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Ganz begreifen werden wir uns nie, aber wir werden und können uns weit mehr als begreifen.
Sonderbar, daß das Innre der Menschen bisher nur so dürftig betrachtet und so geistlos behandelt worden ist. Die sogenannte Psychologie gehört auch zu den Larven, die die Stellen im Heiligtum eingenommen haben, wo echte Götterbilder stehn sollten. Wie wenig hat man noch die Physik für das Gemüt und das Gemüt für die Außenwelt benutzt. Verstand, Phantasie, Vernunft, das sind die dürftigen Fachwerke des Universums in uns. Von ihren wunderbaren Vermischungen, Gestaltungen, Übergängen kein Wort. Keinem fiel es ein, noch neue, ungenannte Kräfte aufzusuchen – ihren geselligen Verhältnissen nachzuspüren. Wer weiß, welche wunderbare Vereinigungen, welche wunderbare Generationen uns noch im Innern bevorstehn.
Magische Psychologie
Die innre Welt
Die innre Welt ist gleichsam mehr mein als die äußre. Sie ist so innig, so heimlich. Man möchte ganz in ihr leben. Sie ist so vaterländisch. Schade, daß sie so traumhaft, so ungewiß ist. Muß denn gerade das Beste, das Wahrste so scheinbar und das Scheinbare so wahr aussehn? (Was außer mir ist, ist gerade in mir, ist mein; und umgekehrt.)
Innre Welt und äußre Welt
Wie kann ein Mensch Sinn für etwas haben, wenn er nicht den Keim davon in sich hat? Was ich verstehn soll, muß sich in mir organisch entwickeln; und was ich zu lernen scheine, ist nur Nahrung, Inzitament des Organismus.
Wenn wir blind, taub und fühllos wären, unsre Seele hingegen vollkommen offen, unser Geist jetzige äußere Welt, so würde die innere Welt mit uns in dem Verhältnisse stehen wie jetzt die äußere Welt, und wer weiß, ob wir einen Unterschied gewahr würden, wenn wir beide Zustände vergleichen könnten. Wir würden so manches fühlen, wofür uns nur der Sinn fehlte, z.B. Licht, Schall usw. Wir würden nur Veränderungen hervorbringen können, die Gedanken ähnlich wären, und wir würden ein Bestreben fühlen, uns jene Sinne zu verschaffen, die wir jetzt äußre Sinne nennen. Wer weiß, ob wir nicht nachgerade durch mannigfache Bestrebungen Augen, Ohren usw. hervorbringen könnten, weil dann unser Körper so in unsrer Gewalt stände, so einen Teil unsrer innern Welt ausmachte als jetzt unsre Seele. Unser Körper dürfte ebenfalls nicht so absolut sinnlos sein, sowenig wie unsre Seele jetzt. Wer weiß, ob er nicht insofern nur sinnlos schiene, weil er einen Teil unsres Selbst ausmachte und die innere Selbstscheidung, wodurch der Körper erst sehend, hörend und fühlend für unser Bewußtsein würde – unbeschadet des Fortgangs und der Einwirkung unsrer übrigen Welt – jene Operation, wodurch wir uns auf mannigfaltige Art selbst vernähmen, sehr schwierig wäre. Hier würde auch ein absolut praktisches und empirisches Ich entstehn.
Psychologische Znkunftslehre
»Alles Unwillkürliche soll in ein Willkürliches verwandelt werden.«
»Unser Körper soll willkürlich, unsre Seele organisch werden.«
»Der Mensch soll ein vollkommnes, totales Selbstwerkzeug sein.«
»Der Körper soll Seele, die Seele Körper werden«
Sollen Körper und Seele vielleicht auf gewisse Weise getrennt sein – und ist es nicht Schwäche, wenn jede Affektion des einen gleich auch Affektion des andern ist – ohne Dazwischenkunft des Willens?
(Physiologie und Psychologie.) Je merklichere Wirkungen die Seele hervorbringen kann, desto stärker ist sie; je unmerklichere Wirkungen der Stoff, die Welt, der Körper im engeren Sinn hervorbringen kann, desto stärker ist er. Je mannigfaltigere dabei beide – desto gebildeter beide. Der Körper soll Seele, die Seele Körper werden, eins durch das andere – dadurch gewinnen beide.
Benutzung der seelenvollsten Stunden. Benutzung der gesündesten Stunden
(Psychologie.)Benutzung der seelenvollsten Stunden zur Sammlung von Einsichten in die Körperwissenschaft; Benutzung der gesündesten Stunden zur Sammlung von Einsichten in die Seelenwelt. Oder man benutze die seelenvollen Stunden zur Bildung und Animation des Körpers und die gesunden Stunden zur Bildung und Korporation der Seele. Dadurch werden die seelenvollen Stunden allmählich fruchtbarer und häufiger, und umgekehrt die gesunden, körpervollen Stunden ebenfalls häufiger und fruchtbarer. (Bei körperlichen Bewegungen und Arbeiten beobachte man die Seele und bei innern Gemütsbewegungen und Tätigkeiten den Körper.) Einfluß dieser Bemerkung auf Diätetik.
Der echte gegenseitige Beobachter operiert, bemerkt, vergleicht in allen seinen Sinnen und Vermögen zugleich oder sukzessive zu einem Zweck.
Häufige Seelenbewegungen – Übungen
Häufige Seelenbewegungen – Übungen usw. vermehren den Zusammenhang von Körper und Seele und machen beide sensibler gegeneinander.
(Psychologische Zukunftslehre.) Gedächtnis, Verstand und Einbildungskraft sollen sich künftig nicht mehr einander nötig haben; sie sollen aus Elementen unsers Geistes Bestandteile, Glieder, selbständige Geister gleichsam werden.
Gedächtnis ist direkter Sinn, Verstand indirekter Sinn. Die Einbildungskraft ist das wirkende Prinzip, sie heißt Phantasie, indem sie auf das Gedächtnis wirkt, und Denkkraft, indem sie auf den Verstand wirkt. Die Einbildungskraft soll direkter (äußrer) und indirekter (innrer) Sinn zugleich werden. Der indirekte Sinn soll direkter Sinn und selbstwirkend zugleich werden. Diese Verwandlungen werden und müssen zugleich, in demselben Momente geschehn. (Direkte, indirekte und substantielle Welt sollen harmonisch werden.) (Harmonie von Poesie, Philosophie und Gelehrsamkeit.)
Je ruhiger der Geist sein will, je regsamer, desto mehr muß er den Körper zu gleicher Zeit auf eine geringfügige Weise zu beschäftigen suchen. – Es ist gleichsam die negative Kette, die er auf den Boden herabläßt, um desto tätiger und wirksamer zu werden. – Musik, Essen oder reizende Mittel überhaupt, schöne Bilder für das Auge, Gerüche, Frottieren oder Herumgehn.
Weltumsegler
Wie der Körper mit der Welt in Verbindung steht, so die Seele mit dem Geiste. Beide Bahnen laufen vom Menschen aus und endigen in Gott. Beide Weltumsegler begegnen sich in korrespondierenden Punkten ihrer Bahn. Beide müssen auf Mittel denken, trotz der Entfernung beisammen zu bleiben und zugleich gemeinschaftlich beide Reisen zu machen.
Alles ist von selbst ewig
Vergänglichkeit, Gebrechlichkeit ist der Charakter der mit Geist verbundenen Natur. Er zeugt von der Tätigkeit und Universalität, von der erhabnen Personalität des Geistes.
Alles ist von selbst ewig. Die Sterblichkeit und Wandelbarkeit ist gerade ein Vorzug höherer Naturen. Ewigkeit ist ein Zeichen (sit venia verbis) geistloser Wesen. Synthesis von Ewigkeit und Zeitlichkeit.
»In der Periode der Magie dient der Körper der Seele«
Zwei Systeme
Wir haben zwei Systeme von Sinnen, die, so verschieden sie auch erscheinen, doch auf das innigste miteinander verwebt sind. Ein System heißt der Körper, eins die Seele. Jenes steht in der Abhängigkeit von äußern Reizen, deren Inbegriff wir die Natur oder die äußre Welt nennen. Dieses steht ursprünglich in der Abhängigkeit eines Inbegriffes innerer Reize, den wir den Geist nennen oder die Geisterwelt. Gewöhnlich steht dieses letztere System in einem Assoziationsnexus mit dem andern System und wird von diesem affiziert. Dennoch sind häufige Spuren eines umgekehrten Verhältnisses anzutreffen, und man bemerkt bald, daß beide Systeme eigentlich in einem vollkommnen Wechselverhältnisse stehn sollten, in welchem jedes von seiner Welt affiziert, einen Einklang, keinen Einton bildete. Kurz, beide Welten sowie beide Systeme sollen eine freie Harmonie, keine Disharmonie oder Monotonie bilden. Der Übergang von Monotonie zur Harmonie wird freilich durch Disharmonie gehn – und nur am Ende wird eine Harmonie entstehn. In der Periode der Magie dient der Körper der Seele oder der Geisterwelt. – (Wahnsinn – Schwärmerei.)
Willkürliche Glieder
Willkürliche Glieder sind Sinne im strengern Sinn. Vermehrung der Sinne und Ausbildung der Sinne gehört mit zu der Hauptaufgabe der Verbesserung des Menschengeschlechts, der Graderhöhung der Menschheit. Wir sahen vorhin, daß Bildung und Vermehrung der Seele das wichtigste und erste Unternehmen ist. Äußre Reize haben wir schon in unsrer Hand, und mit ihnen die Reizbarkeit; es kommt nun vorzüglich auf Vermehrung und Bildung der Sensibilität, und zwar auf diese Weise an, daß die Reizbarkeit und der äußre Reiz nicht dabei leiden, nicht dabei vernachlässigt werden, denn sonst webt man ein sehr zerreißbares Gewebe und ein Gewebe der Penelope; man animiert (säuert den Körper, ohne an seine Erneuerung zu denken. Der Geist ist das Oxygen des Körpers, die Seele ist die eindringende Basis des Oxygenes. Leben ist ein Feuerprozeß. Je reiner der Geist, desto reiner und feuriger das Leben, die Säuerung oder Animierung. Der organische Stoff ist animierbar wie brennbar. Entzündung ohne Feuer durch Friktion.
