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Der Charakter des Bauernkriegs. – Erhebung der Stühlinger Bauern. – Truchseß Georg von Waldburg als Exekutionsgeneral des schwäbischen Bundes. – Das Schiedsgericht zu Stockach, die geheime Politik der Herren und die allgemeine Erhebung der Bauern. – Die Bauernhaufen. – Ulrich des Geächteten Einfall in Württemberg; erster Fehler der Bauern. – Niederschlagung Ulrichs; der schwäbische Bund wirft die Maske ab. – Die deutschen Landsknechte. – Landsknechtsrevolte. – Der Sonntag Judica. – Zwölf Artikel und Artikelbrief. – Erhebung in Franken. – Schlacht bei Leipheim. – Gefecht bei Wurzach. – Jäcklein Rohrbachs Blutgericht zu Weinsberg. – Weitere Entwickelung. – Der Höhepunkt der Bauernbewegung und die Reaktion. – Wie der Truchseß sich bei Weingarten aus der Schlinge zog. – Verrat von Böblingen. – Die Rache für Weinsberg. – Exekutionszug des Truchseß. – Wendel Hiplers Verfassungsarbeit. – Königshofen. – Florian Geyers Untergang. – Das Blutgericht in Würzburg, in Franken und in der Pfalz. – Niederwerfung des Aufstandes in Oberschwaben. – Verrat oder: wie der Anfang so das Ende.
Es waren verschiedene Ursachen, die dazu beitrugen, daß die gegen Kirche und Adel gerichtete Revolution von 1525 zuerst in Schwaben und Franken ausbrach. Die Hauptursache war, daß diese Revolution von den Bauern ausging. Zwar waren Industriearbeiter und städtische Handwerker in Menge unter den Revolutionshaufen. Es läßt sich sogar annehmen, daß sie den Kern und den radikalen, unablässig vorwärts strebenden Teil derselben bildeten. Denn die Handwerker und Industriearbeiter besaßen weder Haus noch Hof, noch waren sie an sonstigen Besitz gebunden. Sie hatten, mit Marx zu reden, nichts zu verlieren, als ihre Ketten, aber eine Welt zu gewinnen. Die Industriezentren waren auch die Zentren der kommunistischen Agitation. Industriearbeiter wie Handwerker waren des kommunistischen Geistes voll. Aber die industrielle Produktion Deutschlands war noch nicht weit genug fortgeschritten, um dem Industrieproletariat die entscheidende Stellung zuzuweisen. Die Revolution mußte sich auf die Bauern stützen, weil diese die vielköpfige Masse bildeten. Die Bauern aber waren keine oder doch nur sehr unklare Kommunisten. Sie hatten ganz andere Ziele als die kommunistischen Revolutionäre. Ihr Streben ging dahin, das verloren gegangene Eigentumsrecht am Grund und Boden zurückzuerlangen durch Expropriation der großen Grundeigentümer: Kirche, Fürsten, Adel. Daneben richtete sich ihr Haß gegen die Städte, weil sich die Bauern durch die Entwicklung des Handels und der Industrie bedrückt fühlten. Die Bauern wollten die Befreiung von den sie drückenden Lasten: Zehnten, Zins, Gülten, Gebühren, Steuern und Leistungen an Arbeit und Ware. Mit der später vorzunehmenden Neuordnung der Dinge beschäftigten sich nur die Intelligenteren unter ihren Führern.
Die durch Jahrhunderte herrschende Zersplitterung der politischen Macht in Deutschland, der erst neuerdings die Fürsten ein Ende zu machen suchten, brachte es mit sich, daß die Bauern von der ihnen gegenüberstehenden Herrenmacht nur eine unklare Vorstellung hatten. Sie sahen immer nur ihre lokalen Bedrücker, und ihre allgemeinen Ziele wurden verdunkelt durch lokale Beschwerden. Waren diese beseitigt, war die lokale Herrenmacht gebrochen, so glaubten die Bauern vielfach, nun schon genug getan zu haben und folgerten: wenn nur alle »christlichen Brüder« in den einzelnen Landschaften ganz Deutschlands ebenso handeln wie wir, so muß die Bauernsache den Sieg erringen. So kam es, daß die Bauern sich wohl zu lokalem Handeln entschlossen, aber nur sehr schwer und sehr spät zu zentralem und gemeinsamem Vorgehen zu bringen waren. Die Bewegung blieb im Anfang lokal verzettelt und geriet dadurch alsbald vor der Herrenmacht ins Hintertreffen.
Aber auch bei den einzelnen Bauernhaufen löste sich wiederum alles in Sonderinteressen auf. Als den Bauern anfänglich Schlösser und Burgen, Klöster, Stifte und Kirchen ohne großen Widerstand in die Hände fielen, zog ihnen eine Menge Proletariat zu, welches nur die Absicht hatte, sich durch Raub und Plünderung zu bereichern. Lumpen- und Kriegsproletariat aus den Wäldern und von den Landstraßen, ebenso Bauernproletariat aus den nahen Dörfern und Weilern. Dieses Proletariat kämpfte wohl mit, aber es verlief sich auch sofort wieder, sobald es sich am Raube gesättigt hatte. Es übte daher bei den Revolutionshaufen einen hindernden und demoralisierenden Einfluß aus, gegen welchen der kleine, entschlossene und zielbewußte Kern der Kämpfenden nicht aufzukommen vermochte.
Da die Revolution von dem Bauern- und nicht von dem Industrieproletariat ausging, mußte sie auch in Schwaben und Franken ihren Anfang nehmen. Denn dort, vor allem in Oberschwaben, saß noch ein trotz aller Ausbeutung und trotz des Druckes widerstandsfähiger Bauernschlag, der seit Jahren bald hier bald da, verzweifelt die bewaffnete Faust gegen seine Peiniger erhoben hatte. Das mitteldeutsche Proletariat wurde erst durch den aus Süddeutschland daherbrausenden Sturm mit fortgerissen.
Bereits im September und Oktober 1524 begann mit einer lokalen Erhebung das Vorspiel des blutigen Bauernkriegs. Die Bauern der Landgrafschaft Stühlingen, die unter besonderen Plackereien litten, erhoben sich. Die Rebellion fand in Hans Müller von Bulgenbach, der in verschiedenen Kriegszügen Felddienst getan hatte, ein militärisches Haupt. Unter seiner Führung vereinigten sich die Bauern mit der Bürgerschaft der Stadt Waldshut. Diese Stadt, seit langem eine Zentrale der »Wiedertäufer«, jener von Münzer beeinflußten christlich-kommunistischen Sektierer, befand sich in einem religiös-politischen Konflikt mit der Regierung, dessen Seele der wiedertäuferische Prediger Hübmaier war. Ein revolutionärer Bund, die »evangelische Brüderschaft«, wurde gestiftet, welcher als Zeichen die deutsche Tricolore wählte. Die ganze Feudalherrschaft sollte abgeschafft, alle Herren, mit Ausnahme des Kaisers, sollten beseitigt, alle Schlösser und Klöster geschleift werden. Gleichzeitig sandte der Bund Agitatoren in den Elsaß, an die Mosel, an den Oberrhein und nach Franken, um auch die dortigen Bauern zum Aufstand zu bringen.
Das kirchliche wie das weltliche Herrentum sah in ratlosem Schrecken die Bauernschaften zusammenströmen. Der schwäbische Bund – die militärische Organisation der Fürsten, Adligen und der Reichsstädte Südwestdeutschlands – vermochte jedoch nicht rasch genug die nötigen Streitkräfte aufzubringen, weil sie in Italien, im Kriege gegen König Franz von Frankreich im Felde standen.
