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Das Poem des Verstandes
Das Poem des Verstandes ist Philosophie. Es ist der höchste Schwung, den der Verstand sich über sich selbst gibt. Einheit des Verstandes und der Einbildungskraft. Ohne Philosophie bleibt der Mensch in seinen wesentlichsten Kräften uneins. – Es sind zwei Menschen: ein Verständiger und ein Dichter.
Ohne Philosophie unvollkommner Dichter, ohne Philosophie unvollkommner Denker, Urteiler.
Der poetische Philosoph
Der poetische Philosoph ist en état de Créateur absolu. Ein Kreis, ein Triangel werden schon auf diese Art kreiert. Es kommt ihnen nichts zu, als was der Verfertiger ihnen zukommen läßt usw. Man muß immer überhaupt bedenken, daß das Höchste, zwar nicht in der wirklichen, aber in der idealischen Geschichte, vor dem Niedrigeren usw. kommt; also auch, wenn der Mathematiker wirklich etwas Richtiges tut, so tut er's als poetischer Philosoph.
Der philosophische Poet
Der Logiker geht vom Prädikat, der Mathematiker vom Subjekt, der Philosoph von der Kopula aus. Der Poet von Prädikat und Subjekt, der philosophische Poet von allen dreien zugleich.
Fragment Friedrich Schlegels
Auch die Philosophie hat ihre Blüten. Das sind die Gedanken, von denen man immer nicht weiß, ob man sie schön oder witzig nennen soll.
Anthropogenien
Statt Kosmogenien und Theogenien beschäftigen sich unsre Philosophen mit Anthropogenien.
Der Künstlerphilosoph
Der rohe, diskursive Denker ist der Scholastiker. Der echte Scholastiker ist ein mystischer Subtilist. Aus logischen Atomen baut er sein Weltall – er vernichtet alle lebendige Natur, um ein Gedankenkunststück an ihre Stelle zu setzen. Sein Ziel ist ein unendlicher Automat. Ihm entgegengesetzt ist der rohe, intuitive Dichter. Er ist ein mystischer Makrolog. Er haßt Regel und feste Gestalt. Ein wildes, gewalttätiges Leben herrscht in der Natur – alles ist belebt. Kein Gesetz – Willkür und Wunder überall. Er ist bloß dynamisch.
So regt sich der philosophische Geist zuerst in völlig getrennten Massen.
Auf der zweiten Stufe der Kultur fangen sich an diese Massen zu berühren – mannigfaltig genug; so wie in der Vereinigung unendlicher Extreme überhaupt das Endliche, Beschränkte entsteht, so entstehn nun auch hier Eklektiker ohne Zahl. Die Zeit der Mißverständnisse beginnt. Der Beschränkteste ist auf dieser Stufe der Bedeutendste, der reinste Philosoph der zweiten Stufe. Diese Klasse ist ganz auf die wirkliche, gegenwärtige Welt, im strengsten Sinne, eingeschränkt. Die Philosophen der ersten Klasse sehn mit Verachtung auf diese zweite herab. Sie sagen, sie sei alles nur ein bißchen und mithin nichts. Sie halten ihre Ansichten für Folgen der Schwäche, für Inkonsequentismus. Gegenteils stimmt die zweite Klasse in der Bemitleidung der ersten überein, der sie die absurdeste Schwärmerei, bis zum Wahnwitz, schuld geben.
Wenn von einer Seite Scholastiker und Alchimisten gänzlich gespalten, hingegen die Eklektiker eins zu sein scheinen, so ist doch auf dem Revers alles gerade umgekehrt. Jene sind im wesentlichen indirekte eines Sinns, nämlich über die absolute Unabhängigkeit und unendliche Tendenz der Meditation. Sie gehn beide vom Absoluten aus; dagegen die Bornierten im wesentlichen mit sich selbst uneins und nur im Abgeleiteten übereinstimmend sind. Jene sind unendlich, aber einförmig – diese beschränkt, aber mannigfaltig. Jene haben das Genie, diese das Talent. Jene die Ideen, diese die Handgriffe. Jene sind Köpfe ohne Hände, diese Hände ohne Köpfe. Die dritte Stufe ersteigt der Künstler, der Werkzeug und Genie zugleich ist. Er findet, daß jene ursprüngliche Trennung der absoluten philosophischen Tätigkeiten eine tieferliegende Trennung seines eigenen Wesens sei, deren Bestehn auf der Möglichkeit ihrer Vermittlung, ihrer Verbindung beruht. Er findet, daß, so heterogen auch diese Tätigkeiten sind, sich doch ein Vermögen in ihm vorfinde, von einer zur andern überzugehn, nach Gefallen seine Polarität zu verändern. Er entdeckt also in ihnen notwendige Glieder seines Geistes; er merkt, daß beide in einem gemeinsamen Prinzip vereinigt sein müssen. Er schließt daraus, daß der Eklektizismus nichts als das Resultat des unvollständigen, mangelhaften Gebrauchs dieses Vermögens sei. Es wird ihm mehr als wahrscheinlich, daß der Grund dieser Unvollständigkeit die Schwäche der produktiven Imagination sei, die es nicht vermöge, sich im Moment des Übergehns von einem Gliede zum andern schwebend zu erhalten und anzuschauen. Die vollständige Darstellung des durch diese Handlung zum Bewußtsein erhobenen echt geistigen Lebens ist die Philosophie κατ' εξοχην. Hier entsteht jene lebendige Reflexion, die sich bei sorgfältiger Pflege nachher zu einem unendlich gestalteten geistigen Universo von selbst ausdehnt – der Kern und der Keim einer alles befassenden Organisation. Es ist der Anfang einer wahrhaften Selbstdurchdringung des Geistes, die nie endigt.
Der Goethische Philosoph oder Denker
Je unermeßlicher und mannigfacher der Horizont (die Sphäre) des Bewußtseins wird, desto mehr verschwindet die individuelle Größe, und desto merklicher wächst, desto offenbarer wird die geistige Vernunftgröße des Menschen. Je größer und höher das Ganze, desto merkwürdiger das Einzelne. Die Beschränkungsfähigkeit wächst mit der Schrankenlosigkeit. Der Goethische Philosoph oder Denker. Mit der Bildung und Fertigkeit des Denkers wächst die Freiheit. (Freiheit und Liebe ist eins.) Die Mannigfaltigkeit der Methoden nimmt zu – am Ende weiß der Denker aus jedem alles zu machen. Der Philosoph wird zum Dichter. Dichter ist nur der höchste Grad des Denkers oder Empfinders usw. (Grade des Dichters.)
Die Kunst Philosophien zu machen
Philosophieren ist dephlegmatisieren, vivifizieren. Man hat bisher in der Untersuchung der Philosophie die Philosophie erst totgeschlagen und dann zergliedert und aufgelöst. Man glaubte, die Bestandteile des Caput mortuum wären die Bestandteile der Philosophie. Aber immer schlug jeder Versuch der Reduktion oder der Wiederzusammensetzung fehl. Erst in den neuesten Zeiten hat man die Philosophie lebendig zu beobachten angefangen, und es könnte wohl kommen, daß man so die Kunst erhielte, Philosophien zu machen.
Der Philosophism
Philosophism ist ein höheres Analogon des Organism. Der Organism wird durch den Philosophism komplettiert, und umgekehrt. Beide symbolisieren sich einander.
Wer weiß, was Philosophieren ist, weiß auch, was Leben ist, und umgekehrt. – Arten und Grade des Philosophismus.
Musikalisches Akkompagnement
Ich wünschte, daß meine Leser die Bemerkung, daß der Anfang der Philosophie ein erster Kuß ist, in einem Augenblick läsen, wo sie Mozarts Komposition »Wenn die Liebe in deinen blauen Augen« recht seelenvoll vortragen hörten, wenn sie nicht gar in der ahndungsvollen Nähe eines ersten Kusses sein sollten.
Über das musikalische Akkompagnement der verschiednen Meditationen, Gespräche und Lektüren.
Musikalische Phantasien
Jeder allgemeine, unbestimmte Satz hat etwas Musikalisches. Er erregt philosophische Phantasien, ohne irgendeinen bestimmten philosophischen Gedankengang, irgendeine individuelle philosophische Idee auszudrücken.
Schiller musiziert sehr viel philosophisch; Herder und Schlegel auch. Goethe im Meister auch mitunter. Jean Paul poetisiert musikalische Phantasien. Tiecks Lieder sind auch durchaus musikalisch.
Philosophie
Die Philosophie soll nicht mehr antworten, als sie gefragt wird.
Hervorbringen kann sie nichts. Es muß ihr etwas gegeben werden. Dieses ordnet und erklärt sie, oder welches ebensoviel ist, sie weist ihm seine Stelle im Ganzen an, wo es als Ursache und Wirkung hingehört.
Welches ist aber ihr eigentlicher Wirkungskreis? Keine gelehrte Kunst kann es sein. Sie muß nicht von Gegenständen und Kenntnissen abhängen, die erworben werden müssen, von einer Quantität der Erfahrung, sonst wäre jede Wissenschaft Philosophie. Wenn also jene Wissenschaften sind, so ist sie keine.
Was könnte es wohl sein?
Sie handelt von einem Gegenstande, der nicht gelernt wird. Wir müssen aber alle Gegenstände lernen – also, von gar keinem Gegenstande. Was gelernt wird, muß doch verschieden sein von dem Lernenden. Was gelernt wird, ist ein Gegenstand, also ist das Lernende kein Gegenstand. Könnte also die Philosophie vielleicht vom Lernenden handeln, also von uns, wenn wir Gegenstände lernen?
Die Philosophie ist aber selbst im Lernenden. Nun, da wird sie Selbstbetrachtung sein. Ei! wie fängt es der Lernende an, sich selbst in dieser Operation zu belauschen? Er müßte sich also lernen, denn unter Lernen verstehn wir überhaupt nichts als den Gegenstand anschaun und ihn mit seinen Merkmalen uns einprägen. Es würde also wieder ein Gegenstand. Nein, Selbstbetrachtung kann sie nicht sein, denn sonst wäre sie nicht das Verlangte. Es ist ein Selbstgefühl vielleicht. Was ist denn ein Gefühl?
(Die Philosophie ist ursprünglich Gefühl. Die Anschauungen dieses Gefühls begreifen die philosophischen Wissenschaften.)
Es muß ein Gefühl von innern, notwendig freien Verhältnissen sein. Die Philosophie bedarf daher allemal etwas Gegebenen, ist Form – und doch real und ideal zugleich wie die Urhandlung. Konstruieren läßt sich Philosophie nicht. Die Grenzen des Gefühls sind die Grenzen der Philosophie. Das Gefühl kann sich nicht selber fühlen.
Das dem Gefühl Gegebne scheint mir die Urhandlung als Ursache und Wirkung zu sein.
Unterscheidung der Philosophie von ihrem Produkt: den philosophischen Wissenschaften.
Was ist denn ein Gefühl?
Es läßt sich nur in der Reflexion betrachten, der Geist des Gefühls ist da heraus. Aus dem Produkt läßt sich nach dem Schema der Reflexion auf den Produzenten schließen.
Anschauungsvermögen. Der Anschauung liegt kein besondrer Trieb zum Grunde.
Die Anschauung ist für das Gefühl und die Reflexion geteilt. Eins ist sie ohne Anwendung. Angewandt ist sie Tendenz und Produkt. Die Tendenz gehört dem Gefühl, das Produkt der Reflexion. Das Subjektive dem Gefühl, das Objektive der Reflexion. (Beziehung zwischen Vermögen und Kraft.)
Gefühl und Reflexion bewirken zusammen die Anschauung. Es ist das vereinigende Dritte, das aber nicht in die Reflexion und Gefühl kommen kann, da die Substanz nie ins Akzidens kriechen kann, die Synthese nie ganz in der These und Antithese erscheinen. (So entsteht ein Objekt aus Wechselwirkung zweier Nichtobjekte. Anwendung auf die Urhandlung.)
Gefühl scheint das erste, Reflexion das zweite zu sein. Warum?
Im Bewußtsein muß es scheinen, als ginge es vom Beschränkten zum Unbeschränkten, weil das Bewußtsein von sich, als dem Beschränkten, ausgehn muß –, und dies geschieht durchs Gefühl, ohnerachtet das Gefühl, abstrakt genommen, ein Schreiten des Unbeschränkten zum Beschränkten ist: diese umgekehrte Erscheinung ist natürlich. Sobald das Absolute, wie ich das ursprünglich ideal Reale oder real Ideale nennen will, als Akzidens oder halb erscheint, so muß es verkehrt erscheinen: das Unbeschränkte wird beschränkt et vice versa. (Anwendung auf die Urhandlung.) Ist das Gefühl da im Bewußtsein, und es soll reflektiert werden, welches der Formbetrieb verursacht, so muß eine Mittelanschauung vorhergehen, welche selbst wieder durch ein vorhergehendes Gefühl und eine vorhergehende Reflexion, die aber nicht ins Bewußtsein kommen kann, hervorgebracht wird; und das Produkt dieser Anschauung wird nun das Objekt der Reflexion. Dieses scheint nun aber ein Schreiten vom Unbeschränkten zum Beschränkten und ist eigentlich gerade ein umgekehrtes Schreiten.
Beim Gefühl und der Reflexion wird freilich Unbeschränkt beidemal in einer verschiednen Bedeutung genommen. Das erstemal paßt der Wortsinn Unbeschränkt oder Unbestimmt mehr, das zweitemal würde Unabhängig passender sein. Das letztere deutet auf Kausalverbindung, und der Grund davon mag wohl darin liegen, daß die zweite Handlung durch die erste verursacht zu sein scheint. Es ist also eine Beziehung auf die erste Handlung. Hingegen deutet das erstere auf die Reflexionsbestimmung und ist also eine Beziehung auf die zweite Handlung, welches den innigen Zusammenhang dieser beiden Handlungen auffallender zeigt.
Woher erhält aber die erste Reflexion, die die Mittelanschauung mit hervorbringt, ihren Stoff, ihr Objekt? Was ist überhaupt Reflexion?
Sie wird leicht zu bestimmen sein, wie jede Hälfte einer Sphäre, wenn man die eine Hälfte, als Hälfte, und die Sphäre, als geteilt, hat. Denn da muß sie gerade das Entgegengesetzte sein, weil nur zwei Entgegengesetzte eine Sphäre in unserm Sinn erschöpfen oder ausmachen.
Die Sphäre ist der Mensch, die Hälfte ist das Gefühl.
Vom Gefühl haben wir bisher gefunden, daß es zur Anschauung mitwirke, daß es dazu die Tendenz gebe oder das Subjektive, daß es der Reflexion korrespondiere, die Hälfte der Sphäre Mensch, im Bewußtsein ein Schreiten vom Beschränkten zum Unbeschränkten, im Grunde aber das Gegenteil sei, daß ihm etwas gegeben sein müsse, und daß dieses ihm Gegebene die Urhandlung als Ursache und Wirkung zu sein scheine.
Theoretische und praktische Philosophie, was ist das? Welches ist die Sphäre jeder?
Die Reflexion findet das Bedürfnis einer Philosophie oder eines gedachten, systematischen Zusammenhangs zwischen Denken und Fühlen, denn es ist im Gefühl. Es durchsucht seinen Stoff und findet, als Unwandelbares, als Festes zu einem Anhalten, nichts als sich und sich selbst rein, i. e. ohne Stoff, bloße Form des Stoffs, aber, wohlverstanden, reine Form, zwar ohne wirklichen Stoff gedacht, aber doch, um reine Form zu sein, in wesentlicher Beziehung auf einen Stoff überhaupt. Denn sonst wäre es nicht reine Form der Reflexion, die notwendig einen Stoff voraussetzt, weil sie Produkt des Beschränkten, des Bewußtseins in dieser Bedeutung, kurz Subjektivität des Subjekts, Akzidensheit des Akzidens ist. Dies ist die Urhandlung usw.
Das ist das Kontingent, was die Reflexion, scheinbar allein, zur Befriedigung jenes Bedürfnisses liefert. Die Kategorie der Modalität schließt deshalb mit dem Begriff der Notwendigkeit. Nun geht die Wechselherrschaft an. Die Urhandlung verknüpft die Reflexion mit dem Gefühle. Ihre Form gleichsam gehört der Reflexion, ihr Stoff dem Gefühle. Ihr Geschehn ist im Gefühl, ihre Art in der Reflexion. Die reine Form des Gefühls ist darzustellen nicht möglich. Es ist nur eins, und Form und Stoff, als komponierte Begriffe, sind gar nicht darauf anwendbar. Die Reflexion konnte ihre reine Form darstellen, wenn man ihre partielle Funktion in der Gemeinschaft mit dem Gefühl Form nennt und diesen Namen auf ihre abstrakte Wirksamkeit überträgt. Nur im Gefühle gleichsam kann die Reflexion ihre reine Form aufstellen: neues Datum des überall herrschenden Wechselverhältnisses zwischen den Entgegengesetzten, oder der Wahrheit, daß alles durch Reflexion Dargestellte nach den Regeln der Reflexion dargestellt ist und von diesen abstrahiert werden muß, um das Entgegengesetzte zu entdecken.
Das Gefühl gibt nun der Reflexion zu seinem Kontingente den Stoff der intellektualen Anschauung. So wie das Gefühl der Reflexion in Aufstellung seiner ersten Formen behilflich sein mußte, so muß die Reflexion, um etwas, für sie zu bearbeiten Mögliches zu haben, mitwirken: und so entsteht die intellektuale Anschauung. Diese wird nun der Stoff der Philosophie in der Reflexion. Nun hat die Reflexion eine reine Form und einen Stoff für die reine Form, also das Unwandelbare, Feste, zu einem Anhalten, was sie suchte, und nun ist die Aussicht auf eine Philosophie, als gedachten (systematischen) Zusammenhang zwischen Denken und Fühlen eröffnet. Wie finden wir nun den Stoff, das Objekt, was nicht Objekt ist, das Gebiet der Wechselherrschaft des Gefühls und der Reflexion bestimmt? Der Zusammenhang zwischen Denken und Fühlen muß immer sein, wir müssen ihn im Bewußtsein überall finden können. Aber wie finden wir ihn systematisch?
Aus den reinen Formen der Reflexion haben wir das Verfahren der Reflexion mit dem Stoff überhaupt gelernt. Sie hat nun einen bestimmten Stoff, mit dem wird sie also ebenso verfahren. Dieser bestimmte Stoff ist die intellektuale Anschauung. Nach dem Gesetze der Urhandlung wird er geteilt. Sie zerfällt in ihre zwei Teile, in das Gefühl und in die Reflexion, denn aus diesen ist sie zusammengesetzt. Die Synthesis dieser These und Antithese muß eins, Grenze und Sphäre von beiden, absolute Sphäre sein, denn es ist Synthesis; wir sind aber im bestimmten Stoff, also muß es, es kann nicht anders sein – Mensch oder Ich sein. Der Mensch denkt und fühlt, er begrenzt beides frei, er ist bestimmter Stoff.
(Dies wäre Fichtens Intelligenz. Das absolute Ich ist dieser bestimmte Stoff, eh die Urhandlung in ihn tritt, eh die Reflexion auf ihn angewendet wird.)
So haben wir in unsrer Deduktion der Philosophie den natürlichsten Weg beobachtet: Bedürfnis einer Philosophie im Bewußtsein, scheinbares Schreiten vom Beschränkten zum Unbeschränkten, Reflexion darüber, scheinbares Schreiten vom Unbeschränkten zum Beschränkten, Resultate dieser Reflexion, Resultate des Gefühls dieser Reflexion, Reflexion über diese Resultate nach jenen Resultaten, gefundner Zusammenhang oder Philosophie.
Philosophieren
Philosophieren muß eine eigne Art von Denken sein. Was tu' ich, indem ich philosophiere? Ich denke über einen Grund nach, dem Philosophieren liegt also ein Streben nach dem Denken eines Grundes zum Grunde. Grund ist aber nicht Ursache im eigentlichen Sinne – sondern innre Beschaffenheit, Zusammenhang mit dem Ganzen. Alles Philosophieren muß also bei einem absoluten Grunde endigen. Wenn dieser nun nicht gegeben wäre, wenn dieser Begriff eine Unmöglichkeit enthielte, so wäre der Trieb zu philosophieren eine unendliche Tätigkeit und darum ohne Ende, weil ein ewiges Bedürfnis nach einem absoluten Grunde vorhanden wäre, das doch nur relativ gestillt werden könnte und darum nie aufhören würde. Durch das freiwillige Entsagen des Absoluten entsteht die unendliche, freie Tätigkeit in uns, das einzig mögliche Absolute, was uns gegeben werden kann, und was wir nur durch unsre Unvermögenheit, ein Absolutes zu erreichen und zu erkennen, finden. Dies uns gegebne Absolute läßt sich nur negativ erkennen, indem wir handeln und finden, daß durch kein Handeln das erreicht wird, was wir suchen.
Dies ließe sich ein absolutes Postulat nennen. Alles Suchen nach einem Prinzip wäre also wie ein Versuch, die Quadratur des Zirkels zu finden. (Perpetuum mobile. Stein der Weisen.) (Negative Erkenntnis.) (Die Vernunft wäre das Vermögen, einen solchen absoluten Gegenstand zu setzen und festzuhalten.) (Der durch die Einbildungskraft ausgedehnte Verstand.) Streben nach Freiheit wär' also jenes Streben zu philosophieren, der Trieb nach der Erkenntnis des Grundes. Philosophie, Resultat des Philosophierens, entsteht demnach durch Unterbrechung des Triebes nach Erkenntnis des Grundes, durch Stillstehn bei dem Gliede, wo man ist, Abstraktion von dem absoluten Grunde und Geltendmachung des eigentlichen absoluten Grundes der Freiheit, durch Verknüpfung (Verganzung) des zu Erklärenden zu einem Ganzen. Je mannigfaltiger die Glieder dieses Ganzen sind, desto lebhafter wird die absolute Freiheit empfunden; je verknüpfter, je ganzer es ist, je wirksamer, anschaulicher, erklärter ist der absolute Grund alles Begründens, die Freiheit, darin. Die Mannigfaltigkeit bezeugt die Energie, die Lebhaftigkeit der praktischen Freiheit – die Verknüpfung die Tätigkeit der theoretischen Freiheit. Die erste begreift Handlungen, die andre Behandlungen. Hierunter verstehe ich die Handlungen der eigentlichen Reflexion, die auf bloße Denkhandlungen gehn. (Reflexion ist nicht alles Denken, sondern behandeltes, bedachtes Denken.) Ich bedeutet jenes negativ zu erkennende Absolute, was nach aller Abstraktion übrigbleibt. Was nur durch Handeln erkannt werden kann, und was sich durch ewigen Mangel realisiert. (So wird Ewigkeit durch Zeit realisiert, ohnerachtet Zeit der Ewigkeit widerspricht.) Ich wird nur im Entgegengesetzten wirksam und bestimmt für sich. Indem ich frage: Was ist das? so fordre ich Entäußerung des Dinges an sich; ich will wissen, was es ist? Das weiß ich ja schon, daß es das und das Ding ist, aber was für ein Ding? Dies will ich wissen, und hier tret' ich in die Sphäre des Subjektiven (die Anschauung find' ich nie, weil ich sie bei der Reflexion suchen muß, und so umgekehrt). Was handelt zunächst für mich, woher entlehn' ich meine Begriffe? – notwendig ich – notwendig von mir. Ich bin für mich der Grund alles Denkens, der absolute Grund, dessen ich mir nur durch Handlungen bewußt werde; Grund aller Gründe für mich, Prinzip meiner Philosophie ist mein Ich. Dieses Ich kann ich nur negativerweise zum Grund alles meines Philosophierens machen, indem ich soviel zu erkennen (zu handeln) und dies so genau zu verknüpfen suche als möglich; (letzteres durch Reflexion). Je unmittelbarer, direkter ich etwas vom Ich ableiten kann, je erkannter, begründeter ist es mir.
(Ergründen ist Philosophieren. Erdenken ist Dichten. Bedenken und Betrachten ist eins. Empfinden, reines Denken ist ein bloßer Begriff: Gattungsbegriff. Nun ist aber Gattung nichts außer dem einzelnen; also denkt man immer auf eine bestimmte Weise, man ergründet oder erdenkt usw.)
(Durch die Gattung kann ich nicht die Individuen kennen lernen, sondern durch die Individuen die Gattung, aber freilich muß man bei der Beobachtung der Individuen immer die Idee der Gattung in den Augen haben.)
(Die Fichtische Philosophie ist eine Aufforderung zur Selbsttätigkeit: ich kann keinem etwas erklären von Grund aus, als daß ich ihn auf sich selbst verweise, daß ich ihn dieselbe Handlung zu tun heiße, durch die ich mir etwas erklärt habe. Philosophieren kann ich jemand lehren, indem ich ihn lehre, es ebenso zu machen wie ich. Indem er tut, was ich tue, ist er das, was ich bin, da, wo ich bin.)
(Vom Erfinden oder Nachmachen geht alle Kunst aus.)
(Sind nun die Handlungen, die ich tue, die natürlichen, so sind alle andren Handlungen unnatürlich und erlangen nicht den Zweck, den sie in den Augen haben und haben müssen – der Mensch widerspricht sich. Er widerspricht sich nicht, wenn er seiner Natur gemäß handelt. Daher bleiben die Bösen z. B. in einem ewigen Widerspruch mit sich selbst.) (Der unterschiedne Stoff bringt erst die Unterscheidung in Absicht desjenigen, wovon der Grund gesucht wird, zuwege. Die Alten nannten daher Naturlehre usw. auch Philosophie; wir haben sie auf das Denken des Grundes der Vorstellungen und Empfindungen, kurz der Veränderungen des Subjekts eingeschränkt.) (Über den Ausdruck Seele. Seele des Ganzen.)
Seele, Körper, Ich
Es ist allgemein bekannt, daß man Seele und Körper unterscheidet. Jeder, der diese Unterscheidung kennt, wird dabei eine Gemeinschaft zwischen beiden statuieren, vermöge deren sie aufeinander wechselseitig wirken. In dieser Wechselwirkung kommt beiden eine doppelte Rolle zu: entweder sie wirken selbst für sich aufeinander, oder ein drittes Etwas wirkt durch eins aufs andre. Der Körper nämlich dient zugleich auch vermittels der Sinne zu einer Kommunikation der äußern Gegenstände mit der Seele, und insofern er selbst ein äußrer Gegenstand ist, wirkt er selbst als ein solcher mittels der Sinne auf die Seele. Natürlich wirkt die Seele auf demselben Wege zurück, und hieraus ergibt sich, daß dieser Weg oder die Sinne ein gemeinschaftliches, ungeteiltes Eigentum des Körpers und der Seele sind. So gut es äußre Gegenstände gibt, zu denen der Körper mitgehört, ebenso gut gibt es innre Gegenstände, zu denen die Seele mitgehört. Diese wirken auf den Körper und die äußern Gegenstände überhaupt, mittels der Sinne, wie schon gesagt, und erhalten die Gegenwirkung auf diesem Wege zurück. Die Schwierigkeit ist nun, die Sinne zu erklären. (Gattungsbegriff der Sinne.)
Zu Sinnen gehört immer ein Körper und eine Seele. Ihre Vereinigung findet mittels der Sinne statt. Die Sinne sind schlechthin nichtselbsttätig. Sie empfangen und geben, was sie erhalten. Sie sind das Medium der Wechselwirkung.
(Entweder unterscheidet die Seele das wirkliche Dasein in der Erscheinung des Augenblicks, den wirklichen Zustand, vom notwendigen Dasein in der Idee, dem gesetzten, dem Idealzustande, nicht (Zustand des freien Seins, ohne rege Unterscheidungskraft), oder sie unterscheidet beides. Im letztern Falle findet sie nun den wirklichen Zustand mit sich selbst harmonierend oder sich widersprechend. Das erste ist das Gefühl der Lust, des Gefallens, das andre das Gefühl der Unlust, des Mißfallens. Beide sind Abweichungen vom natürlichen Zustande und daher nur momentan im weitern Sinne. Im ersten Gefühl ist es die Form des natürlichen Zustandes, der Kunstzustand, das Gefällige, Lusterregende. Im andern ist der Zwang, den das Natürlichnotwendige vom Zufälligen erleidet, das Mißfällige, Schmerzende.)
Der Grund der Sinne, der Sinn, muß eine negative Materie und negativer Geist sein – beides eins – folglich die absolute Materie und der absolute Geist, welches eins ist. Finden tun wir dieses Substrat in den einzelnen Sinnen vereinzelt, d.h. in Verbindung mit einem äußern oder innern Gegenstande. Licht, Schall usw. sind Modifikationen, Individuen der Gattung »Sinn«. (Organ und Sinn unterschieden.)
(Hieraus sehn wir beiläufig, daß Ich im Grunde nichts ist. Es muß ihm alles gegeben werden. Aber es kann nur ihm etwas gegeben werden, und das Gegebne wird nur durch Ich etwas. Ich ist keine Enzyklopädie, sondern ein universales Prinzip. Dies hellt auch die Materie von Deduktionen a priori auf. Was dem Ich nicht gegeben ist, das kann es nicht aus sich deduzieren. Was ihm gegeben ist, ist auf Ewigkeit sein, denn Ich ist nichts als das Prinzip der Vereigentümlichung. Alles ist sein, was in seine Sphäre tritt, denn in diesem Aneignen besteht das Wesen seines Seins. Zueignung ist die ursprüngliche Tätigkeit seiner Natur.)
Wahrscheinlich also das Element der Einbildungskraft – des Ichs –, des Einzigen vorhin gedachten Absoluten, das durch Negation alles Absoluten gefunden wird.
Nun müssen wir uns aber diesen Fund nicht materiell oder geistig denken. Es ist keins von beiden, weil es beides auf gewisse Weise ist. Es ist ein Produkt der Einbildungskraft, woran wir glauben, ohne es seiner und unsrer Natur nach je zu erkennen zu vermögen. Es ist auch nichts an und für sich Vorhandnes, sondern dasjenige, was als Gegenstand einer notwendigen Idee den einzelnen Sinnen zum Grunde liegt und sie erklärt und sie einer theoretischen Behandlung fähig macht.
(Das oberste Prinzip muß schlechterdings nichts Gegebnes, sondern ein frei Gemachtes, ein Erdichtetes, Erdachtes sein, um ein allgemeines metaphysisches System zu begründen, das von Freiheit anfängt und zu Freiheit geht.) Alles Philosophieren zweckt auf Emanzipation ab.
(Innres, äußres Organ – Arten der innern und äußern Gegenstände, die besondre Organe voraussetzen und damit eine neue Modifikation des Sinns sichtbar, erkennbar machen.)
(Zwei Weisen, die Dinge anzusehn: von oben herunter oder von unten hinauf; durch diesen Wechsel wird positiv, was erst negativ war, und vice versa. Man muß beide Weisen auf einmal brauchen.) (Sinn und Bewußtsein. Das letztere ist nichts als: Wirksamkeit der einen oder der andern Welt mittels des Sinns.)
Wesen, Eigenschaft, Ding
Von Grüningen.
Wesen – Aufmerksamkeit innerhalb des Wesens. Tätigkeit und Wahrnehmlichkeit sind in dem einen Entgegengesetzten, Empfänglichkeit und Aufmerksamkeit im andern.
Ein Wesen ist wie alle. Hieraus folgt, daß alle Wesen tätig und im Entgegengesetzten wahrnehmlich – empfänglich und aufmerksam sind. Dies sind die Eigenschaften der Wesen.
Tätigkeit ist die ursprüngliche Eigenschaft des Wesens. Sein das ursprüngliche Wesen der Eigenschaft. (Tätigkeit läßt sich nur durch Sein, Sein nur durch Tätigkeit offenbaren.)
Eigenschaft ist also Sein durch ursprüngliche Tätigkeit und Tätigkeit durch Sein.
Vom Wesen ist nur eine Exposition möglich. Wesen ist schlechthin nicht erkennbar. Nur Eigenschaften sind Gegenstand und Zustand. Im Gegenstand erkennt man die Eigenschaften, das Zustandhaben. Im Zustand die Eigenschaften des Gegenstandseienden.
Man ist in einem Zustand und ist ein Gegenstand. Sein drückt das ursprünglich passive Verhältnis aus, in dem man gegen sich selbst steht. Haben drückt das passive Verhältnis des Wesens zur Eigenschaft aus. Sein drückt ein Wesentliches, Haben ein hinzugekommenes, bekommenes, zufälliges Verhältnis aus.
(Wesentlich und notwendig sind fast gleichbedeutend; doch drückt das letztere mehr Relation noch aus, ist spezielleren Gebrauchs.) (Eigentümliches Widerspiel.)
Erkennen läßt sich das Wesen aus den Eigenschaften nicht. Es ist aber nichts ohne seine Eigenschaften; folglich entbehren wir nichts damit, daß sich das Wesen nicht erkennen läßt.
Wie kommen wir auf das Wesen? und können nicht durch Entgegensetzungen das Wesen bestimmen? Es lassen sich nur Eigenschaften entgegensetzen. Das Wesen läßt sich nur negativ bestimmen. Es ist das, was keine Eigenschaft ist. Es ist also das jedesmal Wesen, was Eigenschaften hat. Es ist der Grund von allem – der Grund der Tätigkeit. Seine Bestimmung ist positiver Mangel aller Bestimmung.
Bestimmung ist Bezirk der Eigenschaften. Negation also Bezirk des Wesens.
