Georg Queri
Bauernerotik und Bauernfehme in Oberbayern
Georg Queri

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Das Treiben gegen den Pfarrer von Irschenberg 1841

Eines der wüstesten Treiben älterer Ordnung fand am 25. September 1841 in IrschenbergJohann Nep. Sepp deutet den Inhalt dieses Treibens im »Heimgarten« an. statt und galt speziell dem Pfarrer des Ortes. Daß die Haberer mit diesem Treiben wenigstens ideell den ursprünglichen moralischen Absichten des Brauches gerecht wurden – so sehr sie auch rechtlich und in der Form fehlten – geht daraus hervor, daß der gehaberte Pfarrer von seinen Oberen seiner kirchlichen Funktionen zunächst auf einige Zeit enthoben wurde.

Die verlesenen VerseDie Schreibweise des Originals ist belassen, doch war es notwendig, die im Original fehlenden Interpunktionen einzuschalten. sind von großem Interesse für die Folklore:

»Pfarer, steh auf und las dir sang,
heunt dain wir dir ins Haberfeld yang.
Grad aina soit ausa gö
und soit sie wirn,nur einer soll es wagen, herauszukommen und sich zu wehren!
gley thun wir die Hurnresidenz im Sturm Kamadirn.

Xaverl,
treib eina!
Aufgrewelt!

Jetz sand wir hoit da,
kinans nima dalein,
heunt miesma an Pfara ins Haberfeld treim.
Da Baur an Irschnberg,folgen lauter fingierte Namen
da Mayr vo Wildbarting,
da Baur vo Leiten, die 3 Mena, die Schlimma,
die thuen uns heunt ins Haberfeld frimma,
sei thuen unsa grad 405.405 Teilnehmer am Treiben
Und an Teufy hama a bey ins,
mittn is er trina;mittendrinnen unter den Treibern ist der Teufel; der Spruch ist wahrscheinlich so alt wie das Haberfeldtreiben: wenn sämtliche Teilnehmer aufgerufen waren, so rief plötzlich ein Überzähliger sein »Hier« in die Menge – der Teufel.
hat Pratzn und kai Finga,man sieht vor seinen übergroßen Händen die Finger nicht
hat Haxn wie a Gais,
der sagt mirs alles, daß is weiß.
Vo G. hiet a ihm a Naderin acha gführt,der Teufel hat dem Pfarrer eine Näherin zugeführt
bei der hiet er mit sein Stutzn recht eingriert;
Köchin, sei Schwester, die hats ihm nit gliten,
trum is er allwei auf andern gritn,da die Blutschande verweigert wurde, befriedigt er sich an anderen
gritn is a oft, des weiß ma ja gwiß,
daß da Pfara a rechta Stier is.

Is nit a Schand
für an Pfarvorstand?

Die oafältign Bauern thuen si beklagn,
weil da Pfara mit ihri Weiba thuet jagn;
wann aini kräng is, hats sarg aufs beichtn,
weil a ihr allwei thuet zwischn d' Fuß eihi greifn.
Was thuert a denn main?
Das is a graus!
Moant er denn, es fahrt d' Seel zwischn d' Füssen raus?
Wia er zu da A. A. vo X. außi ganga is,
des werd a scho wißn,
da hat a ihr no am Todtbett
zwischn d' fuß nei griffn.
D'A. A. sagts zum Vatern aufn Todtbett auf sei Gwißn,
und des is a rechter Mo,
und sagn thuet ers no!

Is nit an Schand
für an Pfarvorstand?

