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Türkenlied

»Grüßet vom Berg die gerettete Welt!
Wittert den Herdrauch aus strohernem Dach!
Seht ohne Trübung durchs friedliche Feld
Tanzen den himmelbespiegelnden Bach!
Weizen sproßt empor aus dem Grund
Unzertreten und unbedroht;
Glocke ruft mit geruhsamem Mund:
»Fern blieb der Türke! So danket Gott!«
Ungebrochen am Aste hängt
Apfel und Birne im Sommerbrand,
Und die Jungfrau geht ungekränkt
Einsame Pfade im offenen Land.«

»Aber seht ihr die Wolke nicht
Bleiern drohend von Osten her?
Aber spürt ihr die Erde nicht
Schüttern von fahrendem Trosse schwer?
Unsre Ernten, die golden stehn,
Türkenhuf wird sie morgen mähn,
Mittagsglocke, so fromm und froh,
Morgen läutet sie Feurio!
Morgen den Bach herniedertreibt
Leiche, gedunsen und ungestalt,
Und nicht Frau und nicht Mädchen bleibt
Fürder verschont von Gier und Gewalt.«

»Rettet euch denn und rennet ins Haus,
Schließet die Tore, riegelt sie zu!
Lasset kein Huhn und kein Kalb mehr hinaus,
Sorgt euch um Futter für Ziege und Kuh.
Wer auf dem Feld ist, der lasse den Pflug,
Führe nur eilig zum Stall das Gespann,
Frauen am Brunnen, packt Eimer und Krug,
Laufet zur Herdstatt, macht Feuer an!
Backet noch Brot, doch singet kein Lied,
Nehmet die Kinder und Knechte in acht,
Betet, beim Kreuz auf die Diele gekniet,
Betet zu Jesus die ganze Nacht!«


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