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»Gestattet uns, auch das Schöne hier in Anschlag zu bringen; denn ich sehe nicht ein, weshalb man das Schöne vom Nützlichen ausschließen sollte. Was ist denn eigentlich nützlich? Bloß was uns ernährt, erwärmt, gegen die Witterung beschützt? Und weshalb denn heißen solche Dinge nützlich? Doch nur weil sie das Wohlsein des Menschengeschlechts leidlich befördern? Das Schöne aber befördert es in noch höherem und größerem Maße; also ist das Schöne eigentlich unter den nützlichen Dingen das Nützlichste.«
Deutsche Denkwürdigkeiten,Wir sind, man muß es gestehen, in einem großen Teile von Deutschland, kaum noch zur zweckmäßigen Verfolgung des eignen Nutzens aufgewacht, und nur wenige haben ihren Sinn und ihr Bestreben vorzugsweise, ohne Rücksicht auf Vorteil, bloß dem Schönen zugewendet; eine allgemeine verständige Verbindung beider Zwecke wird noch seltener angetroffen.
Am meisten gilt dies für jede Art des Landbesitzes, und es ist gewiß, daß England hierin unsrem Grade der Zivilisation beinahe um ein Jahrhundert vorausgeeilt ist. Was daher dort jetzt mit Leichtigkeit hergestellt wird, bleibt hier noch lange fast unausführbar. Zeit ist es aber, daß wohlhabende Gutsherren wenigstens die Annäherung häufiger versuchen, wenngleich ohne sklavische Nachahmung, mehr im Geiste als in der Form, und stets der Örtlichkeit angemessen. Wenn ich hier England besonders hervorhebe, so geschieht dies weder aus Mode noch Anglomanie, sondern aus der festen Überzeugung: daß in der Kunst eines würdigen und (man erlaube mir den Ausdruck) gentlemanartigen Lebensgenusses, besonders in bezug auf Landleben, so wie des allgemeinen Komforts, verbunden mit voller Befriedigung eines edlen Schönheitssinnes in jeder Beziehung, und gleich weit entfernt von weichlicher asiatischer Schwelgerei, wie von jener kontinentalen unsaubern Dürftigkeit, die nicht in Armut, sondern in schlechter Gewohnheit und vernachlässigten häuslichen Sitten ihren Grund hat – England uns noch lange ein unerreichtes Vorbild bleiben wird.
Aus dieser höheren Ausbildung des genießenden Lebens hat sich auch die Landschaftsgärtnerei dort in einer Ausdehnung entwickelt, die früher keine Zeit, und kein Land in diesem Maße gekannt zu haben scheint, und die, ohngeachtet eines meist trüben und sonnenarmen Klimas, England zu dem mannigfaltigsten und reizendsten Aufenthalt für den Freund der Natur gemacht hat, der diese da am meisten liebt, wo sie mit der schaffenden Hand des Menschen vereint erscheint – wie ja der rohe Edelstein auch durch die Politur erst seine höchste Schönheit erlangt. Ich will damit keineswegs behaupten, daß nicht auch die wildeste Natur, in ihrer einfachen, oft erhabnen, zuweilen grauenerregenden Größe sich allein überlassen, die tiefsten, ja die seligsten Empfindungen hervorrufen könne; doch werden zu dauerndem Wohlbehagen immer die Spuren der Sorgfalt des Menschen und seines verständigen Wirkens erforderlich sein. Selbst in der gemalten Landschaft, verlangen wir schon etwas, das an menschliches Treiben erinnert um, wie wir sagen, sie zu beleben. Einer weit größeren Mannigfaltigkeit bedarf aber die wirkliche Landschaft, als die gemalte, und doppelt anmutig, wie zugleich dem menschlich fühlenden Herzen wohltätig, erscheint es uns daher, wenn wir, wie in England, in der fast überall durch Kunst idealisierten Natur nicht nur die Paläste und Gärten der Großen in ihrer Pracht und Herrlichkeit bewundern dürfen, sondern, im harmonischen Ganzen, auch die bescheidnen Wohnungen geringer Pächter in ihrer Art ebenso reizend angelegt, und vollendet ausgeführt finden. Denn auch sie schimmern, gleich den stolzen Schlössern, unter uralten Bäumen lieblich hervor, oder ruhen auf üppigen Wiesen, von blühendem Gesträuch umrankt, und verkünden in gleichem Grade durch gefällige Form und saubre Zierlichkeit den zarten Sinn ihrer Besitzer. Ja der Ärmste schmückt sein Strohhüttchen noch mit Blumen, und pflegt, neben seinen ökonomischen Bedürfnissen, mit Sorgfalt ein wohl eingehegtes Gärtchen, sei es noch so klein, wo nichts als samtartiger Rasen grünt, von Rosen und Jasmin umduftet.
