindmähren« immer noch im Gang. Jehu heißt jetzt »das Barrierenwunder« und der Chinese »Donnerkeil «. Noch 2 Tage – und die Stelle, wo Shackleton sein erstes Tier tötete, ist hinter uns. Der Baron zieht mehr als die andern; die übrigen haben meist weniger als 225 Kilo, und wir werden ihnen wohl noch weitere Erleichterung verschaffen können. Die Tücken der Oberfläche werden jetzt immer häufiger: die Schneekruste erscheint fest, aber unter dem Gewicht des Pferdes bricht sie plötzlich 8 bis 10 Zentimeter tief ein. Das strengt die armen Tiere sehr an. Auch für die Männer wird dadurch das Nebenherlaufen immer mühsamer.
23. Nov. Wir kommen vorwärts. Noch 280 Kilometer, dann sind wir am Beardmoregletscher. Aber riskant ist die Sache immer noch! Wenn einer oder gar mehrere Ponys plötzlich versagten, säßen wir schön in der Klemme! Im Süden zieht sich eine Wolkenbank zusammen – ich fürchte, wir bekommen einen Orkan! Wenn er uns nur um Himmelswillen keinen Marschtag raubt! Das würde unser Futtervorrat nicht erlauben.
24. Nov. Gestern den ganzen Tag kalter Südwind und bewölkter Himmel. Unser Marsch begann trübe genug, aber endlich drangen Streifen klaren Himmels durch. Jetzt scheint die Sonne hell und warm, die Oberfläche ist gut, und die Ponys gehen gleichmäßig und regelrecht. Die Motorabteilung marschiert den »Schindmähren« unmittelbar vorauf, die übrige Truppe folgt ihnen 2 oder 3 Stunden später. Heute rückten wir nicht so dicht an sie heran wie sonst; die Pferde müssen also sehr tüchtig marschiert sein. Aber da ich vorher den Befehl erteilt hatte, wurde heute morgen Jehu nach beendetem Marsch erschossen. Wunderbar genug, daß er 8 Märsche mehr zurückgelegt hat, als wir ihm zutrauten, und noch weiter hätte laufen können. Der Chinese wird es sicher noch manchen Tag mit ansehen. Die übrigen zeigen keinerlei Erschlaffung.
25. Nov. Gestern abend sagten wir Day und Hooper Lebewohl und begannen mit der neuen Organisation. Alle brachen miteinander auf; Leutnant Evans, Lashly und Atkinson, die selbst ziehen müssen, gingen mit ihrem Gepäck auf dem 3 Meter langen Schlitten vorauf. Der Chinese und das Jakobsschwein folgten, und die übrigen kamen etwa 10 Minuten hinter ihnen. Wir erreichten zusammen das Frühstückslager und zogen von dort in derselben Reihenfolge weiter; die Schindmähren blieben nach und nach ein wenig zurück, aber nur etwa 300 Meter, so daß wir zu meiner großen Befriedigung alle zusammen im Lager ankamen. Nur noch einige Märsche weiter, dann haben wir die Gewißheit, daß wir unser Ziel erreichen!