Er beschwichtigte deshalb die Bauern durch Versprechungen, namentlich durch die Zusage, ihre Beschwerden durch ein Schiedsgericht gütlich schlichten zu lassen. Bald jedoch merkten die Bauern, daß hinter dem scheinbaren Entgegenkommen des Herrentums nur List und Verrat lauerten. Deshalb erhoben sich die Bauern von neuem, und der Grimm, von den Herren leichthin getäuscht worden zu sein, bewirkte, daß der Aufstand sich nun mit Windeseile über den Breisgau und bis tief ins Württembergische hinein ausdehnte. Aber auch das Herrentum war nicht untätig. Die Herren stellten den Bauern, soviel sie konnten, militärische Macht entgegen. Den Oberbefehl hatte, als Exekutionsgeneral des schwäbischen Bundes, Truchseß Georg von Waldburg. Er erwarb sich in der Geschichte des Bauernkrieges einen schrecklichen Namen. Im Hinblick auf reichen Gewinn und Lohn für seine militärischen Dienste in diesem inneren Kriege geberdete sich der Truchseß als der starke Mann, der den ganzen Aufruhr mit der Schärfe des Schwertes erdrücken wollte. Doch ging im Anfang die Sache gar nicht nach Wunsch und Willen dieses brutalen Draufgängers. Der schwäbische Bund konnte ihm nur langsam und in kleinen Nachschüben militärische Streitkräfte liefern. Mit einer kleinen, operationsunfähigen Exekutionstruppe stand er der wild durcheinander wogenden Bauernmasse gegenüber. Er durfte seine Handvoll Leute nicht aufs Spiel setzen. Deshalb kam er anfänglich nicht über kleine Scharmützel hinaus und mußte die Bauern durch Verhandeln und Diplomatisieren hinzuhalten suchen. Unterdessen aber wuchs seine Wut, und als seine Streitkräfte stark genug geworden waren, die lokalen Insurrektionen niederzuschlagen, tat er dies mit einer Brutalität, die seinen Namen für immer mit blutigen Lettern in die Geschichte eingezeichnet hat.
Inzwischen trat das, aus lauter Adligen gebildete Schiedsgericht, das Landgericht zu Stockach, unter dem Protest der Bauern zusammen. Die Bauernforderungen waren sehr gemäßigt: Abschaffung des Jagdrechts, der Frohnden, der drückenden Steuern und Herrschaftsprivilegien, Schutz gegen willkürliche Verhaftung und gegen parteiische, nach Willkür urteilende Gerichte. Nicht eine einzige Forderung war »umstürzlerisch«.
Aber das Adelsgericht dachte nicht im Geringsten an die Gewährung dieser Reformen. Es wollte die Bauern lediglich hinhalten, denn Erzherzog Ferdinand, welcher außer den österreichischen Erblanden auch Württemberg, den Schwarzwald und das südliche Elsaß beherrschte, hatte Mitte Januar 1525 ein Mandat nach Stockach gesandt, in welchem er befahl: »Die Reisigen sollen auf die aufrührerischen, ungehorsamen Bauern und Untertanen streifen; wo sie sie betreten, sie fahen, recken … sie sollen die Betretenen erstechen, erwürgen oder sonst ernstlich strafen und kein Erbarmen mit ihnen haben.« Den flüchtigen Rädelsführern aber solle »nicht bloß ihr Haus und Gut verheert, sondern auch ihre Weiber und Kinder verjagt und aus dem Lande vertrieben werden.«
Unter solchen Umständen mußte die Erregung der Bauern wachsen und der Aufstand sich ausbreiten. Bis zum Februar 1525 geriet das ganze Land zwischen Donau, Rhein und Lech in Bewegung. Anfangs März 1525 standen dreißig- bis vierzigtausend oberschwäbische Bauern in sechs Heerhaufen und sechs Feldlagern unter den Waffen (Bild 249). So der Schwarzwald-Hegau Haufe, der Baltringer Haufe, der Oberallgäuer Haufe, der Unterallgäuer Haufe, der See-Haufe, der Leipheimer Haufe. Mochten diese Bauern nun auch militärisch noch so untüchtig und unerfahren, mochte ihre Bewaffnung noch so mangelhaft sein, durch ihre große Zahl bildeten sie gegenüber den bündischen Truppen des Truchseß eine erdrückende Übermacht. Hätte sie ein Wille beseelt und wären sie vereint vorwärts marschiert, so wäre in Oberschwaben die Bauernsache zu ihren Gunsten entschieden gewesen.
Die Sache des schwäbischen Bundes schien vollends verloren zu sein, als ihm jetzt auch im Rücken ein Feind erstand. Herzog Ulrich »der Geächtete« machte vom Hohenstrich, auf dem er hauste, einen Einfall nach Württemberg, um seinen verlorenen Thron zurückzuerobern. Dieser Regent hatte, jung auf den Thron gekommen, eine heillose Wirtschaft getrieben. Er hatte des Landes Einkünfte verpraßt und das Land darauf durch unerträgliche Steuern ausgesogen. Als er dann noch seine Gemahlin, eine bayrische Prinzessin, roh mißhandelte, aus Eifersucht an einem Adligen einen Meuchelmord beging, die freie Reichsstadt Reutlingen überfiel und ihrer Rechte beraubte, brach seine Herrschaft zusammen. Die Reichsacht traf ihn und er wurde aus seinem Lande verjagt (Bild 245).
Seitdem machte er unermüdlich Anstrengungen, mit Hilfe der Schweizer seinen Thron zurückzuerobern, zumal er wußte, daß sein Land Württemberg von der österreichischen Fremdherrschaft nicht minder ausgesaugt wurde wie unter ihm und deshalb auch nicht minder unzufrieden war. Als die Bauern aufstanden, hielt er die Gelegenheit zu einem Putsch gegen die Hauptstadt Stuttgart für günstig. Er konspirierte mit dem Schwarzwald-Hegauer Haufen und brach Ende Februar ins Württembergische ein.
Die Bauern vor sich, den Herzog im Rücken, schien der Bund völlig schachmatt gesetzt. Die Unfähigkeit der Bauernführer, ihr diplomatisches Ungeschick, halfen ihm aber aus der schlimmen Situation. Die Bauern begingen den für ihre Sache schweren Fehler mit dem Truchseß einen Waffenstillstand abzuschließen. Der General der Bündischen brachte die einzelnen Bauernhaufen dahin, daß der 2. April, der Sonntag Judica, als neuer Verhandlungstag ihrer Beschwerden angesetzt wurde. Das Herrentum dachte jedoch auch jetzt nicht daran, die Bauernsache anders als mit dem Schwert zu verhandeln; es wollte nur Zeit gewinnen. Am 27. Februar schrieb Eck, der bayrische Kanzler an den Herzog Wilhelm von Bayern: »Wir stellen die Bauern auf diesmal an ein Ort (d. h. beiseite) und ziehen zunächst gegen den Herzog; gelingt es uns mit dem, dann wollen wir auf dem Heimzug den Bauern also abbrennen, daß sie wollten, sie hätten alles unterwege gelassen.« So redete die Herrenmoral des schwäbischen Bundes gegenüber der Friedensliebe der Bauern. Was letztere durch Verhandlungen verhindern wollten, das Blutvergießen, führten sie durch ihr Zögern erst recht herbei.