Je besser der organische Stoff, desto vollkommner die Animierung, desto totaler die Animation. Vollkommner organischer Stoff. Es gibt keinen absolut höchsten Grad der Säuerung, sowenig wie der Animation. Die Konzentration ist unendlicher Grade fähig.) Die Sinne im strengern Sinn sind viel animierter wie die übrigen Organe, der übrige Körper soll ihnen nachfolgen, und sie sollen zugleich mehr animiert werden, und so ins Unendliche. Der übrige Körper soll auch immer willkürlicher werden wie sie. Vielleicht entsteht jetzt aus der Disproportion der Sinne und des übrigen Körpers die Notwendigkeit des Schlafs. Der Schlaf muß die Folgen der übermäßigen Reizung der Sinne für den übrigen Körper wieder gutmachen. Der Schlaf ist nur den Planetenbewohnern eigen. Einst wird der Mensch beständig zugleich schlafen und wachen. Der größeste Teil unsers Körpers, unsrer Menschheit selbst schläft noch tiefen Schlummer.
»Der Geist soll total Genie werden«
Ist unser Körper selbst nichts als eine gemeinschaftliche Zentralwirkung unsrer Sinne, haben wir Herrschaft über die Sinne, vermögen wir sie beliebig in Tätigkeit zu versetzen, sie gemeinschaftlich zu zentrieren, so hängt's ja nur von uns ab –uns einen Körper zu geben, welchen wir wollen.
Ja, sind unsre Sinne nichts anders als Modifikationen des Denkorgans, des absoluten Elements, so werden wir mit der Herrschaft über dieses Element auch unsre Sinne nach Gefallen modifizieren und dirigieren können.
Der Maler hat so einigermaßen schon das Auge, der Musiker das Ohr, der Poet die Einbildungskraft, das Sprachorgan und die Empfindung oder vielmehr schon mehrere Organe zugleich, deren Wirkungen er vereinigt auf das Sprachorgan oder auf die Hand hinleitet (der Philosoph das absolute Organ), in seiner Gewalt, und wirkt durch sie beliebig, stellt durch sie beliebig Geisterwelt dar. Genie ist nichts als Geist in diesem tätigen Gebrauch der Organe. Bisher haben wir nur einzelnes Genie gehabt, der Geist soll aber total Genie werden.
Echte Offenbarungen des Geistes
Das willkürlichste Vorurteil ist, daß dem Menschen das Vermögen, außer sich zusein, mit Bewußtsein jenseits der Sinne zu sein, versagt sei. Der Mensch vermag in jedem Augenblicke ein übersinnliches Wesen zu sein. Ohne dies wäre er nicht Weltbürger, er wäre ein Tier. Freilich ist die Besonnenheit, Sichselbstfindung, in diesem Zustande sehr schwer, da er so unaufhörlich, so notwendig mit dem Wechsel unsrer übrigen Zustände verbunden ist. Je mehr wir uns aber dieses Zustandes bewußt zu sein vermögen, desto lebendiger, mächtiger, zwingender ist die Überzeugung, die daraus entsteht; der Glaube an echte Offenbarungen des Geistes. Es ist kein Schauen, Hören, Fühlen; es ist aus allen dreien zusammengesetzt, mehr als alles dreies: eine Empfindung unmittelbarer Gewißheit, eine Ansicht meines wahrhaftesten, eigensten Lebens. Die Gedanken verwandeln sich in Gesetze, die Wünsche in Erfüllungen. Für den Schwachen ist das Faktum dieses Moments ein Glaubensartikel. Auffallend wird die Erscheinung besonders beim Anblick mancher menschlichen Gestalten und Gesichter, vorzüglich bei der Erblickung mancher Augen, mancher Mienen, mancher Bewegungen, beim Hören gewisser Worte, beim Lesen gewisser Stellen, bei gewissen Hinsichten auf Leben, Welt und Schicksal. Sehr viele Zufälle, manche Naturereignisse, besonders Jahrs- und Tageszeiten, liefern uns solche Erfahrungen. Gewisse Stimmungen sind vorzüglich solchen Offenbarungen günstig. Die meisten sind augenblicklich, wenige verweilend, die wenigsten bleibend. Hier ist viel Unterschied zwischen den Menschen. Einer hat mehr Offenbarungsfähigkeit als der andere. Einer hat mehr Sinn, der andere mehr Verstand für dieselbe. Der letzte wird immer in ihrem sanften Lichte bleiben, wenn der erste nur abwechselnde Erleuchtungen, aber hellere und mannigfaltigere hat. Dieses Vermögen ist ebenfalls krankheitsfähig, die entweder Überfluß an Sinn und Mangel an Verstand oder Überfluß an Verstand und Mangel an Sinn bezeichnet.
Ehemals war alles Geistererscheinung
Alles, was wir erfahren, ist eine Mitteilung. So ist die Welt in der Tat eine Mitteilung, Offenbarung des Geistes. Die Zeit ist nicht mehr, wo der Geist Gottes verständlich war. Der Sinn der Welt ist verloren gegangen. Wir sind beim Buchstaben stehngeblieben. Wir haben das Erscheinende über der Erscheinung verloren.
Ehemals war alles Geistererscheinung, jetzt sehn wir nichts als tote Wiederholung, die wir nicht verstehn. Die Bedeutung der Hieroglyphe fehlt. Wir leben noch von der Frucht beßrer Zeiten.
Ekstase
Ekstase – Inneres Lichtphänomen = intellektualer Anschauung.
Selbstdurchdringung des Geistes
Die vollendete genialische Konstitution
Beinah' alles Genie war bisher einseitig, Resultat einer krankhaften Konstitution. Die eine Klasse hatte zuviel äußern, die andere zuviel innern Sinn. Selten gelang der Natur ein Gleichgewicht zwischen beiden, eine vollendete, genialische Konstitution. Durch Zufälle entstand oft eine vollkommene Proportion, aber nie konnte diese von Dauer sein, weil sie nicht durch den Geist aufgefaßt und fixiert ward: es blieb bei glücklichen Augenblicken. Das erste Genie, das sich selbst durchdrang, fand hier den typischen Keim einer unermeßlichen Welt; es machte eine Entdeckung, die die merkwürdigste in der Weltgeschichte sein mußte, denn es beginnt damit eine ganz neue Epoche der Menschheit, und auf dieser Stufe wird erst wahre Geschichte aller Art möglich: denn der Weg, der bisher zurückgelegt wurde, macht nun ein eignes, durchaus erklärbares Ganzes aus. Jene Stelle außer der Welt ist gegeben, und Archimedes kann nun sein Versprechen erfüllen.
Wenn unsre Intelligenz und unsre Welt harmonieren, so sind wir Gott gleich.
Seelenkonstruktionslehre
Der Sitz der Seele
Sollte die Seele ebenfalls ein künstliches oder zufälliges Produkt sein? Auch der Sitz der Seele ist willkürlich oder zufällig? (Seelenkonstruktionslehre.)
Der Sitz der Seele ist da, wo sich Innenwelt und Außenwelt berühren. Wo sie sich durchdringen, ist er in jedem Punkte der Durchdringung.
Seele ist beinah' ein Begriff wie Materie, am Ende wohl mit ihm in genauer Verbindung. Die Seelenkräfte und Vermögen sind den Kräften der Materie und den speziellen Stoffen zu vergleichen.
Wie man aus den Symptomen den Sitz der Leidenschaft finden kann? Rationelle und medizinische Mimik. Zufällige, willkürliche und wesentliche Symptome. Klassifikation der Leidenschaften; Theorie ihrer äußern Symptome.
Der Sitz der Seele ist bald hier, bald da, bald an mehreren Orten zugleich; er ist veränderlich und so auch der Sitz ihrer Hauptglieder, die man durch die Hauptleidenschaften kennen lernt.
Körper, Seele, Geist
Der philosophische Körper ist die Seele. Philosophische Physiologie und Ästhetik ist die Psychologie. Die philosophische Seele ist der Geist.
Aus der idealen Zersetzung des Lebens entsteht Körper und Seele. – Sind die äußern Sinne Fresser?
Personenlehre
Synthesis von Seele und Leib
Die Synthesis von Seele und Leib heißt Person. Die Person verhält sich zum Geist wieder wie der Körper zur Seele. Sie zerfällt auch einst und geht in veredelter Gestalt wieder hervor.
Eine echt synthetische Person
(Personenlehre.) Eine echt synthetische Person ist eine Person, die mehrere Personen zugleich ist, ein Genius. Jede Person ist der Keim zu einem unendlichen Genius. Sie vermag, in mehrere Personen zerteilt, doch auch eine zu sein. Die echte Analyse der Person als solcher bringt Personen hervor; die Person kann nur in Personen sich vereinzeln, sich zerteilen und zersetzen. Eine Person ist eine Harmonie, keine Mischung, keine Bewegung, keine Substanz wie die Seele. Geist und Person sind eins. (Kraft ist Ursache.)
Jede persönliche Äußerung gehört einer bestimmten Person an. Alle Äußerungen der Person gehören zur unbestimmten Universalpersonalität und zu einer oder mehreren bestimmten Personalitäten zugleich. (Z.B. eine Äußerung als Mensch, Bürger, Familienvater und Schriftsteller zugleich.)
Musikalische Seelenverhältnisse
Stimmung
Stimme – Stimmung – stimmen – bestimmen – einstimmen. Stimme drückt ein sich selbst Konstituierendes aus. Stimmung entsteht aus zwei Tätigen und zwei Leidenden.
Über das Musikalische aller Assoziation und Gesellschaft. Sollten musikalische Verhältnisse der Quell aller Lust und Unlust sein?
Stimmungen, unbestimmte Empfindungen, nicht bestimmte Empfindungen und Gefühle machen glücklich. Man wird sich wohl befinden, wenn man keinen besondern Trieb, keine bestimmte Gedanken- und Empfindungsreihe in sich bemerkt. Dieser Zustand ist wie das Licht ebenfalls nur heller oder dunkler. Spezifische Gedanken und Empfindungen sind seine Konsonanten. Man nennt es Bewußtsein. Vom vollkommensten Bewußtsein läßt sich sagen, daß es sich alles und nichts bewußt ist. Es ist Gesang, bloße Modulation der Stimmungen – wie dieser der Vokale oder Töne. Die innere Selbstsprache kann dunkel, schwer und barbarisch – und griechisch und italienisch sein – desto vollkommner, je mehr sie sich dem Gesange nähert. Der Ausdruck: er versteht sich selbst nicht, erscheint hier in einem neuen Lichte. Bildung der Sprache des Bewußtseins, Vervollkommnung des Ausdrucks, Fertigkeit, sich mit sich selbst zu besprechen. Unser Denken ist also eine Zweisprache, unser Empfinden Sympathie.
Stimmungen z.B. bei Musik. Große, energische Augenblicke. Pflichtmäßige Empfindungen. Empfindungen durch Vernunft verewigt. Ohne diese Stimmungen ist man so gleichgültig, so tot.
