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Beinahe alle Gegenstände in einer neu zu schaffenden Landschaft, große wie kleine, bedürfen einer wohl überlegten Gruppierung. Der angeborene Takt muß freilich hier am sichersten entscheiden, und für das Speziellere werde ich später einige Anleitung geben; als eine allgemeine Vorschrift könnte aber folgende aufgestellt werden: Man verteile überall in dem Gemälde Licht und Schatten zweckmäßig, so wird dadurch die Gruppierung im Großen in der Hauptsache gelungen sein – denn Rasen, Wasser und Fluren, als selbst keine Schatten werfend, sondern solche nur von andern Gegenständen aufnehmend, sind das Licht des Landschaftsgärtners, Bäume, Wald und Häuser dagegen (auch Felsen wo sie benutzt werden können) müssen ihm als Schatten dienen. Man vermeide also den unangenehmen Effekt des Unruhigen und Zerstreuten durch zu viele abwechselnde Einzelheiten durch zu viel unterbrochnes Licht; man verdunkle auf der andern Seite auch nicht alles durch einige wenige ungeheure Schattenmassen, und lasse ebensowenig Wiesen und Gewässer zu große freie und kahle Flächen darbieten, sondern richte es so ein, daß sie sich immer hie und da wieder im Dunkel der Vegetation verlieren, oder als einzelne wohl berechnete Lichtpunkte aus dunklem Grunde plötzlich hervortreten. Gebäude sollten nie ganz frei gezeigt werden, sonst wirken sie wie Flecken, und stehen als Fremdlinge, mit der Natur nicht verwachsen da. Das halb Verdeckte ist ohnehin jeder Schönheit vorteilhaft, und es bleibe in diesem Gebiete immer der Phantasie noch etwas zu erraten übrig. Oft ruht das Auge mit mehr Wohlgefallen auf einem bloßen Schornstein in der Ferne, der seine grauen Rauchwölkchen aus der unabsehbaren Waldfläche in den blauen Äther hinauf wirbelt, als auf einem nackten Palast, der von allen Seiten zugänglich, dem Blicke keine einzige belebende Unterbrechung darbietet, und dem sich noch nirgends die Natur heimisch und liebend angeschmiegt hat.
In hohem Grade wichtig ist es, daß Gebäude immer im Charakter der Landschaft erscheinen mit der sie verwebt sind. Auch der Kontrast kann zuweilen, wie schon angedeutet, im Charakter des Ganzen sein, nur muß er immer harmonisch bleiben, wie in dem angeführten Beispiel: erhabne Wildheit der Natur und prachtvolle Kunst. Ein niedliches Lusthaus würde zu jener Wildheit kein passender Kontrast sein, eine imposante Ruine analog und eine schöne Zugabe, aber gar kein Kontrast. Viele unsrer deutschen Architekten beobachten dies zu wenig. Gebäude in der Stadt z. B. verlangen ganz verschiedne Behandlung als in einem Park. Die einen stehen als Ganzes für sich selbst da, die andern sind nur ein wesentlicher Bestandteil des Ganzen, und müssen von ihm die malerische Wirkung erhalten, die sie ihm ihrerseits wieder teilweise zurückgeben; daher sie auch eben so sehr auf die Ansicht als die Aussicht die sie gewähren berechnet werden müssen. Im Allgemeinen wird bei Parkgebäuden eine gewisse Unregelmäßigkeit derselben, als mehr konform mit der Natur, als mehr pittoresk, vorzuziehen sein. Ein Tempel der dem Kultus, ein Theater, ein Museum, die der Kunst gewidmet sind, verlangen ohne Zweifel Symmetrie und einen strengeren Stil, das Schloß oder ländliche Wohnhaus aber werden sowohl für Bequemlichkeit als äußern Effekt, durch größere Ungebundenheit gewinnen. Die Anlagen der Alten, wie sie uns aus ihren Trümmern entgegentreten, zeigen bei Villen und Landschlössern ganz die Befolgung desselben Prinzips. Das größte Beispiel hiervon ist wohl die Villa des Hadrian bei Tivoli. Auch bei den Italienern, während ihrer Blüte im 15ten und 16ten Jahrhundert, finden sich noch häufige Spuren davon. Halbversteckte, hintereinander verschobne Gebäude, große und kleine Fenster an derselben Wand, seitwärts angebrachte Türen, vor- und rückspringende Winkel, zuweilen eine hohe kahle Mauer mit reich verziertem Sims, einzelne Türme, weit vortretende Dächer und unsymmetrisch gestellte Balkone, kurz überall eine großartige, aber keineswegs unharmonische Unregelmäßigkeit, welche die Phantasie anspricht, weil das Motiv für jede Abweichung von der Regelmäßigkeit zugleich sich mit ausspricht, oder doch geahndet werden kann.