Denn jetzt warf sich der Bundesgeneral auf den militärisch gänzlich unfähigen Herzog, besetzte gleichzeitig die Hauptstadt Stuttgart, und zwang den Herzog, schon am 17. März Württemberg unverrichteter Dinge wieder zu verlassen. Das Söldnerwesen der Zeit machte das Geld zur Grundlage der Kriegsführung und da Herzog Ulrich zu kapitalschwach war, um einen Heerhaufen auf längere Zeit zu unterhalten, zerrann ihm seine kleine Streitkraft unter den Händen. Der Bund siegte leichter, als er geglaubt hatte. Da er gleichzeitig seine ersten Truppenkontingente zusammen und die Beiträge seiner Mitglieder zum Kriegskapital in der Kasse hatte, hielt er es nicht für nötig, länger die Verhandlungskomödie weiter zu spielen. Der Bundesrat zu Ulm erklärte, daß er »das, was die Bauern eigenen Willens sich unterfangen, mit den Waffen und mit Gottes Hilfe zu wenden entschlossen sei.« Mit eiserner Faust sollten die Bauern wieder in die alte Knechtschaft zurückgejagt werden.
Ehe jedoch der Exekutionsgeneral des Bundes dazu kam, wider die Bauern zu ziehen, hatte er unter seinen Truppen eine neue Schwierigkeit zu besiegen, die ihn beständig mit Revolte bedrohte, eine Klassen- und Soldfrage, denn die Landsknechte weigerten sich, zu ziehen.
Seit Kaiser Maximilians Tagen bildeten die Landsknechte den Kern der Heere. Wenn die kriegführenden Territorialherren durch Anleihen bei den Fuggers und Welsers oder durch Umlagen bei den Beteiligten, wie hier beim schwäbischen Bund, das Kriegskapital aufgebracht hatten und die Hauptleute gefunden waren, wurde das Werbepatent um Mannschaft in den Städten, Dörfern und Weilern der Lande »umgeschlagen«, in denen man viel arbeit- und existenzloses Proletariat wußte. Der berühmte Name irgend eines Feldhauptmanns, Sickingen, Frundsberg (Bild 250) oder anderer, ließ dann die »gartenden« (dienstlos schweifenden) Landsknechte zusammenströmen und Kriegsdienst nehmen. Ihnen gesellte sich das Bauern- und Handwerkerproletariat zu, denn längst war der Boden nicht mehr imstande, alle Bauernsöhne zu ernähren, und die Zunftordnung in den Städten machte es den Handwerksgesellen unmöglich, Existenz zu finden. Da klangen ihnen die Lockungen der Werber meist sehr verführerisch ins Ohr:
»Beim Pauren muß ich dreschen,
Muß essen saure Milch.
Beim König trag ich die vollen Fleschen,
Beim Pauren den groben Zwilch.
Beim König tritt ich ganz tapfer ins Felt,
Zieh' daher als ein freier Helt,
Zerhauen und zerschnitten,
Nach adeligen Sitten.«
So ließ sich der junge Gesell oder hungernde Handwerker denn werben und trat zu den Knechten, da die Kriegsausrüstung nicht so teuer war, daß er sie nicht hätte bestreiten können. Dergestalt bildete sich ein Landsknechtsfähnlein, zu 400 Knechten gerechnet, welches sich mit Sack und Pack, mit Karren und Buben und Weibern zum Aufgerichtplatz des Regiments wälzte, wo der »Musterherr« des Kriegsherrn das Regiment formierte, die Knechte musterte und in Pflicht nahm.
Diese Kriegshaufen gingen in erster Linie auf rasche Bereicherung aus. Der gewöhnliche Monatssold war gering, und ging dem Kriegsherrn das Kapital aus, so mußte der Landsknecht oft auch die paar Gulden durch Drohungen und Meuterei erpressen. Man lebte von den Requisitionen, die der Proviantmeister den Bauern abpreßte, und oft war der Landsknecht zum Hungern verurteilt, wenn nicht sein Weib oder seine Liebste im Troß oder der Bube ein Huhn für ihn erwischten. Der Landsknecht mußte also seinen Sold durch allerlei Extraverdienste aufzubessern suchen; zunächst nach einem Treffen durch den Schlacht- oder Sturmsold oder durch die Plünderung des Feindes. Wehe daher der Landschaft, durch die die Landsknechte zogen, wehe dem Feindesland, in welches sie als Sieger kamen! Raub, Plünderung, Mißhandlung, Frauenschändung, verwüstete Felder wiesen den Weg, den der Landsknechtshaufe gezogen war. In den Kriegen verwilderten die Landsknechte immer mehr. Verroht, verkommen, behaftet mit Schmutz und Krankheiten aller Art, wurden sie eine wahre Landplage, deren Ausschreitungen auch die strengsten Heeresartikel und Reichstagsabschiede nicht zu hemmen vermochten.
Im Bauernkriege wurde die Rohheit der Landsknechte unbeschreiblich. Hier sahen sie sich einem meist wehrlosen Feind gegenüber, an dem sie ihr Mütchen kühlen konnten. Und das Herrentum ließ den Landsknechten freie Hand, denn den rebellischen Bauern mußte die Lust ausgetrieben werden, je wieder gegen den Herrenstachel zu löken. Auf die Landsknechtsrohheiten gegen die Bauern deutet es hin, daß nach dem Bauernkriege die Landsknechte allgemein die fünf Trommelschläge des Sturmmarsches taktmäßig in die Worte übersetzten: »Hüt' dich, Bau'r, ich komm'!«
Als der Truchseß von Waldburg mit seinen Landsknechten gegen die Donau zog, wurden sie rebellisch. Sie sahen, es ging gegen die Bauern, und sie erklärten fürs erste: »wider ihre Freunde, die Bauern zu fechten, seien sie nicht willig.« Selber aus den Bauern hervorgegangen, empfanden sie den Zug gegen die Bauern als eine gegen sich selbst gerichtete Sache. Der Truchseß ritt in das Lager der meuternden Knechte bei Dagernheim. Redete aus ihnen das bäuerlich-proletarische Klasseninteresse, so wußte der wohlerfahrene Bundesgeneral diesem sehr wirksam das söldnerische Berufsinteresse entgegen zu stellen. Wer nicht gerne bei ihm sei, solle sich bei Zeiten wegmachen. Aber die Landsknechte sollten bedenken, daß sie verloren wären, wenn sich der Adel und die Reisigen von ihnen zurückzögen. Den hochgeborenen Adel werde Gott nicht verlassen, das sollten sie bedenken.
Der Truchseß hatte die richtige Seite getroffen. Der Adel zahlte Sold und schaffte Arbeit. Zog er sich von ihnen zurück, was blieb ihnen? Die demokratisch-proletarische Bauernarmee nahm sie in großer Zahl wohl kaum an, denn der Bauer haßte den Landsknecht, der ihn in Kriegs- wie Friedenszeiten aussaugte, hudelte und büttelte. Am letzten Ende führte die Bauernsache zum ewigen Frieden, nicht zum ewigen Krieg. Die Niederlage des Adels bedeutete schließlich auch die Vernichtung des Landsknechtstums. Das sahen die Landsknechte wohl ein und nach einigem Beratschlagen zogen sie ziemlich einhellig dem Truchseß wieder zu.