Wir wissen nichts vom Wesen, als daß es das Entgegengesetzte der Eigenschaft überhaupt ist. Eigenschaften können wir aber nur durch Eigenschaften bestimmen, und zwar geschieht dies nur durch Aufsuchung derjenigen Eigenschaften, die sich einander entgegengesetzt sind, weil wir hier die einfache Tätigkeit des Wesens finden, die sich im Entgegengesetzten offenbart.
Das Entgegensetzen ist selbst Weise der ursprünglichen Eigenschaft des Wesens; folglich kann man nicht das Wesen durch Entgegensetzen entdecken. Wir werden nun bald entdeckt haben, daß Wesen, wie wir es erkennen und begreifen, auch nur Eigenschaft ist – und das sogenannte Wesen nur Substrat der Wahrnehmung und Empfindung ist –, so wie auch die sogenannte Eigenschaft im Gegensatz des Wesens.
Entgegensetzen ist strikte – vereinigen, indem beides durch ein Drittes sich entgegengesetzt, aber dadurch in Einem Bewußtsein vereinigt wird, indem hier ihre verschiednen Wesen Ein Wesen, ihre verschiednen Eigenschaften Eine Eigenschaft werden, dadurch aber ein reeller Unterschied zwischen ihren Wesen und Eigenschaften aufgehoben wird und nur ein zufälliger, wechselnder bleibt.
(Z.B. In Einer Anschauung wechselt Wesen und Eigenschaft nach Gefallen; denn man kann das Anschaubare und das Anschauliche beides zum Wesen oder zur Eigenschaft machen.)
Zwischen Entgegengesetztem muß man das Produkt im Dritten suchen.
Begriff des Wesens –Begriff der Eigenschaft. Das bloße Wesen ist nicht erkennbar; das tätige Wesen allerdings in seinen Eigenschaften. Jedes Wesen muß ursprüngliche Eigenschaften haben.
Eigenschaft ist ja nur Erscheinung des Wesens im Entgegengesetzten – i. e. Wesen.
Also läßt Eigenschaft auf ein Wesen schließen.
Wesen: seine Verwandtschaft mit Gattung usw. Es ist das Allgemeine, das Bleibende, das Ich, das Tätige, aber nicht das Agitierte, das Entgegengesetzte von Tätigkeit, negative Tätigkeit.
Eigenschaft ist eine Art von Substantiven, die meistens von Verben entstehn, und die Tatsache der Eigenschaften sind die Verba selbst. Über die Eigenschaft, die das Verb: sein ausdrückt. (Eigenschaft ist Zustand.)
Grund – Grundfeste – das Bestehende – Solide – Feste – der absolute Grund scheint der Grund überhaupt oder aller Grund zu sein.
(Alle Eigenschaft, alles Wesen, aller Grund scheint relativ zu sein.)
Das Veränderliche, Zufällige, Werdende – kann nur die Eigenschaften angehn.
Natur des Willens.
Die Notwendigkeit, die wir fühlen, ein objektives Dasein anzunehmen, ist natürliche Erscheinung der Tatsache des Entgegensetzens.
Jedes Ding, jeder Begriff besteht aus Entgegengesetztem. Zur Erkenntnis gehört: Kraft und Fähigkeit; subjektive Kraft und objektive Fähigkeit; objektives Vermögen des Subjekts und subjektives Sein des Objekts.
(Form ist Eigenschaftlichkeit.)
(Ding und Eigenschaft korrespondieren besser. Das Wesen hat keine Eigenschaften als Wesen – und die Eigenschaft als solche kein Wesen, sowenig als Stoff Form und Form Stoff hat. Wesen ist das Entgegengesetzte von Eigenschaftlichkeit. Stoff ist Wesen; Form Eigenschaftlichkeit.)
Eigenschaften und Wesen kann nur ein gemeinschaftlicher Grund, Bezirk haben, ein Drittes, was sie umschließt, und dessen Identität ihre Entgegensetzung mit ausmacht. Dies ist das Feste, was wir suchen, die Synthese, die Gattung usw.
Ihre wechselseitigen Verhältnisse.
Ding ist, was aus entgegengesetzter Tätigkeit usw. besteht; aus Stoff und Form, aus Wesen und Eigenschaftlichkeit. Ding ist nur durch Entgegengesetztsein möglich.
Dasein, als der Charakter des Dinges, ist weder Eigenschaftlichkeit noch Wesen. Es ist beides zugleich. Es ist der Grund von beiden: was beides möglich macht und wirklich und notwendig.
(Setzen ist das Verb von Gesetz. Gesetz ist Eigenschaft der Tätigkeit. Alles Tun ist ein Setzen, i. e. insofern es erkannt wird. Alles Erkannte ist gesetzt. Setzen ist Charakter der erkennbaren Tätigkeit. Gesetz drückt keinen Einfluß auf den Stoff der Tätigkeit, sondern nur auf deren Form aus. Die Tätigkeit selbst konnte nur ein Gesetz des Daseins sein, von dem die Tätigkeit nur eine besondre Modifikation wäre, aber alles Gesetz kann nie ein Tun enthalten, sondern nur ein Bestimmttun; denn alles Bestimmttun ist Setzen. Bestimmte Tätigkeit setzt; bestimmen ist aber ein besser Wort als setzen, das sich nur durch seine Ableitung – Gesetz – empfiehlt. Eine selbstbestimmende Tätigkeit ist ein Unding; alle bestimmte Tätigkeit setzt schlechterdings eine Gesetztheit, ein Vorhandnes voraus.)
Tätigkeit besteht, wie alles, aus Entgegengesetztem in Einem und verlangt folglich ein Ebensolches sich gegenüber, um etwas zu sein; und nach den Regeln des Entgegensetzens hat dies die Bestandteile der Tätigkeit nur in einem Wechselverhältnisse; hier ist Stoff, was dort Form war, und Form, was Stoff war.
Alles Tun ist demnach ein Bestimmttun. Alles Sein ein Bewußtsein – beides gesetzmäßig. Alles Gesetz: Form der Tatsache.
Alles Ding ist, wie aller Grund, relativ. Es ist Ding, insofern sein Entgegengesetztes Ding ist. Sie sind beide nicht Dinge, insofern sie ein gemeinschaftlicher Bezirk des Grundes sind, der dann Ding ist. Jedes Ding steckt im höhern Dinge oder weitern: extensivere und intensivere Dinge. (Extensiv und intensiv müssen eigentlich Einer Handlung Produkt sein, wie Position und Negation.)
Nur das Ganze ist real. Nur das Ding wäre absolut real, das nicht wieder Bestandteil wäre.
Das Ganze ruht ohngefähr, wie die spielenden Personen, die sich ohne Stuhl, bloß eine auf der andern Knie kreisförmig hinsetzen.
(Zustand und Gegenstand sind die Bestandteile des Bewußtseins. Sie bestehen beide aus Stoff und Form.)
Die Lehre vom Zustand und Gegenstand gehört schon in die Theorie des Bewußtseins hinein. Hier aber müssen wir vorerst die Gesetze und Tatsachen aufsuchen, die im Allgemeinen liegen.
Wir zergliedern aber hier die Theorie überhaupt. Damit kann nur verstanden werden, daß wir untersuchen, wie der menschliche Geist überhaupt bei einer Theorie zu Werke geht; wir betrachten sein Setzen, ohne Rücksicht auf einen bestimmten Inhalt, wiewohl natürlich in Beziehung auf den bestimmten Inhalt und selbst Einen bestimmten Inhalt überhaupt.
Aber wie erfahren wir denn, was eine Theorie ist? Es muß die Lehre von den Gesetzen eines Dinges sein. Den Anfang muß die Definition des Dinges machen. Aber Definition ohne Gesetze? wie ist die anticipando möglich? Womit macht man denn wohl den Anfang? Ohne Zweifel mit einer Sonderung. Aber doch muß uns schon etwas Festes, Distinguierendes gegeben sein, wenn es etwas Unterscheidendes an sich hat; folglich durch sein Befinden unter mehreren. Etwas Gemeinschaftliches muß es mit seiner Umgebung haben, wenigstens die erkennbare Existenz, aber auch etwas Charakteristisches. Die vollkommenste Erkenntnis eines Gegenstandes ist: wenn man es bestimmt von allem unterscheiden kann. Zum Unterscheiden gehört aber, wie wir wissen, ein gemeinschaftliches und ein verschiednes Merkmal. Indem ich also Ein Ding kennen lerne, so lerne ich auch alle Dinge kennen, indem ich aber diese Handlung begehe, vergrößere ich mein Bewußtsein, denn ich verbinde etwas Neues damit. Jede Erkenntnis ist also Unterscheidung und Beziehung (Erweiterung, Gefügung, Zunahme) in doppelter Rücksicht: einmal in objektiver und einmal in subjektiver Hinsicht; in jener ist eine Trennung der Eigenschaft und eine Verbindung des Wesens, in dieser eine Trennung als Ding und eine Verbindung als Eigentum. Alles vieres aber in verschiedenen Rücksichten. Bei Trennung der Eigenschaften wird die Trennung der Dinge und Bestandteile vorausgesetzt, die Eigenschaft des zu Unterscheidenden wird festgesetzt; bei Verbindung der Wesenheiten, die der Trennung (Qualität, Beschaffenheit) der Eigenschaften vorgeht, wird der Pluralis der Dinge und Bestandteile ebenfalls vorausgesetzt, Es ist nur eine Beziehung auf ihren gemeinschaftlichen Bezirk, auf ihre Dinglichkeit und Identität. Die Trennung als Dinge betrifft das Erkennende und Erkannte, die Verbindung, das Zubehör, bezieht sich auf das identische Bewußtsein, auf das empfängliche Bewußtsein.
Alle Eigenschaft bezieht sich auf Eigenschaft und folglich auf gemeinschaftliche Wesenheit.
Form und Stoff
Form ist das notwendige Prädikat. Stoff das Subjekt.
Form ist die Bedingung alles Subjekts. Subjekt ist alles, wovon man ausgeht. Was man von ihm aussagt, ist ein Prädikat.
A ist a, enthält die absolute oder totale Form. Es sagt das Ding selbst ganz aus, lehrt uns aber nichts erkennen; es ist die Realform oder die Form des Stoffs, qua solcher, ohne Beziehung auf etwas anders. Identität ist die Form alles Stoffs. Der Stoff aller Form ist, von dem nicht mehr oder weniger ausgesagt werden kann, als daß er ist, oder sein Ganzes.
Materie ist Urstoff; Materie ist Materie; Urform, reine Form.
Der Stoff der Materie ist die Materie; ihre Form ist Beharrlichkeit.
Form ist Antithese. Stoff These. Stoff, das Selbständige, Beharrliche; Form das Bezogne, Veränderliche, der Grund der Negation sowie Stoff der Grund der Realität. Form kann ausgeschlossen werden aus der Sphäre des Dinges; Stoff nicht (versteht sich beim Denken).
Die Materie hat ihren Stoff von der Einbildungskraft unmittelbar, ihre Form vom Geiste, also mittelbar von der Einbildungskraft; darum ist jener einfach, beharrlich, diese mannigfach, veränderlich.
(Das unmittelbare Produkt ist Stoff. Das mittelbare Form.)
Was man allein denken kann, ist Stoff. Was man in Beziehung denken muß, Form. (Warum enthält der Satz a ist a die reine Form? Weil hier eigentlich kein Prädikat ist, sondern nur die prädizierende Handlung – rein ist der Stoff ohne Form. Die reinste Form ist also der Stoff der Form. Der reinste Stoff ist die Form des Stoffs. (Dies ist nur witzig ausgedrückt.)
Form ohne Stoff ist die reine Form; Stoff ohne Form der reinste Stoff. Ruhe ist also Charakter des reinen Stoffs, Bewegung Charakter der reinen Form.
Reiner Stoff und reine Form sind aber nur Teile; denn der wirkliche Stoff und die wirkliche Form bestehn aus dem reinen und dem empirischen Teile. Der empirische Teil des Stoffs besteht aus zwei Beziehungen, aus der Beziehung auf die Form und der Beziehung auf den reinen Stoff.
(Unterschied zwischen Bedingung und Form.)
Der reine Stoff ist die Bedingung des empirischen Stoffs. Die reine Form ist die Bedingung der empirischen Form. Der empirische Stoff besteht aus dem notwendigen Verhältnis mit dem reinen Stoff und dem notwendigen Verhältnis mit der Form überhaupt. Letzteres könnte man die Förmlichkeit nennen. Der Stoff ist also, qua Stoff allein, formlos. Da aber Stoff ein Beziehungsbegriff auf Form ist, so ist der wirkliche Stoff nie allein, er ist nur so denkbar; qua solcher ist er also noch – wie kann der Gedanke scheiden, was Gott zusammenfügte? – beziehbar, formbar, bestimmbar. Reale Beziehbarkeit und ideale Beziehungslosigkeit sind also die Bedingungen des Stoffs.
Die reine Form ist auch nur Bedingungsteil der wirklichen Form. Diese besteht ebenfalls aus der reinen und empirischen Form. Die reine Form ist das Beziehn ohne Beziehungsgrund: Handlung schlechtweg. Die empirische Form – Beziehn auf einen Beziehungsgrund überhaupt, Kausalität. Handlung und Kausalität sind also die wesentlichen Bedingungen der wirklichen, der absoluten Form. Jene ist ideal, diese real. Was bedeutet dies?
Die Materie hat ihren Stoff unmittelbar, ihre Form mittelbar. Ihr Stoff ist teils ein reiner, teils ein empirischer. Der reine Stoff der Materie ist ohne Form, formlose Materie, der empirische Stoff derselben ist formbare Materie. Die reine Form derselben ist Bewegung überhaupt. Die empirische Form Beweglichkeit.
Reine Materie – empirische Materie. Letztere besteht aus der bezognen Materie. Erstere aus der unbezognen. Die unbezogne ist die ideale. Der Stoff der idealen ist der reine und empirische. Der reine Stoff der idealen ist einfaches Sein; der empirische mannigfaltiges Sein. Die reine Form: Sphäre; die empirische: mannigfaltige Sphäre des Seins. Die bezogne Materie hat ebenfalls doppelten Stoff und Form. Reiner Stoff: unmittelbares Sein durch die Einbildungskraft; empirischer Stoff: mittelbares Sein durch den Geist. Reine Form: Bedingung des reinen Stoffs der bezognen Materie; empirische Form: Bedingung des empirischen Stoffs der bezognen Materie.
Die reine Materie und die empirische Materie sind Bedingungen der Materie überhaupt.
(Jedes Ding überhaupt hat einen reinen und empirischen Teil oder einen idealen und realen Teil. Beides ist eins: rein und ideal und empirisch und real.)
Der Geist überhaupt ist der reine und empirische Geist. Der reine Geist hat doppelten Stoff und Form.
(Der Geist ist, was die Materie nicht ist, und ist nicht, was die Materie ist.)
Der reine Stoff des reinen Geistes ist: Sein; der empirische Stoff: Bezogensein (Dasein) oder mannigfaltiges Sein. Die reine Form: Sphäre; die empirische: bezogne Sphäre oder mannigfaltige Sphäre. Der reine Stoff des empirischen Geistes ist Sein durch die Einbildungskraft.
Der empirische Stoff des realen Geistes: mittelbares Sein durch die Materie. Die reine Form: wesentliche Bedingung des Seins durch die Einbildungskraft. Die empirische Form: die wesentliche Bedingung des mittelbaren Seins durch die Materie.
(Der reine Geist und die reine Materie sind für die Denkmöglichkeit. Die empirischen für die Denk Wirklichkeit. – Denkmöglichkeit – reines (ideales) Denken; Denkwirklichkeit – empirisches (reales) Denken.
(Die Formen der empirischen Materie scheinen Raum und Zeit zu sein. Die Formen des empirischen Geistes Synthesis und Analysis. Die Formen der reinen Materie und des reinen Geistes enthalten die Denkmöglichkeiten des Raums, der Zeit, der Synthesis und Analysis.)
(Die Stoffe des empirischen Geistes sind Vernunft (Ideen) und Verstand (Begriffe). Die Stoffe der empirischen Materie: Elemente und Triebe. Die Denkmöglichkeiten davon sind in den Stoffen des reinen Geistes und der reinen Materie enthalten.)
Im reinen und empirischen Denken muß der Grund dieser Einteilungen liegen. Was ist also reines und empirisches Denken?
(Kategorien. Stoff und Form: deren Unterschied von Materie und Geist muß in der Theorie des Denkens liegen. (Stoff und Form ist der reine, Materie und Geist der empirische Teil.) Naturwissenschaft. Kriminalrecht. Schön. Gut. Politik. Imagination – symbolische Bildungskraft. Vorstellung. Anschauung. Wissenschaften. Methode.)
(Denken ist der reine Teil des Vorstellens vielleicht, Fühlen der reine Teil des Anschauens vielleicht – warum kann man aber allein denken und fühlen? (Es scheint nur so.)
In Beziehung auf die Materie ist der Geist Form, in Beziehung auf den Geist ist die Materie Stoff, oder vielmehr, beide sind sich Form und Stoff, es kommt nur an, auf welches von beiden man reflektiert, welches man zum Subjekt oder Prädikat macht.
Reines und empirisches Denken. Der reine Teil bezieht sich auf den reinen Teil der Anschauung und der Vorstellung und der empirische auf den empirischen Teil.
Einfache oder reine Anschauung ist Vorstellung; einfache oder reine Vorstellung ist Anschauung. So begründen sie sich wechselweis.
Anschauung ohne Vorstellung ist der reine Teil der Vorstellung, Vorstellung ohne Anschauung der reine Teil der Anschauung. Dies beweist den innigen Zusammenhang zwischen Anschauung und Vorstellung – und die Täuschung mit dem reinen Teil.
(Anschauung und Vorstellung scheinen sich im reinen Teil gleich zu sein. Jene Objekt, diese Subjekt. Der reine Teil ist die Vorstellung, der empirische die Anschauung. Vorstellung ist das Verhältnis am Subjekt, die Rezeptivität. Anschauung die Beziehung aufs Subjekt oder das Verhältnis am Objekt, Spontaneität.
Subjekt ist das Substrat der Vorstellung, das Tätige, in dem es leidet. Objekt das Substrat der Anschauung, das Leidende, in dem es tätig ist. Subjekt ist das veränderlich Beharrliche, Objekt das beharrlich Veränderliche. Dort ist veränderlich das Prädikat oder die Form, hier ist beharrlich das Prädikat oder die Form.
Das Prädikat ist der Stoff; das Subjekt die Form. Das absolute Subjekt ist das Prädizierende; das relative, von dem prädiziert wird; das relative Subjekt ist das Objekt.
Ich bin relatives Subjekt, Objekt, Anschauung, wenn ich etwas von mir prädiziere; aber absolutes Subjekt zugleich, indem ich auch prädiziere. Ich bin tätig und leidend zugleich, wie Objekt und Subjekt.
Das Prädikat ist Form für das relative Subjekt. Das relative Subjekt ist Form für das prädizierende Subjekt, denn jedes Objekt ist ein Prädikat des absoluten Subjekts. Nur das unmittelbare Prädikat ist Form, das mittelbare ist Stoff. Das Prädikat des Prädikats ist das mittelbare Prädikat. So ist die Form der Form: Stoff; der Stoff des Stoffs: Form.
Form und Stoff sind eigentlich Beziehungsbegriffe (Analyse; Subjekt ist Synthese). Sobald man von beiden etwas prädiziert, so werden sie verwandelt. Form ist Sphäre des Prädikats, Stoff Sphäre des relativen Subjekts, in dessen Begriff schon eine notwendige Prädizierung liegt. Aller Stoff ist mögliche Form, alle Form möglicher Stoff. Stoff und Form sind Wechselbegriffe. Einer setzt den anderen voraus und postuliert ihn.
These ist der reine Teil – das relative Subjekt. Antithese die Beziehung des empirischen Teils aufs Prädikat. Synthese die Beziehung auf den reinen Teil oder aufs relative Subjekt. Beziehung des Prädikats aufs Subjekt: Antithese. Beziehung des Subjekts aufs Prädikat: Synthese. Jenes Form, dies Stoff; beide Beziehungen geschehn zugleich und sind insofern eins. Die erste Beziehung geschieht hereinwärts, die zweite herauswärts. Jene geschieht vom Allgemeinen zum Besondern, diese vom Besondern zum Allgemeinen. Das Allgemeine besteht aus dem Besondern, das Besondre in dem Allgemeinen. Das Besondre ist die Form des Allgemeinen, das Allgemeine die Form des Besondern. Für das absolute Subjekt ist Stoff das, wovon es ausgeht; Form das, wohin es geht – das erste im gegenseitig Bezognen ist Stoff, das Identische, das Beharrliche in diesem genauen Sinn. (Es gibt aber nichts absolut Beharrliches. Rein und beharrlich ist insofern idem.)
(Eine Art von Wechselbestimmungssatz, ein reines Assoziationsgesetz scheint mir der oberste Grundsatz sein zu müssen, ein hypothetischer Satz.)
Allgemein gültige Philosophie würde die Fixierung der sogenannten Subjektivität, also ein freies Faktum oder die Annahme eines hypothetischen, freien Satzes voraussetzen. Man kann so gewiß seine Philosophie wahr nennen – so gewiß man etwas schön nennt.
Die reinste Vorstellung ist Anschauung, die reine Anschauung Vorstellung. Das reinste Subjektive ist objektiv, das reine Objektive subjektiv. Prinzip der Schönheit begründet die Vorstellung und Anschauung. (In der Anschauung müssen wir beim Gang vom Besondern zum Allgemeinen auf Vorstellung – in der Vorstellung auf die Anschauung geraten.)
(Vorgestellte Anschauung und angeschaute Vorstellung machen also das Wesen der Einbildungskraft aus.) (Reine) Kraft ist der Stoff, (reine) Wirkung die Form der Einbildungskraft.
Stoff und Form kat'exochen sind allemal rein, es sind bezogne ohne Beziehung, beziehbare. Freilich ist im Reiche der Wirklichkeit das Beziehbare auch das schon Bezogne. Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit sind eins. Wirklich bezieht sich auf die Anschauung, notwendig auf die Einbildungskraft, möglich auf die Vorstellung. Der Grund des Begriffs der Möglichkeit liegt in der Vorstellung, ist also die eigentliche These. Der Begriff der Wirklichkeit gründet sich in der Anschauung und ist die Antithese, denn es ist ein Beziehungsbegriff; notwendig gründet sich in der Einbildungskraft und ist die Synthese. Möglich ist eine doppelte Beziehung im Dritten, es ist nichts als ein Schweben zwischen notwendig und wirklich. These von diesen drei Begriffen ist, von welchem man ausgeht, Antithese ist, wohin man geht, und das Zurückgehn zum Ausgange ist Synthese. These ist das relative Subjekt, Antithese dessen Beziehung auf ein Prädikat, Synthese Beziehung des Prädikats aufs Subjekt. These ist Stoff, Antithese Form des Stoffs, Synthese Stoff der Form. Für das absolute Subjekt ist These Stoff und Form zugleich, Antithese Form, Synthese Stoff. Auf den Begriff von These ist der Begriff von Stoff und Form nicht anwendbar.
These besteht aus einer immanenten Beziehung. Antithese aus These und einer unmittelbaren transzendenten Beziehung. Synthese aus These, Antithese und einer mittelbaren transzendenten Beziehung.
a und n sind die empirischen (oder schon bezognen Handlungen) Formen a priori; es sind die Bestimmungen des Stoffs überhaupt a priori.
Der Stoff ist einfach, immanent, bezogen: These. Er ist immanent und transzendent bezogen: Antithese. Er ist immanent, unmittelbar und mittelbar transzendent bezogen: Synthese.
Dies sind die empirischen Formen des Stoffs überhaupt und die empirischen Stoffe der Form überhaupt.
Stoff und Form überhaupt sind reiner Stoff und Form. Rein drückt also den Charakter der bloßen Beziehbarkeit, die Vorstellung, die bloße Möglichkeit einer Beziehung, die bloße Rezeptivität, den Charakter des relativen Subjekts, als These, aus. Rein ist Charakter der These.
(Geist und Materie sind also 1. rein, 2. unmittelbar transzendent, 3. mittelbar transzendent oder transzendental.)
Stoff ist das Bezogne, Form die Beziehung.
Das Prädikat ist nicht die Form, sondern nur das Formgebende, weil mittels desselben die Form, die Beziehung, stattfindet.
Form Bedingung des Stoffs, Stoff Bedingung der Form. Der reine Stoff ist Form, die reine Form Stoff, der Zusammenhang zwischen Kraft und Wirkung ist Form, Beziehung. Kraft und Wirkung sind die bezognen. Die Form kommt von Stoff und geht zu Stoff. Sie ist die Bewegung, der Stoff das Bewegte.
Form ist (reine) Kraft. Stoff (reine) Wirkung.
Kraft und Wirkung
1. These: reine Kraft, 2. Antithese: Wirkung überhaupt, 3. Synthese: Kraft überhaupt.
Wirkung ist eine immanente und unmittelbar transzendente Kraft. Kraft überhaupt: immanente, unmittelbar und mittelbar transzendente Kraft. Reine Kraft ist immanente Kraft. Rein und empirisch sind sich entgegengesetzt. Stoff und Form sind lediglich empirische Begriffe a priori. Reinen Stoff und Form gibt's nicht.
Stoff überhaupt ist Bezognes. Form überhaupt Beziehung.
Was heißt rein und empirisch?
Was sind dies für Begriffe? Rein, was weder bezogen noch beziehbar ist. Die Formen des Beziehbaren sind die empirischen Formen a priori. Der Begriff rein ist also ein leerer Begriff, i. e. ein Begriff, dem keine Anschauung entspricht, ein weder möglicher noch wirklicher Begriff, noch ein notwendiger. Alles Reine ist also eine Täuschung der Einbildungskraft, eine notwendige Fiktion.
Wahrheit – Fiktion oder Schein.
Die Einbildungskraft hat zweierlei Produkte, das Wahre und den Schein. Eins schließt das andre aus, negiert es. Identisch ist beides: Schein ist Schein, Wahrheit Wahrheit.
Wahrheit ist die Form des Scheins, Schein die Form der Wahrheit.
(Schein ist Geist; Wahrheit Materie.)
Schein ist das Entgegengesetzte unter der Form des Gesetzten, erscheint zu beziehen und bezieht nicht. Er scheint das Bezogne zu sein und ist's nicht. Wahrheit ist das Ganze, Schein nur der Bruch, das Halbe, der das Ganze scheint und es nicht ist. Jene die positive, dieser die negative Größe.
(Jedes Ding ist ein Ganzes, das aus Anschauung und Vorstellung besteht. Eins von diesen beiden allein ist die Hälfte der Realität des Dings. Je mehr Realität ich in die eine Hälfte setze, desto weniger in die andre – das wird sodann die negative Größe. Jedes Ding ist positive und negative Größe, denn es ist ja nicht das nicht, was es ist. – Was es nicht ist, ist es nicht, i. e. es wird von Sein und Nichtsein, von Setzen und Nichtsetzen bestimmt und nicht bestimmt.)
Was es ist, kann es nicht bestimmt werden, was es nicht bestimmt werden kann, das ist es. Bestimmung, die seinem Sein widerspricht, ist Schein; Bestimmung, die ihm nicht widerspricht, Wahrheit.
(Vorstellung ohne Anschauung ist Schein et vice versa. Begriffe und Ideen gibt's, aber keine bloßen Vorstellungen. Sensationen und Empfindungen gibt's, aber keine bloßen Anschauungen. Beide sind bloßer Schein. Schein ist aber notwendig überall, denn Schein ist überall die Hälfte; das Halbe eines Ganzen allein ist Schein; da aber alles nicht Einfache halbiert werden kann, so ist überall Schein. Der Schein in unsrer Erkenntnis entsteht aus dem Erheben des Halben zum Ganzen oder aus dem Halbieren des Unteilbaren, desjenigen, dessen Wesen bloß in der Zusammensetzung besteht, aus der widernatürlichen (Immanenz und Transzendenz) oder Rundung und Teilung.
Der Schein besteht also 1. aus dem Erheben des Teils zum Ganzen, 2. aus der Erniedrigung des Ganzen zum Teil, 3. aus dem Teilen des Unteilbaren, 4. aus dem Verbinden des Unzuvereinigenden. (Aus dem Tun und dem Unterlassen.)
Schein ist das Widersprechende, das vom Bestimmten Ausgeschlossne, das Bestimmbare. Die Sphäre des Scheins ist also das Bestimmbare und also durch ein wirkliches Bestimmen Ausgeschlossne; alles, was durch ein Bestimmen bestimmt ist, also auch die Beziehungen, sind hiervon ausgeschlossen und also nicht Schein. Anschauung und Vorstellung allein sind Schein. Alles Denken ist also eine Kunst des Scheins. Schein ist Grund aller Form und alles Stoffes allein.
Schein und Wahrheit zusammen machen nur eine eigentliche Realität aus.
Schein ist die Urform der Wahrheit, des Urstoffs. Es ist die Wahrheit auf sich selbst bezogen. Realität ist nur durch Beziehung Form, Schein.
Realität erkennt die Realität nur durch Beziehung, Form, Schein – Negation. (Die Form des Seins ist Nichtsein, die Form des Nichtseins: Sein.) Die Beziehung des Nichtseins ist Sein. Folglich ist Wahrheit, Existenz: Form des Scheins, des Nichtseins; und Schein: Form der Existenz. Dies ist reine Form und reiner Stoff. Bezognes und Beziehung.
Aller Denkstoff ist Scheinstoff, Urform, aller Fühlstoff ebenfalls und so auch mit den Formen. Das ist der reine Stoff und die reine Form.
Es gibt eine Form des Scheins und einen Stoff der Wahrheit – Negation und Realität. Beide zusammen machen den empirischen Stoff und Form aus. Der Schein kriegt seinen Stoff von der Wahrheit, die Wahrheit ihre Form vom Schein. Schein ist Negation, Wahrheit Realität.
(Negiert wird ein Ding auf der Grenze, an der Oberfläche.)
Von jedem Dinge kann man zweierlei sagen a priori: es ist und ist nicht. Erstes ist der reine Stoff, dies die reine Form. Einfache Beziehung ist reine Form, einfach Bezognes reiner Stoff. Die empirischen Formen a priori sind schon zweifache Beziehungen, nämlich von etwas auf etwas. a = a These; b = a Antithese; c = a b Synthese. (Empirische Formen der Wahrheit, Realität.)
– a = – a;
– b = – a;
– c = – a – b
(Empirische Formen des Scheins, der Negation.)
Der Satz der Identität ist der Satz der Wahrheit, Realität. Der Satz des Widerspruchs: Satz des Scheins, der Negation. Der Satz des zureichenden Grundes liegt in den beiden vorhergehenden: These, Antithese, Synthese.
Der Satz der Identität ist dem Schein und der Wahrheit eigen. Der Satz des Widerspruchs drückt ihr Verhältnis zueinander aus. Der Satz des zureichenden Grundes, oder besser exclusi medii tertii, das Verhältnis beider zur Einbildungskraft oder ihrer gemeinschaftlichen Sphäre und zur Gegensphäre.
Hieraus erhellt, daß Antithesis eigentlich die zweifache Beziehung der beiden Bezognen, Synthesis das vierfache Beziehen der beiden Bezognen auf die Einbildungskraft oder das absolute Subjekt und zueinander. These hat keine Quantität: ich kann 1 oder 0 sagen, beide sind These. Antithesis ist das zweifache Beziehn zwei besondrer Sphären, bloß insofern sie besondre sind. Synthesis das vierfache Beziehn der isolierten Sphären aufeinander und auf die gemeinschaftliche Sphäre.
Nur unter dem Gleichen kann ein eigentlicher Gegensatz stattfinden, das Ungleiche kann sich nicht entgegengesetzt werden, das Allgemeine nicht dem in ihm enthaltnen Besondern, das immanente Produkt nicht dem Produzenten – das sind Gegenstände: Gegensätze sind nur zwischen Schein und Wahrheit möglich. Gegensätze sind ihrer Quantität nach: Schein; ihrer Qualität nach: Wahrheit; ihrer Modalität nach: Schein; ihrer Relation nach: Wahrheit.
Jede Antithesis besteht aus zwei Sätzen, aus dem ersten und zweiten antithetischen Satz: die oszillierende Beziehung.
Jede Synthesis aus einer geschloßnen Beziehung oder einer vierfachen Beziehung. Die 4 bezieht sich auf das rechts oder links Herumgehn.
Die Synthesis kann nun 1. von a (dem einen Gegensatze) zu b (dem andern Gegensatze), von b zu c (als dem Gemeinsatze) und von c zu a gehn. 2. von a zu c, von c zu b, von b zu a. 3. von a zu b, dann von a zu c, dann von c zu b. 4. von a zu b; a zu c; b zu c. 5. a zu c; a zu b; b zu c. 6. a zu c; a zu b; c zu b. 7. c zu a; a zu b; b zu c. 8. c zu b; b zu a; a zu c. 9. c zu a; c zu b; a zu b. lo.c zu a;c zu b; b zu a. 11.c zu b; c zu a; a zu b. 12.c zu b; c zu a; b zu a.
Dies sind die Formen der empirischen Synthesis, die sich in Rücksicht ihres Gehalts nur insofern unterscheiden, ob man vom Besondern, vom Gegensatze oder Allgemeinen, dem Gemeinsatze, anfängt, ausgeht (empirisch bezieht sich auf Raum und Zeit).
a negiert – a; setzt es aber auch, insofern – a eigentlicher Gegensatz von a ist. Mit – a ist es gleichfalls so.
