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Heimat ohne Meer

(1937)

Meerferne Heimat im Herzen der Länder,
Erdteiles Mitte, geschieden vom Strand,
Brandung nicht gischtig umspült deine Ränder,
Salzwind umbraust nicht das bergige Land.

Flatternde Möwe, der Vogel der Fernen,
Nicht überquert dich weißblitzenden Flugs,
Nicht unter südlich gewandelten Sternen
Kreuzen dir Schiffe schwerfrachtenden Bugs.

Flagge, die rot-weiß und rote, ach nimmer
Darf sie in buntfremden Häfen sich blähn,
Nimmer die Stirn deiner Söhne der Schimmer
Endloser Fahrten und Fernen umwehn.

Volk, das du kärglich in Schranken und Grenzen
Wohnest im bergig mühseligen Raum,
Volk, wie das Meer muß dein Hoffen erglänzen,
Und wie der Westwind entbranden dein Traum.

Andre umspannen die Weiten der Wüsten,
Halten die Engen der Meere umstellt,
Meistern so Kontinente als Küsten,
Wimpelwehende Herren der Welt.

Du aber, Volk, dem gesetzt ist, daß binnen
Ländern du hausest, von Grenzen umkreist,
Volk, deine Herrschaft muß kommen aus Innen,
Und deine Weite sich spannen im Geist.

Stark aus der klingenden Seele gebäre
Fülle unlotbarer Tiefe ans Licht,
Und wie das rollende Antlitz der Meere
Wandle sich ewiglich neu dein Gesicht.


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