So zog nun das bündische Heer gegen die Bauern. Aber auch diese erhoben sich jetzt zu ernsthafter Gegenwehr. Wie Flugfeuer verbreitete sich der Aufstand durch Schwaben und Franken und der Sonntag Judica, der Tag der Versöhnung, wurde der Zeitpunkt allgemeiner Erhebung. Überall hörte man Sturmglocken läuten und sah man die Bauern dörferweise zu ihren Lagern strömen. Freilich zogen sich jetzt, da es ernst wurde, auch gar viele, die noch etwas zu verlieren hatten, furchtsam zurück. Andere wurden gar zu Verrätern, dienten den Herren als Spitzel im Bauernlager und trugen dem feindlichen Oberbefehlshaber alle Beschlüsse, alle Anschläge, alle Unternehmungen der Bauern zu, unterrichteten ihn über Stärke sowie Bewaffnung der Bauernhaufen und taten dergestalt der eigenen Volkssache schweren Schaden. Unentschlossenheit, Uneinigkeit und schleichender Verrat benachteiligten von vornherein das Bauernheer.
Die Bauern hatten ein gemeinsames Programm entworfen, die zwölf Artikel, die »gründlichen und rechten Hauptartikel aller Bauernschaft und Hintersaßen«. Diese Forderungen waren kurz zusammengefaßt: Wahl und Absetzbarkeit der Geistlichen durch die Gemeinden. Abschaffung des kleinen Zehnten und Verwendung des großen zu öffentlichen Zwecken nach Abzug des Pfarrgehalts, Abschaffung der Leibeigenschaft, des Fischerei- und Jagdrechts und des Todfalls, Beschränkung der übermäßigen Frohnden, Steuern und Gülten, Restitution der den Gemeinden und einzelnen entzogenen Waldungen, Weiden und Privilegien, Beseitigung der Willkür in Justiz und Verwaltung. Die revolutionäre Richtung unter den Bauern hatte schon vordem im » Artikelbrief« ihr Programm aufgestellt. Dieser offene Brief an sämtliche Bauernschaften forderte sie auf, einzutreten in die »christliche Vereinigung und Brüderschaft« zur Entfernung aller Lasten, sei es durch Güte, »was nicht wohl sein mag«, sei es durch Gewalt, und bedrohte alle Weigernden mit dem »weltlichen Bann«, d. h. mit der Ausstoßung aus der Gesellschaft und aus allem Verkehr mit den Bundesmitgliedern. Alle Schlösser, Klöster und Pfaffenstifter sollen gleichfalls in den weltlichen Bann getan werden, es sei denn, daß Adel, Pfaffen und Mönche sie freiwillig verlassen, in gewöhnliche Häuser ziehen wie andere Leute, und sich der christlichen Vereinigung anschließen. (Engels.) So sieht man hier zwei Richtungen, eine gemäßigte und eine radikale, dem gleichen Ziel zustreben: der Beseitigung der Kirchenherrschaft, des weltlichen und des geistlichen Herrentums.
In Franken erhob sich das Volk Ende März und Anfang April. Zwei Bauernlager bildeten sich bei der Stadt Nördlingen und zwangen die städtische Einwohnerschaft nach dem Sturz des alten Stadtregiments zum Anschluß an die Bauernsache. Auch im Anspachischen standen die Bauern überall auf. Im Bezirk der alten festen Reichsstadt Rotenburg an der Tauber traten die Bauern unter die Waffen. Kleinbürger und Arbeiter stürzten die Patrizierherrschaft. Im Hochstift Würzburg, im Bistum Bamberg geriet das Volk in Bewegung; in Bamberg siegte schon nach fünf Tagen die Revolution über den Bischof, der die Forderungen bewilligen mußte. Im Norden, an der Grenze Thüringens, stand das starke Bildhäuser Bauernlager.
Im Odenwald brachen die Bauern in den letzten Tagen des März los und zogen von allen Seiten nach der Tauber. An 2000 Mann der Rotenburger Landschaft schlossen sich ihnen an. Die Aufständischen fanden in Georg Metzler, einem Wirt aus Ballenburg bei Krautheim, und dem früheren Kanzler der hohenlohischen Grafen, Wendel Hipler, tüchtige Führer. Hipler überrumpelte Öhringen und brachte die dortigen Bauern zum Haufen.
Gleichzeitig erhoben sich die Bauern im Neckartal und zogen unter der Führung des Wirtes Jäcklein Rohrbach aus Böckingen bei Heilbronn, zum Kampfe aus. Bei dem Kloster Schöntal vereinigten sich diese Bauerntruppen zu einem »hellen Haufen« in Stärke von 8000 Mann mit 3000 Handbüchsen und Geschütz. Auch ein fränkischer Ritter, Florian Geyer von Geyersberg, ein Glied des von den Fürsten niedergeworfenen Kleinadels und ein hervorragender Kriegsmann, stieß zu ihnen. Er bildete aus der Rotenburger und Öhringer Landwehr eine besondere Truppe, die sogenannte »schwarze Schar«, die tapfersten Kämpfer des Bauernkriegs.
Der Truchseß hatte inzwischen mit seinen Truppen den Angriff auf die schwäbischen Bauernhaufen eröffnet, indem er auf die Leipheimer stieß. In dem Treffen ging er mit aller Brutalität vor, denn er wollte durch den Schrecken siegen. Hunderte von Bauern wurden von den Reisigen erstochen und erschlagen, gegen 400 ertranken flüchtend in der Donau. Die Stadt Leipheim ergab sich und der Truchseß hielt hier ein furchtbares Blutgericht ab. Es war ihm gelungen, eines Bauernführers, des Predigers Jakob Wehe und seiner Anhänger habhaft zu werden. Sie mußten »ins Gras beißen«. Auf einer Wiese zwischen Leipheim und Bubesheim schlug ihnen der Henker die Köpfe ab. Standhaft und unerschüttert ging Jakob Wehe in den Tod. Er lehnte es stolz ab, als der Pfaff' des Truchsesses seine Beichte hören wollte, und betete mit lauter Stimme für seine Henker: »Vater vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.« Außerdem legten die Herren um Leipheim herum den Bauern furchtbare Geldstrafen auf. Eytel Westernach, ein reicher Ritter, schätzte seine Bauern um 50 bis 80 Gulden; eine ungeheure Summe für jene Zeit. Von den blutgetränkten Feldern Leipheims zog der Exekutionsgeneral des Bundes gegen die oberschwäbischen Bauernhaufen. Diese hatten inzwischen die Klöster und Herrensitze ihre Faust fühlen lassen, so daß »viele Leute ein Entsetzen überkam« und sie »etwas kleinlaut wurden«. Den Haupthaufen von 7000 Mann, unter dem »Pfaff Florian« traf er bei Wurzach. Auch hier griff der General des Bundes nicht offen an, sondern verfolgte jene treulose Taktik, die er immer anwandte, wenn er sich größeren Haufen gegenüber sah. Er legte sich aufs Verhandeln oder tat doch so, und während dann die Bauern, im Glauben an gütliche Beilegung, ruhig blieben, nahm der Truchseß alle kriegerischen Vorteile wahr, besetzte die strategisch wichtigen Punkte oder umging den Feind. Dennoch aber kam er nicht vorwärts. Er machte in dem Treffen wohl 400 Gefangene, doch der Haupthaufe der Bauern entkam ihm nach Gaisbeuren.
Weiterziehend stieß nun der Truchseß auf solch zahlreiche bäuerische Streitkräfte, daß er wohl einsah, die Niederschlagung des Aufruhrs werde länger dauern, als die Herren Bundesräte vermeinten. Diesen aber kam es auf die Eile an. Der Schrecken sollte sich im Lande verbreiten und die Bauern einschüchtern. Deshalb taten die Bundesherren nichts dagegen, daß ein Gerücht die Zahl der bei Wurzach Angekommenen auf 7000 angab. Man ließ das Gerücht sich ruhig verbreiten.
