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Die drei Abdachungen

Durch Deutschlands Bodengestalt geht der große Zug einer Abdachung nach Norden. Von der Zugspitze (2960 Meter) am Südrand steigen wir hinab zu den tiefsten Stellen unsers Bodens an der Nord- und der Ostsee. Dieser Richtung folgen die Flüsse und Ströme von der Maas bis zur Memel. Daß diese Grundrichtung eine Ablenkung nach Nordwesten im Mittelgebirgsland und im Tiefland des Nordwestens erfährt, zeigen die entschieden nordwestlichen Wege des Rheins und der Elbe sowie der obern und mittlern Oder und Weichsel. Aber der Unterlauf der Oder und Weichsel biegen ebenso entschieden nach Nordosten ab.

Allein das Voralpenland macht von dieser vorwaltend nördlichen Abdachung eine Ausnahme. Zwar sinkt auch dieses Land vom Fuß der Alpen bis zur Donau, also in nördlicher Richtung, aber es hat zugleich eine entschiedne Neigung nach Osten. Ulm liegt 590, Passau 290 Meter hoch. Es ist dieselbe Ostneigung, die aus dem Innern der Ostalpen Flüsse und Wege dem ungarischen Tieflande zuführt. Daher die Verbreitung des bayrischen Stammes in südöstlicher Richtung und die engere Verbindung Österreichs und Ungarns mit dem südöstlichen Deutschland. Während aber die nördliche Abdachung das Land dem Meer und dem Weltverkehr erschließt, führt die südöstliche in ein Tiefland, wo durch Jahrhunderte die Grenze des türkischen Reichs fast jeglichen Verkehr abschloß.

Da die Ströme und Flüsse eines Landes jeder Richtung und jedem Wechsel der Abdachung folgen, bildet das Flußnetz ein treues Abbild der Oberflächenbeschaffenheit. Das fließende Wasser gräbt in den Boden seine Rinnen und verstärkt dadurch noch dessen natürliches Gefälle. Zugleich legt es in den Tälern die Grundlinien eines künftigen Verkehrs aus. Wir werden daher in dem Abschnitt über die fließenden Gewässer vor allem auch den Abdachungen des Bodens wieder begegnen.


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