Die Akustik der Seele
Das Wort Stimmung deutet auf musikalische Seelenverhältnisse. Die Akustik der Seele ist noch ein dunkles, vielleicht aber sehr wichtiges Feld. Harmonische und disharmonische Schwingungen.
»Die Seele besteht aus reinen Vokalen«
Worte und Töne sind wahre Bilder und Ausdrücke der Seele. Dechiffrierkunst. Die Seele besteht aus reinen Vokalen und eingeschlagenen usw. Vokalen.
»Die Seele ist ein konsonierter Körper«
Die Seele ist ein konsonierter Körper. Vokale hießen bei den Hebräern Buchstabenseelen.
Die vollkommenste Stimmung
Die Anstrengung überhaupt bringt nur, als indirekter, vorbereitender Reiz, eine Operation zustande. In der rechten Stimmung, die dadurch entstehn kann, gelingt alles von selbst. Der Mangel an mehreren, zugleich gegenwärtigen Ideen usw. rührt von Schwäche her. In der vollkommensten Stimmung sind alle Ideen gleich gegenwärtig; in dieser ist auch keine Passion, kein Affekt möglich; in ihr ist man wahrhaft im Olymp und die Welt zu unsern Füßen. Die Selbstbeherrschung geht in ihr von selbst vonstatten. Kurz, alles scheint von selbst zu geschehn, wenn das rechte Medium vorhanden ist, wenn das Hindernis gehoben wird. Alle Konstruktion ist also indirekt. On ne fait pas, mais on fait, qu'il se puisse faire. In einer gewissen Höhe der Sensation ist man von selbst, ohne Zutun tugendhaft und genialisch.
Psychologische Sinnenlehre
Sinn
Sinn ist ein Werkzeug, ein Mittel. Ein absoluter Sinn wäre Mittel und Zweck zugleich. So ist jedes Ding das Mittel selbst, es kennenzulernen, es zu erfahren oder auf dasselbe zu wirken. Um also eine Sache vollständig zu empfinden und kennenzulernen, müßte ich sie zu meinem Sinn und Gegenstand zugleich machen, ich müßte sie beleben, sie zum absoluten Sinn, nach der vorherigen Bedeutung, machen.
Wenn ich dies aber nicht vollständig könnte oder wollte, so müßt' ich mir einen Teil derselben, und zwar einen individuellen, ihr ganz eigentümlichen Teil, ein Glied, zum Sinn machen. Was entstände nun hier? Ich bekäme eine zugleich mittelbare und unmittelbare, repräsentative und nicht repräsentative, vollkommne und unvollkommne, eigne und nicht eigne, kurz antithetisch-synthetische Erkenntnis und Erfahrung von dem Dinge. Das Glied oder der Sinn würde zugleich Glied und Nicht-Glied sein, weil ich es durch meine Belebung auf gewisse Weise vom Ganzen abgesondert hätte.
Nenne ich das ganze Ding Welt, so würde ich ein integrantes Glied der Welt in mir und das übrige außer mir haben. Ich würde mir in theoretischer Hinsicht, in Rücksicht dieses Sinns, als abhängig und unter dem Einflüsse der Welt erscheinen.
Ich würde mich ferner, in betreff dieses Sinns, zu einer Mitwirkung als Mitglied genötigt sehn; denn sonst würde ich meine Absicht bei der Belebung nur unvollständig erreichen. Ich würde meinen Sinn oder Körper, teils durch sich selbst, teils durch die Idee des Ganzen – durch seinen Geist –, die Weltseele, bestimmt finden, und zwar beides als unzertrennlich vereinigt, so daß man genau weder das eine noch das andre ausschließend sagen könnte. Mein Körper würde mir nicht spezifisch vom Ganzen verschieden, sondern nur als eine Variation desselben vorkommen. Meine Erkenntnis des Ganzen würde also den Charakter der Analogie haben – diese würde ich aber auf das innigste und unmittelbarste auf die direkte und absolute Erkenntnis des Gliedes beziehn. Beide zusammen machten zusammen eine antithetisch-synthetische Erkenntnis aus. Sie wäre unmittelbar und mittels des Unmittelbaren mittelbar, real und symbolisch zugleich. Alle Analogie ist symbolisch. – Ich finde meinen Körper durch sich und die Weltseele zugleich bestimmt und wirksam. Mein Körper ist ein kleines Ganzes und hat also auch eine besondre Seele; denn ich nenne Seele, wodurch alles zu einem Ganzen wird, das individuelle Prinzip. – Was die Belebung des besondern Gliedes betrifft, so finde ich mich in dieser Hinsicht bloß durch mich selbst, und zwar mittelbar durch die allgemeine Belebung bestimmt. Die Belebung selbst aber betreffend, so ist sie nichts anders als eine Zueignung, eine Identifikation. Ich kann etwas nur erfahren, insofern ich es in mir aufnehme; es ist also eine Alienation meiner selbst und eine Zueignung oder Verwandlung einer andern Substanz in die meinige zugleich; das neue Produkt ist von den beiden Faktoren verschieden, es ist aus beiden gemischt. Ich vernehme nun jede Veränderung der zugeeigneten Substanz als die meinige und eine fremde zugleich; als die meinige, insofern ich sie überhaupt vernehme, als eine fremde, inwiefern ich sie so oder so bestimmt vernehme. Jeder Aktion in jenem entspricht eine gleichzeitige Aktion in mir, die Aktion des Vernehmens. Jeder Beschaffenheit dort entspricht eine vernehmende Erkenntnisbeschaffenheit in mir. Ich unterscheide so viel Erkenntniskräfte in mir, als es wirkende Kräfte dort gibt. Hier entstehn eben die sonderbaren Widersprüche in uns, über uns selbst. Wir würden ohne diese Beseelung keine solchen Unterscheidungen in uns machen. So entstehn nur diese Kräfte in uns mittels dieser Beseelung.
Ich selbst weiß mich, wie ich mich will, und will mich, wie ich mich weiß – weil ich meinen Willen will, weil ich absolut will. In mir ist also Wissen und Willen vollkommen vereinigt.
Indem ich meinen Willen, meine Tat, besonders noch vernehmen will, merke ich, daß ich auch einen Willen haben, etwas tun kann, ohne daß ich darum weiß; ferner, daß ich etwas wissen kann und weiß, ohne daß ich es gewollt habe.
Arten, von der vereinigten Sinnenwelt unabhängig zu werden
Es gibt mancherlei Arten, von der vereinigten Sinnenwelt unabhängig zu werden.
Erstens durch Abstumpfung der Sinne. (Gewöhnung, Erschöpfung, Abhärtung usw.) Zweitens durch zweckdienliche Anwendung, Mäßigung und Abwechslung der Sinnenreize (Heilkunst). Drittens durch Maximen a) der Verachtung und b) der Feindlichkeit gegen alle Empfindungen. Die Maxime der Verachtung äußrer Empfindungen war den Stoikern und ist zum Teil den Wilden von Amerika eigen – die innern Empfindungen den sogenannten Leuten von Verstand in der großen Welt und sonst.
Die Maxime der Feindlichkeit gegen äußre und innre Empfindungen haben die strengen Anachoreten, Fakirs, Mönche, Büßer und Peiniger aller Zeit aufgestellt und oft und zum Teil befolgt. Manche sogenannte Bösewichter mögen diese Maxime wenigstens dunkel gehabt haben. Beide Maxime gehen leicht ineinander über und vermischen sich.
Viertens durch teilweise Aushebung gewisser Sinne oder gewisser Reize, die durch Übung und Maxime einen beständigen, überwiegenden Einfluß erhalten. – So hat man sich mittels des Körpers von der Seele, und umgekehrt mittels dieses oder jenes äußern oder innern Gegenstandes von der Einwirkung aller übrigen Gegenstände losgemacht. Dahin gehört Leidenschaft aller Art, Glauben und Zuversicht zu uns selbst, zu andern Personen und Dingen, zu Geistern usw. Vorurteile und Meinungen befördern jedenfalls eine solche Teilfreiheit. So kann auch eine Unabhängigkeit von der wirklichen Sinnenwelt entstehn, indem man sich an die Zeichenwelt oder auch die vorgestellte Welt entweder gewöhnt oder sie statt jener, als allein reizend, für sich festsetzt. Das erste pflegt bei Gelehrten und sonst noch sehr häufig der Fall zu sein – und beruht, nach dem, was oben gesagt wurde, auf dem gewöhnlich trägen Behagen des Menschen am Willkürlichen und Selbstgemachten und Festgesetzten. Umgekehrt findet man Leute, die von der Vorstellungs- und Zeichenwelt nichts wissen wollen; das sind die rohsinnlichen Menschen, die alle Unabhängigkeit der Art für sich vernichten, und deren träge, plumpe, knechtische Gesinnung man in neuern Zeiten auch teilweise zum System erhoben hat – (Rousseau, Helvetius, auch Locke usw.), ein System, dessen Grundsatz zum Teil ziemlich allgemein Mode geworden ist.
Annihilation der niedern Bedürfnisse. Nur durch Bedürfnisse bin ich eingeschränkt oder einschränkbar. Man muß ein niedres Bedürfnis und alles das, dem man keinen Einfluß auf sich gestatten will, absolut, als nicht für mich vorhanden, als non existent setzen. Dadurch hebe ich alle Gemeinschaft mit ihm auf.
Der höchste Sinn
Je mehr sich unsere Sinne verfeinern, desto fähiger werden sie zur Unterscheidung der Individuen. Der höchste Sinn wäre die höchste Empfänglichkeit für eigentümliche Natur. Ihm entspräche das Talent der Fixierung des Individuums, dessen Fertigkeit und Energie relativ ist. Wenn der Wille sich in Beziehung auf diesen Sinn äußert, so entstehn die Leidenschaften für oder gegen Individualitäten: Liebe und Haß. Die Meisterschaft im Spiel seiner eignen Rolle verdankt man der Richtung dieses Sinns auf sich selbst bei herrschender Vernunft.
Die Einbildungskraft
Die Einbildungskraft ist der wunderbare Sinn
Die Einbildungskraft ist der wunderbare Sinn, der uns alle Sinne ersetzen kann, und der so sehr schon in unsrer Willkür steht. Wenn die äußren Sinne ganz unter mechanischen Gesetzen zu stehn scheinen, so ist die Einbildungskraft offenbar nicht an die Gegenwart und Berührung äußrer Reize gebunden.
Aus der produktiven Einbildungskraft müssen alle innern Vermögen und Kräfte und alle äußern Vermögen und Kräfte deduziert werden.
Der Phantasiebegriff ist die Anschauung – ihre Einheit usw.
Das größeste Gut besteht in der Einbildungskraft.