Aber es tat die gegenteilige Wirkung. In Verbindung mit den Nachrichten über die Metzelei bei Leipheim und die Hinrichtung Jakob Wehes und seiner Genossen erreichte es die Bauern. Die Erbitterung über die anfängliche hinhaltende Politik und die jetzigen Grausamkeiten des Bundes versetzten die Bauern in wilde Wut und es wurden Stimmen unter ihnen laut, man solle jetzt auch den Herren durch Bluttaten zeigen, daß es den Bauern Ernst sei. Das geschah dann auch in Weinsberg.
Auf dem Weinsberger Schlosse saß als Obervogt Graf Ludwig Helfrich von Helfenstein, welcher eine natürliche Tochter des verstorbenen Kaisers Maximilians I., Margarete, genannt von Edelsheim, zur Frau hatte. Als der Odenwälder Bauernhaufe in die Weinsberger Gegend kam, gab die Stuttgarter Ratsversammlung dem Grafen, bis zu weiterer Beihilfe, 70 Ritter und Reisige zum Schutz Weinsbergs mit. Der siebenundzwanzigjährige Graf Helfenstein befolgte nun als Platzkommandant genau die Taktik des bündischen Oberbefehlshabers. Er unterhandelte mit dem Bauernheer, fiel aber gleichzeitig in die Nachschübe der Bauern ein, erschlug und erwürgte, was ihm in die Hände fiel, und tat so dem Heer viel Schaden. Solche Provokationen, dazu die Schreckensnachrichten über des Truchseß Wüten, mußten die Bauern furchtbar erregen. Als der junge Graf nun gar die Bauern des Weinsberger Tales mit Niederbrennung ihrer Dörfer bedrohte, sofern sie nicht augenblicks vom Haufen heimkehrten, schickte die Bauernarmee von Neckarsulm ein Ultimatum an den Grafen nach Weinsberg. Es kam eine hochfahrende Antwort. Da wälzte sich denn in der Frühe des 16. April, des Osterfestes, der achttausend Köpfe starke Haufe gen Weinsberg. Als die Bauern Parlamentäre gegen die verschlossenen Stadttore sandten, ließ Dietrich von Weiler, ein stolzer Rittersmann, der in den Bauern nur »Roßmucken« sah, auf die Wehr- und Waffenlosen im Übermut schießen und verwundete ihrer einen schwer.
Von wilder Wut erfaßt ging nun der Haufe zum Angriff vor, stürmte Stadt und Schloß und richtete unter Rittern und Reisigen ein Blutbad an. Dietrich von Weiler, der 30 000 Gulden für der Ritter Leben bot, wurde vom Kirchturm herabgeschossen, auf den er sich geflüchtet hatte. Graf Helfenstein und mehrere Ritter wurden gefangen fortgeführt. Am nächsten Tage hielt Jäcklein Rohrbach mit seinen Anhängern, derweilen der Bauernrat tagte, Gericht über die Gefangenen und beschloß, ihrer vierzehn, den Helfensteiner an der Spitze, durch die Spieße zu jagen, der schimpflichste Tod, den man sie, nach dem Brauche der Zeit, erdulden lassen konnte. Diese Strafe wurde den Verurteilten angekündigt: »dem Adel zu Schand und Spott als ob sie wider Ehre gehandelt hätten.« Vergebens warf sich die Gräfin Helfenstein mit ihrem zweijährigen Söhnlein auf dem Arm, vor Jäcklein Rohrbach und den übrigen auf die Knie. Sie rührte die Harten nicht. »Da standen sie und mancher mochte darunter stehen, der in diesem Augenblicke, da die Kaisertochter zu ihren Füßen lag, nur daran dachte, wie lange und wie oft ihre Herren sie vor sich hergehetzt mit Hunden, wie Hunde, und auf ihren durch Hunger und Frohnden abgemagerten Rücken die Peitsche erbarmungslos geschwungen; wie man sie umsonst hatte winseln lassen, wenn die Edelleute ihren Vater, ihren Bruder, ihren Sohn wegen geringer Vergehen in die Verließe der tiefsten Türme hinabdonnerten, wo sie ohne Speise und Trank verschmachteten und ihr Flehen und Heulen und Erbitten kein Gehör und kein Erbarmen fanden, und wie sie ängstlich Nächte lang um die Turmmauern hatten schleichen müssen, um noch etwas von ihren Verwandten, die dahinter lagen, zu hören, bis es still und stiller ward und der letzte Hauch, ein Fluch gegen ihre Quäler, ihre Qualen endete.« (Zimmermann.) Auch die Bluttaten des Truchseß und die hinterlistigen Angriffe des Helfensteiners auf die Bauern standen ihnen vor der Seele. So jagten sie den Grafen und seine Genossen durch die Spieße. Melchior Nonnenmacher, ein Pfeifer, der dem Grafen bei Tische oft aufgespielt, setzte des Grafen Federhut auf und blies ihm die Zinke »zu dem rechten Tanz«. Die Kaisertochter aber setzten sie in einem zerfetzten Rocke auf einen Mistwagen und ließen sie von dannen fahren. Spottend riefen sie zu ihr hinauf: »In einem güldenen Wagen bist du nach Weinsberg eingefahren, in einem Mistwagen fährst du hinaus!«
Das Beginnen der Bauern, durch eine Bluttat Furcht und Schrecken zu verbreiten, war eine Torheit, ihr gräßlicher Spott mit der Leiche des Helfensteiners eine Unmenschlichkeit. Aber die gleiche Torheit hatte vor ihnen der Oberbefehlshaber des Bundes begangen, und die Unmenschlichkeit der Bauern wurde weit überboten durch die Unmenschlichkeiten, welche nachmals die Reisigen und Landsknechte an den besiegten Bauern begingen. Zudem war das Blutgericht über den Helfensteiner ein persönliches Unternehmen Jäcklein Rohrbachs. Es scheint mehr als fraglich, ob ihm der Bauernrat zugestimmt hätte, wenn er vorher darum befragt worden wäre.
Aus der Verlegenheit um tüchtige militärische Führer entsprang wohl der Vorschlag, den bei Weinsberg der Bauernrat erwog, den Ritter Götz von Berlichingen zum obersten Hauptmann zu machen, »da dieser den Adel zu ihnen bringen könne«. Die Bauern gedachten, daß des Kleinadels Interessen denen der Fürsten entgegengesetzt waren und daß der Adel das militärische Element im Reiche war, welches der Bauernsache ihrer Meinung nach von hohem Nutzen sein könne. Der Vorschlag fand Anklang. Er war ein neuer Fehler der Bauern. Florian Geyer, der tapfere und rücksichtslose adlige Bauernführer, kannte seine Klasse zu gut um ihn nicht sofort einzusehen. Seine »schwarze Schar« trennte sich denn auch vom Hauptheere und durchzog, Klöster und Schlösser zerstörend, die Neckargegend und das Würzburgische.
Auch Jäcklein Rohrbach trennte sich mit seinen Leuten von dem hellen lichten Haufen, wie dieser sich im Gegensatz zu Florian Geyers schwarzer Schar nannte, und zog seine eigenen Wege. Das Bauernheer aber sank, unter dem Zuzug aller möglichen Elemente, denen die Bauernsache nichts, das Rauben und Plündern aber alles war, zu einer bloßen Brandschatzungstruppe herab, die nach guter Beute ausspähte und darüber das Wichtigste vergaß, was der Augenblick zu tun gebot.