Jede Negation ist Position, jede Position Negation. Die Wahrheit negiert so gut wie der Schein; sie negiert den Schein.
Schein ist Realität aller Form; Sein die Realität alles Stoffs. Kein Sein, kein Schein. Kein Schein, kein Sein. Sie sind die Gegensphären der absoluten Gemeinsphäre, die beiden Hälften einer Kugel, die Form und der Stoff der Kugel, beides ist nichts ohne das andre.
Schein wäre somit absolute Form, Sein absoluter Stoff.
Keins ist ohne das andre erkennbar. Jedes Produkt hat Stoff und Form. Negation hat so gut Form und Stoff als Realität.
Sein drückt ein Totalverhältnis, Haben ein Partikularverhältnis aus. Sein ist ein Beziehungsbegriff auf den Stoff und Form überhaupt; Haben ein Beziehungsbegriff auf den besondern (weiterbestimmten) Stoff und Form. Im Bestimmen liegt Stoff oder Form überhaupt.
Stoff und Form sind die allgemeinsten relativen Begriffe, das Produkt a priori der relativen Einbildungskraft.
Sein und Schein sind die allgemeinsten Begriffe, das Produkt a priori der qualitativen Einbildungskraft.
(Realität und Idealität sind sich entgegengesetzt: Position und Negation.)
Bestimmbarkeit und Bestimmtheit sind die allgemeinsten Begriffe, das Produkt a priori der modalen Einbildungskraft. Größe und Bewegung, Ganzes und Teile vielleicht die allgemeinsten Begriffe der quantitativen Einbildungskraft.
Philosophieren ist ein Liebkosen
(Im eigentlichsten Sinn ist Philosophieren ein Liebkosen, eine Bezeugung der innigsten Liebe zum Nachdenken, der absoluten Lust an der Weisheit.)
Philosophie ist Heimweh
Die Philosophie ist eigentlich Heimweh, ein Trieb, überall zu Hause zu sein.
Philosophie ist Wachsein
Philosophieren ist nur ein dreifaches oder doppeltes Wachen – Wachsein – Bewußtsein.
Philosophie ist Selbstscheidungs- und Verbindungskunst
Die Philosophie ist eine Selbstscheidungs- und Verbindungskunst, eine Selbstspezifikations- und Generationskunst.
Philosophie ist nur praktisch darstellbar
Philosophie ist nur praktisch darstellbar und läßt sich, wie Genietätigkeit überhaupt, nicht beschreiben.
Die Philosophie kann kein Brot backen
Die Philosophie kann kein Brot backen, aber sie kann uns Gott, Freiheit und Unsterblichkeit verschaffen. Welche ist nun praktischer: Philosophie oder Ökonomie? (Verschaffen ist machen: machen drückt nichts anders aus.)
Philosophie ist willkürlich
Die Philosophie ist, wie alle synthetische Wissenschaft, wie die Mathematik, willkürlich. Sie ist eine ideale, selbsterfundene Methode, das Innre zu beobachten, zu ordnen usw.
Auch kann die Philosophie, die unerreichbare Wissenschaft kat' exochen, das wissenschaftliche Ideal sein?
Die Philosophie eine höhere Potenz der Wissenschaftlichkeit?
Unter Philosophie hat man fast immer nur eine höhere Potenz der Wissenschaftlichkeit überhaupt verstanden, nichts Spezifisches.
Die Philosophie ist das Ideal der Wissenschaft überhaupt
Es gibt keine Philosophie in concreto. Philosophie ist wie der Stein der Weisen, die Quadratur des Zirkels usw. eine bloße notwendige Aufgabe der Szientifiker, das Ideal der Wissenschaft überhaupt. Daher Fichtens Wissenschaftslehre nichts als die Beschreibung dieses Ideals. Es gibt, als konkrete Wissenschaften, nur Mathematik und Physik. Philosophie ist die Intelligenz selbst; vollendete Philosophie ist vollendete Intelligenz.
Die ganze Philosophie ist nur ein System eines allgemeinen, für jedes Individuum stattfindenden wissenschaftlichen Verfahrens. Die Termen der Philosophie sind Buchstaben, denen wirkliche, individuelle Größen substituiert werden können und sollen.
Die Philosophie macht alles los, relativiert das Universum. Sie hebt wie das Kopernikanische System die festen Punkte auf und macht aus dem Ruhenden ein Schwebendes. Sie lehrt die Relativität aller Gründe und aller Eigenschaften, die unendliche Mannigfaltigkeit und Einheit der Konstruktionen eines Dinges usw.
Prinzip und Ziel
Das echte Prinzip der wahren Philosophie muß das gesundheitmachende, frei, heiter und jung – mächtig, klug und gut machende Prinzip sein.
Reines unbedingtes Wissen, von der Erfahrung unabhängiges Wissen, war von jeher das Ziel der Bestrebungen der philosophischen Vernunft.
Möglichkeit aller Philosophie
Die Möglichkeit aller Philosophie beruht darauf – daß sich die Intelligenz durch Selbstberührung eine selbstgesetzmäßige Bewegung – das ist eine eigne Form der Tätigkeit gibt. (Siehe Baaders Theorie der Gliederung.)
Assoziationsgesetze
Der Philosoph übersetzt die wirkliche Welt in die Gedankenwelt, und umgekehrt, um beiden einen Verstand zu geben.
Philosopheme
Eine unbestimmte Frage (Frage, worauf mehrere Antworten möglich sind) ist eine Aufgabe. Eine bestimmte Aufgabe, die nur eine Lösung oder Antwort zuläßt, ist eine Frage. Doch ist auch wohl dasjenige eine Aufgabe, in dem die Antwort schon liegt, daher sind Rätsel, Charaden, Logogryphen: Aufgaben.
Verwandlung eines Gedankens – einer Anekdote in eine Aufgabe.
Frage und Antwort sind dogmatisch. Aufgabe und Auflösung philosophisch. (Dogma – Lehre – Philosophem – spezifischer Reiz.) Sind daher die Nahrungsmittel usw. im strengsten Sinne Reize, oder sind es eher Dogmen – Data?
Muß nicht jedes Philosophem Aufgabe sein? Ist nicht eine Aufgabe, ihrer Natur nach, nötigend? Ich muß mich damit beschäftigen, sie zu lösen – versteht sich solche Aufgaben, deren vollkommnes Verständnis auch ihre Lösung involviert, und solche Aufgaben heißen Philosopheme. Philosopheme müssen, wenn ich sie höre, mir keine Ruhe lassen, bis ich sie vollständig vernommen, verstanden habe. Sie müssen in mich eindringen und mich dadurch nötigen, in sie einzudringen.
Philosophie und Mathematik
Allgemeine Sätze sind nichts als algebraische Formeln. Die reine Philosophie ist daher gerade so etwas wie die Letternalgebra. So eine Formel kann ein Gattungs-, ein Klassen- und Lokalzeichen sein – methodischer Name einer echten genetischen Definition. Definition ist ein Faktum. Die Bezeichnung dieses Faktums ist die gemeinhin so genannte Definition.
(Auf eine ähnliche Weise, wie sich die Logarithmen auf die geometrischen Progressionen beziehen, kann sich der Mechanism auf den Organism beziehen: bloß Bezeichnungsweise.)
Der Abstraktionskalkül der Philosophie ist vollkommen dem Infinitesimalkalkül zu vergleichen.
Individualphilosophien
Außer der Philosophie der Philosophie gibt es allerdings noch Philosophien, die man Individualphilosophien nennen könnte. Die Methode ist echt philosophisch. Sie gehn vom Absoluten aus, nur von keinem rein Absoluten. Sie sind daher eigentlich aus Philosophie und Unphilosophie gemischt, und je inniger die Vermischung ist, desto interessanter. Sie sind individuell von Grund aus. Sie setzen eine Synthesis mit Gewalt als Thesis. Die Darstellung der Philosophie der Philosophie wird immer etwas von einer Individualphilosophie haben. Der Dichter stellt ebenfalls nur Individualphilosophie dar, und jeder Mensch wird, so lebhaft er übrigens auch die Philosophie der Philosophie anerkennen mag, praktisch nur mehr oder weniger Individualphilosoph sein und, trotz allen Bestrebens, nie ganz aus dem Zauberkreise seiner Individualphilosophie heraustreten können.
Konsommierte Philosophen
Konsommierte Philosophen geraten leicht auf den Grundsatz: auch die Philosophie ist eitel – und so in allen Wissenschaften.
Pathologische Philosophie
Ein absoluter Trieb nach Vollendung und Vollständigkeit ist Krankheit, sobald er sich zerstörend und abgeneigt gegen das Unvollendete, Unvollständige zeigt.
Logische Philister
Das Kriterium der Anwendbarkeit ist das Merkmal der logischen Nützlichkeit. Logische Philister und logische Künstler. Ein andres Kriterium der Art ist das Merkmal der Mitteilbarkeit. Die Philosophie muß sich lernen lassen, heißt das Axiom. Noch ein solches Kriterium schließt das Axiom in sich: die Philosophie muß nichts Antikonventionelles enthalten. Sie muß zum Beispiel mit der herrschenden Religion, den herrschenden Sitten, den herrschenden Meinungen usw. übereinkommen. Sonst taugt sie nichts. Ein ähnliches Axiom verlangt: die Philosophie darf schlechterdings nicht die Grenzen der sinnlichen Erkenntnis überschreiten. Ein anderes: sie darf sich nicht mit der Poesie gemein machen. Noch ein anderes: sie muß nicht à la portée von gewöhnlichen Menschen sein, eine eigne Sprache führen, bloß in Hörsälen zu Hause sein. Nein, sagt ein andres: umgekehrt, sie muß amüsant, beim Handwerker und Bauer zu Hause, recht gemein, recht bequem, immer bei der Hand, zu allem zu brauchen, kurz, ein Mephistopheles sein; keine Religion haben, über die Moralisten die Achsel zucken, zu allem Ja sagen und noch dazu ein recht umständliches Ja, von allem etwas verstehn usw. So prägt jeder in seine Bestellung den liebsten Wunsch seines Herzens, die Forderungen seiner Natur, seinen eignen Charakter, und man braucht nur jemandes Philosophie zu wissen, um ihn hinlänglich kennenzulernen.
Manche verändern ihre Philosophie wie ihre Dienstboten und Wünsche. Am Ende fangen sie das ganze Geschlecht an zu hassen und wählten zum letztenmal, aber auf immer. Ob sie sich dann gerade in der richtigen Stimmung eines Wählers befinden, will ich hier nicht entscheiden. Kurz, sie glauben nun von der Philosophie los zu sein und sind mehr als je in den Händen dieses Dämons, der sie nun gut füttert und pflegt, um sie zu einem schmackhaften Bissen für sich zuzurichten. Eine andre gutmütige Herde bleibt für diese Anfechtungen bewahrt. Sie wagen es nie, diesen Proteus zu fassen und festzuhalten, weil sie ihn ignorieren. Die Klügern darunter meinen, Proteus sei eine Fabel müßiger Köpfe – sie haben ihn nie gesehn und empfunden und leugnen ihn frischweg –, desto bessere Untertanen sind sie für ihn. Sie dienen ihm treu, weil sie ihn nicht kennen, und glauben, das müsse so sein, und jede Frage nach dem Grunde sei abgeschmackt und wahnwitzig.
Jedes von den vorstehenden Axiomen hat sein Gegenaxiom, wenn es auch nicht ausdrücklich bemerkt ist – und sollten selbst Fichte und Kant von diesen vor- und unphilosophischen Meinungen über die Philosophie ganz frei sein? Ganz vorurteilsfrei etwas zu betrachten und zu beurteilen (klassifizieren), ist eine der seltensten, schwierigsten logischen Tugenden. Sobald man jedoch etwas mithinzubringt, ist die Reinigkeit des Produkts befleckt, und man erhält aus dem Prozesse ein mehr oder weniger mit fremden Teilen verunreinigtes, durch fremde Formen defiguriertes, durch fremdartige Zwecke von seinem ursprünglichen Zweck abgewendetes Produkt (und Formeln).
Symphilosophie
Kunst zu symphilosophieren
Die Möglichkeit der Philosophie beruht auf der Möglichkeit, Gedanken nach Regeln hervorzubringen, wahrhaft gemeinschaftlich zu denken (Kunst zu symphilosophieren). Ist gemeinschaftliches Denken möglich, so ist ein gemeinschaftlicher Wille, die Realisierung großer, neuer Ideen möglich.
Jede Aufmerksamkeit auf ein Objekt oder jede bestimmte Richtung, welches eins ist, bringt ein reales Verhältnis hervor, denn mit dieser Unterscheidung empfinden wir zugleich die nun zu präponderieren anfangende Anziehungskraft jenes Objektes oder die individuelle Strebekraft, welche, indem wir uns ihr überlassen und ihre Empfindung nicht wieder verlieren, sondern sie fest im Auge behalten, uns glücklich zu dem ersehnten Ziel unsres Verlangens bringt.
Echtes Gesamtphilosophieren
Echtes Gesamtphilosophieren ist also ein gemeinschaftlicher Zug nach einer geliebten Welt, bei welchem man sich wechselseitig im vordersten Posten ablöst, auf dem die meiste Anstrengung gegen das antagonistische Element, worin man fliegt, vonnöten ist. Man folgt der Sonne und reißt sich von der Stelle los, die nach Gesetzen der Umschwingung unsers Weltkörpers auf eine Zeitlang in kalte Nacht und Nebel gehüllt wird. (Sterben ist ein echt philosophischer Akt.)
Fragment Fr. Schlegels
Wenn man in der Mitteilung der Gedanken zwischen absolutem Verstehen und absolutem Nichtverstehen abwechselt, so darf das schon eine philosophische Freundschaft genannt werden. Geht es uns doch mit uns selbst nicht besser. Und ist das Leben eines denkenden Menschen wohl etwas andres als eine stete innere Symphilosophie?
»Sterben ist ein echt philosophischer Akt«
Die Philosophie soll nicht die Natur, sie soll sich selbst erklären. Alle Befriedigung ist Selbstauflösung. Bedürfnis entsteht durch Entzweiung, fremden Einfluß, Verletzung. Es muß sich selbst wiederausgleichen. Die Selbstauflösung des Triebes, diese Selbstverbrennung der Illusion, desillusorischen Problems ist eben das Wollüstige der Befriedigung des Triebes. Was ist das Leben anders? Die Verzweiflung, die Todesfurcht ist gerade eine der interessantesten Täuschungen dieser Art. Sthenisch, wie im Trauerspiel, fängt's an, – asthenisch endigt es und wird gerade dadurch ein befriedigendes Gefühl, ein Pulsschlag unsers sensitiven Lebens. Auch kann es asthenisch anfangen und sthenisch endigen. Es ist eins. Ein Trauerspiel, was zuviel Wehmut hinterläßt, hat nicht sthenisch genug angefangen. Jede Geschichte enthalt ein Leben, ein sich selbst auflösendes Problem. So ist jedes Leben eine Geschichte.
Hamlet endigt trefflich: asthenisch fängt er an, sthenisch endigt er. Meister endigt mit der Synthesis der Antinomien, weil er für und vom Verstande geschrieben ist.
Wer das Leben anders als eine sich selbst vernichtende Illusion ansieht, ist noch selbst im Leben befangen.
Das Leben soll kein uns gegebener, sondern ein von uns gemachter Roman sein.
Der Akt des Sichselbstüberspringens
Der Akt des Sichselbstüberspringens ist überall der höchste, der Urpunkt, die Genesis des Lebens. So ist die Flamme nichts als ein solcher Akt. So hebt alle Philosophie da an, wo der Philosophierende sich selbstphilosophiert, d.h. zugleich verzehrt und wieder erneuert. Die Geschichte dieses Prozesses ist die Philosophie. So hebt alle lebendige Moralität damit an, daß ich aus Tugend gegen die Tugend handle; damit beginnt das Leben der Tugend, durch welches vielleicht die Kapazität ins Unendliche zunimmt, ohne je eine Grenze, d. i. die Bedingung der Möglichkeit ihres Lebens zu verlieren.
Selbsttötung
Der echte philosophische Akt ist Selbsttötung; dies ist der reale Anfang aller Philosophie, dahin geht alles Bedürfnis des philosophischen Jüngers, und nur dieser Akt entspricht allen Bedingungen und Merkmalen der transzendenten Handlung.
Divinationssinn
Die Philosophie ist von Grund aus antihistorisch. Sie geht vom Zukünftigen und Notwendigen nach dem Wirklichen, sie ist die Wissenschaft des allgemeinen Divinationssinns. Sie erklärt die Vergangenheit aus der Zukunft, welches bei der Geschichte umgekehrt der Fall ist. (Sie betrachtet alles isoliert, im Naturstande, unverbunden.)
Probleme
Ein Problem ist eine synthetische Masse
(Ein Problem ist eine feste, synthetische Masse, die mittels der durchdringenden Denkkraft zersetzt wird. So ist umgekehrt das Feuer die Denkkraft. Die Natur und jeder Körper ein Problem.)
Der Philosoph lebt von Problemen
Der Philosoph lebt von Problemen wie der Mensch von Speisen. Ein unauflösliches Problem ist eine unverdauliche Speise. – Was die Würze an den Speisen, das ist das Paradoxe an den Problemen. Wahrhaft aufgelöst wird ein Problem, wenn es als solches vernichtet wird. So auch mit den Speisen. Der Gewinn ist bei beiden die Tätigkeit, die durch beide erregt wird. Jedoch gibt es auch nährende Probleme wie nährende Speisen, deren Elemente ein Zuwachs meiner Intelligenz werden. Durch Philosophieren, insofern es eine absolute Operation ist, wird aber meine Intelligenz, außer der unaufhörlichen Erneuerung, auch fortwährend amelioriert – welches bei den Speisen nur bis auf einen gewissen Zeitpunkt stattfindet. Eine schleunige Amelioration unsrer Intelligenz ist so bedenklich wie ein plötzliches Starkwerden. Der wahre Schritt der Gesundheit und Besserung ist langsam, wenn es gleich auch hier, nach den verschiedenen Konstitutionen, verschiedne Reihen der Geschwindigkeiten gibt. Sowenig man also ißt, um ganz neue, fremde Stoffe zu erwerben, sowenig philosophiert man, um ganz neue, fremde Wahrheiten zu finden. Man philosophiert gerade darum, warum man lebt. Sollte man einmal dahinkommen, ohne gegebene Nahrungsmittel zu leben, so wird man auch so weit kommen, ohne gegebene Probleme zu philosophieren – wenn nicht gar einige schon so weit sind.
Polemik
Man muß bei jeder Philosophie das Zufällige von dem Wesentlichen zu unterscheiden wissen. Zu diesem Zufälligen gehört ihre polemische Seite. In spätem Zeiten erscheint die an Widerlegung und Beseitigung vorhergegangener Meinungen verschwendete Mühe seltsam genug. – Eigentlich ist diese Polemik noch eine Selbstbekämpfung – indem der seiner Zeit entwachsene Denker doch noch von den Vorurteilen seiner akademischen Jahre beunruhigt wird – eine Beunruhigung, von der man sich in heilern Zeiten keinen Begriff mehr machen kann, weil man kein Bedürfnis fühlt, sich dagegen in Sicherheit zu setzen.
Aller reeller Streit ist ein Schein; daher die Frage über Idealismus und Realismus so töricht, so scheinbar, aber eben deswegen so johannisch.
Kontraste sind inverse Ähnlichkeiten.
Das System
Das System hebt alle fremden Verbindungen möglichst auf und bewirkt neue, eigne Verbindungen.
Reines System
Reines System a priori, ohne Bedingung eines äußern Reizes entstanden. Die Intelligenz soll ohne und gegen das organische Vermögen alles hervorbringen; echte Gedankenwelt; unmittelbares Bewußtsein der ganzen Welt.
So aber auch mit den Sinnen: unabhängige Bilderwelt (Schönheit) ohne Gedankeneinfluß entstanden und bestehend. (Durchdringung, Kette beider.)
Systempotenzen und der philosophische Himmel
Sollte es nicht in der Philosophie einen Himmel, d.i. einen unendlichen Inbegriff von Systempotenzen geben? unter beständiger Voraussetzung eines unendlichen Zentralkörpers, welches kein anderer als der Himmel selbst ist, in dem wir leben, weben und sind.
Fremde Systeme
Man studiert fremde Systeme, um sein eignes System zu finden. Ein fremdes System ist der Reiz zu einem eignen. Ich werde mir meiner eignen Philosophie, Physik usw. bewußt, indem ich von einer fremden affiziert werde – versteht sich, wenn ich selbsttätig genug bin. Meine Philosophie oder Physik kann nun mit den fremden übereinstimmen oder nicht. Im erstem Fall zeigt es Homogenität, gleichen wissenschaftlichen Charakter wenigstens in dieser Beziehung an. (Ehe der heterogenen Systeme.) Sinne – des allgemeinen Sinns.
Das Zahlensystem
Jedes wahre System muß dem Zahlensystem ähnlich geformt sein – auch das qualitative System oder das Nennersystem.
Wird etwa das qualitative System durch das Zahlensystem unendlich erweitert, und umgekehrt, das Zahlensystem borniert durch das qualitative System? oder beides indirekt?
Bornierte Systeme
Je bornierter ein System ist, desto mehr wird es den Weltklugen gefallen. So hat das System der Materialisten, die Lehre des Helvetius und auch Locke den meisten Beifall unter dieser Klasse erhalten. So wird Kant jetzt noch immer mehr Anhänger als Fichte finden.
Ausnahmen
Einige Ausnahmen oder widersprechende Fälle stoßen ein übrigens bequemes und leicht anwendbares System nicht um, sondern indizieren meistens einen Zufall oder eine fehlende Kombination und Anwendung oder gar fehlerhafte Anwendung des Systems oder der Regel.
Anwendung des Systems auf die Teile
Anwendung des Systems auf die Teile – und der Teile auf das System – und der Teile auf die Teile. Anwendung des Staats auf die Glieder und der Glieder auf den Staat und der Glieder auf die Glieder. Anwendung des ganzen Menschen auf die Glieder, der Glieder auf den Menschen, der Glieder und Bestandteile untereinander. Kriterien = Merkmale. Man ist in der Philosophie wie in der Naturgeschichte bisher immer von einzelnen Kriterien ausgegangen. Man hat nur einseitige Systemreihen konstruiert – indem ein einzelnes Merkmal gleichsam eine logische Einheit ist – und so bekam man, je nachdem das Merkmal zählbar oder vergleichbar (gradual) war – eine arithmetische oder graduale (geometrische) Systemreihe. Manche haben wohl mehrere Kriterien ohne Kritik gewählt und daher auch ein konfuses System erhalten. Eine Kritik der philosophischen Kriterien ist also von der äußersten Wichtigkeit für die Philosophie, wie eine Kritik der naturhistorischen Kriterien für die Naturgeschichte. Kant hat erstere zu liefern gesucht. Kants Grundsätze der Kritik. Bericht über sein Unternehmen. Der Formations- (Lebens-) Prozeß unsrer Vorstellungen dürfte wohl der Gegenstand der Beobachtung und des Nachdenkens des philosophischen Klassifikators und Systematikers sein wie auf eine analoge Weise der Lebensprozeß der naturhistorischen Gegenstände das Phänomen des Naturhistorikers. In Alt und Jung, in Ursprünglich und Abgeleitet teilen beide, wie auch die Menschheit von Anthropognosten so geteilt wird. (Antik – modern.)
Das ewige Phänomen
Das wunderbarste, das ewige Phänomen ist das eigene Dasein. Das größte Geheimnis ist der Mensch sich selbst. Die Auflösung dieser unendlichen Aufgabe in der Tat ist die Weltgeschichte. Die Geschichte der Philosophie als der Wissenschaft im großen, der Literatur als Substanz, enthält die Versuche der idealen Auflösung dieses idealen Problems – dieser gedachten Idee.
Dieser Reiz kann nie aufhören Reiz zu sein, ohne daß wir selbst aufhörten, sowohl der Sache als der Idee nach. Sowenig also die Weltgeschichte aufhört, das Sein en gros, sowenig wird das Philosophieren oder das Denken en gros aufhören.
Wenn man aber bisher noch nicht philosophiert hätte? sondern nur zu philosophieren versucht hätte? so wäre die bisherige Geschichte der Philosophie nichts weniger als dies, sondern nichts weiter als eine Geschichte der Entdeckungsversuche des Philosophierens.
Sobald philosophiert wird, gibt es auch Philosopheme, und die reine Naturgeschichte (Lehre) der Philosopheme ist die Philosophie.
Die bisherige Geschichte der Philosophie
(Die bisherige Geschichte der Philosophie ist nichts als eine Geschichte der Entdeckungsversuche des Philosophierens. Sobald philosophiert wird, entstehn Philosopheme, und die echte Naturlehre der Philosopheme ist die Philosophie.)
(Diese mannigfachen Ansichten aus meinen philosophischen Bildungsjahren können vielleicht denjenigen unterhalten, der sich aus der Beobachtung der werdenden Natur eine Freude macht, und demjenigen nicht unnütz sein, der selbst noch in diesen Studien begriffen ist.)
Philologische Philosophie
Die Geschichte der Philosophen gehört zur philologischen Philosophie.
Man hat bisher Geschichte der Bildung der Menschheit, Geschichte der Philosophen und Geschichte der Philosophie immer vermengt – man hat nur die lexikographische Vollständigkeit gesucht, und dadurch entstehn eben die Zwitter und Monstren, daß man z.B. unter den Artikel Philosophie alles bringt, was die Philosophie nur irgend berührt, wo nur das Wort Philosophie usw. vorkommt.
Geschichte der philosophischen Versuche
Wenn die Geschichte der Philosophie eine Geschichte der philosophischen Versuche oder der Versuche mit der philosophischen Kraft, der individuellen Einheit, die wir Philosophie nennen und die vorzüglich in Verbis erscheint, oder der Versuche, den philosophischen Proteus zu fixieren, oder der Versuche, Philosophie zu erzeugen, zu bereiten, oder endlich der Versuche, die Idee der Philosophie zu realisieren, ist, so ist jede Geschichte wohl etwas Analoges und jeder geschichtliche Gegenstand ein Analogon der Philosophie.
(Geschichte der Versuche, Versuche zustandezubringen, die Idee eines Versuchs zu realisieren; gutgeordnete Beschreibungsreihen der Experimentalversuche sind wohl ebenfalls Synonymen der philosophischen Geschichte.)
Diogenes
Alle Philosophie oder Wissenschaft der Wissenschaft ist Kritik. Die Idee von Philosophie ist ein Schema der Zukunft.
Diogenes' Lehre war Experimentalphilosophie, echt synthetische Philosophie.
Sophisten
Sophisten sind Leute, die, aufmerksam auf die Schwächen der Philosophen und die Kunstfehler, dieselben zu ihrem Vorteil oder überhaupt zu gewissen unphilosophischen, unwürdigen Zwecken zu benutzen suchen – oft die Philosophie selber. Diese haben also eigentlich nichts mit der Philosophie zu tun. Sind sie aus Grundsatz unphilosophisch, so sind sie als Feinde der Philosophie zu betrachten und wie Feinde zu behandeln. Die gefährlichste Klasse derselben sind die Skeptiker aus reinem Haß der Philosophie. Die übrigen Skeptiker sind zum Teil sehr achtungswert. Sie sind die Vorläufer der dritten Periode. Sie haben echt philosophische Unterscheidungsgabe, und es fehlt ihnen nur an geistiger Potenz. Sie haben die gehörige Kapazität, aber nicht die selbstinzitierende Kraft. Sie fühlen das Unzulängliche der bisherigen Systeme – keins vivifiziert sie ganz. Sie haben echten Geschmack, aber es mangelt die nötige Energie der produktiven Imagination. Sie müssen polemisch sein. Alle Eklektiker sind Skeptiker im Grunde. Je mehr sie umfassen, desto skeptischer; diese letztere Bemerkung wird durch die Tatsache bestätigt, daß die größten und besten zeitherigen Gelehrten am Ende ihres Lebens am wenigsten zu wissen bekannten.
Skeptizism
Mancher Skeptizism ist nichts als unreifer Idealism. Realist ist der Idealist, der von sich selbst nichts weiß. – Der rohe Idealism – der aus der ersten Hand ist der Realism.
Determinism
Alle Verzweiflung ist deterministisch – aber auch Determinismus ist ein Element des philosophischen Weltalls oder Systems. Die Vereinzelung und der falsche Glaube an die Realität der Elemente ist die Quelle der meisten, vielleicht aller bisherigen Irrtümer.
Korpuskularphilosophie
Über die Korpuskularphilosophie. Der Weg vom Kleinen zum Großen. – Demohngeachtet ist sie schon synthetisch; sie geht von dem eingebildeten Wirklichen (Organ), Zusammengesetzten aus, dahingegen die entgegengesetzte Philosophie vom wirklichen Eingebildeten, von realer (synthetischer) Imagination ausgeht.
Imaginäre (Organisation) – Realisation; reale (organische) Imagination.
Ding und Werkzeug ist eins. Ding ist das Bewirkbare. Das n-Werkzeug ist das Affizierbare.
Atomistik
Sonderbare Harmonie des Zufälligen im atomistischen System.
Sokratie
Der Sinn der Sokratie ist, daß die Philosophie überall oder nirgends sei, und daß man mit leichter Mühe am ersten besten sich überall orientieren und das finden könne, was man suche. Sokratie ist die Kunst, von jedem gegebenen Orte aus den Stand der Wahrheit zu finden und so die Verhältnisse des Gegebenen zur Wahrheit genau zu bestimmen.
Plato
Platos Ideen: Bewohner der Denkkraft, des innern Himmels.
Jede Hineinsteigung, Blick ins Innre, ist zugleich Aufsteigung, Himmelfahrt, Blick nach dem wahrhaften Äußern.
Scholastik
Die allgemeinen Ausdrücke der scholastischen Philosophie haben sehr viel Ähnlichkeit mit den Zahlen – daher ihr mystischer Gebrauch, ihre Personifikation, ihr musikalischer Genuß, ihre unendlichfache Kombination.
Alles aus nichts erschaffne Reale, wie z.B. die Zahlen und die abstrakten Ausdrücke – hat eine wunderbare Verwandtschaft mit Dingen einer andern Welt, mit unendlichen Reihen sonderbarer Kombinationen und Verhältnissen, gleichsam mit einer mathematischen und abstrakten Welt an sich, mit einer poetischen, mathematischen und abstrakten Welt.
Die Scholastiker verwandelten alle Dinge in Abstrakta. Schade, daß sie nicht zugleich in Beziehung auf diese Operation die entgegengesetzte versuchten und über dieses Verfahren nachdachten oder Schlüsse daraus zogen. (Das Nachdenken verwandelt alles in Systeme oder Reihengewebe.)
Die prästabilierte Harmonie
Die prästabilierte Harmonie wird der Erfolg oder die Konstitution der vollkommen moralischen Welt sein. Schönheit beruht auf prästabilierter Harmonie. Im Bewußtsein Gottes findet eigentlich prästabilierte Harmonie statt. Durch das Fichtische System wird sie bewiesen und nezessitiert.
Spinoza
Was suchte Spinoza? (Selbst Fichtens Philosophie ist nicht ganz frei von genialischer Empirie, glücklichen Einfällen.)
(Die Verknüpfung des Spinozism und Hylozoism würde die Vereinigung des Materialism und Theism herbeiführen.)
Empiriker
Ähnlichkeit und Unähnlichkeit von Asmus und Ligne und Voltaire. Auch Jacobi gehört zu den transzendenten Empirikern. Empiriker ist: in dem die Denkungsart eine Wirkung der Außenwelt und des Faktums ist – der passive Denker –, dem seine Philosophie gegeben wird. Voltaire ist reiner Empiriker und so mehrere französische Philosophen. Ligne neigt unmerklich zu den transzendenten Empirikern. Diese machen den Übergang zu den Dogmatikern. Von da geht's zu den Schwärmern oder den transzendenten Dogmatikern, dann zu Kant, von da zu Fichte und endlich zum magischen Idealism.
Jakobi
Jakobi hat keinen Kunstsinn, und darum verfehlt er den Sinn der Wissenschaftslehre, sucht derbe, nützliche Realität und hat keine Freude am bloßen Philosophieren, am heitern, philosophischen Bewußtsein – Wirken und Anschauen.
Kant und Fichte die Szientifiker des philosophischen Genies
Das echt philosophische System muß die reine Geschichte der Philosophie enthalten. Dieses, angewandt auf die spezielle Chronik der Bildung der Philosophie unter den Menschen, gibt die Geschichte der menschlichen Philosophie.
Fichte ist der Bearbeiter der Kantischen Kritik, der zweite Kant, das höhere Organ, insofern Kant das niedre Organ ist. Inwieweit ist er dies vollkommen? Er setzt die Leser da nieder, wo sie Kant aufnimmt. Seine Wissenschaftslehre ist also die Philosophie der Kritik, ihre Einleitung, ihr reiner Teil. Sie enthält die Grundsätze der Kritik. Aber meinem Bedünken nach fehlt ihr viel zu diesem ihrem Ideal. Sie begreift nur einen Teil der Philosophie der Kritik und ist so unvollständig wie die Kritik selbst. Kants Plan war's, eine universelle, enzyklopädische Kritik zu liefern; er hat ihn aber nicht ganz ausgeführt und nicht mit gleichem Glück in den einzelnen Massen der Ausführung. Dasselbe gilt von der Fichtischen Bearbeitung des Kantischen Kritikplans.