Aber auch auf den Ort, wo ein Gebäude stehen soll, ist große Rücksicht zu nehmen. Z. B. eine Ritterburg mitten im flachen Kornfelde, wie in Machern bei Leipzig, ist fast etwas Komisches, ebenso wie die dortige ägyptische Pyramide in einem heitern Birkenwäldchen und idyllisch gehaltner Gegend, oder eine Strohhütte umgeben von einem französischen parterre. Alles das sind schlechte die Harmonie störende Kontraste. So macht auch die spitze gotische Architektur einen höchst ungünstigen Effekt unter ebenso spitzen Fichten und lombardischen Pappeln, während sie unter alten wellenförmigen Eichen, Buchen oder Föhren ganz an ihrem Platze ist. Jene Fichten und Pappeln sind dagegen einer italienischen Villa mit ihren horizontalen Linien wiederum ganz angemessen.
Wenn nun aber harmonische Schönheit der zu erlangende Hauptgegenstand ist, so deutet dies schon an, daß auch Zweckmäßigkeit durchaus bei der Anwendung von Gebäuden erkennbar sein müsse. Ein gotisches Haus z. B., das eben weiter nichts ist, als ein gotisches Haus, ohne allen Grund dastehend, als weil man grade etwas Gotisches haben wollte, erregt ein unbehagliches Gefühl. Es ist ein hors d'œuvre, als Wohnhaus unbequem, als bloße Dekoration ohne nötige Beziehung, und also nicht motiviert genug; erblickt man aber auf fernem Berge die Türme einer gotischen Kapelle aus den Baumkronen alter Bäume ragen, und erfährt, dies sei die Begräbniskirche der Familie, oder ein wirklich besuchter Tempel, irgend einem Kultus geweiht, so fühlt man sich befriedigt, weil man Zweckmäßigkeit mit passender Zierde verbunden begegnete.
Ebenso wirkt ein ungeheurer Palast von einem kleinen chetiven Besitztum umgeben, das gleich in der Nähe wieder die Hütten der Armut begrenzen, oder ein endloser Park, in dem eine unansehnliche Cottage der Hauptpunkt ist, unangenehm, und ich habe die Unschicklichkeit schon gerügt, wenn, beim Sitze des Luxus und der Pracht, von außen die Kühe die Glastüren einstoßen können.
Gebäude also sollen mit ihrer Umgebung in sinniger Berührung stehen, und immer einen bestimmten Zweck haben. Daher muß man sich auch mit Tempeln, die im Altertum eine ganz andre, volkstümliche, religiöse Bedeutung hatten, und ebenso mit nichtssagenden Monumenten sehr in acht nehmen, wenn sie nicht, statt einen tief erregenden Eindruck, den des Läppischen hinterlassen sollen.