Der helle Haufe aber zog durch den Odenwald in das Mainzische hinüber, in die fetteste Gegend der Möncherei. Dort zwang er wirklich Götz von Berlichingen, den berüchtigten Raubritter, einen ebenso brutalen wie verschlagenen Menschen, den Oberbefehl zu übernehmen. Als er das Kommando nicht gutwillig antreten wollte, stellte ihn »der Schneider von Pfedelbach« auf offenem Felde im Angesicht des bewaffneten Haufens. »Sie haben mich,« sagte Ritter Götz später, »gedungen und gezwungen, ihr Narr und Hauptmann zu sein; hab' ich mein Leib und Leben wollen retten, hab' ich müssen tun, was sie wollten.«
Der ganze Süden war nun im Aufruhr und die Bewegung auf ihrem Höhepunkt. An der Tauber hatte sich neuerdings der fränkische Tauberhaufen gebildet. Im Limpurgischen und in der Gegend von Ellwangen und Hall zog der Gaildorfer Haufe, Klöster und Schlösser niederbrennend, daher. Die Pfalz war in Bewegung und die Bauern zwangen Speier wie Neustadt a. d. Hardt zur Bauernsache. Ganz Württemberg wurde von der Bewegung aufgewühlt, während ihr die österreichische Regierung, die seit Herzog Ulrichs Vertreibung über das Land herrschte, ratlos gegenüber stand. Aber die Bauern kamen nirgends über die Verwüstung der Pfaffen- und Herrensitze hinaus. Entweder hinderte sie die eigene militärische Unfähigkeit oder der überall lauernde Verrat. So hatte sich z. B. seit Mitte April auf dem Wunnenstein bei Bottwar ein mächtiges Bauernlager gebildet. Dieser Haufe beging die Unklugheit, den Bottwarer Ratsherrn Feuerbacher zu seinem Führer zu machen, der aber alles tat, um die Aktion der Bauern lahmzulegen.
Der Truchseß von Waldburg war dem Haufen des »Pfaff Florian« nachgesetzt, der sich seinerseits eilig auf den Bodensee-Bauernhaufen zurückzog, um sich durch diesen zu verstärken. Die Führer der Seebauern ließen schleunigst in allen Orten Sturm läuten, worauf sich eine erdrückende Übermacht, verstärkt durch Zuzüge des geschlagenen Baltringer Haufens, vor der Stadt Weingarten zusammenfand. Ein glückliches Gefecht, welches die Bauern am 15. April mit dem Truchseß bestanden, belehrte diesen zu seinem großen Schrecken über ihre überlegene Stärke. Dabei mußte er der Allgäuer und Hegauer gewärtig sein, die zur Unterstützung ihrer Brüder heranrückten. Es wehte den Truchseß hier »etwas bänglich an«, denn wurde er geschlagen, so hatte der schwäbische Bund keine zweite Armee mehr ins Feld zu stellen, »alles fiel ab und zusammen, Landsknecht und Bauer und Städte, und für die Aristokratie war alles verloren.« Deshalb verlegte er sich schleunigst auf seine Unterhandlungstaktik. Zuvor hatte er schon die Gulden rollen lassen und eine Anzahl Bauernführer insgeheim bestochen. Unter solchen Umständen gaben die Bauern wiederum die Entscheidung gerade in dem Augenblick aus den Händen, wo sie den Krieg sicher zu ihren Gunsten entschieden hätten.
Der Truchseß schloß mit dem Seehaufen einen Waffenstillstand, der ihn nicht nur aus der Gefahr einer sicheren Niederlage befreite, sondern ihm auch die Hände gegen die anderen Haufen frei machte. Er rückte deshalb schleunigst gegen die Württemberger unter Matern Feuerbacher. Hier übte er mit Erfolg seine alte Tücke: Wieder gab er sich den Anschein der Unterhandlung und schloß einen Waffenstillstand. Aber am Morgen des 12. Mai, als die Bauern auf freiem Felde eben »zu einer Gemeinde« sich sammelten um zu beraten, schlugen plötzlich die Kugeln der Bündischen unter sie und brach die bündische Reiterei aus dem Walde hervor. Durch Verrat der Böblinger konnte der Truchseß die Stadt mit Geschütz besetzen, die Bauern aus ihren vorteilhaften Stellungen verjagen, alle Höhen nehmen, den Bauern mit der Reiterei in die Flanken fallen und sie so trotz langer und überaus tapferer Gegenwehr schlagen. »Die Zahl der auf der Wahlstatt und auf der Flucht Getöteten läßt sich nicht bestimmen, sie schwankt zwischen 1500 und 9000. Das mörderische Nachsuchen währte denselben Tag, zum Teil bei der Nacht, bis an den anderen Tag, denn es wurde viel Geld in den Taschen der Württemberger gefunden«. (Zimmermann.) Auch der Pfeifer Melchior Nonnenmacher, der bei Weinsberg dem Helfensteiner »zum rechten Tanze gepfiffen«, sowie Jäcklein Rohrbach, des Helfensteiners Blutrichter fielen dem Truchseß in die Hände. Der Truchseß ließ zunächst den Pfeifer im Lager mit einer eisernen Kette an einen Apfelbaum binden, daß er zwei Schritte um denselben laufen konnte, und Holz umher legen. Er selbst und die Ritter trugen jeder ein Scheit hinzu. Dann ward es angezündet. »Es war Nacht; die Sterne gingen herauf am Himmel; seitab, weithin übers Feld gestreut standen und lagen verlassene Wagen, Karren, Geschütze, Zelte, Waffen, Gerät aller Art und dazwischen hinein lagen die Toten still, röchelten die Sterbenden und Verwundeten; im weiten Lager lärmte das Zechgelage der Sieger; um den gebundenen Pfeifer im Ring frohlockten die Edeln und der Holzstoß schlug in Flammen auf, in dessen Feuerkreis der Unglückliche, den Herren zum Gelächter, schnell und schneller umlief, »fein langsam gebraten«; lange lebte er, schwitzend und brüllend vor Qualen; Bilder des Entsetzens, weiß wie Stein, standen die anderen Gefangenen; endlich schwieg er und sank zusammen.« Jäcklein Rohrbach bereiteten sie denselben Tod. Sie schleppten ihn mit in das Neckartal. Am 20. Mai abends brieten sie ihn, mit eiserner Kette an eine Felbe gebunden, wie den Pfeifer Nonnenmacher, bei Trommeln und Pfeifenschall. »Kinder auf den Achseln der Kriegsknechte sahen zu, und umher standen die Edeln, bis sein letzter Ton verseufzte, bis er, nicht mehr er selbst keine Gestalt mehr, zusammensank.« Des anderen Tags, am 21. Mai, nahm der siegende Adel seine Rache an Weinsberg. Die Einwohner waren entflohen; nur alte Leute, Weiber und Kinder waren noch da. Der Truchseß ließ die Stadt nebst fünf umliegenden Dörfern vom Boden wegbrennen. »Es sind da etliche Weiber verbrannt, die auf die Warnung nicht haben von ihrem Gut gehen wollen.« »Der Himmel über dem Weinsberger Tal war ein Feuermeer … Ohne Untersuchung, ohne Rücksicht auf die Unschuld der meisten Weinsberger, sprach der württembergische Regent, der österreichische Erzherzog, dem Adel zur Genugtuung solle die Brandstätte auf ewige Zeiten wüste liegen.« So rächte der Adel die Tötung des Helfensteiners an den Bauern.