Es ließe sich eine äußerst instruktive Reihe von spezifischen Darstellungen des Fichtischen und Kantischen Systems denken, z.B. eine poetische, eine chemische, eine mathematische, eine musikalische usw. Eine, wo man sie als Szientifiker des philosophischen Genies betrachtete, eine historische usw. Ich habe eine Menge Bruchstücke dazu.
Der echte Gewinst bei Fichte und Kant ist in der Methode, in der Regularisation des Genies.
Die genialischen Einfälle und Methoden sind hier gleichsam exhauriert und in ein System gebracht.
Die Resultate waren einzeln fast vollständig schon da, aber der Geist des Systems, der kritische, fehlte, und ohne diesen war der ganze Besitz ungewiß und unbrauchbar. Durch die zweckmäßige Reunion der Glieder, durch Kritizism, Vereinprozeß von Sinn und Willen, wird der Geist fixiert.
(Der Unterschied zwischen Ding und Begriff entsteht durch Beziehung auf Gesamt- und Privatwillen.)
Plotin war schon in betreff der meisten Resultate kritischer Idealist und Realist.
Fichtes und Kants Methode ist noch nicht vollständig und genau genug dargestellt. Beide wissen noch nicht mit Leichtigkeit und Mannigfaltigkeit zu experimentieren – überhaupt nicht poetisch. Alles ist so steif, so ängstlich noch.
Der Idealism
Der Idealism ist nichts als echter Empirism.
Idealism und Realism
Der Idealism sollte nicht dem Realism entgegengesetzt werden, sondern dem Formalism.
An sich selbst ist alle Philosophie und Weisheit Idealism – gedankenreich.
Die wahre Philosophie ist durchaus realistischer Idealism – oder Spinozism. Sie beruht auf höherm Glauben. Glauben ist vom Idealism unabtrennlich.
(Philosophie.) Das vollständige Zusammentreffen des Idealism und Realism bei der vollständigsten Unabhängigkeit gibt für jedes den vollständigsten Beweis des richtigen Verfahrens. Umsetzung des einen in den andern.
Der Kritizism
Eigentlich ist der Kritizism (die Erschöpfungs-Methode, welche die Umkehrungs-Methode mit begreift) diejenige Lehre, die uns beim Studium der Natur auf uns selbst, auf innere Beobachtung und Versuche und beim Studium unser selbst auf die Außenwelt, auf äußere Beobachtungen und Versuche verweist: philosophisch betrachtet, die fruchtbarste aller Indikationen.
Sie läßt uns die Natur oder Außenwelt als ein menschliches Wesen ahnden, sie zeigt, daß wir alles nur so verstehn können und sollen, wie wir uns selbst und unsre Geliebten, uns und euch verstehn.
Wir erblicken uns im System als Glied, mithin in auf- und absteigender Linie, vom unendlich Kleinen bis zum unendlich Großen, Menschen von unendlichen Variationen.
Wir verstehn natürlich alles Fremde nur durch Selbstfremdmachung, Selbstveränderung, Selbstbeobachtung. – Jetzt sehn wir die wahren Bande der Verknüpfung von Subjekt und Objekt; sehn, daß es auch eine Außenwelt in uns gibt, die mit unserm Innern in einer analogen Verbindung, wie die Außenwelt außer uns mit unserm Äußern, und jene und diese so verbunden sind wie unser Innres und Äußres. Daß wir also nur durch Gedanken das Innre und die Seele der Natur vernehmen können, wie nur durch Sensationen das Äußre und die Körper der Natur.
Nun erscheint die sogenannte Transzendentalphilosophie, die Zurückweisung ans Subjekt, der Idealism und die Kategorien, der Zusammenhang zwischen Objekt und Vorstellung in einem ganz neuen Lichte.
Demonstration, warum etwas zur äußern und innern Natur gehört – Demonstrabilität jeder Existenz und ihrer Modifikation.
Die Kritik im engern Sinn
Die Kritik im engern Sinn ist die Lehre von der regelmäßigen, vollständigen Konstruktion der Aufgabe, z.B. der Philosophie derselben, als Wissenschaft. Sie ordnet gleichsam die Data zu den notwendigen Gleichungen. Die Theorie folgt der Kritik und ist die Auflösung – und die Philosophie ist die Probe oder der Beweis, wenn diese nicht besser die Gegentheorie ist. Die Gegentheorie muß zu demselben Resultate (führen) und ist die Probe des vollkommnen Prozesses.
Der Kritizism zeigt die Notwendigkeit der Begrenzung
Ist sie poetischer Natur und Absicht, so mag's sein; sonst muß man absolut einen Zweck – mit Recht Einer genannt – haben oder setzen, damit man sich nicht in diese Spekulation, wie in ein Labyrinth, einem Wahnwitzigen völlig gleich, verliert. Hier ist der Sitz der so berüchtigten Spekulation, des verschrienen, falschen Mystizism, des Glaubens an die Ergründung der Dinge an sich.
Der Kritizism zeigt eben die Notwendigkeit der Begrenzung, Determination, Innehaltung; weist auf einen bestimmten Zweck hin und verwandelt die Spekulation in ein nützliches und selbst poetisches Instrument.
Diese endlose Fortsetzung einer Tätigkeit ist Charakter der Seelen- oder Geistesinerz.
(Man denke an jemanden, der eine unendliche Reihe, Bruchreihe z.B. exhaurieren wollte – die Quadratoren des Zirkels usw.)
Die synkritische Operation
Wenn die Kritik vollkommen, die Theorie vollkommen und die Gegentheorie vollkommen richtig ist, so bedarf es nichts weiter... Die synkritische Operation ist eo ipso erledigt. So kommt das Höchste von selbst, wenn alle Bedingungen seiner Erscheinung vorhanden sind. (Indirekte Konstruktion der Synthese. Die Synthese erscheint in konkreter Gestalt.)
Die Kritik ist die These; Theorie und Gegentheorie sind die Antithesen. Vollständige Ausbildung der These hing von der vollständigen Ausbildung der Theorie und Gegentheorie ab, und vice versa. Mit dem letzten Feilenstich ist die synkritische Operation, die regelmäßige Entwicklung der einfachen These, der einfachen Gleichung zur vollständig ausgebildeten These, zur entwickelten Gleichung ebenfalls vollendet.
Der kritische Prozeß
Mit dem bloßen Stoff den Anfang in der Philosophie der Wissenschaften zu machen, ist ebenso einseitig und antinomisch und unkritisch, als mit der bloßen Bewegung anzufangen. Mit dem Menschen anzufangen ist schon kritischer; mit dem idealischen Menschen, d.h. mit dem Genius anzufangen, noch kritischer; mit Gott anzufangen ein Maximum der Kritik. Man sagt nicht ohne Bedeutung, um die Schwierigkeit eines Unternehmens anzuzeigen: das Unternehmen ist kritisch. Die Kritik ist also gefährlich und mühsam. Die erste und höchste kritische Operation ist die gefährlichste und mühsamste, nachgehends fängt's an, immer besser zu werden.
Der kritische Prozeß besteht aus drei Operationen und Produkten, wovon eine die thetische, die zweite die antithetische, die dritte die synthetische heißt. Kritizismus ist also gleichsam der Mechanism des Szientifikers. (Über die Sukzession: Denker und Beobachter.)
(Sollte der simultane Denker und Beobachter teils der thetische, teils der synthetische Denker und Beobachter sein, i. e. der Naturmensch und der gebildete Mensch? Der sukzessive Denker ist der Gelehrte in gewissem Sinn – und der antithetische Denker und Beobachter. Tun zerfällt gleichsam in Denken und Beobachten, daher ist der Zustand des abwechselnden Denkens und Beobachtens der gelehrte Zustand. Ein Einfall ist ein synthetischer Gedanke. Was zugleich Gedanke und Beobachtung ist, ist ein kritischer, im engern Sinn, genialischer Keim. Seine Entwicklung durch mehrere solche Keime. Der Naturmensch wird doppelt, ein Gelehrter und ein gemeiner Mann. (Theoretiker und Praktiker im gewöhnlichen Sinn.) Der Keim des gebildeten Menschen ist der genialische Keim, die genialische Konstitution. Die Bildung des Genies hat wieder drei Perioden: die thetische, antithetische und synthetische.
(a. Der genialische Denker fängt mit Behauptungen an, rückt zur Polemik gegen sich und andre fort und endigt mit einem System der Behauptungen.)
Der Naturmensch fängt mit unzusammenhängenden Tatsachen und Erfahrungen an, geht zu antithetischen Beziehungen und Erfahrungen fort und endigt mit einer Theorie seiner Erfahrungen, gerade da, wo der genialische Denker anfängt, dessen Behauptungen nichts als unzusammenhängende, kritische Prinzipien sind. Der genialische Denker behandelt die vorige Sphäre, daher sammelt er Beobachtungen über den Naturmenschen, über den gemeinen Mann und Gelehrten und über den systematisierenden Gelehrten. Zweitens bezieht er diese Summe von Beobachtungen aufeinander, antinomisiert sie, drittens systematisiert sie. Dies kommt mit der vorigen Beschreibung sub a. ganz überein. Eine ähnliche Stufenfolge sowie ein ähnlicher Gang findet im Naturzustande statt. Hier ist Kind, junger Mensch, erwachsener Mensch. Der letztere verbindet die thetische Sphäre des Kindes mit der antithetischen Sphäre des jungen Menschen. Das Kind betrachtet die Natur und vorzüglich die Tiere. Es wird ein kluges, starkes Kind oder ein ruhiger, einfacher, handelnder und glaubender Jüngling; Erneuerung der Kinderspiele. Der reflektierende Mensch der zweiten Sphäre betrachtet (beurteilt) den bloßen erwachsenen Menschen, der Theoretiker und Praktiker beurteilt den bloß angewandten erwachsenen Menschen, der Systematiker beurteilt den Naturmenschen und den Theoretiker und Praktiker, kritisiert sie. Der geniale Mensch beurteilt den bloßen Systematiker. In der zweiten antithetischen Periode beurteilt der geniale Theoretiker und Praktiker den angewandten Systematiker, in der dritten beurteilt der gebildete genialische Mensch den bloßen Systematiker und den angewandten Systematiker und kritisiert sie.
Die Übergänge dieser Klassen. Wie wird z.B. der Systematiker zum genialen Menschen? Durch Selbstbeurteilung. Der gebildete Mensch durchläuft alle diese Klassen und ist der höchste synthetische Grad des Kindes.
Anfang mit der Theologie oder Geniologie. Immer höhere Kritik. Methode fortzuschreiten.
Die Philosophie der Wissenschaften hat ebenfalls drei Perioden. Die thetische der Selbstreflexion der Wissenschaft, die andere der entgegengesetzten, antinomischen Selbstbeurteilung der Wissenschaft und die synkritische Selbstreflexion und Selbstbeurteilung zugleich.
Der Gegenstand der Philosophie der Wissenschaften im ganzen sind die einzelnen Philosophien der einzelnen Wissenschaft.
Wenn nur ein Mensch wäre, so könnte man nur im Singulari sprechen, da es aber viele Menschen gibt, so entsteht also eine Reihe noch höherer Einheiten, die historischen. Allgemeinen historischen – speziell historischen.
Das Schema des Idealmenschen und seiner Wissenschaft ist gleichsam das Hauptschema aller wissenschaftlichen und praktischen und artistischen Kritik.
Der Künstler ist die Synthese des Theoretikers und Praktikers.
Es ist ein Zufall, ob der Mensch vom Naturmenschen an theoretisch oder praktisch beginnt.
Der Zweck der Pädagogik geht mit auf die Verkürzung des kritischen Ganges. Sie sucht die drei hauptkritischen Perioden ineinander zu verweben, so daß das Kind und der Naturmensch und der genialische Denker zusammenfallen – so der ideale und reale junge Mensch, der gemeine Mensch und Gelehrte oder Theorie und Praktik – und der geniale Theoretiker und Praktiker – und so auch der Erwachsene – der Systematiker und der gebildete Mensch. Gleichsam eine dreifach ineinander eingreifende Intrige.
(Philosophie.) Die letzte Klasse vervollkommnet die Produkte der übrigen Klassen.
Versuch eines vollständigen Lehrbuchs des Synkritizismus oder Versuch eines Instruments zum ewigen Frieden (im Reiche des Wissens).
Kant
Begriff von Sinn. Nach Kant bezieht sich reine Mathematik und reine Naturwissenschaft auf die Formen der äußern Sinnlichkeit. Welche Wissenschaft bezieht sich denn auf die Formen der innern Sinnlichkeit?
Gibt es noch außersinnliche Erkenntnis? Ist noch ein andrer Weg offen, aus sich selbst herauszugehen und zu andern Wesen zu gelangen oder von ihnen affiziert zu werden?
(Anschauung des Raums und der Zeit. Einbildungskraft. Schema. Synthesis von leerem und erfülltem Raum.)
(Kants Erscheinungen. Transzendentalphilosophie.)
(Die mathematischen Anschauungen sind die sichtbaren Regeln der Ordnung des mannigfaltigen Raums oder der ausgedehnten Gegenstände sowie auch der mannigfaltigen Momente – der sukzessiven Gegenstände.)
Die wirklichen Gegenstände fixieren nur die unendlichen Variationen der Raum- und Zeitgestaltungen durch die Einbildungskraft. Sie fixieren die Schemate durch Füllung mit widerstrebender, unabhängiger Masse. Synthesis von Ich und Nicht-Ich.
Kant ist ein netter Beobachter und Experimentator.
Vom Pluralism und Dualism (Kants Warnung vor Selbstbeobachtung). Seine fehlerhafte Erklärung von Naivität. (Seine unrichtige Auslegung des merkwürdigen Plurals in der öffentlichen Sprache wie: Ihr, Sie usw.) Über das Buhlen der Seele mit dem Körper.)
Die Kantischen Kategorien sind bloß für die akzidentielle Substanz.
Von der Kantischen und antifichtischen Bearbeitung der Philosophie überhaupt – die Einteilung der Gemütskräfte, ihr vereinigendes, zentrierendes Prinzip, die Vernunft – Vereinigung der Gemüts- und Naturkräfte – Vereinigung ihrer Zentralmonaden – höchste Zentralmonade.
Fichtens Apotheose der Kantischen Philosophie.) Denken ans Denken lehrt freilich das Denken in seine Gewalt bekommen – weil wir dadurch lernen zu denken, wie und was wir wollen. (Inneres, äußerst weites, unendliches Weltall; Analogie mit dem Äußern; Licht–Gravitation.)
Kant setzt die feste, ruhende, gesetzgebende Kraft a priori in uns – die ältern Philosophen setzten sie außer uns. So hat also in der Philosophie der entgegengesetzte Weg gegolten als in der Astronomie. Hier hat man zuerst die Erde als fix und den Himmel als sie umrollend gedacht – in der Philosophie hingegen hat man zuerst das Ich als bewegt und sich um die Gegenstände drehend gedacht, und die Revolutionärs beider Wissenschaften haben nachher gewechselt.
Kants Frage: Sind synthetische Urteile a priori möglich, läßt sich auf mannigfaltige Weise spezifisch ausdrücken. Z.B. Ist die Philosophie eine Kunst? (Eine Dogmatik, Wissenschaft?) Gibt es eine Erfindungskunst ohne Data, eine absolute Erfindungskunst? Lassen sich Krankheiten nach Belieben machen usw.? Lassen sich Verse nach Regeln und ein Wahnwitz nach Grundsätzen denken? Ist ein Perpetuum mobile möglich usw.? Ist ein Genie möglich, läßt sich ein Genie definieren? Läßt sich der Zirkel quadrieren? Ist Magie möglich? Läßt sich Gott, Freiheit und Unsterblichkeit demonstrieren? Gibt es eine Rechnung des Unendlichen? u.s.w. ...
Fichte
Es wäre wohl möglich, daß Fichte Erfinder einer ganz neuen Art zu denken wäre, für die die Sprache noch keinen Namen hat. Der Erfinder ist vielleicht nicht der fertigste und sinnreichste Künstler auf seinem Instrument, ob ich gleich nicht sage, daß es so sei. Es ist aber wahrscheinlich, daß es Menschen gibt und geben wird, die weit besser fichtisieren werden als Fichte. Es können wunderbare Kunstwerke hier entstehen, wenn man das Fichtisieren erst artistisch zu treiben beginnt.
Fichtes Philosophie ist ein Denkerzeugungsprozeß oder Organisationsprozeß – ein Phänomen selbst oder ein Faktum.
Verdienst freiwilliger Passivität: mystische Orthodoxen. Fichte wählt das entgegengesetzte Verdienst.
Das logische Schema der Wissenschaft hat Fichte gleichsam zum Muster einer realen Menschenkonstruktion und Weltkonstruktion gewählt. Seine Ähnlichkeit mit Plotin.
Fichte tut durch geschriebne Worte und Wortformeln, Kombinationen, innere Wunder – oder er hält für eine willkürliche Wunderhandlung: Denken und Schreiben oder Sprechen zugleich, mit gegenseitiger Postulation oder Nezessitation.
Satz: Gegenseitig bezognes, simultanes Sprechen und Denken (tätiges Betrachten) tut Wunder – erzeugt eine Substanz (Flamme), die beides, Sprechen und Denken, erregt und bildet.
Aus Fichtes Voraussetzung der Logik und seiner Annahme eines allgemeingeltenden Gedankens folgt seine ganze Philosophie notwendig. Angewandte Logik ist die Wissenschaftslehre – weiter nichts. Die Philosophie fängt mit so einer Armseligkeit, einem trivialen Gedanken an – das gehört zu ihrem Wesen. Mit einem Hauch fängt sie an. Die Wissenschaftslehre ist nichts als ein Beweis der Realität der Logik – ihrer Zusammenstimmung mit der übrigen Natur und völlig der Mathematik analog in Rücksicht ihrer Entdeckungen und Berichtigungen – und dessen, was sie leisten kann. Le Sage hat mit der Mathematik etwas Ähnliches geleistet.
Supposition des Ideals des Gesuchten ist die Methode, es zu finden.
Fichtens Forderung des zugleich Denkens, Handelns und Beobachtens ist das Ideal des Philosophierens; und indem ich dies zu leisten suche, fange ich das Ideal an zu realisieren.
Das empirische und das spekulative Suchen ist beides unendlich. In beiden zugleich suchen – der experimentierende Gang, das ist das Echte.
Indem Fichte glaubt, daß er philosophieren kann und diesem Glauben gemäß handelt, fängt er an zu philosophieren.
Die Synthesis wird in der Zeit realisiert, wenn ich ihren Begriff sukzessive zu realisieren suche, wenn ich anfange zu synthesieren.
Das Resultat des Prozesses ist das Verkehrte vom Zweck; wenn ich dies erst weiß, so kann ich sicher prozedieren, ich habe dann den Zweck und zugleich nicht, wenn ich beides, den Zweck und seine Opposition, realisieren will usf. ...
Ich bestimme die Welt, indem ich mich selbst bestimme, und so indirekte mich selbst, und umgekehrt.
Die Reflexion (Abstraktion) ist so täuschend wie die Beobachtung: Idealism und Realism ...
Fichtes Ausführung seiner Idee ist wohl der beste Beweis des Idealism. Was ich will, das kann ich. Bei dem Menschen ist kein Ding unmöglich.
Fichtens Ich und Nicht-Ich Ich das Resultat des Universums
Nach Fichte ist Ich gleichsam das Resultat des Universums. Um Ich mit Bewußtsein zu setzen, muß ich gleichsam das ganze Universum voraussetzen so, wie gegenteils die absolute Setzung des Ich nichts andres ist als die Setzung des Universums.
Ich die Vernunft
158 Fichtens Ich ist die Vernunft. Sein Gott und Spinozas Gott haben große Ähnlichkeit. Gott ist die übersinnliche Welt, rein –wir sind ein unreiner Teil derselben.
Wir denken uns Gott persönlich, wie wir uns selbst persönlich denken. Gott ist geradeso persönlich und individuell wie wir –denn unser sogenanntes Ich ist nicht unser wahres Ich, sondern nur sein Abglanz ( vid. Goethens Fragment aus Faust).
Nicht-Ich die Einheit aller Reize
Fichtes Nicht-Ich ist die Einheit aller Reize, das schlechthin Reizende, und eben darum eine assimilierte –ewig Unbekannte. Nur Leben reizt, und nur Leben kann nicht genossen werden.
Die Kombinationen von Ich und Nicht-Ich
Die Kombinationen von Ich und Nicht-Ich, nach der Anleitung der Kategorien, geben die mannigfachen Systeme der Philosophie. (System der Ableitung aus dem Einfachen. Das System der Bearbeitung der gemeinen Erfahrung, System der bloßen Ich-Identität, System des bloßen Nicht-Ichs, widersprechendes System des Ichs und Nicht-Ichs. Zureichender Grund.) System des Okkasionalism. (Beziehung auf das Erregungs-System.)
(Eine gelegenheitliche Ursache ist Reiz.) Fichtes System. Kants System. Chymische Methode, physikalische, mechanische, mathematische Methode usw. System der Anarchie, Demokratie, Aristokratie, Monarchie. Artistische Methode – artistisches System. Das Konfusions-System. Mystizism. Historism usw.)
Fichtens Ich ist ein Robinson
Philologie und Philosophie sind eins. (Jeder Anfang ist ein Aktus.) Freiheit eine Wahl. – Konstruktion eines absoluten Anfangs.
Fichtens Ich ist ein Robinson, eine wissenschaftliche Fiktion zur Erleichterung der Darstellung und Entwicklung der Wissenschaftslehre. So der Anfang der Geschichte usw. – Schilderung des philosophischen Naturstandes – eines isolierten Prinzips oder Begriffs. Jeder Begriff ist ein Ich. Ich ist ein allgemeines Gedankenmolekül.
Behandlung jedes Begriffs nach der Fichteschen Ichformel.
Ich ist ein Kunstwerk
Der Anfang des Ich ist bloß idealisch. Wenn es angefangen hätte, so hätte es so anfangen müssen. Der Anfang ist schon ein späterer Begriff, der Anfang entsteht später als das Ich; darum kann das Ich nicht angefangen haben. Wir sehen daraus, daß wir hier im Gebiet der Kunst sind, aber diese künstliche Supposition ist die Grundlage einer echten Wissenschaft, die allemal aus künstlichen Faktis entspringt. Das Ich soll konstruiert werden. Der Philosoph bereitet, schafft künstliche Elemente und geht so an die Konstruktion. Die Naturgeschichte des Ich ist dieses nicht – Ich ist kein Naturprodukt, keine Natur, kein historisches Wesen, sondern ein anarchistisches, eine Kunst, ein Kunstwerk. Die Naturgeschichte des Menschen ist die andere Hälfte. Die Ichlehre und Menschengeschichte, oder Natur und Kunst, werden in einer höhern Wissenschaft (der moralischen Bildungslehre) vereinigt und wechselseitig vollendet. (Natur und Kunst werden durch Moralität gegenseitig armiert ins Unendliche.)
Das Prinzip Ich
Das Prinzip Ich ist gleichsam das echte, gemeinschaftliche und liberale, universelle Prinzip, es ist eine Einheit, ohne Schranke und Bestimmung zu sein. Es macht vielmehr alle Bestimmung möglich und fest und gibt ihnen absoluten Zusammenhang und Bedeutung. Selbstheit ist der Grund aller Erkenntnis als der Grund der Beharrlichkeit im Veränderlichen, auch das Prinzip der höchsten Mannigfaltigkeit – (Du) (statt Nicht- Ich – Du). (Die Gemeinschaft und Eigentümlichkeit. Alles kann Ich sein und ist Ich oder soll Ich sein.)
Jetzt erhalten wir ein neues Licht
Jetzt erhalten wir ein neues Licht, warum das eigentliche Ding an sich unerkennbar ist: es ist absolut isoliert, es ist der einfache Stoff. Es ist nur in Gemeinschaft etwas Bestimmbares und Bestimmtes, und alle unsre Wissenschaften sind Verhältnis-Wissenschaften. Alle Wissenschaften ruhn auf der einfachen Wissenschaft, dem einfachen, synthesierenden Satze – Ich.
Ich ist Wahl
Ich ist Wahl und Realisierung der Sphäre individueller Freiheit und Selbsttätigkeit. Fichte ist wie Brown zu Werke gegangen – nur noch universeller und absoluter.
Im Ich, im Freiheitspunkte
Im Ich, im Freiheitspunkte sind wir alle in der Tat völlig identisch – von da aus trennt sich erst jedes Individuum. Ich ist der absolute Gesamtplatz, der Zentralpunkt.
Das Ich des Ichs
Die höchste Aufgabe der Bildung ist, sich seines transzendentalen Selbst zu bemächtigen, das Ich seines Ichs zugleich zu sein. Um so weniger befremdlich ist der Mangel an vollständigem Sinn und Verstand für andre. Ohne vollendetes Selbstverständnis wird man nie andre wahrhaft verstehn lernen.
Ich ist vielleicht wie alle Vernunftideen bloß regulativen, klassifizierenden Gebrauchs – gar nicht in Beziehung zur Realität.
Was ist Realität?
(Aus Qualität und Quantität entsteht nach den Wechselgesetzen Raum und Zeit in der gemeinschaftlichen Sphäre.)
Ich = Nicht-Ich
Ich = Nicht-Ich: höchster Satz aller Wissenschaft und Kunst.
Merkwürdige Stellen und Bemerkungen bei der Lektüre der Wissenschaftslehre
Ich und Nicht-Ich sind Abstrakta. Sie handeln nicht wie Gesamtmassen gegeneinander, sondern in jeder empirischen Handlung ohne Unterschied ist Ich und Nicht-Ich wirksam. Der Kanon, das Schema jedes Handelns, freilich aber auch die Materie desselben ist in der Wissenschaftslehre aufgestellt.
Alle Realität, von der wir reden können, muß eine denkbare sein. Folglich ist das Prinzip aller Realität, der Garant derselben, der Grund des Denkens – Sinn. Die Philosophie ist streng auf die bestimmte Modifikation des Bewußtseins eingeschränkt. Sie ist bescheiden. Sie bleibt in ihren Grenzen. Sie begreift, was in ihr oder unter ihr ist. Die Freiheit der Reflexion führt auf eine Freiheit des handelnden Ich.
Philosophieren ist eine Tätigkeit der Intelligenz.
Auf welcher Stufe steht die Philosophie?
Der Mensch ist so gut Nicht-Ich als Ich.
Ich ist nur durch ein Nicht-Ich denkbar. Ein Ich ist ja nur ein Ich, insofern es ein Nicht-Ich ist, es könnte übrigens sein, was es wollte, nur kein Ich wär's.
Der Grund des Naturgesetzes, daß jedes Anstoßes Wirkung ohne Gegenwirkung ewig dauere – wo liegt der im Ich? Er kann uns im Ich manches erklären.
Wenn man philosophisch von dem, was kommen soll, zum Beispiel von Vernichtung des Nicht-Ich spricht, so hüte man sich vor der Täuschung, als würde ein Zeitpunkt kommen, wo dieses eintreten würde. Erstlich ist es an und für sich ein Widerspruch, daß in der Zeit etwas geschehn sollte, was alle Zeit aufhebt, wie jede Verpflanzung des Unsinnlichen, Denkbaren, Subjektiven in die sinnliche Welt der Erscheinungen. In jedem Augenblick, da wir frei handeln, ist ein solcher Triumph des unendlichen Ich über das Endliche, für diesen Moment ist das Nicht-Ich wirklich vernichtet, nur nicht der sinnlichen Existenz nach.
Wie es sein soll und wird, so ist's: die Sache bleibt ewig, nur die Form wechselt unaufhörlich. Die Zeit kann nie aufhören. Wegdenken können wir die Zeit nicht, denn die Zeit ist ja Bedingung des denkenden Wesens. Die Zeit hört nur mit dem Denken auf. Denken außer der Zeit ist ein Unding.
Die Welt wird den Lebenden immer unendlicher, drum kann nie ein Ende der Verknüpfung des Mannigfaltigen, ein Zustand der Untätigkeit für das denkende Ich kommen. Es können goldne Zeiten erscheinen, aber sie bringen nicht das Ende der Dinge. Das Ziel des Menschen ist nicht die goldne Zeit. Er soll ewig existieren und ein schön geordnetes Individuum sein und verharren; dies ist die Tendenz seiner Natur.
Das philosophische Direktorium
Baader, Fichte, Schelling, Ritter und Schlegel möcht' ich das philosophische Direktorium in Deutschland nennen. Es läßt sich noch unendlich viel von diesem Quinquevirat erwarten. Fichte präsidiert und ist Guardien de la Constitution.
Baader
Baader ist ein realer Psycholog und spricht die echte psychologische Sprache. Reale Psychologie ist auch vielleicht das für mich bestimmte Feld. (Drei veränderliche Größen und Qualitäten der Kräfte. Wenn ich die eine bin, so müssen sich die andern nach mir richten.)
Schelling
Schellings Individualisierung besser Vermannigfaltigungstrieb der Natur. In der Schellingschen Naturphilosophie wird ein beschränkter Begriff der Natur und der Philosophie vorausgesetzt, was die Schellingsche Naturphilosophie eigentlich sei.
Schelling geht nur von dem Irritabilitätsphänomen der Welt aus – er legt den Muskel zum Grunde. Wo bleibt der Nerv, die Adern, das Blut und die Haut, der Zellstoff? Warum geht er, der Chemiker, nicht vom Prozeß aus – von den Phänomenen der Berührung, der Kälte?
Hier hat Kant die Rolle des Kopernikus gespielt und das empirische Ich nebst seiner Außenwelt als Planet erklärt und den Mittelpunkt des Systems ins Sittengesetz oder ins moralische Ich gesetzt, und Fichte-Newton ist der Gesetzerfinder des innern Weltsystems, der zweite Kopernikus geworden. (Niedere und höhere Naturgeschichte.)
Schelling ist der Philosoph der neuern Chemie, der absolute Oxigenist.
Bildungslehre des allgemeinen wissenschaftlichen Organs oder besser der Intelligenz
Evolution der Intelligenz
Jede Menschengestalt belebt einen individuellen Keim im Betrachtenden. Dadurch wird diese Anschauung unendlich, sie ist mit dem Gefühl einer unerschöpflichen Kraft verbunden und darum so absolut belebend. Indem wir uns selbst betrachten, beleben wir uns selbst.
Ohne diese sichtbare und fühlbare Unsterblichkeit würden wir nicht wahrhaft denken können.
Diese wahrnehmbare Unzulänglichkeit des irdischen Körpergebildes zum Ausdruck und Organ des inwohnenden Geistes ist der unbestimmte, treibende Gedanke, der die Basis aller echten Gedanken wird, der Anlaß zur Evolution der Intelligenz, dasjenige, was uns zur Annahme einer intelligiblen Welt und einer unendlichen Reihe von Ausdrücken und Organen jedes Geistes, deren Exponent oder Wurzel seine Individualität ist, nötigt.
Das Urbekannte
Das Bekannte, worauf der Philosoph alles reduzieren und wovon er ausgehen soll, muß das Urbekannte – das absolut Bekannte sein. Alles Vollkommne ist uns natürlich und absolut bekannt.
Auf Vergleichen, Gleichen läßt sich wohl alles Erkennen, Wissen usw. zurückführen.
Nichts ist dem Geist erreichbarer als das Unendliche.
Das Höchste
Das Höchste ist das Verständlichste, das Nächste, das Unentbehrlichste.
Nur durch Unbekanntschaft mit uns selbst, Entwöhnung von uns selbst, entsteht hier eine Unbegreiflichkeit, die selbst unbegreiflich ist.
Denklehre
Das Denken
Das Denken ist, wie die Blüte, gewiß nichts als die feinste Evolution der plastischen Kräfte und nur die allgemeine Naturkraft in der n. Dignität. Denken ist unter den Operationen, was der Schlußsatz unter den Sätzen ist. Denken im gewöhnlichen Sinn ist Denken des Denkens, Vergleichen usw. der spezifisch verschiednen Gedanken. Direktes Träumen – reflektiertes Träumen – potenziertes Träumen.
Von der Korruptibilität des menschlichen Nachdenkens.
Anwendung der Mathematik auf die Denklehre – Schnelligkeit und Reichhaltigkeit des Denkens – nicht auch Stärke des Denkens.
Grade des Denkens. Die Sprache ist ein Gedankometer. Scharfes Denken, eindringliches Denken.
Selbstempfinden wie Selbstdenken: aktives Empfinden. Man bringt das Empfindungsorgan wie das Denkorgan in seine Gewalt.
Unser Denken war bisher entweder bloß mechanisch, diskursiv, atomistisch oder bloß intuitiv, dynamisch. Ist jetzt etwa die Zeit der Vereinigung gekommen?
Denken ist eine Muskelbewegung.
Gedanken
Unendliche Gedanken
Unendliche Gedanken, ideale Gedanken; Ideale mit zwei und drei Dimensionen. Wie kann man sich der unendlichen Gedanken zur Lösung endlicher Gedankenprobleme bedienen?
Es geht wahrhaften Universalgedanken wie dem Landprediger im zweiten Teil von Meisters Lehrjahren. Sie scheinen so bekannt, weil sie aussehen wie allgemeine Menschengedanken und nicht wie Hinzens und Kunzens Gedanken.
Gedanken sind nur mit Gedanken gefüllt, nur Denkfunktionen wie Gesichte Augen- und Lichtfunktionen. Das Auge sieht nichts wie Auge – das Denkorgan nichts wie Denkorgane oder das dazugehörige Element.
