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Die Alpen

Nur ein Streifen der nördlichen Kalkalpen liegt auf deutschem Boden. Das Alpengebiet im erdgeschichtlichen Sinne beginnt zwar schon an der Donau, denn die Bildung des Donautals ist ein Akt der Bildungsgeschichte der Alpen. Ja man wandelt auf den weißgrauen alpinen Anschwemmungen schon, wenn man von dem in den Jura geschnittnen Altmühltal, das in die Donau mündet, südwärts geht. Aber was von den eigentlichen Alpen zu Deutschland gehört, ist an den meisten Stellen nur einige Meilen breit. Nichtsdestoweniger umschließt dieser Streifen eine der eigentümlichsten deutschen Landschaften. Nicht wie in der Schweiz verbinden hier große, fruchtbare Täler die Alpen mit ihrem Vorlande. Die Schwäbisch-Bayrische Hochebene liegt als ein ganz selbständiges Gebiet den Alpen gegenüber, und so sind auch die geschichtlichen Schicksale der deutschen Alpen und des deutschen Alpenvorlandes immer verschieden gewesen. Wie eine Mauer stehn die Kalkalpen vom Rhein bis zur Salzach, und dahinter liegen wie Gräben die Längstäler der Ill, des Inn, der Salzach. Zuerst erheben sich die Algäuer Alpen mit drei Gebirgsstrahlen, zwischen denen die Quellbäche des Lech, der Bregenzer Ache und der Iller herabbrausen. Der Arlberg liegt als Schwelle zwischen ihnen und den Rätischen Alpen. Als ein Grenzpfeiler erhebt sich zwischen Österreich und Deutschland an der südlichsten Spitze des Deutschen Reichs die Mädelergabel (2650 Meter). Die Algäuer Alpen haben im ganzen deutschen Alpengebiet die ausgedehntesten und fettesten Weiden, und in ihren Landschaften ist das Grün der Wiese am stärksten vertreten. Selten sind im ganzen Alpenzug so steile und dabei ganz übergrünte Berge wie die Höfats bei Oberstdorf. Das Bild ändert sich, sobald wir den Lech überschreiten. Da stellen sich uns Blöcke und Mauern von steingrauem oder gelblichweißem Dolomit entgegen, von denen weiße Trümmerschutthalden ins grüne Land hinabfließen, und die höchsten turm- und zinnenförmigen Berge (Zugspitz 2960 Meter) leuchten mit schimmernden Firnschilden weit ins Land hinaus. Dazwischen sinkt aber das Felsmauerwerk in einzelnen Breschen tiefer ein als in den schwerer gangbaren Algäuer Alpen. Der Fernpaß (1250 Meter) und der Seefelderpaß (1175 Meter) sind schon zur Römerzeit beschritten worden, die Partenkirchen – Parthianum – als Rastplatz am Gebirgsfuß auf dem Wege vom Inn zum Lech kannte, und haben bis in die neuere Zeit ihre Bedeutung für die Verbindung Augsburgs mit dem Brenner gewahrt.

Die Zugspitz im Wettersteingebirge von der Blauen Gumpe im Raintal gesehen

Der Inn legt eine tiefe Bresche in die nördliche Alpenmauer; der Schienenweg steigt sacht nur 60 Meter an von München (510 Meter) bis zu dem am Fuß des Brennerpasses liegenden Innsbruck. Der Brenner, ohnehin tief eingeschnitten, wird durch diese leichte Zugänglichkeit der wichtigste aller Alpenpässe für das mittlere und östliche Deutschland. Jenseits vom Inn erheben sich die Chiemsee- und Salzburger Alpen mit den massigen Kalkblöcken ihrer Berge, die entweder von Firn bedeckt oder von Karen durchfurcht sind (Watzmann 2715 Meter). An der Saalach und dem Königsee entlang zieht sich in eines ihrer großartigsten Täler das Berchtesgadner Land hinein, alles in allem wohl der schönste Fleck auf deutscher Erde. Hart daneben bricht die Salzach eine zweite Bresche in die Kalkalpenmauer, durch die an einem hoffentlich nicht fernen Tage der mittel- und südostdeutsche Verkehr über Salzburg die Tauernbahn erreichen wird. In dieser Lücke, die auf den uns von Natur nächstgerückten Teil des Mittelmeers, die Adria, hinführt, öffnet sich für Deutschland die nächste Aussicht in irgendeinem Sinne, wieder eine mittelmeerische Macht zu werden.


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