Von Neckargartach, wo er Jäcklein Rohrbach »gerichtet« hatte, zog der Bundesgeneral dem Kurfürsten von der Pfalz zu Hilfe. Sengen und Brennen, Erstechen, Erschlagen, Hängen und Köpfen zeichnete den Weg, den die Landsknechte und die Reisige mit dem Adel gezogen waren. Der Truchseß hatte »überall, für und für, Bauern, die man fand und für Feinde hielt, alle Tage viele erstochen und genommen, was sie hatten«. Wohl überfielen ihn die Bauern, als er in Odenheim lagerte, in der Nacht heimlich und zündeten ihren eigenen Flecken an, um so des Truchseß Streitmacht zu verderben. Den Bündischen verbrannten auch viele Pferde, Wagen und Zeug, aber der Truchseß vereinigte sich mit dem pfalzgräflichen Heere und brachte es so auf eine Streitmacht von 13 000 Mann.
Diese plötzliche Wendung der Dinge, die Niederlage der Bauern, das erbarmungslose Blutvergießen des Exekutionsgenerals, verursachte unter den Bauern einen panischen Schrecken. Eine allgemeine Fahnenflucht griff um sich, die Bauernhaufen wurden dadurch noch kampfunfähiger, als bisher. Auch die eroberten Plätze gingen ihnen verloren. Das Bürgertum der Reichsstädte, welches sich ohnehin nur scheinbar der Bauernfahne gebeugt hatte, trat jetzt offen für die Bundessache ein. Ein neuer schwerer Schlag für die Bauern war es, daß ihnen die eben geschaffene Bewegungszentrale: Heilbronn wieder verloren ging. Hier hatten die Bauern ihre Kanzlei aufgerichtet; die Delegierten der verschiedenen Haufen saßen hier und berieten die Anträge, welche die Bauern an Kaiser und Reich stellen wollten. Wendel Hipler bekam die Leitung der Verhandlungen in seine Hände, weil er die Verhältnisse am richtigsten beurteilte. Er vereinigte in sich alle die aufgetauchten Wünsche und Bestrebungen der Volksmassen und formte daraus Durchschnittsforderungen, von denen Engels mit Recht sagt, sie seien die Vorahnung der modernen bürgerlichen Gesellschaft. »Die Grundsätze, die er vertrat, die Forderungen, die er aufstellte, waren zwar nicht das unmittelbar Mögliche, sie waren aber das etwas idealisierte, notwendige Resultat der bestehenden Aufklärung der feudalen Gesellschaft.« Die Forderungen machten allen Klassen Konzessionen, den Bauern, dem handeltreibenden Bürgertum der Städte, dem Adel. Es war nicht die kommunistische, es war die bürgerliche Gesellschaft, die sich aus Wendel Hiplers Verfassungsarbeit entwickeln sollte.
Mitten aus dieser Verfassungsarbeit wurde der Bauernrat aufgejagt durch den Verrat, den das Heilbronner Bürgertum an der Bauernsache übte. Wendel Hipler entfloh mit den Seinen nach Weinsberg und von dort mit den versprengten Bauern nach Würzburg. Hier gab es nichts mehr zu retten und zu halten. Die vereinigten Bauernhaufen hatten den festen Frauenberg vor Würzburg vergebens belagert, bei einem erfolglosen Sturm am 15. Mai hunderte der besten Leute eingebüßt und waren durch das sieghafte und blutige Vordringen der Bundesarmee, durch die Nachrichten über die schrecklichen Verluste der Bauern sehr entmutigt. Am 23. Mai gelang es endlich, den hellen lichten Haufen gegen Neckarsulm in Bewegung zu bringen. Aber unterwegs schrumpfte die Bauernarmee reißend zusammen, weil fortwährend die Bauern scharenweise nach Hause eilten, aus Furcht vor der blutigen Strenge des bündischen Generals, dem man entgegenzog. Auch Götz von Berlichingen, der sich bei der Schleifung der Klöster des Raubes gesättigt und die Bauern durch Raubzüge verwildert hatte, verschwand plötzlich vom Haufen. Während dieser gen Öhringen zog, ritt der alte Verräter still heim. Er stand bereits mit den Bündischen im Einvernehmen und wußte, daß sie ihm nicht sehr »über den Kopf schmieren« würden. In gänzlicher Verwirrung über all' den Verrat kamen die Bauern in voller Auflösung nach Krautheim, woselbst sie einigen Zuzug erhielten. Unterdessen nahm am 29. Mai der Truchseß Neckarsulm, welches sich in Erwartung bäuerlicher Hilfe hart wehrte. Aber inmitten der allgemeinen Auflösung und Furcht wagte niemand mutige Hilfe zu bringen. So konnte der Truchseß ruhig seine gewohnten »Strafen« über die gefangenen Aufrührer verhängen: Köpfen und Brennen. Als er hier sein blutiges Tagewerk vollbracht, zog er gegen den Bauernhaufen aus Würzburg, der sich bei Königshofen gelagert hatte.
Brennende Ortschaften und Leichname zeigten auch hier des Truchsessen Spur. Alle Dörfer auf seinem Weg wurden entweder geplündert oder vom Boden weggebrannt, alle aufgefangenen Bauern an den Bäumen aufgeknüpft oder enthauptet auf die Straße geworfen. In Ballenberg wurden sechs von Neckarsulm noch Nachgeführte zum Strang verurteilt. »Es konnten aber, weil es des vielen Henkens wegen an Stricken fehlte, nur drei gehenkt werden, die drei anderen wurden enthauptet.« Bei Königshofen an der Tauber stieß der Truchseß auf die Bauern, die sich, als sie die voraufgesandte bündische Kavallerie daherrauschen sahen, rasch auf die Höhe oberhalb Königshofen zurückzogen und in Eile eine Wagenburg aufführten. Die Bauern hatten gutes Geschütz, aber Bestechung und Verrat machten es unwirksam. Die Büchsenmeister waren davongeritten, das Pulver war naß. Der Angriff des weitüberlegenen Heeres des Truchseß zersprengte die Wagenburg und warf die Bauern in wilde Flucht. Aber die Fliehenden liefen der Reiterei, »der Bauern Tod«, in die Hände, welche über alle Wege und Stege die Fliehenden verfolgte und sie zu Tausenden erstach und erschlug. Selbst die Wahlstatt wurde noch durchsucht. »Viele hatten sich unter die Erschlagenen hingelegt, als ob sie tot wären; auch diese wurden jetzt nach der Schlacht hervorgezogen und getötet: ihre Anzahl war fünfhundert.«
Das war am 2. Juni geschehen. Nunmehr zog der Bundesgeneral, als er erfuhr, daß Florian Geyer mit den »Schwarzen« von Würzburg komme, diesem entgegen. Der tapfere Hauptmann der schwarzen Schar wußte nichts von der Königshofener Niederlage und wähnte zwischen sich und dem bündischen Heere den inzwischen aufgeriebenen Bauernhaufen. Am 4. Juni aber sahen die Schwarzen plötzlich bei dem großen Flecken Sulzdorf die Bundesarmee vor sich. Wieder ein allgemeines Fliehen, welches der bündischen Kavallerie ihre gewohnte Blutarbeit, so viele der Bauern als irgend möglich zu erstechen, leicht machte. Nur Florian Geyer zog sich mit sechshundert seiner schwarzen Schar in geschlossener Ordnung auf Dorf und Schloß Ingolstatt zurück. In der Kirche von Ingolstatt machten die Reisigen zweihundert Bauern nieder. Die Kirche und die Gräber des Friedhofs röteten sich am Pfingstsonntag vom Bauernblut. Drei- bis vierhundert aber erreichten unter Florian Geyers Führung das Schloß. Hier leistete die Handvoll Bauernkämpfer dem Heerhaufen des Truchseß einen beispiellos heldischen Widerstand, sodaß die Bundestruppen dreimal stürmen mußten, ehe sie des Schlosses Herr wurden. Dabei gelang es Florian, dem heiß Gesuchten, mit zweihundert Mann in den nahegelegenen Wald zu entkommen, wo er sich bis zum anderen Tage, dem Pfingstmontag hielt. Mitten in der allgemeinen Metzelei, welche die bündischen Kriegsknechte in dem Wald veranstalteten, entkam er ihnen wieder, floh erst nach Rotenburg, dann zu seinem Schwager Grumbach auf dessen Burg bei Rimpar. Hier endete er, nicht im offenen Kampf gegen seine Feinde, sondern durch Meuchelmord. Vier Tage nach der Ingolstatter Metzelei, am 9. Juni, ließ ihn der edle Schwager durch einen Knecht meuchlings erstechen, um sich bei den Siegern in Gunst zu setzen.