Muß nicht ein wahres Schamgefühl in uns aufsteigen, wenn wir das Gegenstück hierzu bei uns aufsuchen, und hier immer noch eine große Mehrzahl der Edelhöfe finden, deren Hauptaussicht auf den Düngerhof geht, an deren Pforte sich den größten Teil des Tages über Schweine und Gänse belustigen, und deren Inneres oft, als einzigen Versuch zur Reinlichkeit, nur mit Sand bestreute Dielen aufweisen kann.
Sehr wohlhabende Personen, ja Besitzer von Hunderttausenden, sah ich sehr häufig in unserm Vaterlande Nord-Deutschland in solchen Pseudoschlössern, wie sie sie betitelten, hausen, die ein englischer Pächter in dubio unbedenklich für einen Stall ansprechen würde.
Ist nun bei einem solchen Rittersitz!! der, gewöhnlich neben dem Hause liegende, Gemüsegarten auch verziert, so schmücken ihn doch höchstens nur einige Federnelken, und einzelne Lavendelpflanzen, die seine Zwiebel- und Kohlbeete einfassen; Alleen krummgewachsener Obstbäume umzingeln traurig Kraut und Rüben, und haben ja von den Vorfahren her noch einige alte Eichen oder Linden dem Zahne der Zeit widerstanden, so ermangelt der gute Wirt selten, sie jährlich für seine Schafe zu entlauben, so daß sie gleich nackten Opfern dastehen, die ihre kahlen Äste, wie um Rache flehend, gen Himmel strecken. In kultivierten Ländern ist die Disposition grade umgekehrt. Wirtschaftshof und Küchengarten sind hinter dem Hause versteckt. Vor demselben genießt man über Rasen, Blumen und Pflanzungen den freien Blick in die Umgegend.
Noch kläglicher ist es bekanntlich, wenn der Besitzer, von der Mode angesteckt, auf die Idee gekommen ist, sogenannte englische Anlagen zu machen. Die graden Wege werden dann in ebenso regelmäßige Korkzieherformen verwandelt, die sich auf die langweiligste Weise durch junge Birken-, Pappeln- und Lärchenbäume schlängeln, und gewöhnlich entweder nach jedem Regen vor Schmutz nicht zu passieren sind, oder bei trocknem Wetter den Spaziergänger schwitzend im aufgefahrenen Sande waten lassen. Einige fremde Sträucher, die schlecht wachsen, und weit weniger schön als die einheimischen sind, werden, etwa noch mit jungen Fichten vermischt, an die Wegeränder gepflanzt, worauf nach wenigen Jahren das Nadelholz den Weg überwächst, verstutzt werden muß, davon später die untern Äste verliert, und nun dem Blicke nur noch kahle Stämme mit dem nackten Erdboden darunter darbietet während an den offengelassenen Stellen das schlecht gehaltene Gras und die verbutteten ausländischen Bäume weder das Bild freier Natur, noch das eines Kunstgartens gewähren.
Wird die Sache noch ernstlicher und in einem größern Maßstabe betrieben, so erweitert man wohl auch den, nur unsichtbar fließenden, Abzugsgraben zu einem prätendierten Bache, baut in formidablem Bogen über das bescheidne Wässerchen eine Riesenbrücke von rohen Birkenstämmen, haut, um Fernsichten zu gewinnen, zwei bis drei steife Flügel durch den Wald, und stellt hie und da die beliebten Tempelchen und Ruinen auf, wovon gewöhnlich die ersteren bald das wirklich werden, was die andern vorstellen sollen.
Dies, mit einigen abweichenden Nuancen, ist in der Regel der höchste Aufschwung eines solchen Unternehmens, welches in der Tat nur bedauern läßt, daß gutes Land dem Feld- und Gemüsebau so ohne Nutzen entzogen wurde.
Gespöttelt ist indes hierüber, mit mehr oder weniger Witz, schon oft genug worden, besser gemacht aber noch heute selten, und deswegen nur wiederhole ich es, denn auch viele große und kostspielige Anlagen, die mit dem besten Willen begonnen und mit Aufwand ausgeführt wurden, tragen leider nur zu deutlich die Spuren des höchst geringen Standpunktes an sich, auf welchem die Kunst der Landschaftsgärtnerei dermalen noch in unserm Vaterlande steht. Es gibt zwar einige Ausnahmen, aber sie sind sehr sparsam zu finden, und als ein bereits beendigtes umfassendes Muster, welches den besten englischen Anlagen dieser Art gleich zu setzen wäre, wüßte ich bis jetzt keins zu nennen. Doch dürfen wir hoffen, daß die Königlichen Anlagen unter der Leitung des hochverdienten Direktor Lené, welche großartig ganz Potsdam mit einem weiten Parke umschließen sollen, gewiß einst ein solches Muster aufstellen werden.