Da B. B. vo Y. is haim kömma
und hat sei Weib gsucht,
glei is a nit in Kammer aussi ganga,
dawei is ihm da Pfara hint beim Haus aussi ganga.
De C. C. that a an Pfara gfaln,
drum thuet er ihr dös erstmal
an Krothaler zahln.
Erst neuli ists auf Rosnhaim zum Dechant verschafft warn,sie ist wegen des sexuellen Vergehens des Pfarrers von dem nächstvorgesetzten kirchlichen Oberen verhört worden.
und da Pfara hat's glei wieder inna warn,
und da Pfara hat eahm glei 3 Krothaler gebn,
daß sies nit bstehn solt ihr hurrisch Lehn
und hat am Pfara de 3 Krothaler gebn.sie hat das Geld zurückgewiesen

Is nit a Schand
für an Pfarvorstand?

An D. D. thuets a sehr verdrißn
und hat bei da E. E. Nanni fürn Pfara
an Vatern abgebn mießn.
Dö F. F.-Gaiß vo Z. hett da Mößmer bald dadruck,
wia ers niedergfworfn hat auf da Tennabruck;
abzwerch hat ers obi gworfn und is grad daschrocka
und is drüber aus gfahrn
und hiet ihm bald sein Stingl abbrocha.
Aber da thuet da Pfara Baumaista ganz anderst laffa
und thuet an Baurn vo X. a Roß kaffa,
er that hoalt moan, er soits Diendl grierng,
da möcht er halt als wia der Pfara recht einrien.
Der G. G. vo Y. is a rechta Doin,
z H. hat er immer Erdäpfel gestohln.
Da G. G. is schist gar an scheida Mo,
afa Erdäpfel stehln steht ihm gar nit o.es sieht nicht gut aus, wenn so ein Mann stiehlt
Unds Brantwein Karfindl hat a gnoma,
is a nit gar schö;
er hat eahm denkt, ums Karfindl werds scho köma,
da kann ers recht bei da Mullhaubn nehma.
Der Wirth, der war a gar a schlaucha,
der möcht gern an Pfara recht eindaucha
und unter Haberfeldtreiber, hiet er gemant,
that er gor schießn,
aber er soits nur probirn, es werdn bald vadrießn.
Denn wir san kaine altn Weiber
und a kai Narrn,
wos solche Hurnstingl geit,
daima s Schießn nit sparrn.
An H. H. vo Z. braucht da Pfara kain Weichbrunn gebn,wenn der Pfarrer dem H. H. auch das Weihwasser verweigert, so ist dieser doch ein geachteter Mann
i hätt gmand, gar a so schlecht
thät er do nit lebn.
Und als is no, das uns gar so freut,
daß da J. J. zum Haberfeld 50 fl her geut.

Aufgrewelt, Kamaradn!

Pfara vo I., dir mießmas amal sagn:
d' Weiber that a vögln
und d' Mana nit fragn.
An Pfara vo I. miasma a a mal sagn,
beim Weber vo X., da hat Knader aufgschlagn.
Der Weber hat, sagt er, ko heut nit seyn:
is Tochter ganz kothig, ko der Schnückl nit aus und ein.meine Tochter ist blutgängig – nichts zu machen heute!
Der Pfara hat gsagt, dös thüat einer nix,
bal ich gfvögelt hab, dös macht ainer nix.
An Pfara sei K. K., dieselbi, die schwarz,
die hat er holt gvögelt, daß Brunzloch hat kracht.
An Pfara sei K. K. mueß mas a a mal sagn,
auf Miesbach is go beicht ganga,
is nit absolviert worn;
da Pfara hat gsagt: laßts eng an Arsch lecka,
will eng absolvieren mit dem Adam Stecka.
Da L. L. und da M. M. sand bravi Männa;
beim N. N. auf der Laubn sands zamma kömma.
Da N. N., der thuet sie bös beklagn,
wei er vo dene 2 Männer kain Fried thuet habn.
Da L. L. der macht halt Spaß,
er beigt ihn beim Z.,diese Stelle ist unverständlich
was fragt er nach der Fläx.er fürchtet sich nicht vor Schlägen
Weils halt der Pfara, der Stier, thuet grad a so treibn,
so sind wir halt heut kömma
zum Haberfeldtreibn.