Anschauungsvermögen. Der Anschauung liegt kein besondrer Trieb zum Grunde.
Die Anschauung ist für das Gefühl und die Reflexion geteilt. Eins ist sie ohne Anwendung. Angewandt ist sie Tendenz und Produkt. Die Tendenz gehört dem Gefühl, das Produkt der Reflexion. Das Subjektive dem Gefühl, das Objektive der Reflexion. (Beziehung zwischen Vermögen und Kraft.)
Gefühl und Reflexion bewirken zusammen die Anschauung. Es ist das vereinigende Dritte, das aber nicht in die Reflexion und Gefühl kommen kann, da die Substanz nie ins Akzidens kriechen kann, die Synthese nie ganz in der These und Antithese erscheinen. (So entsteht ein Objekt aus Wechselwirkung zweier Nichtobjekte. Anwendung auf die Urhandlung.)
Gefühl scheint das erste, Reflexion das zweite zu sein. Warum?
Gebrochne Gedanken
Gebrochne Gedanken sind Anschauungen und Empfindungen – also Körper. Zugleichsein zweier oder mehrerer Gedanken im Bewußtsein. – Folgen.
Denken, Empfinden, Schließen
Denken, Empfinden, Schließen, Urteilen, Phantasieren, Sehn usw. sind eine Operation – nur nach den Gegenständen oder der Direktion verschieden.
Fühlen verhält sich zum Denken wie Sein zum Darstellen.
»An Gedanken interessiert uns entweder der Inhalt oder ihre Entstehung«
An Gedanken interessiert uns entweder der Inhalt, die neue, frappante, richtige Funktion, oder ihre Entstehung, ihre Geschichte, ihre Verhältnisse, ihre mannigfaltige Stellung, ihre mannigfaltige Anwendung, ihr Nutzen, ihre verschiednen Formationen. So läßt sich ein sehr trivialer Gedanke sehr interessant bearbeiten. Ein sehr weitläufiges Unternehmen der Art kann sehr interessant sein, ohnerachtet das Resultat eine Armseligkeit ist; hier ist die Methode, der Gang, der Prozeß das Interessante und Angenehme. Je reifer man ist, desto mehr wird man Interesse an Produktionen der letztern Art haben. Das Neue interessiert weniger, weil man sieht, daß sich aus dem Alten so viel machen läßt. Kurz, man verliert die Lust am Mannigfaltigen, je mehr man Sinn für die Unendlichkeit des Einzelnen bekommt. Man lernt das mit einem Instrument machen, wozu andre hunderte nötig haben, und interessiert sich überhaupt mehr für das Ausführen als für das Erfinden.
Gedanken und Sensationen
Gedanken im strengern Sinn oder Modifikationen der Vernunft sind den Sensationen entgegengesetzt. Sie liefern Einheit, wo diese das Mannigfache geben, und umgekehrt. Selten sind beide rein und rein getrennt.
Analogie
Alle Ideen sind verwandt. Das Air de famille nennt man Analogie. Durch Vergleichung mehrerer Kinder würde man die Elternindividuen divinieren können. Jede Familie entsteht aus zwei Prinzipien, die eins sind – durch ihre und wider ihre Natur zugleich. Jede Familie ist eine Anlage zu einer unendlichen, individuellen Menschheit.
Ideen und Erscheinungen
Die Erscheinungen sind die Differentialen der Ideen. Ideen differentiieren und Erscheinungen integrieren, ist sehr schwer.
Ideen produzieren und Ideen assimilieren, beides schwächt im Übermaße.
Philosophieren ist die wahrhaft gelehrte Beschäftigung. Es entspricht dem Experimentieren. (Ich muß einmal ein vollständiges Experiment machen.)
Aus Trägheit verlangt der Mensch bloßen Mechanism oder bloße Magie. Er will nicht tätig sein, seine produktive Einbildungskraft brauchen.
Der Verstand
Wie, wenn der Verstand nicht der Sinn für Qualitäten, sondern nur für Quantitäten wäre und das tätige Gedächtnis hingegen der Sinn für Qualitäten wäre; jener der mathematische, dieser der physikalische Sinn? (Gedächtniskategorien – Vernunftkategorien; tätige Vernunft ist produktive Imagination.)
Gott, Welt, Mensch, Tier, Pflanze usw. sind Vernunftkategorien. (Beispiele von Gedächtniskategorien.)
Operationen des Verstandes
Operationen des Verstandes. Sollte der abstrakte Verstand das Sprachvermögen sein? Hier wird etwas durch willkürliche Verknüpfung mit der an sich bestimmten Affektion eines schreibenden und tönenden Instruments fest und erkennbar. Die Verhältnisse der Symptome sind nun für mich die Verhältnisse der Zeichenanlässe.
Intellektuale Anschauung
In der intellektualen Anschauung ist der Schlüssel des Lebens.
Intuitive Darstellung
Die intuitive Darstellung beruht auf systematischem Denken und Anschaun.
Gedankenkonstruktionen
Vielleicht kann man mittels eines dem Schachspiel ähnlichen Spiels Gedankenkonstruktionen zustande bringen. Das ehemalige logische Disputierspiel glich ganz einem Brettspiel.
Dialektik
Dialektik ist Rhetorik des Verstandes. Alles auf Verstandesrührungen abgesehn.
Gedächtnis und Verstand
Der Verstand soll auf das Gedächtnis und das Gedächtnis auf den Verstand angewandt werden.
Die sogenannten reflektierten oder indirekten Wissenschaften sind nicht kombinatorisch sensu generali, aber sie sollen es werden. Gedächtnis und Verstand sind jetzt isoliert, sie sollen wechselseitig vereinigt werden. (Das Abstrakte soll versinnlicht und das Sinnliche abstrakt werden. Entgegengesetzte Operationen, die eine mit der andern besteht und vollendet wird. Neue Ansicht von Ideal und Real.)
Verhältnislehre der Intelligenz usw. zum ganzen Menschen, zum moralischen Wesen – ihre wechselseitige Unterstützung, ihre Kollisionsfälle. Das sittliche Wesen enthält an der vollkommnen Intelligenz das notwendige, unentbehrliche Organ und die Intelligenz am moralischen Wesen eine höhere Bedeutung, einen höhern Begriff, gleichsam ein höheres Ich, einen schicklichen Zweck.
Denken und machen
Wir wissen nur, insoweit wir machen
Man weiß und macht eigentlich nur, was man wissen und machen will. Die Schwierigkeit ist nur, dies zu finden. Genaue Beobachtung des ersten Moments der erscheinenden Velleität, der gleichsam der Keim ist, wird uns überzeugen, daß hier alles schon drin liegt, was sich nachher nur entwickelt und abklärt.
Wo es ein Sein gibt, muß es auch ein Erkennen geben.
Wir wissen etwas nur, insofern wir es ausdrücken, i. e. machen können. Je fertiger und mannigfacher wir etwas produzieren, ausführen können, desto besser wissen wir es. Wir wissen es vollkommen, wenn wir es überall und auf alle Art mitteilen, erregen können, einen individuellen Ausdruck in jedem Organ desselben bewirken können.
Wir wissen nur, insoweit wir machen.
(Gott schafft auf keine andre Art als wir. Er setzt nur zusammen. Ist die Schöpfung sein Werk, so sind wir auch sein Werk. Wir können die Schöpfung als sein Werk nur kennen lernen, inwiefern wir selbst Gott sind. Wir kennen sie nicht, inwiefern wir selbst Welt sind – die Kenntnis ist zunehmend – wenn wir mehr Gott werden. Kennt sich Gott selbst? Oder haben wir den transzendentalen Gesichtspunkt für ihn? Dies ist Unsinn. Dem höhern Gesichtspunkte steht der untere oder niedrigere entgegen. Der transzendentale Gesichtspunkt zerfällt in diese beiden Arten.)
Das echte Denken erscheint wie ein Machen und ist auch solches. Das echte Denken erscheint als etwas anders, als es ist. Jenes ist ein Denken und Nichtdenken zugleich (mittelbar und unmittelbar).
Über den Mechanism des Denkens
Über den Mechanism des Denkens – Machen und Betrachten zugleich – in einem unzertrennten Akte.
Denken ist Sprechen. Sprechen und Tun oder Machen sind eine, nur modifizierte Operation. Gott sprach, es werde Licht, und es ward.
Ursprünglich ist Wissen und Tun vermischt, dann trennen sie sich, und am Ziel sollen sie wieder vereinigt und kooperierend, harmonisch, aber nicht vermischt sein. Man will zugleich wissen und tun, in wechselseitiger Beziehung, wissen, wie und was man tut, tun, wie und was man weiß.
Gegensatz von Schule und Welt. Modifizieren ist relatives Machen und Zerstören. Absolut machen können wir nichts, weil das Problem des absoluten Machens ein imaginäres Problem ist. Keinen absoluten Anfang gibt's nicht – er gehört in die Kategorie der imaginären Gedanken.
Jedes echte Mittel ist das wesentliche Glied eines Zwecks, daher unvergänglich und bleibend wie dieser. Umgekehrter Prozeß, wo das Mittel Hauptsache und das Resultat Nebensache wird: schöner Prozeß.
Zur Idee, Entwurf und Plan sucht man die Ausführung, zur Ausführung den Plan.
Intelligenz und Sinnenwesen
Eine Idee finden
Eine Idee finden, i. e. in der Außenwelt unter mehreren Gefühlen herausfühlen, aus mehreren Ansichten heraussehn, aus mehreren Erfahrungen und Tatsachen herauserfahren, heraussuchen, aus mehreren Gedanken den rechten Gedanken, das Werkzeug der Idee herausdenken – unterscheiden. Hierzu gehört physiognomischer Sinn für die mannigfachen Ausdrücke, Werkzeuge der Idee. Ich muß die Kunst verstehn, von der Idee auf ihre Erscheinung zu schließen.
Intelligenz und Sinnenwesen – was dort einfach ist, ist hier mannigfach, et vice versa. So mit Freiheit und Zwang, Allgemeinheit und Besonderheit, Qualität, Quantität, Relation, Modalität, Leiden und Tun, Position, Negation.
Sinnliche Überzeugung, intellektuelle Überzeugung; ihr Wechsel.
Stoff und Idee
Stoff, reiner Stoff – Vehikel der freiesten Wirksamkeit des Geistes, wahrhaftes Element der Freiheit, absolut reizbar für den Geist. Reine Idee: absolute Funktion dieses Stoffs; bestimmte Idee: durch andre Funktionen dieses Stoffs bestimmte Funktion desselben.
Das Reflexionsphänomen
Abstraktion schwächt; Reflexion stärkt.
Durch allzuhäufiges Reflektieren auf sich selbst wird der Mensch für sich selbst abgestumpft und verliert den gesunden Sinn für sich selbst.
Über das Reflexionsphänomen – das sich selbst auf die Schultern Springen der reflektierenden Kraft. (Gliederung der Bewegung.) (Zeitverdichtung – Gedankenkonzentration.)
Nicht bloß das Reflexionsvermögen begründet die Theorie. Denken, Fühlen und Anschaun ist eins.
Vernunft und Phantasie
Vernunft, Phantasie, Verstand
Vernunft und Phantasie ist Religion; Vernunft und Verstand ist Wissenschaft.
Ich bin überzeugt, daß man durch kalten, technischen Verstand und ruhigen, moralischen Sinn eher zu wahren Offenbarungen gelangt als durch Phantasie, die uns bloß ins Gespensterreich, diesen Antipoden des wahren Himmels, zu leiten scheint.
Eigentümliche Verknüpfungen
Eine seltsame Ähnlichkeit, einen Irrtum, irgendeinen Zufall zusammen; so entstehn wunderliche Einheiten und eigentümliche Verknüpfungen – und eins erinnert an alles, wird das Zeichen vieler und wird selbst von vielen bezeichnet und herbeigerufen. Verstand und Phantasie werden durch Zeit und Raum auf das sonderbarste vereinigt, und man kann sagen, daß jeder Gedanke, jede Erscheinung unsers Gemüts das individuellste Glied eines durchaus eigentümlichen Ganzen ist.
Sonderbares Akkompagnement der Verstandesphantasien, des abstrakten Spiels, mit innern Sinnenphantasien und Bilderspiel. Begleitende Symbolisation oder Schematism ... Emanationslehre usw.
Praktische Vernunft ist reine Einbildungskraft.
Phantasie und Logik
Von plus und minus. Umkehrungs- und Erschöpfungsmethode. Sollten die Grundgesetze der Phantasie die entgegengesetzten (nicht die umgekehrten) der Logik sein? (Inkonsequenz der Phantasie. Magismus Vereinigung beider, der Phantasie und Denkkraft.)
(Enzyklopädie.) Logik im allgemeinen Sinne begreift dieselben Wissenschaften oder wird ebenso eingeteilt wie Sprachlehre und Tonkunst. Die angewandte Sprachlehre und die angewandte Logik begegnen sich und machen eine höhere Verbindungswissenschaft aus, die die Wortbedeutungslehre und ihre Disziplinen enthält.
(Logik.) Die Gegenstände teilen die Begriffe ein und gegenseitig. Beide Klassifikationen teilen sich wieder gegenseitig ein und so fort.
Vom Begriff
Erklärung
Die Wahl des Begriffs für den Gegenstand – des Satzes für seine Verhältnisse bestimmt die Auflösung und Demonstration. Die erste Wahl oder Gleichung ist so schwierig und kritisch als entscheidend.
Wenn der Satz oder die Verhältnisse, der Gegenstand oder der Begriff richtig gewählt sind, wirklich eins sind, so muß auch die Demonstration und Auflösung, das Experiment und die Erklärung durchaus übereinkommen.
Wie das Experiment die bloße Erweiterung, Zerteilung, Vermannigfaltigung, Verstärkung des Gegenstandes ist, so ist die Erklärung dasselbe vom Satze. Hier gilt also der Satz: Was vom niedern Grade gilt, muß auch vom höhern Grade gelten. Was im niedern Grade durchaus eins ist, muß auch im höhern Grade durchaus eins sein.
Ein deutlicher Begriff ist ein zergliederter und zusammengesetzter Begriff zugleich.
Unanwendbarkeit einer Sache, eines Begriffs auf sich selbst. Insofern ich handle, bin ich nicht behandelt, das Teilende ist nicht geteilt et sic porro.
Eigentlich abstrakte oder allgemeine Begriffe sind Differenzen im Sinn der Differentialrechnung, bloße Kopulas.
Die schaffende Einbildungskraft wird geteilt in Vernunft, Urteilskraft und Sinnenkraft. Jede Vorstellung (Äußerung der produktiven Einbildungskraft) ist außer allen Dingen zusammengesetzt, freilich in verschiednen Verhältnissen, Arten und Größen.
Wenn ein Begriff Akzidens wird, so stehn seine Bestandteile in veränderter Ordnung, als wo er Substanz ist. Seine Bestandteile sind aber ebenfalls Substanz und Akzidens – folglich, wenn der ganze Begriff Akzidens ist, so steht sein Akzidens in ihm voran und ist Substanz. (Recht und Billigkeit.)
These
These ist eine Vorstellung ohne ausdrückliche Beziehung.
Begriff und Objekt
Begriff und Objekt, Satz und Produkt, Namen und Sache sind die synonymen Resultate des Beweises und der Auflösung. Ist die These real, so ist das Produkt des idealen Beweises ideal und die Auflösung real, und umgekehrt. Experiment und Erklärung können wechselseitig Auflösung und Beweis sein. Kritik des Satzes – Kritik des Produkts. Anordnung des Problems – Aufstellung, Kritik des zu beobachtenden experimentalen oder demonstrablen Gegenstandes und Begriffs.
Vom Satz
Molekül der Wissenschaft
Ein Satz ist ein Molekül der Wissenschaft. Die Logik ist ein Schema der Wissenschaftskonstruktion überhaupt.
Der Begriff ist These; das Urteil die Antithese; die Gleichung, der Schluß die Synthese. Zusammengesetzten Begriffen entsprechen zusammengesetzte Urteile und zusammengesetzte Schlüsse. Der Schluß ist die Synthese des Begriffs und Urteils. Die Lehre von den Urteilen begreift die Theoretik und Antitheoretik oder die Lehre von der Auflösung und den Beweis. Der Schluß ist eine bloße Formalität. (Ein Rechtsurteil ist eigentlich ein Rechtsschluß.)
Erhebung eines Satzes
Die Verwandlung eines Satzes oder mehrerer in ein Problem ist eine Erhebung. Ein Problem ist weit mehr als ein Satz. Höchstes, allumfassendes Problem.
Vom Sinn
Jeder Sinn fängt mit Begriff an, schreitet zu Urteil fort und endigt mit Schluß.
Aller innere Sinn ist Sinn für Sinn.
Urteil: Produkt und Gegenstand des Sinns für die Sinne – des allgemeinen Sinns.
Denkgesetze
Erklärung
Wer zuerst bis zu zwei zu zählen verstand, sah, wenn ihm auch selbst das Fortzählen noch schwer ward, doch die Möglichkeit einer unendlichen Fortzählung nach denselben Gesetzen.
Ein Gesetz ist, seinem Begriffe nach, wirksam. Ein unwirksames Gesetz ist kein Gesetz. Gesetz ist ein kausaler Begriff, Mischung von Kraft und Gedanken. Daher ist man sich nie eines Gesetzes, als solchen, bewußt. Insofern man an ein Gesetz denkt, ist es nur ein Satz, d.h. ein Gedanke mit einem Vermögen verbunden. Ein widerstehender, ein beharrlicher Gedanke ist ein strebender Gedanke und vermittelt das Gesetz und den bloßen Gedanken.
Urteil setzt ein Gesetz und einen gegebnen Fall voraus.
Eine Idee und ein Gesetz wird gefühlt. (Realität.)
Gesetze sind notwendige Folgen des unvollkommnen Denkens oder Wissens.
Axiomen
Axiomen beruhn auf sinnlicher Überzeugung. Die künstliche, gemachte Überzeugung geht vom Axiom aus. Die letztere hat die erstere verdrängt. Sie ist so scharf umrissen, jene hingegen so einfach als möglich; daher aber so unscheinbar. Sie ist auch mittelbar, welches jene nicht ist.
Axiome und Postulate
Axiome und Postulate bezeichnen das theoretische (a) und praktische (b) Wissensvermögen überhaupt. Aufgaben bezeichnen den Trieb. Auflösung und Beweis das analytische (ad a) und synthetische (ad b) Vermögen. Die Erklärungen und Zusätze haben auch ihre Bedeutung. Hieraus sieht man, daß unser Wissenstrieb der Lebenstrieb der Intelligenz ist, ein Spiel der intellektuellen Kräfte.
Die Definition
Einfache Definitionen gibt's nicht: zuerst; je mehr man zugleich definiert, desto richtiger wird jede einzelne Definition. Definieren en masse – Wissenschaft. Die Definition ist die Konstruktionsformel der Begriffe usw. Aller Erzeugung, Generation, Erzeugung des Geschlechts geht eine Spezifikation, der Spezifikation eine Individuation voraus. Die Einheit ist bloße Gattung, Art und Individuum zugleich. Mit der Mehrheit entsteht erst Klassifikation, Generation, Spezifikation und Individuation.
Logik und Metaphysik
Die gewöhnliche Logik ist die Grammatik der höhern Sprache oder des Denkens. Sie enthält bloß die Verhältnisse des Denkens untereinander, die Mechanik des Denkens, die reine Physiologie der Begriffe. Die logischen Begriffe verhaken sich aber zueinander wie die Worte ohne Gedanken.
Die Logik beschäftigt sich bloß mit dem toten Körper der Denklehre.
Die Metaphysik ist die reine Dynamik des Denkens. Sie handelt von den ursprünglichen Denkkräften. Sie beschäftigt sich mit der bloßen Seele der Denklehre. Die metaphysischen Begriffe verhalten sich zueinander wie Gedanken ohne Worte. Oft wunderte man sich über die beharrliche Unvollendung beider Wissenschaften. Jede trieb ihr Wesen für sich, und überall fehlte es. Es wollte nie recht in jeder passen. Gleich von Anfang suchte man sie zu vereinigen, da alles in ihnen auf Verwandtschaft deutete. Aber jeder Versuch mißlang, da eine von beiden immer dabei litt und ihren wesentlichen Charakter einbüßte. Es blieb bei metaphysischer Logik und logischer Metaphysik, aber keine war, was sie sein sollte. Der Physiologie und Psychologie, der Mechanik und Chymie ging's nicht besser. In der letzten Hälfte dieses Jahrhunderts entstand hier eine neue heftigere Entzündung als je – die feindlichen Massen türmten sich stärker als seither gegeneinander auf, die Gärung war übermäßig, es erfolgten mächtige Explosionen. Jetzt behaupten einige, es habe sich irgendwo eine wahrhafte Durchdringung ereignet, es sei ein Keim der Vereinigung entstanden, der allmählich wachsen und alles zu einer, unteilbaren Gestalt assimilieren würde. Dieses Prinzip des ewigen Friedens dringe unwiderstehlich nach allen Seiten, und bald werde nur eine Wissenschaft und ein Geist, wie ein Prophet und ein Gott sein.
Der Metaphysik ist es wie vielen reichhaltigen, vernachlässigten Kindern gegangen – usw. Ihre scheinbare Unwissenheit und Armut.
Logik und Psychologie
Gerade, wie sich die Tanzkunst zur Naturlehre des menschlichen Körpers und seiner Bewegungen oder die Malerkunst zu der Optik und der Theorie des Auges verhält – ebenso die Logik zu der Psychologie oder deren Kapitel, der Naturlehre des Denkens.
Die synthetische Methode. Synkritizism
Die synthetische Methode (mit den Datis anzufangen) ist die frostige, anschießende, kristallisierende, figierende, sukzessive Methode. Die analytische Methode dagegen ist erwärmend, auflösend, liquidierend. Jene sucht das Ganze, diese die Teile.
Synthetische Urteile
Synthetische Urteile sind genialische, nicht antinomische, einseitige Urteile. Eine Art von einseitigen Urteilen begreift der Idealism, die andre der Realism. Die synthetischen Urteile begreift der Kritizism. Methode des synthetischen Urteilens, System der synthetischen Urteile. Gemeiner – höherer Kritizism. Angewandter Kritizism. Der gemeine Kritizism spukte im Akademism oder Elektizism vor, der höhere im Synkretism.
Synkretism oder Synkritizism ist eins.
Der Synkritizism ist das Höchste. Es gibt einen realen und idealen Kritizism; dieser wird durch Synkritizism vereinigt.
Synthesis der Methode
Synthesis der Methode a priori und a posteriori. Elastische Art, zu denken, zu philosophieren, von den Erscheinungen zu den Prinzipien und umgekehrt hin und her zu gehn; oder besser, zugleich hierhin und dorthin zu gehn, in doppelten Richtungen unaufhörlich sich zu reiben. ( Vid. den magnetischen Strom. Ein Fluidum, das sich polarisch zersetzt, nach entgegengesetzten Richtungen immanent bewegt.) Astronomische Methode der Behandlung der Astronomie. Vid. La Place, zweiter Teil 313.
Der erste synthetische Satz
(Der erste synthetische Satz ist gleichsam der erste Kern. Es löst sich von den beiden Endgliedern ein Satz nach dem andern nach Anziehungsgesetzen des Kerns ab und wird mittels seines Durchgehns durch den ersten Satz diesem assimiliert – und so wächst die Philosophie in die Unendlichkeit, nach außen und nach innen. Sie strebt gleichsam den unendlichen Raum zwischen den Endgliedern auszufüllen.)
Idealism
Idealism ist die Lehre von den Kräften oder Gasarten. Synthetische Gedanken sind assoziierende Gedanken. Ihre Betrachtung führt auf die natürlichen Affinitäten – und Sippschaften der Gedanken. Gedanken müssen doch im Reiche der Gedanken wohl am besten Bescheid wissen.
Synthetische Überzeugung
Synthetische Überzeugung ist geglaubtes Wissen oder umgekehrt. Eine Überzeugung entspringt bloß im Verstande. Eine in den Sinnen. Eine im Willen. Harmonische, nicht monotonische Koinzidenz aller drei macht die vollkommene Überzeugung.
Subjekt und Prädikat
Das Subjekt gehört zu der Anschauung, das Prädikat ist Begriff. Der Weg von der Anschauung zum Begriff ist synthetisch, der umgekehrte analytisch in mathematischer Bedeutung. Die Anschauung ist aber individuell, der Begriff allgemein, und aus diesem Gesichtspunkt dreht sich auch die vorige Behauptung um. Nun ist der Weg von der Anschauung aus analytisch und der Weg vom Begriff aus synthetisch.
Subjekt und Objekt
Es gibt mehrere Arten von Unbekannten. Subjekt und Objekt ist soviel wie Sinn überhaupt und Gegenstand oder Reiz. Eine stetige Veränderung ist eine Zeitveränderung. Entstehn der Zeiten aus relativer und daher sich allmählich vermindernder Elastizität unsrer Gedankenaktion. Räume und Zeiten sind Symptome von Schwäche. Das Äußre ist gleichsam nur ein verteiltes, übersetztes Innre, ein höheres Innre. (Wesen und Erscheinung?)
Alles Objekt wird Reiz (und Formel) einer neuen Objektion. Es ist die unterste Reihe – das nächste Subjekt ist die Differenzreihe. Es ist ein Geronnenes und das Subjekt ein Flüssiges, eine Atmosphäre. Es ist eine beständige Größe, das Subjekt eine veränderliche. Beide in einer Funktion.
Synthetische Begriffe
Qualitativ und quantitativ sind synthetische Begriffe, Rationalitäten.
Echte Scheidungslehre
Die echte Scheidungslehre ist auch eine echte Verbindungslehre – eine höhere Analytik und Synthetik zugleich.
Die bloße Analyse
Die bloße Analyse, die bloße Experimentation und Beobachtung führt in absehbare Räume und schlechthin in die Unendlichkeit.
Analysis
Die Analysis ist die Divinations- oder die Erfindungskunst auf Regeln gebracht.
Antithese
Alles Wirksame, Wirkliche, Sensible ist schon subaltern: Resultat einer Antithese, einer Zersetzung. Das Echte, Wahrhafte ist nicht sensibel. Subjekt und Objekt sind also auch schon Antithesen.
A priori, a posteriori
A priori etwas demonstieren, heißt etwas ableiten; a posteriori ebenfalls. Dort ist nur ein Progressus, hier ein Regressus. Der echte Philosoph hat eine synthetische Methode – nicht bloß a priori, nicht bloß a posteriori – beide zusammen und dadurch beide unendlich verstärkt und vermehrt, gebildet und erweitert.
Kategorien
Kategorien – Urbeschaffenheit eines Noumenons.
Das Alphabet cogitationum humanarum
Die Kategorien sind das Alphabet cogitationum humanarum, worin jeder Buchstabe eine Handlung begreift, eine philosophische Operation, einen höhern (mathematischen) Kalkül. Die Philosophie der Kategorien ist von der höchsten Wichtigkeit.
Intellektualer Stoff
Den allgemeinen Begriffen: Sein, Verschiedenheit usw. ist es wie der Philosophie usw. gegangen: jeder hat aus ihnen gemacht, was er gewollt hat. Das zeigt sehr deutlich, daß man sie nicht allein gebrauchen oder in ihnen etwas Wunderbares suchen soll. Sie sind intellektualer Stoff, aus dem sich machen läßt, was man will. Sie sind Indikationen des Bestimmens, der Arten der Bestimmungsprozesse. Sie haben keine Bestimmung; man muß ihnen keine geben. Eine solche Indikation eines höhern Verfahrens ist auch Philosophie usw.
Umkehrung der drei logischen Grundsätze – daraus entstehn die drei logischen Antinomien und Grundprobleme. So mit der Mechanik usw. Die Kategorien kommen nirgends einzeln, sondern immer verbunden vor. Der Mathematiker muß die Arten oder Qualitäten (Nenner) unterscheiden können, um richtig rechnen zu können. Der qualitative Denker sortiert, der quantitative Denker behandelt die Sorten einzeln oder mehrere usw.
Die Kategorien sind unes et indivisibles. Jener gliedert, dieser bestimmt die Anteile jedes Glieds an die gemeinschaftliche Masse und ihre gesamten Verhältnisse.
Mit Zahlen im allgemeinen Sinn hat der Mathematiker im strengern Sinne zu tun. Einteilung der Zahlen: direkte, indirekte, ganze (regelmäßige) und unvollständige (unregelmäßige), wahre, scheinbare, unbestimmte, bestimmte, antithetische Zahlen usw.
Zweck und Grund
Zweck und Grund sind eins – nur jener heraus- und dieser hineingesehen. Anfang und Ende sind eins. Ich kann den Grund im Vorherigen oder Nachherigen suchen. Dreifache Arten der Kausalität, der Substantialität und der Verknüpfung von beiden nach der Kategorie der Gemeinschaft.
Causa prima
Jede Ursach' erweckt Ursachen. Die Causa prima ist nur das erste Glied der ursächlichen Reihe; diese Reihe ist aber vorwärts und rückwärts unendlich. Nur unter Voraussetzungen und willkürlichen Annahmen oder Datis gibt's eine Causa prima; nicht absolut.
Die Frage nach dem Grunde, dem Gesetze einer Erscheinung usw. ist eine abstrakte, d. h. von dem Gegenstand weg, dem Geiste zu gerichtete Frage. Sie geht auf Zueignung, Assimilation des Gegenstandes. Durch Erklärung hört der Gegenstand auf, fremd zu sein.
Das idealische Ziel
Nur durch einen Sprung kommt man vom Allgemeinen, Wirklichen, von n auf das Besondere, Individuelle, Bestimmte. Die Behandlung der Wirklichkeit nach der Formel des Notwendigen liefert das Ideal. (Alle echte Beziehungen sind mittelbar und unmittelbar zugleich.)
Die erste Kategorie ist in allen vier Klassen das idealische Ziel, das die mittelste vermittels der untersten erreichen soll. Die unterste ist der idealische Entwurf, der bloße Begriff des Ideals, der Anfang des Ideals.
Eigenschaft
Eigenschaft bedeutet das Gesetz einer ursprünglichen Tatsache – eine Weise der Selbsttätigkeit – Erscheinung, Offenbarung des Wesens.
(Weisen–wissen–weis–Beweis–zeigen–zeugen – zeihen – zogen.)
Da alles Wesen ist, was ist denn da Eigenschaft? Es muß, da alle Tätigkeit aufs Entgegengesetzte geht, Dasein im Entgegengesetzten sein. Das Wesen ist nur in seiner Eigenschaft sichtbar. Die Sichtbarkeit muß also wohl von der Tätigkeit des Wesens abhängen. Es ist nur wahrnehmbar, insofern es tätig ist. Alles Wahrnehmbare muß also ein Tätiges sein. Die Eigenschaft des Wesens, seine Art, tätig zu sein, ist also im Entgegengesetzten – oder außerhalb. Man nimmt also ein Wesen nur außerhalb im Entgegengesetzten wahr, und zwar nur seine Tätigkeit und ihre Weise.
(Tätigkeit ist dem Grunde entgegengesetzt. Sie verlangt einen Grund, einen Bezirk, ein Produkt, ein Mittel und einen Zweck, ein Ziel.)
Das Entgegengesetzte ist aber auch ein Wesen. Es ist nicht bloßes Wesen, insofern es Eigenschaft ist. Um wahrnehmlich zu sein, muß es tätig sein – aber dieses muß eine andre Art von Tätigkeit sein als die erstere – sowie eine andre Art von Wahrnehmbarkeit. Es müssen notwendig ihre Entgegengesetzten sein, denn die Tätigkeit und die Wahrnehmbarkeit sind Wesen und müssen ein Entgegengesetztes haben, um sich zeigen zu können.
(Es gibt zweierlei Wesen, zweierlei Eigenschaften, die aber unzertrennlich zusammengehören, weil sie auseinander folgen.)
Die Selbsttätigkeit eine Empfänglichkeit – die Wahrnehmbarkeit eine Aufmerksamkeit.
Das Wesen also, in welchem sich das Entgegengesetzte offenbart oder seine Eigenschaft erhält, muß empfänglich und aufmerksam sein.
Aufmerksamkeit ist eine andre Art von Wahrnehmlichkeit – in welcher sich die Wahrnehmlichkeit offenbart – Eigenschaft der Wahrnehmlichkeit.
Empfänglichkeit ist eine andre Art von Tätigkeit, in welcher sich die Tätigkeit offenbart: Eigenschaft der Tätigkeit.
Hingegen sind Tätigkeit und Wahrnehmlichkeit wieder Eigenschaften der Empfänglichkeit und Aufmerksamkeit. Sie sind also in den Richtungen unterschieden. Tätigkeit geht aus dem Wesen heraus, Empfänglichkeit hinein...
Vom Satz des Widerspruchs
Den Satz des Widerspruchs zu vernichten, ist vielleicht die höchste Aufgabe der höhern Logik.
Über die Methode, den Irrtum wie Wahrheit zu behandeln, einen willkürlichen Satz wie einen notwendigen, den wirklichen wie den idealischen usw., um mittels des gefundenen Resultats den Irrtum geringer zu machen und dann abermals so zu behandeln, bis man die Wahrheit vollkommen oder approximative gefunden. Sollte es sich bestätigen, daß der Satz des Widerspruchs der Grundsatz des Denkvermögens, der oberste der Logik sei, so wäre dies nur eine Indikation, daß wir mit der Logik allein nicht viel ausrichten könnten, daß das Denkvermögen allein keinen (großen) Nutzen gewähre, sondern, daß wir noch ein andres Vermögen und seine Theorie aufsuchen müßten, die, als dem Denkvermögen und der Logik entgegengesetzt und allein ebenso nutzlos als diese, in Verbindung mit diesen gesetzt werden müßten, um daraus ein zusammengesetztes Vermögen und zusammengesetzte, sich gegenseitig komplettierende Theorien und Handlungen und Resultate zu erlangen usf.
