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Elegie an den Einsamen

Du, den beim Sinken des Abends die Straßen entließen,
Der du dich sehnst auf der Treppe entgegen dem einsamen Zimmer;
Wenn du den Schlüssel gedreht hast, die Flamme entzündet,
Zugeschlossen die Fenster; das Buch dir genommen vom Borde,
Aufgeschlagen die Stelle, die fragend dir nachging des Tages;
Wenn aus den Räumen der Nacht, aus den hallenden Klüften des Schweigens
Wasser der dichtesten Sammlung zu strömen dir anhebt;
Wenn das Papier, das glatt gefaltet am Tisch liegt,
Magisch zu locken beginnt, daß seine Weiße du störest
Mit den Zeichen des Werks, des spät und endlich erreiften; –
Ehe du setzest den Stift, das erste der Worte zu schreiben:

Ihrer gedenke, selig Einsamer du, der Gepferchten,
Ihrer, um die niemals Stummheit der Wände sich dehnte,
Nie zur Besinnung, zur Zeugung nicht noch auch zum Tode.
Ihrer, um die es gewimmelt seit je im Quartiere,
Denen ein Eckchen am Tisch nur gegönnt ist zu Einkehr und Trauer,
Denen vielleicht nicht ein eigenes Bett bereitsteht zum Nachtschlaf.
Die ohne Husten und Schreien das Leben nicht wissen;
Sie, um die es gemurmelt, gestöhnt und geschäkert,
Höhnisch gelacht und geraschelt, gebrüllt und gepoltert
Immer und immer seit je, ob sie werkten, ob ruhten.
Ihrer gedenke, in denen vielleicht großloderndes Feuer,
Weltbrand und Glühen vor Gott erstickt ward alltäglich von neuem,
Weil sie die kostbarste Gunst, den auserlesensten Reichtum,
Weil sie die Einsamkeit nie und nie die Sammlung erfuhren.

Ihrer gedenke, du König, den Sessel und Sofa
Höfisch umstehen, der Fiebernden, deren Gelalle
Sich dem Gegröhl des betrunkenen Bettgehers beimischt,
Denke der Sterbenden, denen die Welt beginnt zu verdämmern,
Während die Kinder der Kostfrau Ball spielen am Pfosten des Bettes.
Und der Liebenden denke, der Jungen, der beiden,
Denen nicht Raum ward und Stille und Dunkel für ihre Küsse,
Also daß sie, die hold und in Reinheit begannen,
Schamlos werden aus sengendem Durst nach Alleinsein.

Selig Einsamer du, daß du aller dieser gedächtest!
O daß du knietest und danktest und daß du in Demut
Dich mit der leuchtenden Last deines Werkes belüdest,
Denn der Alleinsein dir gab und Sammlung und Dunkel und Stille,
Gott, der die Gaben bemißt und verteilt, er gönnte dir solche,
Wie sie ihm selber die köstlichsten sind. Aber wisse,
Daß Er bitter dich prüfen und loten nach härtestem Maßstab
Wird und dröhnend dich fragen am Tag des Gerichtes,
Ob du, an den Er so Großes gewendet vor vielen,
Weise gewuchert mit seinen hochheiligen Pfunden.


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