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Mitleid! Heil dir, du Geweihte!
Weiches Herzens, milder Hand,
Wallst du an des Dulders Seite
Durch der Prüfung rauhes Land;
Thaust, wie Balsam, milde Zähren,
Hebest das zerknickte Rohr.
Wie zu Hyllius Altären,
Blickt die Noth zu dir empor.
Deine Hülfe stillt ihr Flehen;
Dein Erbarmen eilt zur That.
Wünsche brennst du auszuspähen,
Spendest, wenn der Mangel bat:
Spendest Brüdern, welche darben,
Deines Tagewerks Gewinn;
Bindest loser deine Garben
Vor der Ährenleserin,
In verarmter Wittwen Krüge
Schüttest du der Stärkung Wein,
Prägst des Lächelns heitre Züge
Abgehärmten Wangen ein,
Hebst erlegner Wandrer Bürde
Auf dem tiefbeschneiten Damm,
Und verpflegst in sichrer Hürde
Deines Nachbars irres Lamm.
Sorglich streust du vor die Scheuer
Vögeln Korn im Winter aus;
Nöthigst zu des Herdes Feuer
Pilger in dein wirthlich Haus;
Herbergst an des Strohdachs Balken
Prognens federlose Brut;
Schirmest Täubchen vor des Falken,
Küchlein vor des Geiers Wuth.
Du entführst die junge Waise
Ihrer Mutter Rasengruft;
Jeden Seufzer, noch so leise.
Raubt dein Ohr der Abendluft;
Sanft, wie thauige Hyaden,
Blickst du auf das Findelkind,
Reichst ihm Ariadnens Faden
Durch des Lebens Labyrinth.
Du erwärmst in sanfter Rührung
Auch der Selbstsucht starres Eis,
Warnst vor lockender Verführung
Blüthenüberstreutem Gleis';
Neigest dich mit leisem Trösten
An der Schwermuth dumpfes Ohr;
Hebst entfesselt den Erlös'ten
Von des Kerkers Stroh empor.
Herzen die der Harm zerrissen,
Hegst du mit besorgter Treu;
Rückest der Geduld das Kissen
Auf des Schmerzenlagers Streu;
Schon'st des Schlummers, nah'st auf Socken;
Kühlst mit deinem Palmenreis;
Trocknest mit ergoßnen Locken
Banger Todeskämpfe Schweiß.
Bleib' bei uns, bis einst die Hefe
In dem Thränenkelch versiegt;
Kränze bleicher Trübsal Schläfe,
Die an deinen Schooß sich schmiegt;
Herze sie mit Ammenarmen,
Sei umstürmter Pflänzchen Stab,
Die das ewige Erbarmen
Dir zur Pflege übergab. |