Theorie der Phantasie. Sie ist das Vermögen des Plastisierens.
Straffe, schlaffe, lockre, dichte Einbildungskraft. Unwillkürliche Bewegung ist Krampf; willkürliche Entzündung. Die rohe Imagination ist bald willkürlich, bald unwillkürlich.
Realität der menschlichen Phantasie
Wo der Mensch seine Realität hinsetzt, was er fixiert, das ist sein Gott, seine Welt, sein alles. Relativität der Moralität. (Liebe.) Unsre pedantischen Grundsätze. (Was gefällt, was mißfällt, was zieht uns an, was stößt uns ab?) – Realität der menschlichen Phantasie und des Willens. Freiheit der Selbstbestimmung, des Schicksals usw. – Mich muß sogar das mir Unangenehme an andern Menschen interessieren.
Selbstbewußtsein
... ist Aktion
Leidenschaft und Charakter sind Mischungen von Gedanken und Affektionen (Empfindungen) mit produktivem Willen, schöpferischem Willen. Natürlich ist hier Bewußtsein oder produktive Vernunft mit im Spiel.
Selbstbewußtsein ist Aktion, wobei Vernunft ( ratio) mit im Spiel ist.
Selbstbewußtsein im größern Sinn ist eine Aufgabe, ein Ideal; es wäre der Zustand, worin es keine Zeitfortschreitung gäbe; ein zeitloser, beharrlicher, immer gleicher Zustand. (Ein Zustand ohne Vergangenheit und Zukunft und doch veränderlich.)
Im echten Selbstbewußtsein wechseln wir bloß, aber ohne weiter zu gehn. In ihm sind alle Zustände und Veränderungen unsers empirischen Ich simultan. Wir sind so gut in demselben Momente wie vor zwei Jahren als wie in diesem Augenblicke; wir sind nicht Ich durch Schlüsse und indirekt, sondern unmittelbar. (Wir sind nur meistens durch Kalkül des Instinkts Ich.) Alle unsre Erinnerungen und Begebenheiten reihen sich an eine mystische Einheit, die wir Ich nennen. Indem wir uns in der Welt umsehn, finden wir eine Menge Sensationen aller Art, wunderbar gewählt, gemischt, geordnet und zusammenhängend. Wir fühlen uns wundersam von diesem Phänomenon angezogen, das Phänomenon scheint uns einzuziehn, die Welt ist verschwunden, wir sehn nichts als das Phänomenon an der Stelle der Welt, und jetzt entsteht der Begriff des empirischen Ich.
Das Bewußtsein ist nichts als Sensation des algebraischen Vergleichungs-Sinns, Verhältnis-Sinns. Willkürliche Affektionen dieses Sinns. Ursprüngliche Verhältnisse – algebraische Verhältnisse. Theorie der lebendigen Verhältnisse. Naturverhältnisse – Künstliche Verhältnisse – Synthetische Verhältnisse. – Mystische Proportionallehre. Das Bewußtsein ist die Substanz der Sinne, mithin sind auch seine Sensationen Substanzen usw. Wo ein Sinn ist, da ist auch kein Bewußtsein.
Die Stimmung des Bewußtseins
Die Stimmung des Bewußtseins, des Darstellens aller Art, ist die Stimmung des Kristallisierens, der Bildung und Vermannigfachung, also gehaltne Ruhe, stetige Kraft, rationalisierende, äquilibrierende Kraft, proportionelle Evolutionskraft, eine beständige Größe im veränderlichen Wechsel. (Ruhepunkt am Hebel.)
Gemüt
Gemüt – Harmonie aller Geisteskräfte – gleiche Stimmung und harmonisches Spiel der ganzen Seele Ironie – Art und Weise des Gemüts.
In unserm Gemüt ist alles auf die eigenste, gefälligste und lebendigste Weise verknüpft. Die fremdesten Dinge kommen durch einen Ort, eine Zeit.
Willenslehre
»Wir stoßen immer zuletzt an den Willen«
Wir stoßen immer zuletzt an den Willen, die willkürliche Bestimmung, als wenn dies überall der eigentliche und notwendige Anfang wäre.
Satz: Jede künstliche, willkürliche Bestimmung muß eine notwendige, natürliche werden können, und umgekehrt.
Die polarisierende Macht
Daß der Wille die polarisierende Macht ist, ist außer Zweifel. Die Bestimmung, was nach geschehner Polarisierung rechts oder links, positiv oder negativ sein soll, ist ein zweiter Akt des Willens.
Über den Spruch: des Menschen Wille ist sein Himmelreich:
Denken ist Wollen oder Wollen Denken.
Vermischter Willen und Wissenstrieb – ist Glaube.
Sonderbar, daß dem Willen nur die eigentlichen Glieder und fast nur die äußern unterworfen sind.
Was man mit Fertigkeit und Leichtigkeit tun kann, dazu hat man Neigung; das Entgegengesetzte, Abneigung. Unser Wille ist entweder abhängig von und - Neigung oder unabhängig.
Was man nicht auf einmal fassen und tun kann oder will, faßt und tut man sukzessive und teilweise.
Je abhängiger vom Zufall und von Umständen, desto weniger bestimmten, ausgebildeten, angewandten Willen, – je mehr dies, je unabhängiger dort.
Wenn der Mensch nicht weiter kommen kann, so hilft er sich mit einem Machtspruch oder einer Machthandlung – einem raschen Entschluß.
(Menschenlehre.) Ein Mensch kann alles dadurch adeln (seiner würdig machen), daß er es will.
»Man muß sich einen Willen anschaffen«
Im Grunde lebt jeder Mensch in seinem Willen. Ein fester Vorsatz ist das universal-beruhigende Mittel.
Man muß anfangen und aufhören können, wann man will – aber man muß sich einen Willen anschaffen. Der Wille ist allemal vernünftig und stark. Wenn man erst will, dann kann man auch. Man hat aber keinen festen Willen oder gar keinen, wenn man unvernünftig ist und handelt – und nicht anfängt und Buch zumacht, wenn es klug und gut wäre.
Urwillen
Die lutherische Lehre von der moralischen Nullität des freien Willens und dem Servo arbitrio ist völlig einerlei mit der neuern entgegenlaufenden Lehre von der moralischen Notwendigkeit des freien Willens.
Irgendwo anfangen und stillstehen muß man: mit einem Urglauben – Urwillen.
Zuerst kommt die Kritik des Unternehmens, dann das kritische Unternehmen selbst.
Irgendwo anfangen und stillstehen muß man: mit einem Urglauben-Urwillen.
Kunst allmächtig zu werden
(Individuelle Urform: Charakter meines ursprünglichen Willens. Charakter, aus Instinkt – Charakter aus Grundsätzen. Je abhängiger vom Zufall und von Umständen – desto weniger bestimmten, ausgebildeten, angewandten Willen. Je mehr dies, je unabhängiger dort. Kunst allmächtig zu werden. – Kunst, unseren Willen total zu realisieren. Wir müssen den Körper wie die Seele in unsere Gewalt bekommen. Der Körper ist das Werkzeug zur Bildung und Modifikation der Welt. Wir müssen also unseren Körper zum allfähigen Organ auszubilden suchen. Modifikation unseres Werkzeugs ist Modifikation der Welt.
Freiheit und Unsterblichkeit
(Philosophie.) Freiheit und Unsterblichkeit gehört wie Raum und Zeit zusammen; wie Welt und Ewigkeit gleichsam Raum und Zeit ausfüllen, so füllt Allmacht und Allgegenwart jene beiden Sphären. Gott ist die Sphäre der Tugend. (Zur Allmacht gehört Allwissenheit.)
Freiheit ist eine Materie, deren einzelne Phänomene Individuen sind.
Freiheit ist, wie Glück, dem schädlich und jenem nützlich.
Freiheit ist das Vermögen, einen Bewegungsgrund zu machen. In jeder echten Wahl rührt der Grund der Wahl vom Wählenden her, nicht vom Gewählten.
Gewisse Hemmungen gleichen den Griffen eines Flötenspielers, der, um verschiedene Töne hervorzubringen, bald diese, bald jene Öffnung zuhält und willkürliche Verkettungen stummer und tönender Öffnungen zu machen scheint.
Tun
Tätigkeit ist die eigentliche Realität
Tätigkeit ist die eigentliche Realität. (Weder Gegenstand noch Zustand sind allein, rein zu denken. Durchs Reflektieren mischt sich das Entgegengesetzte hinein und selbst schon durchs Streben, Begehren, denn beides sind identische Handlungen. Der Begriff der Identität muß den Begriff der Tätigkeit enthalten, des Wechsels in sich selber. Zwei Zusammengesetzte sind die höchste Sphäre, zu der wir uns erheben können.)
(Gott ist die unendliche Tätigkeit. Natur der unendliche Gegenstand, Ich der unendliche Gegenstand. Alles dreies sind Abstrakte. Alles drei es ist eins. Sie sind nicht getrennt als in sich selber, in der Reflexion, die aus allen dreien besteht.) Was Ich – ist durch die Tätigkeit. Insofern Gegenstand und Zustand sind, stehn sie unter den Gesetzen der Tätigkeit, i. e., sie sind tätig. Tätigkeit ist Urkraft des Akzidens, es ist das unendliche Akzidentielle. Zustand und Gegenstand sind das unendlich Substantielle. Tätigkeit zerfällt wie Stand in zwei Teile ursprünglich: reale, ideale oder positive, negative oder aktive, passive. Auch von der Tätigkeit gilt die Regel: daß man sie nur in Verbindung, nicht allein wahrnehmen kann. Sie (ist) immer im Verhältnis zu Gegenstand und Zustand.
(Es ist töricht, durch eine solvierende Handlung ein resolviertes Produkt bekommen zu wollen, durch eine bindende Handlung das Gebundene zu trennen. Was zertrennt werden soll, muß gebunden sein, was verbunden werden soll, getrennt. Hieraus ergibt sich die in der Natur der Sache überhaupt liegende Unmöglichkeit, ein sogenanntes reines, einfaches Produkt zu erhalten, da jedes Produkt als solches nur im Trennenden aufgestellt werden kann. Alles Getrennte wird im Verbundnen, alles Verbundne im Trennenden wahrgenommen.
Keine Tätigkeit ohne Richtung, keine Richtung ohne Begehrungsvermögen.
(Endliche und unendliche Anziehung – beide sind sich einander zuwider. Jene ist unvollkommen, Wechsel, Veränderung ist ihr Charakter, letztere ist vollkommen. Sie ist une et indivisible. Man könnte sagen, daß sie durch Treue charakterisiert würde.)