Von Ingolstadt wandte sich der Truchseß nach Würzburg. In der Nacht des 7. Juni nahm er, im Einverständnis mit der bürgerlichen Stadtregierung, die ihm heimlich die Tore öffnete, die Stadt. Verrat, Verrat und wieder Verrat, das war die wirksamste Waffe »Herrn Jörgs« gegenüber den Bauern. Ohne sie hätte der Reiterstiefel nie über den Bauernschuh gesiegt. Fünftausend Bauern wurden in der verratenen Stadt gefangen genommen. Die Fürsten hielten am Morgen des 8. Juni auf dem Markt, dem Judenplatz und dem Schloß blutiges Gericht. 81 Gerichtete schwammen in ihrem Blute. »O weh,« rief ein junger Bauer aus, als er zum Nachrichter geführt wurde, »o weh, ich soll schon sterben und habe mich mein Leben lang kaum zweimal an Brot satt gegessen!« Ein Bäuerlein, das nicht ausgezählt worden war, drängte sich neugierig durch die Reiter auf den Platz, und wollte schauen, wie es seinen Gesellen ging; »den erwischt ein Henkersknecht, führt ihn zum Meister, wurd' enthauptet.« Unter den ausgesonderten Bauern stand ein starker junger Geselle, dachte, weil ich doch sterben muß, mag ich den Jammer nicht mehr sehen, drang dem Meister zu und ließ sich enthaupten. Er war in der letzten Reihe gewesen und wäre erbeten worden. (Zimmermann.) Nach dem Blutgericht nahmen die Fürsten »einen Trunk«. Von Würzburg aus, wo sich die fränkischen Fürsten der Reihe nach eingefunden hatten, brach die Rache über ganz Franken herein. Namentlich Markgraf Kasimir von Brandenburg-Anspach rächte den Bauernaufruhr in seinem Lande an den nun Unterworfenen durch Fingerabhacken, Augenausstechen, Köpfen und Martern. Sein Bruder Albrecht, Koadjutor von Magdeburg, war auf seinen Befehl im Lande mit Folter und Blutgericht so tätig, daß ihm, als er heimzog, die Witwen und Waisen der Getöteten nachliefen und schrien: »ob denn schon alle Bauern geschlachtet seien?« Seine eigene Ritterschaft legte sich ins Mittel. »Gnädiger Herr,« schrieb ihm Hans von Wildenfels, »es sind nichtswürdige Dinge, um die man jetzt noch die armen Gefangenen quält; vergeßt einmal das Vergangene und neigt zur Barmherzigkeit euer Herz.« Noch nach Jahren sah man an den Straßen die verstümmelten und des Augenlichts beraubten Bauern betteln und ihren grausamen Drängern fluchen. Rotenburg und alle anderen Orte, die irgendwie mit dem Aufruhr zu tun hatten, wurden mit Brand und Blutgericht heimgesucht. Die geistlichen Herren taten es den weltlichen gleich und nahmen für die verwüsteten oder ausgeraubten Klöster furchtbar blutige Rache. Im Mainzischen, im Rheingau, in der Rheinpfalz, bot sich überall das gleiche Schauspiel. In der Pfalz waren auf die Nachrichten von den schrecklichen Metzeleien wieder 8000 Bauern zusammengetreten und hatten Schlösser gestürmt und verwüstet. Bei Pfedersheim übte das herbeieilende Fürstenheer dafür schreckliche Vergeltung. Die Reisigen erstachen über 2000 Bauern. »Der Erzbischof von Trier stach und metzelte mit eigener Hand darein und ermunterte mit Worten zum Gemetzel.« Nach der Niederschlagung der Aufständigen ließ der Pfalzgraf noch achtzig aus den gefangenen Bauern die Häupter abschlagen. Es war schier, als wolle das siegreiche Herrentum von Kirche und Land den ganzen Süden untergehen lassen in Blut und Flammen.
Unbezwungen standen jetzt nur noch die Bauernhaufen Oberschwabens. Hier konnte die Reiterei, das wichtige Kriegsmittel der Bündischen, wegen der Geländeschwierigkeiten nicht wirken. Die Oberschwaben waren gerade die wehrhaftesten unter den kämpfenden Bauern, deren Umklammerung der General des Bundes zu Anfang seines Exekutionsfeldzuges mit genauer Not und nur durch Überlistung entwichen war. Gegen sie zog er jetzt von Würzburg mit seinen durch Krieg und Brand noch mehr verrohten Landsknechten und Reisigen.
Die Allgäuer hatten seit dem Abzug des Truchseß ihre Feindseligkeiten gegen Klöster und Schlösser wieder aufgenommen und für die Verwüstungen der Bündischen Repressalien geübt. Sie lagen eben vor Memmingen, um es zu bekriegen, als die Nachricht vom Heranrücken des Truchseß sie aufscheuchte. Am 27. Juli zogen sie ihm über Babenhausen und Obergünzburg entgegen und verschanzten sich in einer starken Stellung hinter dem kleinen reißenden Bergflüßchen Luibas. Sie hier anzugreifen war ein großes Risiko, welches leicht mit einer Niederlage enden konnte, die alle bisherigen Errungenschaften wieder in Frage stellte. So wurde denn der Exekutionsfeldzug des Truchseß beendet, wie er begonnen hatte: durch Verrat. Der alte Landsknechtsführer Georg von Frundsberg, der mit 3000 Landsknechten aus Italien zum Truchseß gestoßen war, entdeckte unter den Bauernhauptleuten – von den Bauern geworbene Kriegsleute – solche, die mit ihm in Italien gefochten hatten. Er brachte sie durch Bestechung zum Verrat an den Bauern. Sie zündeten der Bauern Pulvervorräte an und beredeten sie, vorschützend, man könne den Truchseß umgehen, aus ihrer unangreifbaren Stellung herauszukommen. Nun griffen die Bündischen an und zersprengten die Bauern. Einen Rest, welcher sich unter Kampf von Luibas in eine feste Stellung bei Kempten zurückzog, zwang der Truchseß zur Kapitulation, indem er die umliegenden Dörfer anzündete und die Kämpfer aushungerte. Am 25. Juli 1525 ergab sich dieser letzte Rest in die alte Knechtschaft, während ihre Führer enthauptet wurden.
Aus einem Meer von Blut, zwischen den rauchenden Schutthaufen verwüsteter Dörfer zog der General des schwäbischen Bundes an der Spitze seiner Söldnerhaufen heim als Sieger über die Bauernkämpfer der schwäbisch-fränkischen Bauernrevolution.