Weit entfernt mir anzumaßen selbst über diesen Gegenstand etwas Erschöpfendes lehren zu wollen, hat mich doch eine ziemlich lange praktische Erfahrung, die sorgfältige Anschauung vortrefflicher Vorbilder, verbunden mit einer leidenschaftlichen Liebe zur Sache und dem ernsten Studium der besten Werke über die Gartenkunst in ihrem weitesten Sinne, wie ich glaube, befähigt, hier einige nützliche Winke zu geben, ja sogar einige heilsame Regeln aufzustellen, die dem Manne vom Fach der Beachtung nicht ganz unwürdig scheinen, und manchem Dilettanten in der Natur-Malerei (wenn ich das Hervorrufen eines Bildes, nicht mit Farben, sondern mit wirklichen Wäldern, Bergen, Wiesen und Flüssen so nennen, und dem Gebiete der Kunst anreichen darf) erwünscht sein möchten. Denn, wohl verstanden und richtig angewandt, würden sie ihn vielleicht in den Stand setzen, ohne selbst den kostspieligen und mühsamen Weg der Erfahrung zu gehen, seinem Gartendirektor, Ingenieur, Inspektor, Gärtner, oder wie er sonst heißen mag, nur die technische Ausführung eigner Ideen übergeben zu dürfen, und so ein aus innerster Individualität entsprungenes, mit dem eignen Gemüt gebildetes Kunstwerk selbst darzustellen, anstatt sich einen Garten, oder vielmehr eine Gegend machen zu lassen, wie man ein Kleid beim Schneider bestellt.
Vieles wird man, wenn auch nicht allbekannt, doch auch vielleicht nicht eben neu finden, und mancher Gedanke mag vor mir schon besser ausgesprochen worden sein, namentlich in englischen Werken, die aber wieder durch ihre ungemeine Weitschweifigkeit ermüden, und homöopathisch jedes Millionteil Salz in einer Kanne Wasser aufzulösen pflegen. Als diese Schrift schon größtenteils vollendet war, zeigte man mir die Erscheinung eines dasselbe Thema behandelnden Lehrbuches an, welches vor kurzem in Leipzig herausgekommen ist. Ich glaubte schon meine Arbeit nun einstellen zu dürfen, fand aber bei Durchlesung jenes Werks nichts als eine mühsame Kompilation schlecht verdauter Rezepte aus englischen Werken. Was Blumenbach von der Schädellehre sagte, paßt auch auf dieses Buch: das Wahre darin ist nicht neu, und das Neue ist nicht wahr. Repton hat das meiste Brauchbare dazu geliefert, es ist aber größtenteils verkehrt angewandt worden.
Für die Zusammenstellung und Kürze bei dem schon Bekannten würde mir daher wenigstens die Bequemlichkeit der Leser einigen Beifall zollen mögen, als geringes eignes Verdienst darf ich mir es aber anrechnen, wirklich nichts aus Büchern abgeschrieben, sondern alles was ich gebe, entweder nur aus eigner Erfahrung abstrahiert, oder doch wenigstens durch sie erst praktisch für meine Überzeugung fest begründet zu haben.
Zur Erläuterung des Folgenden wird es noch nötig sein, kürzlich die Art anzugeben, in welcher ich meine Bemerkungen zu ordnen gedenke.
Ich werde durch Überschriften, die sich folgerecht aneinanderreihen, den Inhalt jedes Abschnitts anzeigen, und zum erklärenden Leitfaden größtenteils den von mir selbst angelegten Park benutzen, da meine Theorie, wie gesagt, in diesem Parke sich bereits zum großen Teil verwirklicht vorfindet. Zeichnungen, die den Text anschaulicher machen, sind an den betreffenden Stellen, wo es zum bessern Verständnis für nötig befunden wurde, eingeschaltet worden.
Nach vollendeter Aufstellung der allgemeinen Prinzipien, lasse ich eine kurze Geschichte und Beschreibung des erwähnten Parks selbst folgen, mit steter Zurückweisung auf die früher festgesetzten Regeln; doch ist es nicht meine Absicht, in ein zu großes Detail einzugehen, sondern mehr die erlangten Resultate, als den speziellen Gang der Forschung darzustellen, nur wie der Titel sagt, »Andeutungen«, keineswegs ein vollständiges Lehrbuch zu geben, mich daher auch hauptsächlich nur auf das zu beschränken, worin mir bei uns am meisten gefehlt zu werden scheint, und übrigens dem Techniker und Mann vom Fache zu überlassen, was seines Amtes ist.