Die Gesetzgebung hat die Vermischung jener heterogenen Attraktionsprinzipien veranlaßt. Aus dieser Mischung entstand Scham, Reue, Furcht. Die Moral ist der Inbegriff der Gesetze jenes unendlichen Prinzips.
Die Produktionen der wollenden Intelligenz veranlassen, inzitieren das moralische Organ. Maximen sind die Basis der moralischen Handlungen.
Der positiven Tätigkeit steht negative Leidenschaft entgegen, nicht positive.
Tätigkeit läßt uns am leichtesten unsern Kummer vergessen, aber sollen wir manchen Verlust vergessen?
Nichts bewahrt so sicher vor Unsinn – als Tätigkeit, technische Wirksamkeit.
Physik der geistigen Tätigkeit. Moralität des Glaubens überhaupt. Er beruht auf Annahme der Harmonie. Aller Glauben geht vom moralischen Glauben aus.
Chaotische Tätigkeit, polare Tätigkeit, synthetische Tätigkeit.
Mittelbare Handlung – unmittelbare Handlung.
Heterogene Beschäftigungen
Je vielfacher der Mensch sich zugleich beschäftigen kann, versteht sich, daß diese Beschäftigungen nichts Kollidierendes und Störendes haben, desto energischer und reiner wirkt die Denkkraft, und vielleicht heben sich überhaupt heterogene Beschäftigungen.
Gedächtnislehre
Das Gedächtnis
Das Gedächtnis ist der Individualsinn, das Element der Individuation.
Die Reihe der Individuen, auf die das Gedächtnis, als die unterste Seelenkraft, die Basis der andern, sich bezieht, ist auch die unterste.
(Entgegenstellung von Basis, welcher Begriff sich auf Schwere bezieht, und Hebel (von Heben), welcher sich auf Gegenschwere bezieht.) (Neue Deduktion des Hebels, aus dem Hebepunkte usw. durch Zentrifugalkraft.)
Das Gedächtnis nimmt mit der Fähigkeit, die Gegenstände a priori zu finden, ab und zu.
Das Gedächtnis treibt prophetischen – musikalischen Kalkül.
Sonderbare bisherige Vorstellungen vom Gedächtnis, als eine Bilderbude, usw. Alle Erinnerung beruht auf indirektem Kalkül, auf Musik usw.
Erinnerung
Alle Erinnerung ist Gegenwart. Im reinem Element wird alle Erinnerung uns wie notwendige Vordichtung erscheinen.
Aufmerksamkeit
Wer nicht vorsätzlich, nach Plan und mit Aufmerksamkeit tätig sein kann, verrät Schwäche. Die Seele wird durch die Zersetzung zu schwach. Ohne Aufmerksamkeit auf das, was sie tut, gelingt ihr vieles. Sobald sie sich teilen muß, wird bei aller Anstrengung nichts. Hier muß sie sich überhaupt zu stärken suchen. Oft ist Verwöhnung daran schuld. Das Organ der Aufmerksamkeit ist auf Kosten des tätigen Organs geübt, voraus gebildet, zu reizbar gemacht worden. Nun zieht es alle Kraft an sich, und so entsteht diese Disproportion.
Die Gabe der Unterscheidung
Die Gabe der Unterscheidung, das reine, trennende Urteil muß, um nicht tödlich zu verwunden und überall Haß zu erregen, mit großer Behutsamkeit auf Menschen angewandt werden.
Man haßt es, teils aus Schmerz über den Verlust eines befriedigenden Irrtums, teils aus Gefühl eines erlittnen Unrechts, weil auch das schärfste Urteil eben durch die Trennung des Unteilbaren, durch die Absonderung von der Umgebung, der Geschichte, dem Boden, der Natur der Sache zu nahe tritt und über die Ansicht der einzelnen Erscheinung an sich ihren Wert, als Glied eines großen Ganzen, vergißt.
Gerade durch diese Mischung von widriger Wahrheit und beleidigendem Irrtum wird es so verwundend.
Urteil Zersetzung.
Vernunft
Vernunft und Individuum in harmonischer Tätigkeit – ist Lebenskraft. Theorie der Lebenskraft.
Wer viel Vernunft in gewissem Sinn hat, bei dem wird alles einzig: seine Leidenschaften, seine Lage, seine Begebenheiten, seine Neigungen, kurz alles, was ihn berührt, wird absolut – zum Fato.
Klarer Verstand
Klarer Verstand, mit warmer Phantasie verschwistert, ist die echte, Gesundheit bringende Seelenkost. Der Verstand tut lauter vorhergesehene, bestimmte Schritte.
Witz
Wer den Witz erfunden haben mag? Jede zur Besinnung gebrachte Eigenschaft, Handlungsweise unsers Geistes ist im eigentlichsten Sinn eine neuentdeckte Welt.
Echt geselliger Witz ist ohne Knall. Es gibt eine Art desselben, die nur magisches Farbenspiel in höhern Sphären ist.
Der Witz ist schöpferisch, er macht Ähnlichkeiten.
In heitern Seelen gibt's keinen Witz. Witz zeigt ein gestörtes Gleichgewicht an: er ist die Folge der Störung und zugleich das Mittel der Herstellung. Den stärksten Witz hat die Leidenschaft. Der Zustand der Auflösung aller Verhältnisse, die Verzweiflung oder das geistige Sterben ist am fürchterlichsten witzig.
Witz, als Prinzip der Verwandtschaften, ist zugleich das Menstruum universale. Witzige Vermischungen sind zum Beispiel Jude und Kosmopolit, Kindheit und Weisheit, Räuberei und Edelmut, Tugend und Hetärie, Überfluß und Mangel an Urteilskraft in der Naivität und so fort ins Unendliche.
Genie
Genialischer Scharfsinn ist scharfsinniger Gebrauch des Scharfsinns.
Genie ist das Vermögen, von eingebildeten Gegenständen wie von wirklichen zu handeln und sie auch wie diese zu behandeln. Das Talent darzustellen, genau zu beobachten, zweckmäßig die Beobachtung zu beschreiben, ist also vom Genie verschieden. Ohne dies Talent sieht man nur halb und ist nur ein halbes Genie; man kann genialische Anlage haben, die in Ermangelung jenes Talents nie zur Entwicklung kommt.
Genie ist gleichsam Seele der Seele; es ist ein Verhältnis zwischen Seele und Geist. Man kann das Substrat oder Schema des Genies füglich Idol nennen; das Idol ist ein Analogon des Menschen.
Kann man Genie sein und werden wollen? So mit dem Witz, dem Glauben, der Religion usw.
Es hat in Beziehung auf das Genie bisher beinah' das Prädestinationssystem geherrscht. Die zum Teil wahre Beobachtung liegt zum Grunde, daß der Wille anfangs ungeschickt wirkt und das Naturspiel stört (Affektation) und einen unangenehmen Eindruck macht, im Anfang durch Teilung der Kraft (bei der Aufmerksamkeit) sich selbst untergräbt und aus mangelhaften Reiz und mangelhafter Kapazität das nicht zu leisten vermag, was er dunkel, instinktartig beabsichtigt.
Psychologie des Reizes
Der Reiz, Sollicitatio perpetua
Aller unbestimmte, allgemeine, subjektive Trieb oder Reiz läßt sich nur durch eine unendliche Reihe bestimmter Handlungen befriedigen. Er strebt nach keinem Objekt; er erhält sich nur selbst; er ist eine Sollicitatio perpetua; er ist die ewige Triebfeder unendlicher, terminierter Veränderungen.
Eine reizbare Vernunft ist eine schwächliche, zärtliche. Daher die Moralisten und Bemerker oft so schlechte Praktiker.
Allzu große geistige Beweglichkeit und Sensibilität deutet auf Mangel an Kapazität. (Vid. die phantastischen, ahndungsvollen Menschen.)
Je einfacher der Mensch lebt und gereizt wird, desto mehr bindet er sich an etwas. (Sollte das nicht ein allgemeines Gesetz der Kohärenz sein?)
Aller Reiz soll nur temporell, nur Erziehungsmittel, nur Veranlassung zur Selbsttätigkeit sein.
Ist der äußere Reiz vielleicht nur zur Bewußtwerdung nötig? – Die Wirkung erfolgt jetzt nicht, sondern wir werden sie uns jetzt nur bewußt. – Es kommt uns vor, als geschähe es erst jetzt – und zwar durch Sollizitation von außen. Der Verstand trennt nur zum Behuf seines Zwecks, des Trennens.
(Denken gehört zu den geistigen Reizen, in die Klasse der antiasthenischen Mittel.)
Reizend
Der Mensch strebt nach nichts mehr, als reizend, Aufmerksamkeit erregend (turgeszierend, Reflexion-anziehend) zu sein.
Vernunftwesen und Reiz
Unter mehreren eindringenden Reizen wirkt auf das unvernünftige Wesen, nach dem unabänderlichen Gesetze des Mechanismus, der stärkste. Das unvernünftige Wesen zieht ihn an, und wenn er es auch zerstört. Das Vernunftwesen hat eben an seiner Vernunft ein Prinzip, das außer den Grenzen der mechanischen Gesetzgebung liegt. Je mehr es also Vernunftwesen ist, desto unabhängiger von der Wirksamkeit der mechanischen Gesetze wird es also agieren können. Wenn es nun aber zur Realisierung seines Entwurfs, zur Darstellung der Idee seiner Existenz eines mechanischen Stoffs, als Werkzeug, bedarf, so wird es bei eindringenden Reizen, die zur Bewegung und Erhaltung seines Werkzeugs nötig sind, nicht gehalten sein, den stärksten zu wählen, wenn er nicht in den Plan der Bewegungen und Modifikationen seines Werkzeugs paßt, sondern es wird sein Werkzeug, wenn dieses, nach der Voraussetzung, ganz von Vernunft durchdrungen und mithin ganz in der Gewalt derselben ist, zwingen, den Reiz anzunehmen, der zu der zweckmäßigen Bewegung und Modifikation desselben hinreichend ist. (Die Erläuterung jenes Zwangs wird sogleich folgen.) Dies ist der Fall bei mehreren zugleich eindringenden Reizen. – Dasselbe wird aber auch gelten, wenn nur Ein Reiz vorhanden ist. Hier muß das Vernunftwesen die Kraft haben, dasjenige, was demselben vielleicht zur erforderlichen Inzitation abgeht, durch Verstärkung der Reizbarkeit des Werkzeugs zu ergänzen, und was ihm etwa an überschüssiger Kraft beiwohnt, durch Verminderung, Herabstimmung der Reizbarkeit des Organs, zu temperieren.
Zerlegung eines Reizes in mehrere durch langsame, sukzessive Aufnahme. Vereinigung mehrerer Reize in einen durch simultane – schnelle Aufnahme.