Jetzt, schwarzer Pfarer, jetzt kost verklagn,
heut muesma deine Hurnstückl dennist a sagn,
dö Weberin vo X. is in Wittibstand,
da is da Pfara kömma und hat sie überrannt,
und der Pfara hat der Weberin an Buebn gemacht –
und da ham d' X.er allsamt recht sakrisch glacht;
der Pfara von I. tat gar a so laffa
und tat der Weberin für's Kindermacha
an Ochsn kaffa
und d' Weberin vo X. ist mit dem Ochsn nit zfriedn,
weil ers jetzt a no ins Hoiz assi frimmt.
Und der O. O. vo Y. thuet sie a so beklagn,
daß sein Weiberl an Pfaffn thuet habn;
und af der Gasteiger Hochzeit gehts a a so zue,
da laßt der Pfara der P. P. scho wieder kain Rueh.
Wais von Gasteiger Gulden Tagder »Goldene Tag« ist der zweite Tag nach dem Hochzeitstag. In der Kirche wird ein Hochamt abgehalten für die verstorbenen Verwandten des Hochzeitspaares; zumeist wird der Tag durch einen Ausflug nach einem Nachbarort (mit nachfolgender Gasterei) gekrönt. haim sind,
Da hat der O. O. an Rausch,
Da denkt eahm der Pfara:
heut wärs nit mehr aus!
Und an O. O. sei Tochter hat er am Kanappe gehaut,
ös is ana kömma, hat beim Schlüssloch onhi gschaut,
und der P. P. will oiss daspähn,
und der hat an Pfara sein Däumerling gsehn.

Und der Baur vo J. hat an R. R. und S. S. in Kirda gladn;
wias kömma san, künas gar niemand darfragn,
als der Pfara is obn gwen in der guetn Kamma,
da hat er halt die T. T. bei der Mullhaubn gnomma.
Da Pfara vo I. geit a no kain Fried,
er paßt ganze Nächt beim Baurn vor der Thür.
Sei Pflegtochter, die U. U., hat a seiner Unschuld beraubt,
dös is für an Pfara gar gwiß nit erlaubt.
Der Mößner hat gsegn, wia er die U. U. hat ghaut,
drum hat an Pfara ja nix mehr taugt.
An Pfara sei U. U., dieselbi, die schwarz,
hat er gvöglt, daß kracht hat, hinter bei der Farz.
Von der U. U. mueßma aufhörn,
könnas nit alls beschreibn,
sonst müeßt ma glei 8 Tag ins Haberfeldtreibn.

An Pfara vo I. – wir woln grad nit nenna –
is der größt Stier, ös werds'n scho kenna.
Und der Pfara is nit guet gsinnt,
ois nur grad so viel, daß'n der Teufl nit nimmt.
Wia d' X.er Brautleut beim V. V. san da gwen,
da hat der Pfara da Hochzeiterin ara DrumTrumm ist ungefähr dasselbe wie Bescheidessen: das, was man vom Festmahl seinen Angehörigen heimbringt; hier natürlich obscön gebn,
und d' Hochzeiterin hat a zlöscht s' alleini benedizirt
und hat sei Wespennest teuflisch aufgriet.
Und an Hochzeiter schmöckt frei kai Lacha,natürlich vergeht dabei dem Bräutigam die Lust zu lachen
er furcht, der Pfara könt seiner Hochzeiterin
a klaines Kind macha.

Zu der W. W.-in is er zum Haimsucha aui kömma,
da that a gar sei Hand nehma
und tats ins Hosnthürl ahi renna.
Und an X.X. seiner Tochter bringt a Betta zum Preiß,
weils sei Mullhaubn so oft an Pfarrern geut.
Und der Pfara hat o so koan Vostand:
wenns Dianei brav huert,
so kriegns a schöns Gwand.