Die abgedroschene, mißverstandene Weise, wie man heutzutage die Mythologie auffaßt, möchte es geraten machen, diese ganz wegzulassen, und sich ebenfalls in der Regel der Inschriften zu enthalten, die an gewissen Orten gewisse Gefühle zu haben vorschreiben wollen. Wären sie selbst von Göthe, wie in Weimar – auch diese finden ohnfehlbar in seinen Schriften einen bessern Platz. Nur wo sie zuweilen nötig sind, z. B. die Notiz auf einem Wegweiser am Scheidewege, da findet man stets dankbar die erforderliche Auskunft. Das Lustigste für das Kapitel: Inschriften, ist gewiß eine Bank die in dem Baumgärtner'schen Gartenmagazin durch eine schöne Zeichnung empfohlen wird, eine Bank, der Freundschaft gewidmet, deren Lehne aus den Worten gebildet ist: Orest und Pylades. Daneben steht ein Musikpavillon, mit Noten kreneliert, von denen der Wanderer gleich »Freut Ruch des Lebens« im Vorbeigehen absingen kann. Solche Lehre ist trefflich, denn sie bringt auch den Borniertesten zur Erkenntnis. Ich will jedoch hiermit keineswegs das grolle Verdienst zu schmälern suchen, welches sich der liebenswürdige und heitere Greis durch die Herausgabe jenes Werks um das deutsche Publikum erworben hat. Neben einigem Verfehlten enthält es unendlich viel Nützliches, hat gewiß tausend andere Ideen angeregt, und wirkte zu seiner Zeit auf größere Verbreitung des Geschmacks an veredelter Gartenkunst gewiß ebenso wohltätig ein, als des hochzuverehrenden alten Dessauer Fürsten praktisch aufgestellte Beispiele, wenn auch seitdem der Fortschritt der Kunst beide Unternehmungen weit überflügelt hat.
Daß übrigens das Publikum dies genügend erkannt, beweist am besten der pekuniäre Erfolg der Entreprise. Unser geehrter Freund gewann an dem Werk, wie ich aus seinem eignen Munde weiß, über 60 000 Rtlr., in Deutschland kein gewöhnliches Resultat.
Man ist in England ebenfalls nicht frei von ähnlichen Albernheiten. So fand ich in einer, sonst sehr hübschen, Villa, nahe bei London, im Gebüsch einen hölzernen, weiß angestrichnen feisten Amor an Stricken zwischen den Ästen hängen, der mit aufgeblasnen Pausbacken seinen Pfeil auf die Vorübergehenden abzuschießen drohte; und zwanzig Schritt weiter einige Affen aus demselben Stoff, die wie versteinert miteinander auf dem Rasen spielten. Auf meine Frage erfuhr ich, das geschmackvolle Besitztum gehöre einem kürzlich verheirateten und eben mit seiner Frau vom Kontinent zurückgekommenen jungen Bierbrauer, welches Amor und Affen hinlänglich erklärte.
Das wichtigste Gebäude im Park ist natürlich das Wohnhaus. Es sollte nicht nur der Umgebung, sondern auch dem Stande, dem Reichtum, ja sogar dem Beruf des Besitzers angemessen sein. Das weite Schloß mit seinen Zinnen und Türmen schickt sich vielleicht nur schlecht für den Kaufmann, steht aber dem vornehmen Aristokraten, dessen Familienglanz sich durch Jahrhunderte fortvererbte, und dessen Vorfahren es wirklich bedurften, ihren Sitz in festen Schlössern aufzuschlagen, gar wohl an. Der ältere Repton ging in seinen Anforderungen hierin so weit, daß er, vor der Villa eines Handelsherrn bei Bristol, die schöne Aussicht auf die Stadt ganz zupflanzte, bloß um den Besitzer, der sich hierher von allen Geschäften zurückgezogen, nicht durch den Anblick des Schauplatzes seiner früheren Mühen und Sorgen unangenehm an die Vergangenheit zu erinnern. Dies ist echt englisch, sowie auch die Bestrebung vieler dortigen Egoisten, in der Aussicht von ihrer Wohnung alle Gegenstände, sie seien noch so pittoresk, zu verdecken, wenn sie nicht zugleich ihnen angehören. So weit wollen wir die Spitzfindigkeit nicht treiben, sondern nur feststellen, daß man allerdings die Aussicht vom Wohnhause seinem individuellen Geschmacke möglichst angemessen einrichten müsse, da man sie immer vor Augen hat, die Ansicht des Wohnhauses daher der Aussicht überall nachzustehen habe, während vielleicht bei den andern Parkgebäuden meistenteils das Gegenteil stattfinden möchte.