Inzitation
Jede spezifische Inzitation verrät einen spezifischen Sinn. Je neuer sie ist, desto plumper, aber desto stärker; je bestimmter, je ausgebildeter, mannigfacher sie wird, desto schwächer. So erregte der erste Gedanke an Gott eine gewaltsame Emotion im ganzen Individuum; so die erste Idee von Philosophie, von Menschheit, Weltall usw.
»Ich bin schon reizbar genug«
Durch Abstraktion wird die Reizbarkeit vermehrt. Zuviel Abstraktion erzeugt Asthenie, zuviel Reflexion Sthenie. Ich muß viel reflektieren und nicht viel abstrahieren. Ich bin schon reizbar genug. Ein scharfer Denker ist ein empfindlicher Meter, ein sehr subtiles Reagens.
Affekten und Leidenschaften
Affekten und Leidenschaften sind unterschieden. Jene gehören zum Gefühl, sofern es die Überlegung verhindert. Sie gehören zur Untugend.
Diese sind zu bleibenden Neigungen gewordene Begierden. Sie sind ruhig, und der Mensch bei ihnen der Überlegung sehr wohl fähig. Durch sie entsteht das qualifizierte Böse, wenn sie auf das Gesetzwidrige gehn. (Nicht so auch das qualifizierte Gute, wenn sie auf das Gesetzmäßige gehn?)
Moralische Apathie Folge tugendhafter Gesinnungen.
Enthusiasm, Affekt des Guten, ist eine Krankheit, welche Mattigkeit hinterläßt.
Das Gemüt in Ruhe, fest für das Gesetz entschlossen, ist der Zustand der Gesundheit im moralischen Leben.
Phantastische Tugend, die keine Adiaphora einräumt.
Ohne moralische Empfindung ist der Mensch sittlich tot, und wenn die sittliche Lebenskraft keinen Reiz mehr auf dies Gefühl bewirken könnte, so würde sich die Menschheit in die bloße Tierheit auflösen und mit der Masse andrer Naturwesen vermischt werden. (Mikrologische Tugend; warum denn keine makrologische?)
Tugend ist in steter Progression und fängt immer a priori an.
Das Gesetz der Ethik ist nicht für Handlungen, sondern nur für Maximen der Handlung gegeben. Die ethische Pflicht ist weite, nicht enge Pflicht.
Es gibt nur eine Tugendverpflichtung: Aufmerksamkeit aufs Gesetz überhaupt; aber viel Pflichten. Die Pflicht tritt mit dem Zweck ein oder dem Gegenstande, der die Bedingung zur speziellen Verpflichtung ist.
Affektenlehre
Instinkt
Der Instinkt, als Gefühl des Bedürfnisses, des Inkompletten, ist zugleich das Gefühl des Zusammenhangs, der Stetigkeit, der fortleidende, sich tastend orientierende Sinn, der rohe, synthetische, komplettierende Trieb, ein transitorisches, punktähnliches Ich. (So fährt der Blitz aus Instinkt in der metallenen Kette nieder.)
»Instinkt ist Kunst ohne Absicht«
Instinkt ist Kunst ohne Absicht – Kunst, ohne zu wissen, wie und was man macht. Der Instinkt läßt sich in Kunst verwandeln, durch Beobachtung der Kunsthandlung. Was man also macht, das läßt sich am Ende kunstmäßig zu machen erlernen. Kunst, das Lächerliche und das Romantische hervorzubringen.
»Instinkt ist das Genie im Paradiese«
Mit Instinkt hat der Mensch angefangen, mit Instinkt soll der Mensch endigen. Instinkt ist das Genie im Paradiese, vor der Periode der Selbstabsonderung (Selbsterkenntnis). Soll der Mensch sich selbzweien und nicht allein das, sondern auch selbdreien? usw.
Wünsche und Begehrungen
Wünsche und Begehrungen sind Flügel. Es gibt Wünsche und Begehrungen, die so wenig dem Zustande unsers irdischen Lebens angemessen sind, daß wir sicher auf einen Zustand schließen können, wo sie zu mächtigen Schwingen werden, auf ein Element, das sie heben wird, und Inseln, wo sie sich niederlassen können.
Neigungen
Neigungen sind materiellen Ursprungs – Anziehungs- und Abstoßungskräfte sind hier wirksam. Die Neigungen machen uns zu Naturkräften. Sie perturbieren den Lauf des Menschen, und man kann von leidenschaftlichen Menschen im eigentlichsten Sinn sagen, daß sie fallen. Wer sich den Neigungen unbedingt ergibt, handelt selbst gegen das eigentliche Interesse der Neigungen, weil sie nur durch einen verhältnismäßigen Widerstand eine volle und dauerhafte Wirkung tun können.
Neigungen zu haben und sie zu beherrschen, ist rühmlicher als Neigungen zu meiden.
Hang, Trieb
Hang-Trieb.(Der Mensch kann alles werden, worauf er reflektieren, was er sich voraussetzen kann.)
Wem ich einen unbestimmten Trieb beibringen kann, dem geb' ich Leben im strengeren Sinn. (Substanz = demjenigen dem substituiert wird.)
Trieb, Genie
Wozu man ernstlich Lust, Trieb hat, dazu hat man Genie. Das Genie offenbart sich in Lust und Trieb.
Reiz vielleicht Hemmung oder Beflügelung des Triebs. (Trieb Urreiz.)
Gefühl
Gefühl ist gebildete (organisierte) Bewegung. (Zum Gefühl gehört hier jeder Affekt der äußern Sinne. Empfindung ist das dem Verstand assimilierte Gefühl.
Empfindungen, Gefühle und Gedanken sind wohl Exkremente?)
Gefühl des Gefühls
Gefühl des Gefühls ist schon Empfindung; Empfindung der Empfindung usf.
Sensationen
Jeder Gegenstand sollte bestimmte und freie Sensationen und Funktionen veranlassen.
Alle Sensationen sind Folgen einer Grundsensation. Es hat Sinn – widersinnig usw. Isochronism. (Zahl der Gesichtspunkte eines Körpers und einer Vorstellung oder eines Gedankens.)
Sollten mehrere unsrer Gefühle nicht sympathetische Gefühle mit den Leiden und Affekten unserer einzelnen Glieder sein?
Leidenschaftliche Wärme – leidenschaftliche Kälte.
Theorie und Klassifikation der Leidenschaften
Durchaus verkehrte, bisherige Theorie der Schilderung der Leidenschaften.
»Alle Leidenschaften endigen wie ein Trauerspiel«
Alle Leidenschaften endigen sich wie ein Trauerspiel. Alles Einseitige endigt sich mit Tod; so die Philosophie der Empfindung, die Philosophie der Phantasie, die Philosophie des Gedankens. Alles Leben endigt sich mit Alter und Tod. Alle Poesie hat einen tragischen Zug. Echtem Scherz liegt Ernst zum Grunde: tragische Wirkung der Farce, des Marionettenspiels, des buntesten Lebens, des Gemeinen, Trivialen.
Veredlung der Leidenschaften
Veredlung der Leidenschaft – durch Anwendung derselben als Mittel, durch freiwillige Beibehaltung derselben als Vehikels einer schönen Idee, zum Beispiel eines innigen Verhältnisses mit einem geliebten Ich.
Schmerz und Lust
Schmerz und Lust sind Folgen einer Sympathie.
Theorie des Schmerzes
Theorie des Schmerzes. Trennung der Kontinuität erklärt den Schmerz allein nicht. Schmerz und Lust haben gewiß eine noch unerörterte Beziehung auf Ideen- und Empfindungsassoziationen. Ohnmacht liegt allem Schmerz mit zum Grunde.
Man sollte stolz auf den Schmerz sein – jeder Schmerz usw. ist eine Erinnerung unsers hohen Rangs.
Möglichkeit eines unendlich reizenden Schmerzes.
Schmerz sollte eigentlich der gewöhnliche Zustand und Freude das sein, was jetzt Schmerz und Not ist.
Sollte einfaches Selbstgefühl Schmerz sein? (Aller Anfang ist mühsam und schmerzhaft.) Teleologie des Schmerzes. Die Realität des Schmerzes ist die Realität des gemeinen, rohen Bewußtseins. (Gemein, nicht abgesondert.)
Eine Art von Schmerz läßt sich durch Reflexion, andre durch Abstraktion vertreiben.
Glück und Unglück – beides negativ und positiv.
Im höchsten Schmerz
Im höchsten Schmerz tritt zuweilen eine Paralysis der Empfindsamkeit ein. Die Seele zersetzt sich. Daher der tödliche Frost, die freie Denkkraft, der schmetternde unaufhörliche Witz dieser Art von Verzweiflung. Keine Neigung ist mehr vorhanden; der Mensch steht wie eine verderbliche Macht allein. Unverbunden mit der übrigen Welt verzehrt er sich allmählich selbst und ist seinem Prinzip nach Misanthrop und Misotheos.
Mühe und Pein
Mühe und Pein haben eine angenehme Reaktion. Sie sind Heilmittel, und daher scheinen sie den Menschen so verdienstlich und wohltätig.
Alles, was wegzuwünschen ist, ist nur falsche Meinung – Irrtum. Krankheit und Übel sind solches nur in der und durch die Einbildung – sie sind nicht zu statuieren.
Vom Unangenehmen soll man keine Notiz nehmen.
Es ist Trägheit, was uns an peinliche Zustände kettet.
Geduld
Geduld ist zweierlei: ruhige Ertragung des Mangels, ruhige Ertragung des Übermaßes. Die echte Geduld zeugt von großer Elastizität.
Vermehrung der Kraft durch weitgehenden Widerstand.
Furcht und Hoffnung
(Psychologie.) Die Furcht kann auch Symptom eines angenehmen Gegenstandes sein, zum Beispiel Ehrfurcht.
Hoffnung ist eine entfernte Freude, Ahndung ist entfernte Vorstellung, Furcht ist ein entferntes Weh. Erinnerung des Angenehmen, Erinnerung des Unangenehmen: rückwärts-entfernte Lust oder Unlust. Was die Lust in der Erinnerung verliert, das gewinnt die Unlust in der Erinnerung, und umgekehrt. Sie gehn ineinander über – so Furcht und Hoffnung. Je näher, desto unterschiedner. Anwendung der Perspektive auf diese Dinge. (Die Phantasie ist die phänomenologische Kraft.)
Gewohnheit
Gewohnheit ist eine zur Natur gewordne Kunst. Naturgesetze sind Gewohnheitsgesetze.