Und der Pfara vo I. möcht d' Menschn bekehrn –
balds unterm Bauch rauch san,
tiet a glei scheern.sowie die Mädchen Haare an der Scham haben, benützt er sie
An Pfara sei Huern kömma nimma dalein
wenns nit bald anderst geht, muß ma no schneidn.
Und mit der X. X. von L. gehts ar a so zu,
und der Pfara geut a no kain Rueh,
und der X. X. darf von Pfara nit sagn,
weil ers allwei im Dirnei thuet hat,
und der X. X. ha a ganz lüdiges Kind,
er hat ja a Weib, wie kommt denn das Ding?
Den nägstn Sunta hat der Pfara
d' Leut zfruh in Rosnkranz zamgstimmt,
weil er d' Y. Y. hat ins Holz aussa gfrimmt.
Vo sein Brueda hat a brav Hemata gerbt,
die hat d' Z. Z. andersta gmerk;
nacha is der Pfara ins Zimmer auffi,
hat an Hemat probiert,
hat d' Naderin ruffa, und hiets ins Bett eini gschniert;hätte sie im Bett festgehalten; sie entrann
Der Pfara hat ihm denkt, da honi schö gsprunga –
Daweil is ihm d'Naderin durchs Zimma aussi drunna.

Es lebe der Herr Kooporator,
der hochschätzbare Mann.
Man soll ihn erkenna
und Freid hat dran.
Und da Pfara vo X., der mueß Köchin verkehrn,
sonst könns uns in 14 Tag z X. anhörn.

Damit die Leut für uns an Respekt müessn ham,
so wolnma die Beßtn Männer hersezen:
da Kolb vo Wendling is gar a faista,
der is heut unser Haberfeldmaista;
der Meßner vo Schwungham;
der Zimmermeister von Immenfeld,
der kennt die ganze Welt;
der Gaißer vo Kematn und sei Wei
sind a dabei;
die Moarin von Wilparding mit seina großn Nosn,
die thuet ins Haberfeld blosn;
da Kerbai vo Göttig, den thuet a gar a so freun,
der geut uns an Eimer Bier drein;
der Rainthaler Hausl;
der Kasthueber vo Hamberg;
der Weinl vo Laarein;
der Mayr vo Pfaffen,
that a dazu laffen;
da Mo zu Schweigfell,
thuet a ga schnell;
der Weghaufn am Eggertsberg;
und der Pfara Hans machts Haberfeld ganz.

Jetzt, Kamaradn, laßts eng sagn:
thuets enga Gwehr scharf ladn,
daß es kunter grad ai umma paßn,im Fall die Polizei im Hinterhalt liegt
dieselln schießts gleich anhi int Haxen.

Aufgerewellt,
So lang das Pulver schnellt!
Kommen sie dir zu weng für,
so dicht dir noch einige selber dazue.
Und habe acht auf die Papier –
denn diese sind verdächtiger als ein Gwehr!
Es ist zum gscheitesten verbrennen
und kombt vor nicht zu oft!«

Einige der Teilnahme an diesem Treiben verdächtige Burschen wurden bald darauf vom Landgericht Miesbach gefänglich eingezogen. Die Haberer suchten nun durch ein anonymes Schreiben deren Befreiung zu erwirken.

»Wenn in Zeit von 8 Tagen die unschuldig Verhafteten nicht auf freiem Fuß prozessiert werden, dann möchte das ungerechte barbarische Landgericht mitsamt den bedauernswürdigen Bürgern und unschuldig Verhafteten ein Raub der Flammen werden wie z. B. in Rosenheim . . .«

»Damit die Bürger ihre beste Habe vor der Einäscherung auf die Seite bringen können. Und könnt auch dem kleinen Assessor zu wissen machen, er soll sich nicht mehr allein sehen lassen, sonst ist er ein Kind des Todes . . .«

Tatsächlich hatten ja die Haberer in Rosenheim aus Rache Brandstiftung verübt, als Repressivmaßregel zugunsten ihrer in Untersuchungshaft liegenden Kameraden. Miesbach jedoch blieb vor dem roten Hahn verschont.


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