Am Ende scheint alles Nachdenken auf echtes Experimentieren zu führen und die sogenannte Vernunftlehre die Notwendigkeit, Methode usw. des Experimentierens und Lebens als eines beständigen Experimentierens zu enthalten und beweisen.
Die vollendete Spekulation führt zur Natur zurück.
Das ganze Geheimnis des Philosophierens liegt in der generalisierten Baconischen Sentenz: philosophia abducit et reducit, die Abduktion ist der Reduktion wegen. Die Natur ist aber weit mehr, wenn sie durch das philosophische Organ gegangen ist.
Fragment F. Schlegels
Hat man nun einmal die Liebhaberei fürs Absolute und kann nicht davon lassen: so bleibt einem kein Ausweg, als sich selbst immer zu widersprechen und entgegengesetzte Extreme zu verbinden. Um den Satz des Widerspruchs ist es doch unvermeidlich geschehen, und man hat nur die Wahl, ob man sich dabei leidend verhalten will, oder ob man die Notwendigkeit durch Anerkennung zur freien Handlung adeln will.
Wahrheit und Irrtum
Wahrheit ist ein vollständiger Irrtum wie Gesundheit eine vollständige Krankheit.
Alle Wahrheit besteht in innerer, eigner Harmonie und Konkordanz, Koinzidenz; also in der echten Gliedrung und im echten Handel, sowohl im Objekt als Subjekt.
Wenn man ein korrespondierendes Verhältnisglied gefunden hat, eine Wahrheit, so erhebt man sich ispo momento über die Glieder, und beide erhalten durch diesen höhern Moment, diese höhere Einheit, eine höhere Bedeutung, in der sie einzeln subaltern sind.
Jeder denkende Mensch wird allemal Wahrheit finden. Er mag ausgehn, wo, und gehn, wie er will.
Korrelative
Der Realität ist der Schein, der Negation oder Idealität der Nichtschein, der Limitation die Synthesis des Scheins oder Nichtscheins als Korrelativ beigesellt.
Trüglichkeit und Alldeutigkeit
Von der Trüglichkeit und Alldeutigkeit aller Symptome. Demohngeachtet sind sie auch nur zweideutig – und mit einem disjunktiven Urteil wird man immer den Knopf treffen. (Jedes ist der höchsten, der niedrigsten und der neutralen Auslegung fähig.)
Alles Wirkliche
Alles Wirkliche ist ein Meter des Wirklichen: wir können also nicht eher sagen, ein Mensch ist wirklich, moralisch, als bis er moralisch handelt. Das Wirkliche ist synthetischer Natur.
Auch so mit der Möglichkeit und Notwendigkeit. Aber wie sieht's nun mit dem Wahne aus? Wahnsinn usw. Hier ist nur ein scheinbarer, kein wirklicher Glauben. Unmöglichkeit, Scheinbarkeit und Zufall sind so vereinigt wie Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit...
Die richtige Grundgleichung
Methode aus irrigen Auflösungen und Beweisen – am Ende die richtige Grundgleichung oder den richtigen Begriff oder richtigen Gegenstand zu erhalten und damit nun die Möglichkeit der vollkommnen Auflösung und des vollkommnen Beweises...
Was indizieren mehrere richtige Beweise und Auflösungen?
Meinung
Meinung ist individuell und wirkliche Meinung nur unter Meinungen. Welche also nicht alle übrigen nezessitiert, ist noch keine wirkliche Meinung. So mit den Religionen, so den Naturwesen und allem.
Illusion
Es ist dogmatisch, wenn ich sage, es gibt keinen Gott, es gibt keine Wissenschaft, es gibt kein Ding an sich, ich kann kritisch nur sagen: jetzt gibt es für mich kein solches Wesen, außer einem erdichteten. Alle Illusion ist zur Wahrheit so wesentlich wie der Körper der Seele. Irrtum ist das notwendige Instrument der Wahrheit. Mit dem Irrtum mach' ich Wahrheit; vollständiger Gebrauch des Irrtums – vollständiger Besitz der Wahrheit.
Alle Synthese, alle Progression oder Übergang fängt mit Illusion an. Ich sehe außer mir, was in mir ist – ich glaube, es sei geschehn, was ich eben tue, und so fort. Irrtum der Zeit und des Raums.
Wahre Mitteilung
Wahre Mitteilung findet nur unter Gleichgesinnten, Gleichdenkenden statt.
Frage
Wenn ich frage, was eine Sache ist, so frage ich nach ihrer Vorstellung und Anschauung; ich frage mich nur nach mir selbst.
Sollte nicht am Ende jede Frage: Was ist das? und Warum? eine dumme Frage sein?
Großartige Methode
Um eine Wahrheit recht kennenzulernen, muß man sie auch polemisiert haben.
(Großartige Methode.) Lob – Tadel – Endliches Resultat.
Paradoxen
Paradoxen beschämen immer – daher sie auch so verschrien sind.
Unwahrheit
Unwahrheit hat von einem höhern Gesichtspunkte noch eine viel schlimmere Seite als die gewöhnliche. Sie ist der Grund einer falschen Welt, Grund einer unauflöslichen Kette von Verirrungen und Verwicklungen. Unwahrheit ist die Quelle alles Bösen und Üblen.
Absolutes Setzen des Falschen. Ewiger Irrtum. Eine Unwahrheit gebiert unzählige. Eine absolut gesetzte Unwahrheit ist so unendlich schwer auszurotten.
Irrtum und Vorurteil
Irrtum und Vorurteil sind Lasten, indirekt reizende Mittel für den Selbsttätigen, jeder Last Gewachsenen. Für den Schwachen sind sie positiv schwächende Mittel.
Wahn und Wahrheit
Der Unterschied zwischen Wahn und Wahrheit liegt in der Differenz ihrer Lebensfunktionen. Der Wahn lebt von der Wahrheit; die Wahrheit hat ihr Leben in sich. Man vernichtet den Wahn, wie man Krankheiten vernichtet, und der Wahn ist also nichts als logische Entzündung oder Verlöschung, Schwärmerei oder Philisterei. Jene hinterläßt gewöhnlich einen scheinbaren Mangel an Denkkraft, der durch nichts zu heben ist als eine abnehmende Reihe von Inzitamenten, Zwangsmitteln. Diese geht oft in eine trügliche Lebhaftigkeit über, deren gefährliche Revolutionssymptome nur durch eine zunehmende Reihe gewaltsamer Mittel vertrieben werden können. Beide Dispositionen können nur durch chronische, streng befolgte Kuren verändert werden.
Wahrhafte Darstellung des Irrtums ist indirekte Darstellung der Wahrheit. Wahrhafte Darstellung der Wahrheitist allein wahrhaft. Wahrhafte Darstellung des Irrtums ist zum Teil selbst Irrtum. Entgegengesetzte irrige Darstellung des Irrtums gibt Wahrheit.
Falsche Tendenzen
Die sogenannten falschen Tendenzen sind die besten Mittel, vielseitige Bildung zu bekommen.
Theorie und Praxis
(Enzyklopädik.) Halbe Theorie führt von der Praxis ab, ganze zu ihr zurück.
Der wichtigste Streit zwischen Theorie und Praxis ward auf der einen Seite durch die unvollständige Theorie, da doch der Praktiker mit der vollständigen Natur zu tun hat, und auf der andern Seite durch den Mangel an Nachdenken und Einsichten der Praktiker veranlaßt.
Theorie und Erfahrung
Wenn die Theorie auf die Erfahrung warten sollte, so käme sie nie zustande.
Der Geist
(Geistlehre.) Der Geist ist die sanktionierende, aussprechende, rechtskräftig machende Macht. Das sprechende Glied ist das klügste und dünkt sich's zu sein. So der Geist.
Der Geist führt einen ewigen Selbstbeweis.
Geist ist philosophische Natur in n. Potenz oder Grad.
Unser Geist ist eine Assoziationssubstanz. Aus Harmonie, Simultaneität des Mannigfachen geht er hervor und erhält sich durch sie.
Der Geist ist das soziale, konkatenierende Prinzip. Nur ein Geist, eine Assoziation hat ihm das Dasein gegeben.
Der Tod versetzt ihn in der großen Assoziation irgendwo anders hin – Assoziationsgesetze –, er wird irgendwo anders erweckt.
Unser Geist ist Verbindungsglied des völlig Ungleichen.
Der Geist strebt den Reiz zu absorbieren. Ihn reizt das Fremdartige. Verwandlung des Fremden in Eignes, Zueignung, ist also das unaufhörliche Geschäft des Geistes. Einst soll kein Reiz und nichts Fremdes mehr sein – der Geist soll sich selbst fremd und reizend sein oder absichtlich machen können. Jetzt ist der Geist aus Instinkt Geist – ein Naturgeist; er soll ein Vernunftgeist, aus Besonnenheit und durch Kunst Geist sein. (Natur soll Kunst und Kunst zweite Natur werden.)
Der menschliche Geist kann die äußern Symptome und ihre Kompositionen approximando nachmachen; er muß also Analogie mit den Bestandteilen und Naturkräften haben. Schlüsse daraus. (Ausgeführte, vergleichende Betrachtung der Natur und Kunst und Folgerungen aus der vergleichenden Wissenschaft von beiden.)
Schwächlicher – starker Geist.
Geistvoll ist das, worin sich der Geist unaufhörlich offenbart, wenigstens oft von neuem, in veränderter Gestalt wiedererscheint; nicht bloß etwa nur einmal, so zu Anfang, wie bei vielen philosophischen Systemen.
Geist und Seele
Der Geist verhält sich zur Seele oder die Bestandteile des unsichtbaren Individuums zueinander wie die Säfte und die festen Teile im Körper. Der Geist entsteht aus der Seele, er ist die kristallisierte Seele. Seine Figur oder sein Charakter, sein Temperament und seine Konstitution sind Funktionen der ersten Anlage, der Geisterwelt und der Seelenbeschaffenheit. Auch hier trifft man die beiden Systeme der Humoral- und Solidarpathologie – des trocknen und nassen Weges an.
Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft des Geistes
Zentripetalkraft ist das synthetische Bestreben; Zentrifugalkraft das analytische Bestreben des Geistes; Streben nach Einheit – Streben nach Mannigfaltigkeit. Durch wechselseitige Bestimmung beider durcheinander wird jene höhere Synthesis der Einheit und Mannigfaltigkeit selbst hervorgebracht, durch die eins in allem und alles in einem ist.
Nur der Geist sieht, hört und fühlt
Nur der Geist sieht, hört und fühlt – solange das Auge, das Ohr und die Haut noch affiziert sind von den Medien ihrer Gegenstände, den Inzitamenten, solange sie noch nicht rein leiten – heraus und hinein –, so lange sieht und hört und fühlt der Geist noch nicht ordentlich. Erst wenn die Erregung vorbei und das Organ vollkommner Leiter geworden ist usw.
Wann wird der Geist sich im ganzen regen?
Jetzt regt sich nur hier und da Geist: wann wird der Geist sich im ganzen regen? wann wird die Menschheit in Masse sich selbst zu besinnen anfangen?
Die Szienz oder die Wissenschaft
Die Wissenschaftslehre oder die reine Philosophie ist das Relationsschema der Wissenschaften überhaupt. Sie entsteht aus dem Einfall, statt wirklicher, namhafter, individueller Dinge: allgemeine Dinge, denen jedes Ding substituiert werden kann (vid. Begriff von Geld), oder solche Worte zu gebrauchen und an ihnen, als einfachen, isolierten unvermischbaren Zeichen und Stoffen die gewöhnlichen Operationen zu versuchen, die dadurch in ihrer Folge und in ihrem Zusammenhange rein erscheinen – und dadurch nun allgemeine Verfahrungs- und Begreifungs- -Objekt und Subjekt, Konstruktions- oder Verhältnisformeln werden, allgemein geltende Sätze ...
Es gibt eine philosophische, eine kritische, eine mathematische, eine poetische, eine chemische, eine historische Wissenschaftslehre.
Philosophische Wissenschaftslehre
Philosophie der Wissenschaft
(Philosophische Enzyklopädik.)Philosophie einer Wissenschaft entsteht durch Selbstkritik und Selbstsystem der Wissenschaft. Eine Wissenschaft wird angewandt, wenn sie als analoges Muster und Reiz einer spezifischen Selbstentwicklung einer andern Wissenschaft dient. Jede Wissenschaft kann durch reine Potenzierung in eine höhere, die philosophische Reihe, als Glied und Funktion übergehn.
Am Ende ist Mathematik nur gemeine, einfache Philosophie und Philosophie höhere Mathematik im allgemeinen.
Höhere Mathematik insbesondere knüpft die gemeine Mathematik an das System der Mathematik, und dieses stößt an die Philosophie der Mathematik oder philosophische Mathematik, wie denn die systematische Wissenschaft immer der Vorläufer und die Grenze eines höhern Grades der Wissenschaft überhaupt, des philosophischen Grades ist. (Grade der Wissenschaftlichkeit; der höchste Grad der Wissenschaftlichkeit wird Philosophie genannt.) Der philosophische Grad zerfällt wieder in drei Teile usf. Er geht in die höhere Reihe oder den höhern Grad der Philosophie der Philosophie über usf.
Der Wissenschaft ist es wie den Menschen gegangen: um sie leichter bearbeiten und bilden zu können, hat man sie in einzelne Wissenschaften (und Staaten) eingeteilt; der Einteilungsgrund war hier und dort zufällig und fremd.
Sollte nicht die Distanz einer besondern Wissenschaft von der allgemeinen und so der Rang der Wissenschaften untereinander nach der Zahl ihrer Grundsätze zu rechnen sein? Je weniger Grundsätze, desto höher die Wissenschaft.
Die Wissenschaft fängt nicht mit einem Antinom, Binom, sondern mit einem Infinitinom an.
Die Phänomenologie ist vielleicht die brauchbarste und umfassendste der Wissenschaften.
Jeder Gegenstand läßt sich (beinah) zum Objekt einer besondern Wissenschaft machen.
Die gewöhnliche Wissenschaft ist notwendig Phänomenologie, Grammatik, Symbolistik. Wir sehn die Natur so, wie vielleicht die Geisterwelt, zu perspektivisch. Den verständigen Einbildungskräften kommt das Geschäft des Bezeichnens im allgemeinen zu, des Signalisierens, Phänomenologisierens. Die Sprachzeichen sind nicht spezifisch von den übrigen Phänomenis unterschieden.
Die Wissenschaften der andern Weltkörper müssen nur durch Kalkül gefunden werden. So auch die Defekte unsrer Wissenschaften.
Jedes spezifische Faktum ist Quell einer besondern Wissenschaft.
(Enzyklopädistik.) Wo eine Kunst und Wissenschaft nicht weiter kann, beschränkt ist, da fängt die andre an, usf. (Anwendung dieser Bemerkung auf die sogenannten Elemente des Organikers.)
Da jedes Glied in der Natur eine Funktion derselben, und umgekehrt, so muß auch die Wissenschaft jedes einzelnen Gliedes eine Funktion der gesamten Naturwissenschaften, und umgekehrt, sein.
Alle reine Wissenschaften sind Studien.
Eine Wissenschaft ist vollendet 1. wenn sie auf alles angewandt ist, 2. wenn alles auf sie angewandt ist, 3. wenn sie als absolute Totalität, als Universum betrachtet, sich selbst, als absolutes Individuum mit allen übrigen Wissenschaften und Künsten, als relativen Individuen, untergeordnet wird.
Alles selbständige, materiale Ganze muß aus zwei bloß in der Reflexion zu unterscheidenden Gliedern bestehn, die zusammen eins und etwas sind. So Wissenschaft, Kenntnis und Kunst.
Ist Fichtens Darstellung der Wissenschaftslehre nicht noch dogmatistisch? Fichtens Vorurteile – oder sein wissenschaftlicher Charakter.
Jede Wissenschaft hat ihren Gott
Jede Wissenschaft hat ihren Gott, der zugleich ihr Ziel ist. So lebt eigentlich die Mechanik vom Perpetuo mobili und sucht zu gleicher Zeit als ihr höchstes Problem ein Perpetuum mobile zu konstruieren; so die Chymie mit dem Menstruo universali und dem geistigen Stoffe oder dem Stein der Weisen; die Philosophie sucht ein erstes und einziges Prinzip; der Mathematiker die Quadratur des Zirkels und eine Prinzipalgleichung; der Mensch – Gott; der Mediziner ein Lebenselixier, eine Verjüngungsessenz und vollkommenes Gefühl und Handhabung des Körpers; der Politiker einen vollkommnen Staat, ewigen Frieden, freien Staat. Jede immer getäuschte und immer erneuerte Erwartung deutet auf ein Kapitel in der Zukunftslehre hin. (Vid. mein Fragment im »Blütenstaub«.)
Über die Hindernisse der Lösungen jeder dieser Aufgaben.
Approximationsprinzipe. Hierzu gehört auch das absolute Ich. Es liegt nur an der mangelhaften Natur, an den unvollkommnen Verhältnissen der gewählten Konstruktionselemente der Gegenstände dieser Aufgaben (Elemente sind Akzidenzen), daß sie nicht gelöst werden. Die Aufgaben sind theoretisch wahr und identische (pleonastische Sätze, so z.B. perpetuum mobile, ewiges Leben, gemeßner Zirkel). Philosophie dieser Aufgaben.
Wissenschaft ist Kunst
Es muß nichts Willkürliches, Regelloses in einer bestimmten Handlungsweise des menschlichen Geistes sein – überall Kunst und Wissenschaft. Alle Wissenschaft ist etwas Positives – oder vielmehr, ihr muß etwas Gegebnes zum Grunde liegen. Sie ist vollständige Kenntnis eines Gegenstandes – Kunst – die vollkommne Anwendung einer Kenntnis.
Wissenschaft ist Variation der Philosophie
Jede Wissenschaft ist vielleicht nur eine Variation der Philosophie. Die Philosophie ist gleichsam die Substanz der Wissenschaft, die überall gesucht wird, überall vorhanden ist und nie dem Sucher erscheint. Dennoch soll sie auch in konkreter Gestalt erscheinen, wie der Stein der Weisen, und dies ist das höchste Problem.
Das Beste ist ihr philosophisches Ingrediens
Das Beste an den Wissenschaften ist ihr philosophisches Ingrediens, wie das Leben am organischen Körper. Man dephilosophiere die Wissenschaften: was bleibt übrig? Erde, Luft und Wasser.
Simplifikation und Kombination
Simplifikation und Kombination der Wissenschaften, Verwandlung aller Wissenschaften in eine ist freilich eine philosophische Aufgabe – eine absolute Forderung der Lust zu wissen.
Universalität jeder Wissenschaft
Doppelte Universalität jeder wahrhaften Wissenschaft. Eine (Wissenschaft) entsteht, wenn ich alle andern Wissenschaften zur Ausbildung der besondern benutze; die andre, wenn ich sie zur Universalwissenschaft mache und sie selbst unter sich ordne, alle andern Wissenschaften als ihre Modifikationen betrachte. Den ersten Versuch der letztern Art hat Fichte mit der Philosophie unternommen. Er soll in allen Wissenschaften unternommen werden.
Wissenschaften zersetzen sich in Wissenschaften, Sinne in Sinne. Je limitierter und bestimmter, desto praktischer. Von dem Hange der Gelehrten, ihre Wissenschaft zu universalisieren. Dadurch werden verschiedne Gegenstände ein Gegenstand, daß verschiedne Sinne einer werden.
Definition und Klassifikation der Wissenschaften
Die Wissenschaft (Idee des Ganzen oder eines Ganzen) und eine Wissenschaft. (Das Ich – ein Ich.)
Definition und Klassifikation der Wissenschaften, notwendiges und vollständiges Prinzip der Definition und der davon abhängenden besondern Definitionen und Klassifikationen. Das höchste Prinzip ist der höchste Grad. Dem höchsten realen Grad entspricht der höchste ideale Grad. Sollte Gott das Ideal des Grades und die Definition von Gott der Keim aller Definitionen sein? Sollte die Definition Gottes und die Definition des Infinitesimalgrades unendlich sein, so müssen wir bei der Definition eines Mittelgrades i. e. eines endlichen Grades anfangen oder mit der allgemeinen Definition des Grades überhaupt.
Die Kenntnis des Graderhöhungs- und des Gradklassifikationsmittels und ihres Gebrauches setzt uns in den Stand, zugleich in die Weite und in die Tiefe zu gehn, zugleich zu makrologisieren und zu mikrologisieren und dies soweit fortzusetzen, als wir wollen, zum gegenseitigen Vorteil beider Operationen.
Wissenschaftliche Entdeckung
Jede wissenschaftliche Entdeckung ist eine allgemein wissenschaftliche Entdeckung. Erklärt ist eine Sache nur durch ihre vollständige, enzyklopädistische, wissenschaftliche Betrachtung.
In den ersten Zeiten der Entdeckung der Urteilskraft war jedes neue Urteil ein Fund. Der Wert dieses Fundes stieg, je anwendbarer, je fruchtbarer dieses Urteil war. Zu Sentenzen, die uns jetzt sehr gemein vorkommen, gehörte damals noch ein ungewöhnlicher Grad von Leben des Verstandes. Man mußte Genie und Scharfsinn aufbieten, um mittels des neuen Werkzeugs neue Verhältnisse zu finden. Die Anwendung desselben auf die eigentümlichsten, interessantesten und allgemeinsten Seiten der Menschheit mußte vorzügliche Bewunderung erregen und die Aufmerksamkeit aller guten Köpfe auf sich ziehn. So entstanden die gnomischen Massen, die man zu allen Zeiten und bei allen Völkern so hoch geschätzt hat. Es wäre leicht möglich, daß unsere jetzigen genialischen Entdeckungen im Laufe der Zeiten ein ähnliches Schicksal träfe. Es könnte leicht eine Zeit kommen, wo das alles so gemein wäre, wie jetzt Sittensprüche, und neue, erhabenere Entdeckungen den rastlosen Geist der Menschen beschäftigten.
Historisches und verständiges Wissen
Das historische Wissen ist polarisch dem verständigen Wissen entgegengesetzt. Dort lernt man, hier verlernt man; hier weiß man unmittelbar, dort hört man auf, unmittelbar zu wissen. Weil man mit Lernen anfängt, so entsteht notwendig eine Verstandesschwäche und ein Übergewicht der Phantasie. Diese soll auf der Akademie wieder geheilt und die Denkkraft geübt und gestärkt werden. Auf umgekehrtem Wege würde eine Gedächtnisschwäche und ein Übergewicht der Denkkraft über die Phantasie entstehn.
Elementar- und Vorbereitungswissenschaften
Es gibt sehr viele sogenannte Wissenschaften, deren heterogene Lehrteile nur durch ein künstliches Zentrum vereinigt und ausgewählt sind; so z. B. der Bergbau, die Salinistik usw.
Der Gegenstand derselben ist nur eine gemischte wissenschaftliche Aufgabe. Es sind Künste und keine Wissenschaften. Fast jedes Handwerk, jede Kunst setzt verschiedne wissenschaftliche Organe zugleich in Bewegung. (Jeder Handwerker bedarf wenigstens die oryktognostische Kenntnis der Güte seiner Materialien usw.)
Manche Wissenschaften bestehn ganz aus Hilfswissenschaften wie die obengenannten – hier würde der Name Hilfswissenschaften nicht passend sein, besser Elementarwissenschaften. Die Organologie ist eine wahre Hilfswissenschaft der Chymie.
Vorbereitungswissenschaften gibt's wie vorbereitende Künste. Es gibt Wissenschaften und Künste, die gleichsam die Schlüssel zu allen sind; hat man diese eine, so werden die andern mit Leichtigkeit erlernt und ausgeübt.
Die Basis aller Wissenschaften und Künste muß eine Wissenschaft und Kunst sein – die man der Algeber vergleichen kann. Sie wird freilich, wie diese, später als die meisten speziellen Künste und Wissenschaften entstehn, weil die Gattung oder das Gemeinsame später als das einzelne entsteht, indem es erst durch den Kontakt der gebildeten Individuen erzeugt wird, hoc est, ins Fleisch kommt.
Hilfswissenschaften
Die sogenannten Hilfswissenschaften werden eigentlich durchaus mißverstanden; unter dieser Rubrik sollte eigentlich die Wissenschaftslehre jeder spekulativen Wissenschaft, ihre individuelle Genesis, ihre Zusammensetzung aus den Elementarwissenschaften, die Verhältnisse der Zusammensetzung und die Verhältnisse zu andern zusammengesetzten Wissenschaften vorgetragen werden.
Erfahrungen, Beobachtungen und Experimente
Der Beobachtungsprozeß
Der Beobachtungsprozeß ist ein zugleich subjektiver und objektiver Prozeß, ideales und reales Experiment zugleich. Satz und Produkt müssen zugleich fertig werden, wenn er recht vollkommen ist. Ist der beobachtete Gegenstand ein Satz schon und der Prozeß durchaus in Gedanken, so wird das Resultat des Beweises derselbe Satz nur in höherm Grade sein. So in einem durchaus realen Prozeß – wenn es einen gibt? Mittelprozeß, ideal und real zugleich. Über den realen Beweis der realen Auflösung. Das künstliche Produkt ist das höhere – es ist in meine Gewalt gekommen. Die physische und chemische Synthese ist nichts als ein realer Beweis einer realen Auflösung.
Erfahrungen, Beobachtung, Experimente, historische oder gelehrte Kenntnisse gehören nicht direkt zum Idealism, zum Erfinden a priori, aber indirekt; sie stärken als negative Masse und Tendenz. Umgekehrt helfen Ideen nicht direkt zum Experimentieren usw., aber als indirekte Hilfsmittel sind sie unentbehrlich. Dies ist eine neue Ansicht des A posteriori und A priori.
Höhere Physik oder höhere Mathematik oder ein Gemisch von beiden wurde immer unter Philosophie bisher verstanden. Man suchte durch Philosophie immer etwas werkstellig zu machen, man suchte ein all vermögendes Organ in der Philosophie.
Magischer Idealism.
Arten der Tätigkeit des Ich. (Entstehung des Begriffs Ruhe usw.)
Durch Experimentieren lernen wir beobachten. Im Experimentieren beobachten wir uns selbst usw. und lernen dadurch von den sogenannten Phänomenen auf die Einheit sichre Schlüsse ziehn oder richtig beobachten. In einer richtigen Beobachtung liegt auch schon die Erklärung.
Die Erfahrung
Die Erfahrung ist die Probe des Rationalen, und so umgekehrt. Die Unzulänglichkeit der bloßen Theorie in der Anwendung, über die der Praktiker oft kommentiert, findet sich gegenseitig in der rationalen Anwendung der bloßen Erfahrung und wird von den echten Philosophen, jedoch mit Selbstbescheidung der Notwendigkeit dieses Erfolgs, vernehmlich genug bemerkt. Der Praktiker verwirft deshalb die bloße Theorie ganz, ohne zu ahnden, wie problematisch die Beantwortung der Frage sein dürfte: »Ob die Theorie für die Anwendung oder die Anwendung um der Theorie willen sei?«
»Man geht mit den Erfahrungen und Experimenten noch viel zu sorglos um«
Man geht mit den Erfahrungen und Experimenten noch viel zu sorglos um; man versteht sie nicht zu benutzen, man betrachtet zu wenig die Erfahrungen als Data zur Auflösung und mannigfaltigen Kombinationen zum Kalkül; man überlegt die Erfahrungen in Beziehung auf Schlüsse nicht sorgfältig genug, man nimmt nicht jede Erfahrung als Funktion und Glied einer Reihe an, man ordnet, vergleicht und simplifiziert die Erfahrungen nicht genug, man prüft einen Gegenstand nicht mit allen Reagenzien, man vergleicht ihn nicht fleißig und mannigfach genug. (Im Vergleich ist das Unterscheiden mit begriffen.)
»Alles kann zum Experiment werden«
Alles kann zum Experiment, alles zum Organ werden. Echte Erfahrung entsteht aus echten Experimenten. Fichte lehrt das Geheimnis des Experimentierens, er lehrt Tatsachen und Tathandlungen oder wirkliche Sachen und Handlungen in Experimente und Begriffe verwandeln; Sachen in entgegengesetzte Handlungen, in Begriffe; Handlungen in entgegengesetzte Sachen, auch in Begriffe. Diese Begriffe hängen zusammen, die Handlungen und Sachen hängen zusammen, und alle vier hängen gegenseitig zusammen. Fichte lehrt uns diese vier Dinge konstruieren und also zugleich ihren Zusammenhang und ihre Verschiedenheit.
Der echte Experimentator
(Physik. Kunstlehre.) Wie wenig Menschen haben Genie zum Experimentieren. Der echte Experimentator muß ein dunkles Gefühl der Natur in sich haben, das ihn, je vollkommner seine Anlagen sind, um so sicherer auf seinem Gange leitet und mit desto größerer Genauigkeit das versteckte, entscheidende Phänomen finden und bestimmen läßt. Die Natur inspiriert gleichsam den echten Liebhaber und offenbart sich um so vollkommner durch ihn, je harmonischer seine Konstitution mit ihr ist. Der echte Naturliebhaber zeichnet sich eben durch seine Fertigkeit, die Experimente zu vervielfältigen, zu vereinfachen, zu kombinieren und zu analysieren, zu romantisieren und popularisieren, durch seinen Erfindungsgeist neuer Experimente, durch seine naturgeschmackvolle und natursinnreiche Auswahl und Anordnung derselben, durch Schärfe und Deutlichkeit der Beobachtung und artistische sowohl zusammengefaßte als ausführliche Beschreibung oder Darstellung der Beobachtung aus. Also: Auch Experimentator ist nur das Genie.
Sowenig viel wahre, echte Versuche in der notwendigen Folge vorhanden sind, ebensowenig wahre Beobachtungen in der notwendigen Folge. Es läßt sich noch unendlich viel dicht um uns her im Gemeinsten beobachten.
Ein gutes physikalisches Experiment kann zum Muster eines inneren Experimentes dienen und ist selbst ein gutes innres subjektives Experiment mit. ( Vid. Ritters Experimente.)
Vorurteile und Affekten
Vorurteile und Affekten sind für die Einbildungskraft, was Nebel, Blendlicht und bunte Brillen für das Auge sind.
Die meisten Leute sind daran gewöhnt, sich alles individual vorzustellen und daher, wenn sie nur Fragmente oder einzelne Stücke vor sich haben, das übrige aus ihrem eignen Vorrat von Einfällen hinzuzusetzen, um es zu komplettieren.
Versuche, ohne bestimmtes Bewußtsein des Erfolges, sind synthetischer Art. Es sind Fragen, die man der Natur vorlegt.
Bei Erfahrungen spricht die Natur von selbst verständlich. Sie zwingt zu verstehn. Bei Beobachtungen muß man schon mit Überlegung zuhören. Bei Versuchen muß man sie fragen und auf die Antwort merken.
Hierbei sind drei Fälle: 1. Beobachtung von allen Seiten, 2. Durchführung einer neuen Materie durch alle Proben, 3. Aufstellung einer neuen Probe mit allen Materien. Bei der analytischen Methode des Experimentierens ist die Sache umgekehrt.
Man fängt bei dem Erfolg der Erfahrung an und sucht die Umstände, worin sie gemacht werden muß, die Vorbereitung dazu oder den Versuch so zu bestimmen, daß der verlangte Begriff oder Satz auf eine bestimmte und sichere Art herausgebracht wird.
Alle Versuche sind individual. – Gibt es nicht auch algebraische Versuche? (Sind das nicht in Hinsicht auf die Natur die philosophischen?)
Eine der fünf Arten von Experimenten ist diejenige, wodurch man eine Wirkung erfahren und bestimmen will. Hier wird erfordert, daß die Ursache, deren Wirkung man erforschen will, nicht nur in dem Experiment ihre Wirkung äußre, sondern daß sie auch alleinwirke, und zwar auf die zur Bestimmung erforderliche Art. Die Auswahl des Stoffs und die übrigen bedingenden Umstände der Wirkung müssen auch bedacht werden.
Ist die Ursache nicht zu isolieren, so muß man den Versuch abändern, um so allmählich den Anteil der bezielten Ursache rein bestimmen zu können. Konkurrieren mehrere Ursachen oder Wirkungsglieder, so muß man mehrere Versuche kombinieren, zum Beispiel bei der Meteorologie.
Bestimmungsversuche des Verhältnisses der Ursache und Wirkung.
Die chemischen Versuche haben das Besondere, daß, weil die Ursachen in den innern Teilen der Materien wirken, die Ursache und besonders die Art, wie sie wirkt, verborgener ist und daher der Erfolg des Versuchs nur durch Analogien vermutet werden kann.
Die wissenschaftliche Erkenntnis gründet sich auf die Abhängigkeit einer Erkenntnis von der andern und untersucht, wie sich eine durch die andre bestimmen lasse. Darin ist sie demnach der gemeinen Erkenntnis entgegengesetzt, weil diese jeden Satz, jeden Begriff als für sich subsistierend und meistens ohne allen Zusammenhang ansieht.