Kultur des Enthusiasmus
Kultur des Enthusiasmus. Die Hörsäle sind vielleicht dem Theater entgegengesetzt, insofern dasselbe zur Erregung des Enthusiasmus, zur Bildung und Sammlung des Herzens und Gemüts bestimmt wird.
Langeweile
Langeweile ist Hunger. (Oder ästhetischer Mangel. Indirekte Langeweile, direkte.)
Zorn
Zorn ist ein heftiger Unwillen, Enthusiasmus ein heftiger Willen. (Schmerz vielleicht ein heftiger Untrieb oder Gegenteil. Wollust ein heftiger Trieb.) Alle Unlust entsteht von Mangel – (Mangel an Trieb, Kraft; Mangel an Reiz, Stoff.) In jeder wahren Krankheit ist ein Mangel, und daraus entsteht die Unlust jeder Krankheit. Daher sagt man auch: Was fehlt dir?
Liebeslehre
Liebesphilosophie
Liebe ist ein Produkt der Wechselwirkung zweier Individuen – daher mystisch und universell und unendlich ausbildsam wie das individuelle Prinzip selbst.
Sollte es nicht ein absolutes Bedürfnis geben, das geraden Ausschluß der übrigen möglich machte: Liebe, Gesamtleben mit geliebten Personen?
Plato macht die Liebe schon zum Kinde des Mangels, des Bedürfnisses – und des Überflusses.
Der Liebe geht's wie der Philosophie. Sie ist und soll allen alles und jedes sein. Liebe ist also das Ich, das Ideal jeder Bestrebung.
Es geht mit der Liebe wie der Überzeugung. Wie viele glauben überzeugt zu sein und sind es nicht. Nur vom Wahren kann man wahrhaft überzeugt sein – nur das Liebe kann man wahrhaft lieben.
Man ist allein mit allem, was man liebt.
Alles Liebenswerte
Alles Liebenswerte ist ein Gegenstand (eine Sache). Das unendlich Liebenswerte ist eine unendliche Sache, etwas, was man nur durch unaufhörliche, unendliche Tätigkeit haben kann. Nur eine Sache kann man besitzen.
Bedürfnis nach Liebe
Bedürfnis nach Liebe verrät schon eine vorhandene Entzweiung in uns. Bedürfnis verrät immer Schwäche.
Liebesparadies
Jeder geliebte Gegenstand ist der Mittelpunkt eines Paradieses.
Die Kunst zu lieben
Die Liebe hat von jeher Romane gespielt, oder die Kunst zu lieben ist immer romantisch gewesen.
Interesse
Interesse ist Teilnahme an dem Leiden und der Tätigkeit eines Wesens. Mich interessiert etwas, wenn es mich zur Teilnahme zu erregen weiß. Kein Interesse ist interessanter, als was man an sich selbst nimmt; so wie der Grund einer merkwürdigen Freundschaft und Liebe die Teilnahme ist, zu der mich ein Mensch reizt, der mit sich selbst beschäftigt ist, der mich durch seine Mitteilung gleichsam einladet, an seinem Geschäfte teilzunehmen.
Liebenswerte Gegenstände
Von einem liebenswerten Gegenstande können wir nicht genug hören, nicht genug sprechen. Wir freuen uns über jedes neue, treffende, verherrlichende Wort. Es liegt nicht an uns, daß er nicht Gegenstand aller Gegenstände wird.
Wir halten einen leblosen Stoff wegen seiner Beziehungen, seiner Formen fest. Wir lieben den Stoff, insofern er zu einem geliebten Wesen gehört, seine Spur trägt oder Ähnlichkeit mit ihm hat.
Gemeinschaftlicher Schiffbruch
Ein gemeinschaftlicher Schiffbruch usw. ist eine Trauung der Freundschaft oder der Liebe.
Liebe ohne Eifersucht
Liebe ohne Eifersucht ist nicht persönliche Liebe, sondern indirekte Liebe – man kann Vernunftliebe sagen; denn man liebt hier nicht als Person, sondern als Glied der Menschheit. Man liebt die Rivale mehr wie den Gegenstand.
Theorie der Wollust
Elemente
Fremdheit, geheimnisvoller Reiz und gezähmte Roheit, demütige Stärke, dienende Kraft: dies sind die Elemente der gewöhnlichen Wollust.
Wollust, Religion und Grausamkeit
Es ist sonderbar, daß nicht längst die Assoziation von Wollust, Religion und Grausamkeit die Menschen aufmerksam auf ihre innige Verwandtschaft und ihre gemeinschaftliche Tendenz gemacht hat.
Sonderbar, daß der eigentliche Grund der Grausamkeit Wollust ist.
Friktion
Alles angenehme Gefühl ist Friktion; alles angenehme Gefühl reizt die Seele zur positiven Mitwirkung.
Der Sinnenrausch
Der Sinnenrausch ist zur Liebe, was der Schlaf zum Leben.
Über die Geschlechtslust
Über die Geschlechtslust, die Sehnsucht nach fleischlicher Berührung, das Wohlgefallen an nackenden Menschenleibern. Sollt' es ein versteckter Appetit nach Menschenfleisch sein?
Wollust des Erzeugens
Wollust des Erzeugens. Alles Erzeugen ist also eine polemische Operation. Wollust der Synthesis.
Echte Unschuld
Echte Unschuld geht, sowenig wie echtes Leben, verloren. Die gewöhnliche Unschuld ist nur einmal, wie der Mensch, da und kommt sowenig wieder als er. Wer, wie die Götter, Erstlinge, liebt, wird nie an der zweiten Unschuld den Geschmack finden wie an der ersten, ohngeachtet die letztere mehr ist wie die erste. Manches kann nur einmal erscheinen, weil das Einmal zu seinem Wesen gehört. Unser Leben ist absolut und abhängig zugleich. Wir sterben nur gewissermaßen. Unser Leben muß also zum Teil Glied eines größern, gemeinschaftlichen Lebens sein.
»Freundschaft, Liebe und Pietät sollten geheimnisvoll behandelt werden«
Scham ist wohl ein Gefühl der Profanation. Freundschaft, Liebe und Pietät sollten geheimnisvoll behandelt werden. Man sollte nur in seltnen, vertrauten Momenten davon reden, sich stillschweigend darüber einverstehen. Vieles ist zu zart, um gedacht, noch mehres, um besprochen zu werden.
Umgang mit sich selbst
Wenn ich frage, was eine Sache ist, so frage ich nach ihrer Vorstellung und Anschauung; ich frage mich nur nach mir selbst.
Sich selbst Gesellschaft leisten.
Wahrhafte Liebe zu sich selbst
Eine wahrhafte Liebe zu einer leblosen Sache ist wohl denkbar, auch zu Pflanzen, Tieren, zur Natur – ja, zu sich selbst. Wenn der Mensch erst ein wahrhaft innerliches Du hat, so entsteht ein höchst geistiger und sinnlicher Umgang, und die heftigste Leidenschaft ist möglich. Genie ist vielleicht nichts als Resultat eines solchen innern Plurals. Die Geheimnisse dieses Umgangs sind noch sehr unbeleuchtet.
Das Geheimnis dieses Geständnisses
Man muß sich nie gestehen, daß man sich selbst liebt. Das Geheimnis dieses Geständnisses ist das Lebensprinzip der allein wahren und ewigen Liebe. Der erste Kuß in diesem Verständnisse ist das Prinzip der Philosophie, der Ursprung einer neuen Welt, der Anfang der absoluten Zeitrechnung, die Vollziehung eines unendlich wachsenden Selbstbundes.
Wem gefiele nicht eine Philosophie, deren Keim ein erster Kuß ist?
Liebe popularisiert die Personalität, sie macht Individualitäten mitteilbar und verständlich. (Liebesverständnis.)
Ehe mit sich selbst
Zur Welt suchen wir den Entwurf: dieser Entwurf sind wir selbst. Was sind wir? Personifizierte, allmächtige Punkte. Die Ausführung, als Bild des Entwurfs, muß ihm aber auch in der Freitätigkeit und Selbstbeziehung gleich sein und umgekehrt. Das Leben oder das Wesen des Geistes besteht also in Zeugung, Gebärung und Erziehung seinesgleichen. Nur insofern der Mensch also mit sich selbst eine glückliche Ehe führt und eine schöne Familie ausmacht, ist er überhaupt ehe- und familienfähig.
Genuß
Der echte Genuß
Der echte Genuß ist auch ein Perpetuum mobile. (Überhaupt ist die Mechanik die brauchbarste Formel der Analogie für die Physik.) Er bringt sich eigentlich immer selbst wieder hervor, und daß dies nicht geschieht – die Friktion – ist der Grund alles Mißvergnügens und Unmuts in der Welt.
Der geistige Genuß
Es ist mit dem geistigen Genuß wie mit dem leiblichen Essen. Es kommt viel auf Magen, Gesundheit, Alter, Zeit, Gewohnheit usw. an. (Beschäftigungen sind Absonderungen, Genuß oder Ableitungen.)
Genießen und Machenlassen
Das Genießen und Machenlassen scheint in der Tat edler als das Verfertigen, als das Hervorbringen; das Zusehn als das Tun; das Denken als das Realisieren oder das Sein.
Das Angenehme
Das Nützliche kann nur so dem Angenehmen entgegengesetzt werden, als der Buchstabe dem Geiste, oder das Mittel dem Zwecke. Unmittelbarer Besitz und Erwerb des Gemütlichen ist freilich unser ursprünglicher Wunsch, aber in der gegenwärtigen Welt ist alles durchaus bedingt, und alles kann nur unter gewissen fremdartigen Voraussetzungen erlangt werden.
Hypochondrie
Hypochondrie ist pathologisierende Phantasie mit Glauben an die Realität ihrer Produktionen, Phantasmen verbunden.
Die Hypochondrie bahnt den Weg zur körperlichen Selbsterkenntnis – Selbstbeherrschung und Selbstlebung.
Absolute Hypochondrie. Hypochondrie muß eine Kunst werden oder Erziehung werden.
Kleine und erhabene Hypochondrie
Hypochondrie ist eine sehr merkwürdige Krankheit. Es gibt eine kleine und eine erhabene Hypochondrie. Von hier aus muß man in die Seele einzudringen suchen.
Temperament
Es gibt kein reines Temperament. Jedes Temperament ist gemischt und nur verdorben oder verwöhnt.
Ein reines Temperament wäre eine permanente Krankheit.
Poetische Phantasien über den Sinnengenuß.
Herders Paramythien – ähnliche aus der Bibel – von Jesus usw. – nur allegorischer und poetischer.