Beiläufig muß ich doch hier darauf aufmerksam machen, daß man auch die Himmelsgegend wohl berücksichtige. Wer in unserm Klima auf der Abendseite wohnt, wird oft noch den Sturm sausen hören, und alle Gegenstände in trübe Schleier gehüllt sehen, während sein Nachbar, dessen Fenster sich gegen Südost öffnen, schon längst einen heitern Himmel, und die Landschaft in schönster Beleuchtung erblickt.
Wo wirklich alte (nicht bloß im alten Stil neu aufgebaute) Schlösser, als langer Familienbesitz vorhanden sind, bin ich der Meinung, daß man sie nur wohnlicher, ansehnlicher mache, aber sonst in dem alten Charakter möglichst erhalte, wenn auch ein weit schönerer an sich denkbar wäre. Die Erinnerungen vergangner Zeit, die Majestät der Jahre sind auch etwas wert, und es ist als ein wahres Unglück anzusehen, daß unser in jeder Hinsicht papiernes Zeitalter so viel davon zerstört hat. So wurde noch vor kurzem ein herrliches altes Schloß in meiner Nähe, das Eigentum eines der ersten Adligen im Lande, mit großen Kosten abgerissen, und von einem Alltagsarchitekten durch ein dreieckiges Leipziger Meßwarenlagerhaus ersetzt, in dem nur die Krämerelle als einzig würdiger Szepter neben Ballen und Kisten hätte regieren sollen.
In England hat man sich diese Torheit nicht zu Schulden kommen lassen, und nirgends wird Überliefertes religiöser erhalten, und stolzer besessen. Auch sieht man dort viele Besitztümer einfacher Bürgerfamilien, die dennoch seit 6 Jahrhunderten und darüber immer in den Händen der Enkel, und in der Hauptsache selbst so unverändert geblieben sind, daß man z. B. in Malahide in Irland, dem Stammschlosse der Talbots, sogar Boiserien und das Ameublement ganzer Zimmer aus demselben grauen Altertume findet. Wer kann aber die Pracht des erhabnen Warwik Castle mit seinem kolossalen tausendjährigen Turme, oder den königlichen Sitz des Herzogs von Northumberland sehen, ohne sich von romantischer Ehrfurcht durchdrungen zu fühlen, und ein gleiches Entzücken an der unübertreffbaren Schönheit dieser kolossalen Gebäude, als an ihrer imposanten Großartigkeit zu empfinden.
Mißlungen erschienen mir dagegen die Bestrebungen der Neuern, für modernen friedlichen Gebrauch wieder Schlösser im alten Festungsstile, zur Wohnung aufzuführen. Die kostspieligsten Anlagen dieser Art in England sind Eatonhall und Ashridge, für die Millionen verschwendet wurden, um eine Kinderei zu schaffen, ungeheuere Burgen in Blumengärten, wo oben Créneaux und unzählige kriegerische Wachttürme, unten Glaswände mit exotischen Zierpflanzen angefüllt, zum baren Unsinn werden, und deren Besitzer, wie ein Lustiger Reisebeschreiber ganz richtig sagt, um analog mit ihrem Bauwerke zu bleiben, auch wie Don Quixotte im Harnisch und mit eingelegter Lanze in ihrem pleasureground spazierengehen sollten.
Gotische Spielereien sind nie anzuraten, denn sie wirken ohngefähr wie: kindisches Alter.