Poetische Wissenschaftslehre
(Die vollendete Form der Wissenschaften muß poetisch sein. Jeder Satz muß einen selbständigen Charakter haben, ein selbstverständliches Individuum, Hülle eines witzigen Einfalls sein.)
Jede Wissenschaft wird Poesie, nachdem sie Philosophie geworden ist.
Wie Epos, Lyra und Drama die Elemente der Poesie, so gibt es auch ähnliche Elemente der Szienz oder Wissenschaft.
Wissenschaftslehre der Mathematik
Versuch, das zu beweisen und aufzulösen, zu konstruieren, was die Mathematik nicht beweist oder auflöst: Wissenschaftslehre der Mathematik.
Applikatur der Aufgaben und Lehrsätze, Verknüpfung derselben, Szientifizierung der Mathematik.
Kriegswissenschaft – Kriegskenntnis – Kriegskunst.
Eine Wissenschaft gewinnt durch Fressen, durch Assimilieren andrer Wissenschaften usw. So die Mathematik, zum Beispiel durch den gefressenen Begriff des Unendlichen.
Alle historische Wissenschaft strebt mathematisch zu werden. Die mathematische Kraft ist die ordnende Kraft. Jede mathematische Wissenschaft strebt wieder philosophisch zu werden, animiert oder rationalisiert zu werden – dann poetisch, endlich moralisch, zuletzt religiös.
Die mathematische Methode ist das Wesen der Mathematik. Wer die Methode ganz versteht, ist Mathematiker.
Sie ist als die wissenschaftliche Methode überhaupt höchst interessant und gibt vielleicht das richtigste Muster zur Einteilung des Erkenntnis- und Erfahrungsvermögens her.
(Mathematik.) Am Ende ist die ganze Mathematik gar keine besondre Wissenschaft, sondern nur ein allgemein wissenschaftliches Werkzeug – ein schönes Werkzeug ist eine Contradictio in adjecto. Sie ist vielleicht nichts als die exoterisierte zu einem äußern Objekt und Organ gemachte Seelenkraft des Verstandes, ein realisierter und objektivierter Verstand. Sollte dieses vielleicht mit mehreren und vielleicht allen Seelenkräften der Fall sein – daß sie durch unsre Bemühungen äußerliche Werkzeuge werden sollen? Alles soll aus uns heraus und sichtbar werden, unsre Seele soll repräsentabel werden. Das System der Wissenschaften soll symbolischer Körper (Organ-System) unsers Innern werden. Unser Geist soll sinnlich wahrnehmbare Maschine werden, nicht in uns, aber außer uns. Eine sinnlich wahrnehmbare, zur Maschine gewordene Einbildungskraft ist die Welt. Die Einbildungskraft ist am leichtesten und ersten zur Welt gekommen oder geworden, die Vernunft vielleicht zuletzt.
(Über den Idealism vid. Spinoza von Humboldt zitiert. Dieses hängt sehr mit dem vorigen zusammen. ) Eine sinnlich wahrnehmbare, zur Maschine gewordene Einbildungskraft ist die Welt. Die Einbildungskraft ist am leichtesten und ersten zur Welt gekommen, oder geworden, die Vernunft vielleicht zuletzt. – (Über diese Herausbildung und geistige Sekretion) (Entwicklung unserer Natur. Erste Zeugung, zweite, dritte, kumulative.)
Eigentlich sind alle die allgemeinen Wissenschaften, zum Beispiel Physik und Mathematik usw., in Einem Fall mit der Philosophie: es sind Proteusse, allgemeine Substanzen, Indikationen usw.
Mathematik und Astronomie
Ein Objekt vollständig betrachten, heißt es zum Mittelpunkt meiner Tätigkeit machen. Die Lehre von den bloßen Objekten ist wie die Lehre von den Weltkörpern überhaupt durchaus mathematisch, und daher ist auch diese geistige Astronomie so einfach. Die Astronomie ist die reale Algeber der Physik; die Astronomie kann man auch die Metaphysik der Natur nennen.
Metaphysik und Astronomie sind eine Wissenschaft. Die Sonne ist in der Astronomie, was Gott in der Metaphysik ist. Freiheit und Unsterblichkeit sind wie Licht und Wärme.
Gott, Freiheit und Unsterblichkeit werden einst die Basen der geistigen Physik ebenso werden wie Sonne, Licht und Wärme die der irdischen Physik.
Physikomathematische Wissenschaftslehre
Das Höchste und Reinste ist das Gemeinste, das Verständlichste; daher ist die Elementargeometrie höher als die höhere Geometrie. Je schwieriger und verwickelter eine Wissenschaft wird, desto abgeleiteter, unreiner und vermischter ist sie.
(Die sogenannten physikomathematischen Wissenschaften sind, wie Neutralsalze oder andre chemische Verbindungen, Mischungen von Physik und Mathematik, die eine neue Natur angenommen haben – die man in einem andern Sinn höhere Natur nennen kann. Jenes ist das Elementarhöchste, dies das Gemischthöchste.
Doppelte Wege, von letzterm zu jenem und umgekehrt.
Definitionen sind äußre (Merkmalsverzeichnungen) oder innere (Elementenverzeichnungen) oder gemischte. Es sind Konstruktionsformeln. Indirekte Definitionen sind Rezepte. Zu den Rezepten gehören die Experimentalvorschriften oder Beschreibungen. (Positive und negative Definitionen. Lehrsätze müssen etwas Neues aussagen, etwas, was nicht in der Definition begriffen ist.) Sie müssen, nach der Kunstsprache, synthetisch sein. (Zusätze, Erklärungen, Auslegungen, Anwendungen.)
Die allzu große Deutlichkeit oder Wiederholung derselben Wahrheit, die neuen Aussagen desselben Themas mit veränderten Worten sind schuld an der scheinbaren Dunkelheit und Schwierigkeit für den Lehrling. Der strengere wissenschaftliche Gang würde hier der leichtere sein. – Bessere Thesen (Definitionen) würden eine Menge Sätze überflüssig machen.
Ein Beweis ist eine indirekte Konstruktion, ein mathematisches Experiment, ein Rezept.
Die (meisten) mathematischen Sätze gleichen alle dem Satze a = a. Jeder mathematische Satz ist eine Gleichung.
Die Perspektive gehören in die mathematische Phänomenologie.
Es ist in analogischer Hinsicht merkwürdig, daß man bei Auflösungen von Gleichungen eine - - und eine + - Wurzel bekömmt und erst aus der Vergleichung mit den Datis bestimmen kann, welche Wurzel in dem Falle gilt.
Die Verhältnisse der drei Rechnungsarten 1) + und -, 2) x und :, 3) a und versteh' ich recht gut; wie verhält sich aber das Differentiieren und Integrieren und das Verwandeln in Reihen und Reduzieren der Reihen dazu? Das Logarythmisieren ist ein Appendix zu Nr. 3. Die Bruchlogarythmen sind, wie die Bruchexponenten, nur Approximationen zu Rationallogarythmen und Exponenten. Die Primzahlen sind nur irrational in Beziehung auf andere Zahlensysteme, zum Beispiel gegen das System 2., 3. usw.
Der Schachkalkul.
Unendliche Größen sind werdende Größen, Approximationen an Größen. Eine Größe ist etwas Bestimmtes. Aber alle Nichtgrößen – alle unbestimmten lassen sich den Bestimmten nähern, den Größen nähern. Etwas ist nur relativ Größe und Nichtgröße. Es ist nur in Beziehung auf andre Größen und Nichtgrößen eins von beiden.
Es gibt also nur verschiedne Arten von Größen, , die in Beziehung aufeinander nie ganz vereinigt, , aber relativ, zur Notdurft vereinigt, in eine Gattung gebracht oder gegeneinander bestimmt werden können.
Der Begriff Größe drückt das Verhältnis zu einem gemeinschaftlichen Begriff oder Ganzen, zu einer Einheit, wenn man will, aus. Der Anteil am gemeinschaftlichen Begriff bestimmt die Größe.
Dieser gemeinschaftliche Begriff mag nun Zahl oder Kraft, oder Ausdehnung, oder Richtung, oder Stoff, oder Lage – oder Helligkeit oder sonst des etwas sein.
Die Mathematik bestimmt den Unterschied im Gemeinschaftlichen, die Ungleichheiten im Gleichen. Sie unterscheidet in Beziehung auf das gemeinschaftliche Merkmal.
Und die Mathematik bestimmt auch (setzt die Ähnlichkeiten, die Gemeinheiten im eigentümlichen Merkmal). Dort macht sie Unterschiede, hier hebt sie Unterschiede auf. Dort individualisiert sie, hier republikanisiert sie. Dort teilt sie das Gemeinsame, hier macht sie das Eigentümliche gemein. Dort verteilt sie den Staat an die Einzelnen, hier die Einzelnen an den Staat. Wenn jenes Zerteilung des Einfachen, so ist dieses Union des Vielfachen. Jenes Differentiation, dies Integration.
(Das Äußre ist das Gemeinsame. Das Innre das Eigentümliche; die Integration ist sehr viel schwerer als die Differentiation. In Beziehung auf Physik und Philosophie.)
Die Wissenschaft, die beides in Kontakt setzt und verbindet: aus dem Gemeinsamen aufs Eigentümliche und umgekehrt, und so auch beim Äußern und Innern schließen lehrt, diese Wissenschaft ist die verbindende und höhere.
Wenn jene erste die quantitative, die zweite die qualitative Mathematik ist, so ist die dritte die relative Mathematik, die in Gliedersystemen und einem Universalsystem erscheint. (Kategorien. Fichtes Wissenschaftslehre.)
Begriff von Faktor, Quotient, Summe, Differenz, Potenz, Wurzel, Logarytm, Funktion, Reihe usw. Bruch – Exponent.
Sowenig die bloße Länge der Grenze die Größe des eingeschlossenen Raumes bestimmt, ebensowenig umgekehrt. Hab' ich das Gesetz der Näherung, so kenn' ich auch die Natur der unendlichen Größe.
Jede Größe kann durch eine Reihe ausgedrückt werden. Ist die Reihe geschlossen, bestimmt, so ist die Größe bestimmt; ist die Reihe unendlich, so ist's auch die Größe. Jede Größe ist ein Aggregat, ein Teilbares, eine Reihe, Kette; eine schlechthin einfache Größe gibt's nicht.
Je kleiner der Zirkelausschnittbogen, desto mehr nähert er sich der geraden Linie: ein unendlich kleiner Bogen ist eine gerade Linie. Hier kann man dann den pythagoreischen Lehrsatz anwenden.
Auch die Irregel ist gesetzmäßig wie die Kurven. Unterschied zwischen Rat(ional) und Irrat(ional). 3 in eine Reihe verwandelt 2 1/2 1/4 1/8 1/16 usw. Diese Reihe läßt sich noch sehr verändern.
In der reinen Algebra kommen keine Zahlen vor. So wie sich andre Größen finden lassen, so müssen sich auch Formeln berechnen lassen: Formelnerfindungskunst. (Instrumentenerfindungskunst.) Vielleicht will dies die kombinatorische Analysis tun? Dann wäre sie sehr hoch.
Die kombinatorische Analysis der Physik wäre die indirekte Erfindungskunst, die Baco gesucht hat.
Physikalische Wissenschaftslehre
Naturmetaphysik
Die transzendentale Physik ist die erste, aber die niedrigste Wissenschaft - wie die Wissenschaftslehre. Eschenmayer nennt sie die Naturmetaphysik. Sie handelt von der Natur, eh' sie Natur wird - in demjenigen Zustande, wo Mischung und Bewegung (Stoff und Kraft) noch eins sind. Ihr Gegenstand ist das Chaos. Verwandlung des Chaos in harmonischen Himmel und Erde. (Begriff des Himmels. Theorie des wahren Himmels, des innern Universums.)
Wissenschaftslehrer der Physik
Wissenschaftslehrer der Physik. Dieser macht erst Licht, Luft, Wärme usw., er hört auf, wo der Physiker anfängt. Er deduziert die Bestandteile der Natur und ihre Beschaffenheit und ihre Verhältnisse aus der Aufgabe der Natur überhaupt. Der Mensch ist die philosophische Natur - vielleicht auch die poetische usw., die Wissenschafts-Natur überhaupt.
Technische und wissenschaftliche Pädagogik
Der Lehrling
(Technische und wissenschaftliche Pädagogik.) Der Lehrling darf noch nicht räsonieren. Erst muß er mechanisch fertig werden, dann kann er anfangen, nachzudenken und nach Einsicht und Anordnung des Gelernten streben. Das voreilige Denken hält mehr auf, als daß es befördert. Diese Pflicht des wissenschaftlichen Anfängers gehört zu der allgemeinen Pflicht, seine Vernunft gefangen zu nehmen. Auch diese Gefangennehmung kann zur Kunst werden.
Lehrjahre
Lehrjahre sind für den poetischen, akademische Jahre für den philosophischen Jünger. Akademie sollte ein durchaus philosophisches Institut sein: nur eine Fakultät; die ganze Einrichtung zur Erregung und zweckmäßigen Übung der Denkkraft organisiert.
Lehrjahre im vorzüglichen Sinn sind die Lehrjahre der Kunst zu leben. Durch planmäßig geordnete Versuche lernt man ihre Grundsätze kennen und erhält die Fertigkeit, nach ihnen beliebig zu verfahren.
Lernen
Was muß ich lernen? Was kann nur gelernt werden? Aus Lernen und Hervorbringen entsteht die wissenschaftliche Bildung.
Etwas zu lernen ist ein sehr schöner Genuß, und etwas wirklich zu können ist die Quelle der Wohlbehaglichkeit.
(Anthropologie.) Wer sich nicht vornimmt, das Denken und Szientifieren und Studieren ganz durchzuführen und es beständig fortzutreiben, der tut sich nur mehr Schaden damit, da aller temporelle Gebrauch eines heftigen Reizes schädlich ist und größere Schwäche veranlaßt. (Übergang zum Herrnhutism.)
Logische Dynamik
Teilung und Erweiterung der Schwierigkeiten ist also zugleich eine Konzentrations- und Bildungsoperation der Kraft - und eine Verkürzung und bessere Benutzung der Zeit. (Je kürzer die Zeit, desto reichhaltiger, mannigfaltiger. Lange Zeit schwächt, kurze Zeit stärkt.)
Wissen
Es ist eine falsche Idee, daß man Langeweile haben würde, wenn man alles wüßte. Jede überwunde Last befördert die Leichtigkeit der Lebensfunktionen und läßt eine Kraft übrig, die nachher zu etwas anderm übrig bleibt. Es ist mit dem Wissen wie mit dem Sehn - je mehr man sieht, desto besser und angenehmer ist es. Ist man übler dran, weil man sieht?
Unwissenheit und Blindheit sind analog. (Farben des Wissens.)
Vollkommnes Wissen
Es ist nicht das Wissen allein, was uns glücklich macht, es ist die Qualität des Wissens, die subjektive Beschaffenheit des Wissens. Vollkommnes Wissen ist Überzeugung; und sie ist's, die uns glücklich macht und befriedigt. Totes – lebendiges Wissen.
Bloße Spekulation
Bloße Spekulation (müßiges Denken) endigt sich mit Ruhn, Untätigkeit. Man muß immer einen Gegenstand bearbeiten und während dieser Bearbeitung und durch ihre Bearbeitung fortzuschreiten suchen.
Aufmerksamkeit
Wie wenig Menschen haben sich nur zu einer mannigfaltigen - schweigend totalen Aufmerksamkeit auf alles, was um und in ihnen in jedem Augenblick vorgeht, erzogen! Bonnets Bemerkung: Aufmerksamkeit ist Mutter des Genies.
Lernen und Essen
Kenntnis und Wissenschaft sind völlig dem Körper analog – ist er nicht schön oder brauchbar, so ist er eine Last.
Daher hat Lernen soviel Ähnlichkeit mit Essen, und das a priori Wissen ist ein Sattwerden, ein Ernähren, ohne zu essen.
Unwissenheit
Je unwissender man von Natur ist, desto mehr Kapazität für das Wissen. Jede neue Erkenntnis macht einen viel tiefern lebendigem Eindruck. Man bemerkt dieses deutlich beim Eintritt in eine Wissenschaft. Daher verliert man durch zu vieles Studieren an Kapazität. Es ist eine der ersten Unwissenheit entgegengesetzte Unwissenheit. Jene ist Unwissenheit aus Mangel, diese aus Überfluß der Erkenntnisse. Letztere pflegt die Symptome des Skeptizismus zu haben. Es ist aber ein unechter Skeptizismus, aus indirekter Schwäche unsers Erkenntnisvermögens. Man ist nicht imstande, die Masse zu durchdringen und sie in bestimmter Gestalt vollkommen zu beleben: die plastische Kraft reicht nicht zu. So wird der Erfindungsgeist junger Köpfe und der Schwärmer sowie der glückliche Griff des geistvollen Anfängers oder Laien leicht erklärbar.
Ein Autodidaktos
Ein Autodidaktos hat, bei allen Lücken und Unvollkommenheiten seines Wissens, die aus der Art seines Studierens notwendig entstehn, dennoch den großen Vorteil, daß jede neue Idee, die er sich zu eigen macht, sogleich in die Gemeinschaft seiner Kenntnisse und Ideen tritt und sich mit dem Ganzen auf das innigste vermischt, welches dann Gelegenheit zu originellen Verbindungen und mannigfaltigen neuen Entdeckungen gibt.
Simplizität der Wissenschaft
Das Wahre und Echte scheint, als wenn es so sein müßte und nicht anders sein könnte. (Seine Simplizität, kindliche Naivität, Leichtigkeit, Bequemlichkeit, Notwendigkeit, Unbedeutendheit.)
Sucht nach Originalität ist gelehrter, grober Egoism. Wer nicht jeden fremden Gedanken wie einen seinigen und einen eigentümlichen wie einen fremden Gedanken behandelt, ist kein echter Gelehrter.
Das Hervorbringen neuer Ideen kann unnützer Luxus werden: es ist ein aktives Sammeln; die Bearbeitung des Gesammelten ist schon ein höherer Grad der Tätigkeit. Für den echten Gelehrten gibt es nichts Eigentümliches und nichts Fremdes. Alles ist ihm fremd und eigentümlich zugleich. (Dem philosophischen Körper ist der Körper selbst fremd und eigen, Reiz und Reizbarkeit zugleich.) (Der Gelehrte weiß das Fremde sich zuzueignen und das Eigne fremd zu machen.) (Lernen und Lehren, Beobachten und Darstellen, Essen und Absondern.)
Höheres Streben nach höherer Originalität. Auch in der gelehrten Welt muß man lieben und wählen, um selbst existieren und sich selbst genießen zu können.
Aller Zweifel, alles Bedürfnis nach Wahrheit, Auflösung, Wissen ist Folge von Roheit und Überbildung, Symptom von unvollkommner Konstitution. Alle wissenschaftliche Bildung geht daher auf Geschicktmachung, Übung. Alle wissenschaftliche Heilung auf Restitution der Gesundheit, wo man keine wissenschaftlichen Bedürfnisse hat.
Gedankenordnung
(Über Gedankenordnung.) Wonach ordnet man einen Gedanken? Wo fängt man eine Beschreibung an? Man schreitet entweder der Zeit nach fort, oder man schreitet vom allgemeinen aufs besondre. Einen sinnlichen Gegenstand beschreibt man analytisch, einen geistigen synthetisch; dort fängt man vom allgemeinsten an, hier vom besondersten. Die Ordnung, wie man einen Begriff fassen sollte, diese suchen wir. Die Ordnung des notwendigen Ich. In einem Ganzen muß alles ordentlich zusammenhängen.
Welcher Zusammenhang ist zwischen Gedanken? Er ist, wie alles, entweder im Subjekt oder im Objekt begründet.
(Sollte der Fehler, warum ich nicht weiterkomme, etwa darin liegen, daß ich nicht ein Ganzes fassen und festhalten kann?)
Eine Idee verliert außerordentlich, wenn ich ihr den Stempel meiner Erfindung aufdrücke und sie zu einer Patentidee mache.
Man versteht das Künstliche gewöhnlich besser als das Natürliche. Es gehört mehr Geist zum Einfachen als zum Komplizierten, aber weniger Talent.
Soll man bloß das Nützliche und Schöne suchen, treiben und betrachten?
Wenn wir Selbsterzeugnisse und Machwerke mit Naturprodukten vergleichen, so werden wir die Natur verstehn lernen. Man versteht Künstler, insofern man Künstler ist und wird, und sich also selbst versteht.
Wer addieren könnte und wollte nichts tun als aufs Geratewohl herumaddieren, der gliche jenem, der denken könnte und aufs Geratewohl herumdächte (wie ich z.B.). Beide täten wohl, wenn sie sich Regeln ihres Verfahrens erfänden, sich Fertigkeit, nach diesen Regeln zu verfahren, erwürben und nun schöne oder nützliche Denk- und Additionsexempel vollständig ausführten. – Jede Wissenschaft ist ein vollständiges Denkexempel.
Der deutliche Kopf
Der Begriff des deutlichen Kopfs läßt sich durch ein Exempel aus der Mathematik am besten erläutern.
Ein geometrisches Verhältnis wird deutlich, wenn ich es mit sehr einfachen Quantitäten ausdrücke, z.B. 88 : 44 = 2 : 1. Die Phantasie wird hier nicht schwindlig, nicht verwirrt, die Seele erhält einen deutlichen Begriff dieses Verhältnisses, weil sie alle Glieder desselben einzeln und in ihrem Zusammenhange auf einmal mit der gehörigen Stärke fassen und betrachten kann. Ein deutlicher Kopf wird also der sein, der ein Ganzes als solches und in seinen Teilen mit der gehörigen Stärke zugleich faßt und betrachtet und leicht für sich und andre den einfachsten Ausdruck komplizierter Verhältnisse findet. (Über rationale und irrationale Köpfe.)
Der verworrene Kopf
Je verworrener ein Mensch ist, man nennt die Verworrenen oft Dummköpfe, desto mehr kann durch fleißiges Selbststudium aus ihm werden; dahingegen die geordneten Köpfe trachten müssen, wahre Gelehrte, gründliche Enzyklopädisten zu werden. Die Verworrnen haben im Anfang mit mächtigen Hindernissen zu kämpfen, sie dringen nur langsam ein, sie lernen mit Mühe arbeiten: dann aber sind sie auch Herren und Meister auf immer. Der Geordnete kommt geschwind hinein, aber auch geschwind heraus. Er erreicht bald die zweite Stufe: aber da bleibt er auch gewöhnlich stehn. Ihm werden die letzten Schritte beschwerlich, und selten kann er es über sich gewinnen, schon bei einem gewissen Grade von Meisterschaft sich wieder in den Zustand eines Anfängers zu versetzen. Verworrenheit deutet auf Überfluß an Kraft und Vermögen, aber mangelhafte Verhältnisse; Bestimmtheit auf richtige Verhältnisse, aber sparsames Vermögen und Kraft. Daher ist der Verworrne so progressiv, so perfektibel, dahingegen der Ordentliche so früh als Philister aufhört. Ordnung und Bestimmtheit allein ist nicht Deutlichkeit. Durch Selbstbearbeitung kommt der Verworrene zu jener himmlischen Durchsichtigkeit, zu jener Selbsterleuchtung, die der Geordnete so selten erreicht. Das wahre Genie verbindet diese Extreme. Es teilt die Geschwindigkeit mit dem letzten und die Fülle mit dem ersten.
Dem Geistvollen ist alles eins; dem Talentvollen jedes einzig. Definierende und infinierende Menschen.
Der wissenschaftliche Kopf
Die Universalskale
Behandlung der Wissenschaften und jedes einzelnen Gegenstandes als Werkzeug und Experimentalstoff zugleich.
Die Wissenschaft ist nichts als die Skale usw. In einem echt wissenschaftlichen Kopfe indiziert sich alles von selbst. Der Kopf ist die Universalskale.
Tätige Ansicht – tätiger Gegenstand. (Ansicht der Welt durch einen Kristall – durch eine Pflanze – durch einen Menschenkörper usw. Ähnliche Experimentation.)
Über das Theatralische des Jahrmarkts und des Experimentierens. Jede Glastafel ist eine Bühne; ein Laboratorium, eine Kunstkammer ist ein Theater.
Die freie Generationsmethode der Wahrheit
Die freie Generationsmethode der Wahrheit kann noch sehr erweitert und simplifiziert, überhaupt verbessert werden.
Man muß die Wahrheit überall vergegenwärtigen, überall repräsentieren (im tätigen, produzierenden Sinn) können.
Repräsentation
Deutlich wird etwas nur durch Repräsentation. Man versteht eine Sache am leichtesten, wenn man sie repräsentiert sieht. So versteht man das Ich nur, insofern es vom Nicht-Ich repräsentiert wird. Das Nicht-Ich ist das Symbol des Ich und dient nur zum Selbstverständnis des Ich. So versteht man das Nicht-Ich umgekehrt nur, insofern es vom Ich repräsentiert wird und dieses sein Symbol wird. In Hinsicht auf die Mathematik läßt sich diese Bemerkung so anwenden, daß die Mathematik, um verständlich zu sein, repräsentiert werden muß. Eine Wissenschaft läßt sich nur durch eine andre wahrhaft repräsentieren. Die pädagogischen Anfangsgründe der Mathematik müssen daher symbolisch und analogisch sein. Eine bekannte Wissenschaft muß zum Gleichnis für die Mathematik dienen, und diese Grundgleichung muß das Prinzip der Darstellung der Mathematik werden. So wie die Anthropologie die Basis der Menschengeschichte, so ist die Physik der Mathematik die Basis der Geschichte der Mathematik. Die Physik überhaupt ist die ursprüngliche eigentliche Geschichte; die gewöhnlich so genannte Geschichte ist nur abgeleitete Geschichte (Gott selbst ist nur durch Repräsentation verständlich.)
Der Gelehrte
Szientifische Republik
Innigste Gemeinschaft aller Kenntnisse, szientifische Republik, ist der hohe Zweck der Gelehrten.
Ars litteraria
Alles, was ein Gelehrter tut, sagt, spricht, leidet, hört usw., muß ein artistisches, technisches, wissenschaftliches Produkt oder eine solche Operation sein. Er spricht in Epigrammen, er agiert in einem Schauspiele, er ist Dialogist, er trägt Abhandlungen und Wissenschaften vor, er erzählt Anekdoten, Geschichte, Märchen, Romane, er empfindet poetisch; wenn er zeichnet, so zeichnet er als Künstler, so als Musiker; sein Leben ist ein Roman, so sieht und hört er auch alles, so liest er.
Kurz, der echte Gelehrte ist der vollständig gebildete Mensch, der allem, was er berührt und tut, eine wissenschaftliche, idealische, synkritistische Form gibt.
Echter Hang zum Nachdenken
Wo echter Hang zum Nachdenken, nicht bloß zum Denken dieses oder jenes Gedankens, herrschend ist, da ist auch Progressivität. Sehr viele Gelehrte besitzen diesen Hang nicht. Sie haben schließen und folgern gelernt wie ein Schuster das Schuhmachen, ohne je auf den Einfall zu geraten oder sich zu bemühen, den Grund der Gedanken zu finden. Dennoch liegt das Heil auf keinem anderen Wege. Bei vielen währt dieser Hang nur eine Zeitlang. Er wächst und nimmt ab, sehr oft mit den Jahren, oft mit dem Fund eines Systems, das sie nur suchten, um der Mühe des Nachdenkens ferner überhoben zu sein.
Gelehrsamkeit
Gelehrsamkeit entspricht dem Gedächtnis, Fähigkeit oder Geschicklichkeit dem Geist. Beides verbinden heißt beides als ein Binomium ansehn und dieses potenzieren. (Romantische Gelehrsamkeit und romantische Geschicklichkeit: Kombinations- und Variationsfertigkeit.)
Vorurteile der Gelehrten
Vorurteile der Gelehrten sind: 1. Hang zur Eigentümlichkeit (Originalitätssucht). Damit steht der Streit um die erste Entdeckung in Verbindung. 2. Prätension auf Konsequenz und Infallibilität. 3. Haß der Autorität. 4. Verachtung der Nichtgelehrten. 5. Eifersucht und Verkleinerungssucht der Kollegen. 6. Verachtung der andern Wissenschaften. 9. Übertriebene Bewunderung der Mühseligkeit. 7. Sucht, alles alt und schon dagewesen zu finden und deshalb zu verachten. 8. Verachtung alles dessen, was nicht gelehrt oder gelernt werden kann. (Hierher ihr Religions- und Wunderhaß, ihr Dichterhaß usw.) Den meisten dieser Charakterzüge liegt gemeiner Egoism zum Grunde, und den meisten stehn auch Gegenvorurteile gegenüber.
Kopernikus
Wie Kopernikus machen's alle gute Forscher, Ärzte und Beobachter und Denker: sie drehn die Data und die Methode um, um zu sehn, ob's da nicht besser geht.
Kepler
Je mehr Gegenstand, desto größer die Liebe zu ihm – einem absoluten Gegenstand kommt absolute Liebe entgegen. Zu dir kehr ich zurück, edler Kepler, dessen hoher Sinn ein vergeistigtes, sittliches Weltall sich erschuf, statt daß in unsern Zeiten es für Weisheit gehalten wird – alles zu ertöten, das Hohe zu erniedrigen, statt das Niedre zu erheben und selber den Geist des Menschen unter die Gesetze des Mechanismus zu beugen.
Hexameter
Welten bauen genügt dem tiefer dringenden Sinn nicht:
Aber ein liebendes Herz sättigt den strebenden Geist.
Chaos
(Kosmologie.) Qualitatives, quantitatives und relatives Chaos.
Die mittelbare (organische) Erkenntnis, Berührung und Genießung ist die zweite Epoche. Die erste Epoche ist die des Chaos. Die dritte Epoche ist die synthetische – die unmittelbar mittelbare Erkenntnis, Genießung und Berührung.
Vor der Abstraktion ist alles eins, aber eins wie das Chaos; nach der Abstraktion ist wieder alles vereinigt, aber diese Vereinigung ist eine freie Verbindung selbständiger, selbstbestimmter Wesen. Aus einem Haufen ist eine Gesellschaft geworden, das Chaos ist in eine mannigfaltige Welt verwandelt.
Anfang
Alles ist Samenkorn.
Aller wirklicher Anfang ist ein zweiter Moment. Alles, was da ist, erscheint, ist und erscheint nur unter einer Voraussetzung: sein individueller Grund, sein absolutes Selbst geht ihm voraus, muß wenigstens vor ihm gedacht werden.
Welt
Die Welt ist Resultat eines unendlichen Einverständnisses, und unsre eigne innere Pluralität ist der Grund der Weltanschauung.
Die Welt ist die Summe des Vergangnen und von uns Abgelösten.
Die Welt ist ein Universaltropus des Geistes, ein symbolisches Bild desselben.
Die Welt ist ein System notwendiger Voraussetzungen – eine Vergangenheit, ein Ante eigner Art – unsre Ewigkeit a parte ante vielleicht.
Grundsätze, Gedanken und Zwecke gehören zu der Ewigkeit a parte post, zur notwendigen Zukunft – sie machen ein System der notwendigen Folge aus. Aus der wirklichen und Idealwelt entspringt die gegenwärtige Welt, die eine Mischung aus fester und flüssiger, sinnlicher und intellektualer Welt ist.
Zustand und Gegenstand zusammen, wie heißen die wohl? Welt oder Natur.
Universum
Das Universum ist im Zustande einer gespannten Feder. Der Verstand macht aus dem allgemeinen Willen (einer Direktion nach allen Seiten), der ebendeswegen nichts will – einen bestimmten nachgebenden Willen, da er von Natur absolut unbiegsam ist.
(Kosmologie.) Die Atmosphäre des Universums muß im Gegensatz immanent sein. Synthese von Himmel und Erde.
All-Weltall.
Weltall
(Kosmologie). Es ist einerlei, ob ich das Weltall in mich oder mich ins Weltall setze. Spinoza setzte alles heraus, Fichte alles hinein. So mit der Freiheit. Ist Freiheit im Ganzen, so ist Freiheit auch in mir. Nenn' ich die Freiheit Notwendigkeit und Notwendigkeit ins Ganze, so ist Notwendigkeit in mir, und umgekehrt. Sehr viele Fragen der Arten gehören wohl in die Mißverständnisse der Philosophie überhaupt. Weiß ich nur erst eigentlich, was eine Sache ist, so kann ich mich ihrer nachher zweckmäßig bedienen. Wer in a, b, x und n bestimmte wirkliche Zahlen suchen wollte, der würde irren und zugleich nicht irren. Nicht irren, indem er dadurch seinen Glauben an die Realität der Ideale bewiese, irren, indem er die Realität der Unideale leugnete, irren im Ganzen – mithin in diesen Gliedern sich immer wieder aufheben; und so hebt sich ein Irrtum ins Unendliche auf, wenn man ihn gliedert, so gut, wie eine Wahrheit sich ins Unendliche bejaht und verstärkt.
(Nur das System des Universums erklärt sich durchaus vollständig bis in die Infinitesimalteilchen. Erklärung findet nur im System statt, vollständige Erklärung nur im vollständigen System.)
Unsre Welt ist das, was sie ist, als Glied des Universalweltsystems. Ihre Veränderungen werden mit durch die Veränderungen des großen Systems bestimmt.
Je mannigfacher etwas individualisiert ist, desto mannigfacher ist seine Berührung mit andern Individuen, desto veränderlicher seine Grenze und Nachbarschaft.
Ein unendlich charakteristisches Individuum ist Glied eines Infinitoriums. So unsre Welt. Sie grenzt an unendliche Welten, und doch vielleicht nur an eine. Die Welt im ganzen hat auch nur eine Welt gegen sich über – Himmel und Erde.