Humor
Humor ist eine willkürlich angenommene Manier. Das Willkürliche ist das Pikante daran. Humor ist Resultat einer freien Vermischung des Bedingten und Unbedingten. Durch Humor wird das eigentümlich Bedingte allgemein interessant und erhält objektiven Wert. Wo Phantasie und Urteilskraft sich berühren, entsteht Witz; wo sich Vernunft und Willkür paaren, Humor. Persiflage gehört zum Humor, ist aber um einen Grad geringer: sie ist nicht mehr rein artistisch und viel beschränkter. Was Fr. Schlegel so scharf als Ironie charakterisiert, ist meinem Bedünken nach nichts anders als die Folge, der Charakter der Besonnenheit, der wahrhaften Gegenwart des Geistes. Schlegels Ironie scheint mir echter Humor zu sein. Mehre Namen sind einer Idee vorteilhaft.
Charakteriologie
Charakter
Ein Charakter ist ein vollkommen gebildeter Willen.
Selbstbeurteilung nach den wirklichen Handlungen – nach der Oberfläche, nicht nach dem innern Gewebe. Wie schön ist nicht die Oberfläche des Körpers, wie ekelhaft sein inneres Wesen! Wer einen Charakter mitbringt, wird sich sehr schwer verstehn lernen.
Der gebildete und der ungebildete, rohe Charakter kann exzentrisch und gemein sein. Gebildet und gegliedert ist eins. Auch der gewöhnliche Charakter kann unendlich gebildet sein. Seine Unendlichkeit ist gegen die Unendlichkeit des gebildeten, exzentrischen Charakters von der niedrigsten Ordnung. (Die Unendlichkeiten verhalten sich wie die Endlichkeiten, mit denen sie in Wechsel stehn. Die Endlichkeit ist das Integral der einen Unendlichkeit und das Differential der andern Unendlichkeit – dasselbe, was eins ist.)
Die Differentialen des unendlich Großen verhalten sich wie die Integralen des unendlich Kleinen, weil sie eins sind.
Sollte der Mensch die Einheit für die Natur, das Weltall sein, i. e. das Differential der unendlich großen und das Integral der unendlich kleinen Natur, das allgemein homogenisierende Prinzip, das Maß aller Dinge, ihr gegenseitiges Realisierungsprinzip, das Organ ihres Kontakts?
Der vollkommenste Charakter würde der durchsichtige, der von selbst verständliche, der unendlich leicht und natürlich scheinende, durchaus bekannte, deshalb unbemerkte, übersehene und elastische sein.
Relativer Charakter
Die Menschen verändern sich gegen die Extreme und sind nur das, was sie nach ihrer Umgebung und gegen die Gegenstände und Gegenmenschen sein können – daher Veränderlichkeit der Charaktere und relativer Charakter überhaupt.
Affektation
Jeder sich absondernde, gewöhnlich affektiert scheinende Mensch ist denn doch ein Mensch, bei dem sich ein Grundsatz regt. Jedes unnatürliche Betragen ist Symptom einer angeschoßnen Maxime. Selbständigkeit muß affektiert anfangen. Alle Moral fängt affektiert an. Sie gebietet Affektation. Aller Anfang ist ungeschickt.
Annihilisations- und Positionsakt
Die Herrnhuter annihilieren ihre Vernunft, die Empfindsamen ihren Verstand, die Leute von Verstand ihr Herz. Kein Akt ist gewöhnlicher in uns als der Annihilisationsakt. Ebenso gewöhnlich ist der Positionsakt. Wir setzen und nehmen etwas willkürlich so an, weil wir es wollen. Nicht aus bewußtem Eigensinn, denn hier wird wirklich mit Hinsicht auf unsern Willen etwas festgesetzt, sondern aus instinktartigem Eigensinn, der ebenfalls in der Trägheit, so sonderbar es auch scheint, seinen Grund hat. Es ist ein äußerst bequemes Verfahren, sich aller Mühe des Forschens zu überheben und allem innern und äußern Streit und Zwiespalt ein Ende zu machen. Es ist eine Art von Zauberei, durch die wir die Welt umher nach unsrer Bequemlichkeit und Laune bestellen.
Magische Affektenlehre
Hang zum Wunderbaren
Hang zum Wunderbaren und Geheimnisvollen ist nichts als Streben nach unsinnlichem, geistigem Reiz.
Träumende Glieder der Seele
Schmerz und Angst bezeichnen die träumenden Glieder der Seele. Körperliche Lust und Unlust sind Traumprodukte. Die Seele ist nur zum Teil wach. Wo sie träumt, wie z.B. in den unwillkürlichen Organen (wohin in gewisser Hinsicht der ganze Körper gehört), da empfindet sie Lust und Unlust. Schmerz und Kitzel sind Sensationen der gebundenen Seele.
Schmerz muß Täuschung sein
(Schmerz muß Täuschung sein.) Alle Erfahrung ist Magie, nur magisch erklärbar. Verminderung und Konzentration der Erfahrung, Verminderung und Konzentration der Spekulation. Der Empirism endigt mit einer einzigen Idee, wie der Rationalism mit einer einzigen Erfahrung anfängt. (Empirischer Idealism und Realism. Rationeller Realism und Idealism.)
Geheimlichen
(Geheimlichen.) In Geheimnisstand erheben. Das Unbekannte ist der Reiz des Erkenntnisvermögens. Das Bekannte reizt nicht mehr. Das Erkenntnisvermögen ist sich selbst der höchste Reiz, das absolut Unbekannte.
Macht des Glaubens
Unsere Meinung, Glaube, Überzeugung von der Schwierigkeit, Leichtigkeit, Erlaubtheit und Nichterlaubtheit, Möglichkeit und Unmöglichkeit, Erfolg und Nichterfolg usw. eines Unternehmens, einer Handlung bestimmt in der Tat dieselben. Z.B., es ist etwas mühselig und schädlich, wenn ich glaube, daß es so ist, und so fort. Selbst der Erfolg des Wissens beruht auf der Macht des Glaubens. In allem Wissen ist Glauben.
Betrachtungen über Schlaf und Traum
Unser Leben ist ein Traum heißt soviel als, unser Leben ist ein Gedanke. Betrachtungen über den Traum im gewöhnlichen Sinne.
Die Träume sind für den Psychologen höchst wichtig – auch für den Historiker der Menschheiten. Die Träume haben sehr viel zur Kultur und Bildung der Menschheit beigetragen; daher mit Recht das ehemalige große Ansehn der Träume.
Vernünftiger Traum ist Gedanke usw. Gewöhnliche Träume sind indirekte Gedanken, Symptome des entzündlichen Vernunft mangels. Träumen und Nichtträumen zugleich – synthesiert, ist die Operation des Genies – wodurch beides sich gegenseitig verstärkt. (Das analog moralische Träumen.) Das analog moralisch Sichtbare ist das Schöne. Das analog moralische Denken macht den Philosophen. Das analog moralische Sprechen den Redner und Dichter.
Schlaf ist Seelenverdauung
Der Schlaf scheint Perturbation der organischen Welt durch die anorganische zu sein.
Schlaf ist ein vermischter Zustand des Körpers und der Seele. Im Schlafe ist Körper und Seele chymisch verbunden. Im Schlafe ist die Seele durch den Körper gleichmäßig verteilt; der Mensch ist neutralisiert. Wachen ist ein geteilter, polarischer Zustand; im Wachen ist die Seele punktiert, lokalisiert. Schlaf ist Seelenverdauung: der Körper verdaut die Seele (Entziehung des Seelenreizes). Wachen ist Einwirkungsstand des Seelenreizes: der Körper genießt die Seele. Im Schlafe sind die Bande des Systems locker, im Wachen angezogen.
»Sollte die Seele in der Nacht auch zu den Antipoden gehn?«
Vereinigung von Zu- und Abnehmen in einer Bewegung, z.B. Vereinigung von Schlaf und Wachen in einem Zustande. (Sollte die Seele in der Nacht auch zu den Antipoden gehn, in die Welt, wo alles wie hier ist, nur umgekehrt in Beziehung auf Zeit? Mehr von den Antipoden usw. in Beziehung auf den innern Menschen. Geister sind nur Menschen-Antipoden.)
Leichtigkeit unsrer Seele
Der Traum belehrt uns auf eine merkwürdige Weise von der Leichtigkeit unsrer Seele, in jedes Objekt einzudringen, sich in jedes sogleich zu verwandeln.
Bedeutend und prophetisch
Der Traum ist oft bedeutend und prophetisch, weil er eine Naturseelenwirkung ist und also auf Assoziationsordnung beruht. Er ist wie Poesie bedeutend – aber auch darum unregelmäßig bedeutend – durchaus frei.
Aufwachen
Wir sind dem Aufwachen nah, wenn wir träumen, daß wir träumen.
Magische Liebeslehre
Liebeswelt
Wenn man recht liebt, so entfaltet sich in unserm Innern eine wirkliche, sichtbare Welt nach den Worten.
Auferweckung eines fremden Bewußtseins
Auferweckung eines fremden Bewußtseins, Belebung einer fremden Persönlichkeit im innern Gemüt – zum Behuf einer Ehe.
Der Samen
Der Samen ist ein Nahrungs- und Reizungsmittel des Weibes zum Ersatz für die Menstrua. Im eigentlichsten Sinn lebt also der Mann für die Frau mit. – Sollte die Frau sensibler, der Mann reizbarer sein?
Mystische Funktion der Wollust
Tanz, Essen, Sprechen, gemeinschaftlich Empfinden und Arbeiten, Zusammensein, sich Hören, Sehn, Fühlen usw. alles sind Bedingungen und Anlässe und selbst schon Funktionen der Wirksamkeit des höhern, zusammengesetzten Menschen, des Genius usw.
Theorie der Wollust: Amor ist es, der uns zusammengedrückt. In allen obgedachten Funktionen liegt Wollust zum Grunde. Die eigentlich wollüstige Funktion (Sympathie) ist die am meisten mystische, die beinah' absolute oder auf Totalität (Mischung) der Vereinigung dringende, die chymische.
Der Blick (die Rede), die Händeberührung, der Kuß, die Busenberührung, der Akt der Umarmung, dies sind die Staffeln der Leiter, auf der die Seele heruntersteigt; dieser entgegengesetzt ist eine Leiter, auf der der Körper heraufsteigt, bis zur Umarmung.
Vorbereitung der Seele und des Körpers zur Erwachung des Geschlechtstriebes.
Seele und Körper berühren sich im Akt: chemisch oder galvanisch oder elektrisch oder feurig. Die Seele ißt den Körper (und verdaut ihn) instantant; der Körper empfängt die Seele (und gebiert sie) instantant.
Über die mystischen Glieder des Menschen
Über die mystischen Glieder des Menschen – an die nur zu denken, schweigend sie zu bewegen, schon Wollust ist.