Die Lehre von verschiednen Welten gehört in die Kosmologie.
Die Welt und ihr Grund
Die Welt wird ihrem Grunde entgegengesetzt. Der Grund ist die Eigenschaft der Welt und die Welt die Eigenschaft des Grundes. Gott heißt Grund und Welt zusammen.
Der Grund und die Welt laufen nun in Parallellinien fort und teilen sich durchaus gleichförmig. Sie sind eins, folglich auch im kleinsten, in allem.
Der Grund besteht aus Gesetz und Tatsache, i. e., das Wesen des Grundes ist Gesetz und Tatsache – seine Eigenschaft: Zustand und Gegenstand. Das Wesen der Welt ist Zustand und Gegenstand; ihre Eigenschaft: Gesetz und Tatsache.
Wo finden sich die Begriffe: Wesen und Eigenschaft?
Das kann nicht Wesen und Eigenschaft haben, Welt und Grund – in dessen Bezirk erst diese Begriffe entstehn.
Die Welt ist die Mutter der Eigenschaften – der Vater der Wesenheiten ist der Grund. (Stoff und Form.)
Dinge
Wir suchen überall das Unbedingte und finden immer nur Dinge.
Sich nach den Dingen oder die Dinge nach sich richten, ist eins.
Insofern ein Ding für mich da ist, bin ich sein Zweck – es bezieht sich auf mich. Es ist meinetwillen da. Mein Willen bestimmt mich – also auch mein Eigentum. Die Welt soll sein, wie ich will. Ursprünglich ist die Welt, wie ich will; wenn ich sie also nicht so finde, so muß ich den Fehler dieses Produkts in den beiden Faktoren suchen oder in einem. Entweder ist die Welt eine ausgeartete – oder mein widersprechender Willen ist nicht mein wahrer Willen – oder beides zugleich ist unterscheidbar zugleich wahr.
(Ausgeartetes Ich – ausgeartete Welt. Wiederherstellung.)
(Die Welt hat eine ursprüngliche Fähigkeit, durch mich belebt zu werden. Sie ist überhaupt a priori von mir belebt. – Eins mit mir. Ich habe eine ursprüngliche Tendenz und Fähigkeit, die Welt zu beleben. Nun kann ich aber mit nichts in Verhältnis treten, was sich nicht nach meinem Willen richtet, oder ihm gemäß ist. Mithin muß die Welt die ursprüngliche Anlage haben, sich nach mir zu richten, meinem Willen gemäß zu sein.)
Meine geistige Wirksamkeit, meine Realisation von Ideen, wird also keine Dekomposition und Umschaffung der Welt – wenigstens nicht, insofern ich Mitglied dieser bestimmten Welt bin – sein können, sondern es wird nur eine Variationsoperation sein können. Ich werde unbeschadet der Welt und ihrer Gesetze, mittels derselben, sie für mich ordnen, einrichten und bilden können. Diese höhere Bildung streitet mit der mindern nicht, sie geht, unbeschadet dieser, ihren Weg und benutzt die Welt, die ebendeshalb Welt ist, weil sie sich nicht vollständig und total bestimmt – und also noch mannigfach anderwärts her bestimmbar bleibt – welches bei einem vollkommnen, vernünftigen Individuo nicht der Fall ist – zu beliebigen Zwecken.
Zur Welt gehört also alles, was sich nicht absolut vollständig bestimmt – was einem andern Wesen noch zu mannigfachem Behuf dienen kann, ohne daß es davon weiß und dadurch gestört und im wesentlichen verändert wird.
Ein vollkommen vernünftiges Wesen kann nicht einmal gedacht werden – ohne um diesen Gedanken zu wissen und ihn mit zu bestimmen. (Gott usw.)
(Ein organischer Körper gehört in Rücksicht seiner innigen Gemeinschaft – und seines Grundsatzes: Alle für einen und einer für alle, nicht ganz in die Welt – er ist ein gemischtes Produkt.)
(Metaphysik.) Jedes Ding ist eine allgemeine Formel des andern, Funktion des andern. Nach derselben behandelt entsteht ein Produkt, das man diesem oder jenem zuschreiben kann, wie die 12, als eine nach der Formel durch 3 behandelte (multiplizierte) 4, und umgekehrt – als eine Wechselverbindung beider Zahlen.
Körperwelt
Es ist schwerer, vom einfachen Begriff im Zusammenhang zur mannigfaltigen Körperwelt als umgekehrt zu gehn. Dort muß der Geist viel angestrengter, reiner tätig sein als hier, wo seine Tätigkeit weit passiver, weit vermischter ist. Hier wird er durch andre Kräfte verstärkt, dort muß er allein gegen widerstrebende Kräfte arbeiten. Alle Dinge haben eine Zentrifugaltendenz; zentripetal werden sie durch den Geist; dort wirkt der Geist gegen jene natürliche Neigung der Organe und zwingt sie, sich zu einer Bildung zu vereinigen, um einen Punkt her zu konsolidieren; er bildet eine Welt aus nichts. Er bildet erst das Feste. Hat er aber schon mit einer Menge fester Körper zu tun, so verstärkt er sich schon mit geistiger Tätigkeit – Tätigkeit andrer Geister oder ehemalige Tätigkeiten seiner selbst kommen ihm zustatten –, die festen Körper werden sich, einer bekommenen künstlichen Tendenz zu folgen, um viel leichter verbinden und systematisch um ein Zentrum vereinigen lassen. (Die Körperwelt verhält sich zur Seelenwelt wie die festen Körper zu den luftigen oder besser den Kräften.)
Die Körper sind in den Raum präzipitierte und angeschoßne Gedanken.
(Die Zeit ist ein sukzessiver Wechsel der Kräfte. Die Gegenwart ist die Schwebung – gleich einem Gefäße, das einen aufnehmenden und abführenden Gang hat.)
Wenn in uns die Welt entsteht, so entsteht das Weltkörpersystem zuerst – und so herunter. Das Astralsystem ist das Schema der Physik. Übersetzung desselben auf die Oberfläche – in Fossilien, Pflanzen und Tiere. Der Mensch ist ein Fokus des Äthers. (Begriff von Äther.)
Raum und Zeit
Alle Kraft ist eine Funktion von Zeit und Raum. (Anschauung und Gedanke.)
Der Raum geht in die Zeit wie der Körper in die Seele über.
Zeit ist Potenz vom Raum. Betrachtungen der Zeitenfüllen und der Raumfüllen.
Sollte Zeit Raum<sup>2</sup> sein? Attraktion die Potenz von Repulsion? Das Subjekt die Potenz des Objekts?
Raum und Zeit entstehn zugleich und sind also wohl eins wie Subjekt und Objekt. Raum ist beharrliche Zeit, Zeit ist fließender, variabler Raum; Raum Basis alles Beharrlichen, Zeit Basis alles Veränderlichen. Der Raum ist das Schema, die Zeit der Begriff, die Handlung dieses Schemas.
Raum ist das Starre ohne Masse. Zeit das Flüssige ohne Masse. Bei dem erfüllten Raum konkurriert schon die Zeit. Das Undurchdringliche ist gerade der absolute Raum. Das Ungeteilte (Individuelle) die Zeit. Bei geteilter Zeit konkurriert der Raum.
Eine relative (abgeleitete) Raumerfüllung ist die Bewegung. Eine relative (abgeleitete) Zeitteilung die Geschwindigkeit.
Ein durchdrungner Raum ist ein Zeitraum. Eine durchdrungne Zeit eine Raumzeit.
Raum, Sekretion, Vakuum: Zeit, Plenum, Nutrition.
Der Raum als Niederschlag aus der Zeit – als notwendige Folge der Zeit.
Die Zeit als Koprinzip der Verwandtschaften, teils in Beziehung auf Folge, teils in Beziehung auf Geschwindigkeit.
Die Lehre von der qualitativen Zeit ist die Lehre von der Geschwindigkeit. Grade der Zeit. Zeitzahlen. So auch mit dem Raum.
Chronologie ist die Lehre von der Zeit-Längenbestimmung eines Faktums – eines zeitlichen Individuums. Die Zeit ist hier als ein unermeßlicher Meridian zu betrachten, worauf jedes zeitliche Individuum seine Sphäre, seine Skale hat: die Größen, Entfernungen und Einteilungen dieser Skalen sind nun der Gegenstand der Chronologie.
Der Chronologie steht die Lehre von der Ortsbestimmung im Raum gegenüber, die allgemeine Topologie. Beide nannte man zum Unterschied von der speziellen Geschichte der Chronologie und Topologie, die eigentlich diesen Namen verdienen, chronologische und topologische Erden- und Menschengeschichte.
Bearbeitung des wissenschaftlichen Systems nach Wernerscher Art, aber viel universeller.
Trieb und Raum haben viel Ähnlichkeit. Jeder Körper ist ein ausgefüllter Trieb.
Der Begriff von Kausalität bezieht sich auf eine reelle Zeiterfüllung, indem in dem gegenwärtigen Momente ein spezifischer Gegenstand gedacht wird, der sich auf den Gegenstand des gegenwärtigen Moments wie sein Moment zu diesem Momente verhält. Im Zweckbegriffe wird dem gegenwärtigen Momente (Gegenstand) ein veranlassender, folgender (Gegenstand oder) Moment zugedacht. Das Mittel ist im gegenwärtigen Momente – die Substanz ist auch im gegenwärtigen Momente; sie ist eine personifizierte figierte Gegenwart.
Ein Raumerfüllungsindividuum ist ein Körper. Ein Zeiterfüllungsindividuum eine Seele. (Zeiterfüllungsgesetze.) Jenes macht Raum, dies Zeit.
Zeit ist innerer Raum. – Raum ist äußere Zeit. (Synthesis derselben.) Zeitfiguren usw. Raum und Zeit entstehn zugleich.
Die Kraft der zeitlichen Individuen wird durch den Raum, die Kraft der räumlichen Individuen durch die Zeit (Dauer) gemessen.
Jeder Körper hat seine Zeit – jede Zeit hat ihren Körper. Zeitkonstruktionen (Zeittriangel, Zeitfigurik, Zeitstereometrie, Zeittrigonometrie.
Raum- und Zeitindividuen
Synthesis von Raum- und Zeitindividuen. Sichtbare Historien, sichtbare Zeitfüllen. (Raumfüllen.) Gliedrung der Zeitfüllen, Zeitbildungen.
Die Zeitnaturen sind wie der Wein, je älter, je köstlicher. Gärung, Abklärung, Vergeistigung.
Die Zeit entsteht mit dem Faktum (Bewegung), der Raum mit der Stoffung. (Stoff und Raum, Zeit und Bewegung sind wie nichts und etwas schon antithetische, i. e. subalterne Begriffe, Begriffe von späterer Formation.)
Veränderungen
Die Veränderungen, sowohl zeitliche als räumliche, der Dinge und selbst unsers eignen Phänomenons gleichen den Fortbewegungen der Bäume an der Straße, die man schnell durchfährt. Ich und die andern Menschen usw. sind im veränderlichen Zustande – en état de Variation – und daher die zeitlichen und räumlichen Veränderungen der Phänomene.
Zufall
Auch der Zufall ist nicht unergründlich, er hat seine Regelmäßigkeit.
Weltpsychologie
Personalität des Universums
Weltpsychologie. Den Organism wird man nicht ohne Voraussetzung einer Weltseele, wie den Weltplan nicht ohne Voraussetzung eines Weltvernunftwesens, erklären können.
Die Individualität in der Natur ist ganz unendlich. Wie sehr belebt diese Ansicht unsere Hoffnungen von der Personalität des Universums.
Körper, Seele und Geist sind die Elemente der Welt – wie Epos, Lyra und Drama die des Gedichts.
Die Einteilung in Körper, Seele und Geist ist universell. Auch die Wärme hat ihren Geist und ihre Seele usw.
Weltseele
Ritter sucht durchaus die eigentliche Weltseele der Natur auf. Er will die sichtbaren und ponderabilen Lettern lesen lernen und das Setzen der höhern geistigen Kräfte erklären. Alle äußre Prozesse sollen als Symbole und letzte Wirkungen innerer Prozesse begreiflich werden. Die Unvollständigkeit jener soll das Organ für diese und die Notwendigkeit einer Annahme des Personellen, als letzten Motivs, Resultat jedes Experiments werden.
Die individuelle Seele soll mit der Weltseele übereinstimmend werden.
Beweis, daß alle Sensationen des Fremden Kooperationen der Weltseele sind.
Mikrokosmos
Unser Körper ist ein Teil der Welt – Glied ist besser gesagt. Es drückt schon die Selbständigkeit, die Analogie mit dem Ganzen, kurz, den Begriff des Mikrokosmus aus. Diesem Gliede muß das Ganze entsprechen. Soviel Sinne, soviel Modi des Universums – das Universum völlig ein Analogon des menschlichen Wesens in Leib, Seele und Geist. Dieses Abbreviatur, jenes Elongatur derselben Substanz.
Philosophische Naturgeschichte
Die philosophische Naturgeschichte ist diejenige, die durchaus in allen ihren Teilen natürlich zusammenhängend ist, und sich so selbst durchaus erklärt ohne Einmischung des Begriffs von Kausalität nach dem Begriff von Substantialität.
Was ist die Natur? Ein enzyklopädischer, systematischer Index, oder Plan unsers Geistes. Warum wollen wir uns mit dem bloßen Verzeichnis unsrer Schätze begnügen? Laßt sie uns selbst besehn und sie mannigfaltig bearbeiten und benutzen.
Das Fatum, das uns drückt, ist die Trägheit unsers Geistes. Durch Erweiterung und Bildung unsrer Tätigkeit werden wir uns selbst in das Fatum verwandeln.
Alles scheint auf uns hereinzuströmen, weil wir nicht herausströmen. Wir sind negativ, weil wir wollen – je positiver wir werden, desto negativer wird die Welt um uns her –, bis am Ende keine Negation mehr sein wird, sondern wir alles in allem sind.
Gott will Götter.
Die Natur ist das Ideal. Das wahre Ideal ist möglich, wirklich und notwendig zugleich.
Die Natur ist eine versteinerte Zauberstadt.
Wo ist der Urkeim, der Typus der ganzen Natur zu finden? Die Natur der Natur?
Man kann sagen, daß die Natur oder die Außenwelt über dem Menschen in Rücksicht auf Organisation sei; man kann sagen, daß sie unter ihm, und er das höchste Wesen sei.
Sie scheint einem weit höhern Ganzen anzugehören. Ihr Wille, Verstand und Phantasie scheinen sich zu den unsrigen zu verhalten wie unser Körper zu ihrem Körper.
Die höhere Philosophie behandelt die Ehe von Natur und Geist.
Die Natur ist ewig, nicht umgekehrt, sie erhält sich von selbst. Wozu sie einmal veranlaßt ist, das bringt sie nach Gesetzen der Trägheit immerfort hervor. Im Geiste ist der Grund der Vergänglichkeit zu suchen. Perpetuum mobile.
Die Natur verändert sich sprungweise. Folgerungen daraus. Synthetische Operationen sind Sprünge (Einfälle, Entschlüsse). Regelmäßigkeit des Genies, des Springers par excellence.
Jede Wirkung ist von einem höhern Genius begleitet.
Entgegensetzungen der bekannten Naturgesetze: 1. Lex continui, 2. Lex parsimoniae, und dem letztern gehört auch, daß sie jedes Individuum nur einmal hervorbringt, 3. Gesetz der Beharrlichkeit. Was sie einmal gemacht hat, behält sie. Naturgedächtnis.
Natur und Person
Naturen sind solche Wesen, bei denen das Ganze den Gliedern dient, bei denen die Glieder Zwecke an sich sind – die Glieder selbständig. Personen hingegen solche, wo das umgekehrte Verhältnis stattfindet. Wo beide wechselseitig sich nezessitieren und jedes oder vielmehr keins Zweck an sich ist, diese sind Mittelwesen zwischen Natur und Person. Dies sind die Extreme, die durch verschiedene Mitglieder zusammenhängen.
Die Person ist als Objekt besonders, als Subjekt ein allgemeines. Die Natur ist als Subjekt besonders, als Objekt ein allgemeines.
Die Natur fängt, um mich so auszudrücken, mit dem Abstrakten an. Der Grund der Natur ist, wie Mathematik, durchaus notwendige Hypothese. Die Natur geht auch a priori ad posterius – wenigstens für uns. Die Personalität ist ihr entgegen. Sie ist ein gehemmter Personifikationsprozeß. Je gehemmter, desto natürlicher.
Die Individualisierung durch Regelmäßigkeit der Mannigfaltigkeit in der Natur.
Makrokosm und Mikrokosm
Die Betrachtung des Großen und die Betrachtung des Kleinen müssen immer zugleich wachsen; jene mannigfacher, diese einfacher werden. Zusammengesetzte Data sowohl des Weltgebäudes als auch des individuellen Teils desselben. Makrokosm und Mikrokosm vergrößern sich allmählich durch gegenseitiges Analogisieren; so klärt das Ganze den Teil und der Teil das Ganze auf.
A. Geognosie und Astrognosie und B. Uranologie im Wechselwachstum – und Ernährung. A. und B. hier in ganz neuen allumfassenden Bedeutungen.
Naturstaat
Alles Eigentum (Eigenschaft) in den Naturreichen entsteht durch das große System des Eigentums, den Naturstaat. Sonst ist alles und nichts Eigentum.
Die Natur ist Feindin ewiger Besitzungen. Sie zerstört nach festen Gesetzen alle Zeichen des Eigentums, vertilgt alle Merkmale der Formation. Allen Geschlechtern gehört die Erde; jedes hat Anspruch auf alles. Die frühern dürfen diesem Primogeniturzufalle keinen Vorzug verdanken. – Das Eigentumsrecht erlischt zu bestimmten Zeiten. Die Amelioration und Deterioration steht unter unabänderlichen Bedingungen. Wenn aber der Körper ein Eigentum ist, wodurch ich nur die Rechte eines aktiven Erdenbürgers erwerbe, so kann ich durch den Verlust dieses Eigentums nicht mich selbst einbüßen. Ich verliere nichts als die Stelle in dieser Fürstenschule und trete in eine höhere Korporation, wohin mir meine geliebten Mitschüler nachfolgen.
483 Weil wir jetzt noch ein fremder Reiz für die Natur sind, so ist unser Kontakt mit der Natur auch nur zeitlich. Sie sezerniert uns allmählich wieder –, vielleicht ist es eine Wechselsekretion.
Symbolische Behandlung der Naturwissenschaften
Symbolische Behandlung der Naturwissenschaften. Was symbolisiert unser gewöhnliches Leben? Es ist ein Erhaltungsprozeß.
Naturmythologie
Sollte nicht eine Naturmythologie möglich sein? – Mythologie hier in meinem Sinn, als freie poetische Erfindung, die die Wirklichkeit sehr mannigfach symbolisiert.
Genialische, edle, divinatorische, wundertätige, kluge, dumme usw. Pflanzen, Tiere, Steine, Elemente usw. – Unendliche Individualität dieser Wesen, – ihr musikalischer und Individualsinn – ihr Charakter – ihre Neigungen usw. Es sind vergangene geschichtliche Wesen.
Wir leben eigentlich in einem Tiere als parasitische Tiere. Die Konstitution dieses Tiers bestimmt die unsrige, et vice versa. Die Bedingungsverhältnisse der atmosphärischen Bestandteile sind vielleicht sehr mit den Bedingungsverhältnissen derselben Bestandteile im organischen Körper übereinstimmend.
Dechiffrierkunst
Sollten die Körper und Figuren die Substantiva – die Kräfte die Verba – und die Naturlehre Dechiffrierkunst sein?
Über die innre chiffrierende Kraft. Spuren derselben in der Natur.
Bewegungen durch Licht – durch Anschauungen.
Idiowahrnehmende und symwahrnehmende Individuen.
Symbolische Astronomie
Die Denkorgane sind die Weltzeugungs-, die Naturgeschlechtsteile.
Die Himmelskörper machen ein viertes Reich aus, unter den Steinen.
Der Himmel ist die Seele des Sternsystems, und dieses sein Körper.
Poetische Naturgeschichte
Über die Natur als einen geschloßnen Körper, als einen Baum; woran wir die Blütenknospen sind.
Über die Poesie der Natur. Die Blüte ist ganz poetisch.
Es sind nicht die bunten Farben, die lustigen Töne und die warme Luft, die uns im Frühling so begeistern. Es ist der stille, weissagende Geist unendlicher Hoffnungen, ein Vorgefühl vieler frohen Tage, des gedeihlichen Daseins so mannigfaltiger Naturen, die Ahndung höherer, ewiger Blüten und Früchte, und die dunkle Sympathie mit der gesellig sich entfaltenden Welt.
Unendliche Ferne der Blumenwelt.
Musikalische Naturgeschichte
Grundverhältnisse der Natur
Die musikalischen Verhältnisse scheinen mir recht eigentlich die Grundverhältnisse der Natur zu sein.
»Die Natur ist eine Äolsharfe«
Wolkenspiel – Naturspiel äußerst poetisch. Die Natur ist eine Äolsharfe, sie ist ein musikalisches Instrument, dessen Töne wieder Tasten höherer Saiten in uns sind.
Chemische Akustik
Sollte alle plastische Bildung, vom Kristall bis auf den Menschen, nicht akustisch, durch gehemmte Bewegung zu erklären sein? (Chemische Akustik.)
Über die Kristallübergänge. Anwendung dieser Theorie auf Figurenverwandlungen überhaupt. Sollte die Akustik Einfluß haben? Die Übergangsperiode ist durchaus die mannigfachste.
Töne, Stimmungen des Gemüts. Kälte befördert die Gedankenabsonderung – so wie Sturm der Leidenschaft und Zug der Neigung. Innre Luft – innres Wasser und Licht.
Rhythmus der Jahreszeiten
Jahreszeiten, Tageszeiten, Leben und Schicksale sind alle, merkwürdig genug, durchaus rhythmisch, metrisch, taktmäßig. In allen Handwerken und Künsten, allen Maschinen, den organischen Körpern, unsren täglichen Verrichtungen, überall: Rhythmus, Metrum, Taktschlag, Melodie. Alles, was wir mit einer gewissen Fertigkeit tun, machen mir unvermerkt rhythmisch. Rhythmus findet sich überall, schleicht sich überall ein. Aller Mechanism ist metrisch, rhythmisch. Hier muß noch mehr drin liegen. – Sollte es bloß Einfluß der Trägheit sein?
Lebenslehre
Leben
Alles Leben ist ein überschwenglicher Erneuerungsprozeß, der nur von der Seite den Schein eines Vernichtungsprozesses hat. Das Präzipitat des Lebens ist ein Lebendiges, Lebensfähiges. Wie sich Wärme zur Flamme verhält, so x zum Leben.
Leben ist, wie Licht, der Erhöhung und Schwächung und der graduellen Negation fähig. Bricht es sich auch wie dieses in Farben? Der Nutritionsprozeß ist nicht Ursache, sondern Folge des Lebens.
Die Theorie des Lebens usw. ist so unabhängig wie die Theorie des tierischen Baus und seiner Bildung; nur der Geist synthesiert Leben und Figuration.
Richtung entsteht mit Figur.
Leben überhaupt ist das eigentliche absolute menstruum universale und Universalbindungsmittel. (Es gibt unendlich viel Arten des Lebens. Alles Organ ist Exkrement oder Produkt des Lebens.)
Unser Leben ist unvollkommen, weil es Perioden hat. Es sollte nur eine Periode sein, dann wär's unendlich. Der Relationsprozeß ist der substantielle. Wo mit der Verdichtung Vermehrung vorhanden ist, da ist Leben.
Der Lebensprozeß
Der Lebensprozeß – der Raum- und Zeiterfüllungs- und Gliederungsprozeß bestimmt die Individualität. Seine vollständige Betrachtung liefert uns die natürliche, wahrhaft naturhistorische Reihe, – das vollständige Natursystem eines Individuums. Jeder individuelle Lebensprozeß wird durch den universellen Lebensprozeß, das Natursystem eines Individuums sowohl durch die übrigen individuellen Natursysteme als durch das höhere, allgemeine – und am Ende durch das Natursystem des Universums mitbestimmt – insoweit dasselbe jene und dieses gegenseitig bestimmt. Mit Recht kann man also das vollständige Natursystem eines vollkommenen Individuums – eine Funktion jedes andern vollkommenen Individuums und eine Funktion des Universums nennen. Darin liegt vielleicht der Charakter eines vollständigen Individuums. Ein unvollständiges Individuum wird ein unvollständiges Natursystem haben, dessen Indikation ein Fortstreben, ein Unbefriedigtsein, eine Lücke, eine Schrankenlosigkeit ist. In einem vollständigen System ist vollkommene Tätigkeit, ohne Bedürfnis, ohne Unruhe, ein Glied greift ins andre, und in sich selbst beschlossen rollt das System seine unveränderliche, gesetzmäßige, selbständige Bahn um ein höheres System herum; wenn es eins gibt, mit welchem es zu einem Lauf (Zweck) in gleicher Dignität verbunden, ein neues, größeres System ausmacht.
Die Einheiten oder die einzelnen Merkmale sind Planeten, die sich um ein Hauptmerkmal, als die Sonne, bewegen. Die Gesetze ihrer Verhältnisse und gegenseitigen Bewegungen und Veränderungen umfaßt ihre Theorie, wie denn alle Theorie Astronomie ist. Ihr Natursystem ist ihr Lebenssystem: das System ihres Mechanismus.
Auch hier hat der Ptolemäische und Tycho de Brahesche Irrtum geherrscht. Man hat ein einzelnes, untergeordnetes Merkmal zum Hauptmerkmal gemacht, und dadurch sind falsche, einseitige Systeme entstanden. Auch hier hat der optische Betrug, daß um das eine Merkmal, worauf man sich fixierte, die Himmelskugel mit ihren Welten zu drehen schien, geherrscht und zu täuschenden Schlüssen veranlaßt.
Aller Anfang des Lebens muß antimechanisch, gewaltsamer Durchbruch, Opposition gegen den Mechanism sein; absolute Materie – primitives Element der Geistes-Seele.
Alles Leben ist ein ununterbrochener Strom. Leben kommt nur vom Leben usf. Höhere Erklärung des Lebens.
Wie das Licht bei dem Reiben des Stahls an den Stein, der Ton bei der Berührung des Bogens und der Saite, die Zuckung bei Schließung und Öffnung der galvanischen Kette erfolgt, so vielleicht das Leben bei Erweckung (Penetration) des organischen Stoffs.
Indirekte Konstruktion. Das Rechte erscheint von selbst, wenn die Bedingungen seiner Erscheinung eintreten. Die mechanische Operation verhält sich durchaus zu dem höhern Resultat, wie Stahl, Stein und Berührung zum Funken. (Freie Mitwirkung.)
Leben ist Naturfreiheit – sinnliche Freiheit.
Die Lebensfunktion
Die Lebensfunktion beschreibt in ihren verschiednen Perioden eine regelmäßige Kurve, beinah eine Figur wie die Schwingungskonture einer Saite. Sie ist in sthenischer Tendenz bis zu den Mitteljahren, da sie hingegen von diesen gegen das Alter zu in asthenischer Tendenz ist. Die lokale, temporelle und individuelle Summe äußrer Reize und die Ökonomie damit – ihre Verteilung bestimmt die Länge des Lebens. Konzentriertes und verdünntes Lebens. Das verdünnteste Leben ist das längste Leben. Die langen Lebensjahre der Patriarchen sind daraus a priori zu erweisen.
Der Reiz vermindert die Reizbarkeit indirekt, i. e. durch Sensibilität. Verhältnisse der Sensibilität und Reizbarkeit. Die Sensibilität ist das verteilende Vermögen. Durch geschickte Verteilung erhält das Organ die höchste Kraftfähigkeit. Wird das verteilende Vermögen übereilt, so geht eine große Menge Kraft verloren – die Reizbarkeit selbst wird nicht vermindert, aber die Kraft wird zur Schwere, hebt sich selbst auf. Die Reizbarkeit wird unbehilflich.
Das Maß wirkt nur bis auf eine gewisse Distanz nach; freilich, im Verhältnis dieser Distanz immer schwächer. Jenseits ihrer Sphäre oder da, wo ihre Wirkungen zu schwach werden, hört der richtige Wechsel auf und die Sensibilität wächst mit – dann erst entsteht Sthenie, die sich, ohne Einhalt, mit dem Tode endigt. Die Wirksamkeit dieses Maßes heißen die Arzte Heilkraft der Natur. Außerhalb ihrer engern und weitern Sphäre geht die Sphäre der Wirksamkeit der Weltseele und des Weltkörpers an –auch des Weltgeistes. Jedes zieht gleichsam das Seinige illimitiert an, der Mensch wird aufgelöst und auseinandergezogen, der Mensch geht durch drei Leidenschaften zugrunde.
Empfänglichkeit für große, für kleine Reize, Empfänglichkeit für beide zugleich: Synthesis von Beweglichkeit und Kapazität. Je größer die Erregbarkeit, wenn wir mit diesem Namen die Synthesis belegen wollen, dieses Vermögen des Maßes, ist, desto vollkommner die Konstitution. Zersetzt, besteht die Erregbarkeit aus Sensibilität und Reizbarkeit oder Beweglichkeit und Kapazität. Es ist natürlich, daß bei einer Verminderung der Totalgröße der Reize der Rest in kleinere Portionen verteilt wird, gleichsam fraktioniert wird, und so umgekehrt, daß bei Vermehrung der Totalgröße der Reize die Portionen vergrößert und mithin multipliziert werden; das ist soviel, im erstem Fall wird der Rest verdünnt, im andern die Summe verdichtet. Die Verdünnung und Verdichtung der Säfte ist eigentlich ohne Grenzen; begrenzt ist sie nur durch das Maß der Konstitution. Was teils die Lebenslänge, teils die Lebensmasse, den Körper, begreift. Beide Bestandteile des Maßes werden einesteils gegenseitig durcheinander bestimmt, andernteils durch fremde Ursachen. Die organische Masse wird durch die organische Beschaffenheit der Mutter und die organische Beschaffenheit des Vaters und die Verhältnisse dieser beiden Organisationen zueinander bestimmt. Ist dieses Verhältnis ein vollkommen gesundes, so werden auch die Kinder mit vollkommen gesunden Anlagen geboren werden. Zufälle in der Schwangerschaft und nachherigen Behandlung abgerechnet.
In der Gesundheit sind Asthenie und Sthenie vereinigt; und darin liegt auch der Charakter der Erregbarkeit.
Die Bestandteile der Gesundheit sind Asthenie und Sthenie.
Die Gesundheit ist in unendlich viel Grade eingeteilt; Grade oder Sphären. Die dünne und elastische Sphäre steht der dichten und elastischen Sphäre gegenüber; beide sind in der rein elastischen Sphäre vereinigt. Dünn elastisch ist der gesunde Sanguiniker; dicht elastisch der gesunde Melancholiker. Der echte Choleriker ist der vermischt elastische. Diese Namen sind freilich schlecht.
Der Melancholiker hat antiken, der Sanguiniker modernen Geist. Jener sieht und lebt in der Vergangenheit, dieser in der Zukunft.
So wie die Lebensfunktion Grade hat, so hat auch die Erregbarkeit, der Charakter der Lebensfunktion, Grade. Sie ist leichter oder schwerer zersetzbar, in bloße Sensibilität oder bloße Reizbarkeit übergehend. Erregbarkeit besteht aus elastischer Sensibilität und elastischer Reizbarkeit. Je geringer die Elastizität, desto mehr Sensibilität, desto weniger und schlechter mit der Reizbarkeit vereinigt, und so umgekehrt mit der Reizbarkeit. Der Sanguiniker nähert sich dem direkt asthenischen, der Melancholiker dem indirekt asthenischen Phlegmatiker. (Der wäßrige und bleierne Phlegmatiker.)
Die Lehre von den Graden des Lebens, i. e. seinen mannigfachen Funktionen, ihren Bewegungen und Übergängen, den Ursachen ihrer Übergänge, diese begreift die allgemeine Pathogenie und Therapie mit unter sich. Indem wir einsehn, wie die Natur verfährt, indem wir die Gesetze dieser Phänomene erfahren, lernen wir wie die Natur verfahren und uns dieser Gesetze zu unsern Privatzwecken bedienen, so wie ein Mensch, der in einen Staat tritt, den Organismus eines Staatsbürgers kennen lernt, um Staatsbürger zu sein, und seine Gesetze studiert, um sich dieser Gesetze zu seinen Privatzwecken in der Form des Staatsbürgers zu bedienen. Daher bedarf ein Fremder, der etwas in einem Staat ausrichten will, eines Bürgen, eines Mandatarii unter den Staatsgliedern, um mittels desselben seinen Zweck erreichen zu können. Nur der Staatsbürger erlangt etwas im Staate; die Nichtbürger sind für den Staat nicht vorhanden. Er nimmt nur Notiz von dem, was Sein ist.
Leben und Tod
Wir nennen den Körper tot, der bloßer Leiter der Sollizitation ist, den die Sollizitation nicht weckt. Der absolute Nichtleiter der Sollizitation ist wieder tot zu nennen. So sehn wir, daß das sensible Leben an sich ein Halbzustand ist, worin wir die Körper unvollkommene Leiter der Sollizitation nennen können. Wir entdecken hier zugleich den Unterschied zwischen Leben und Tod, daß es ein absolut positives und negatives Leben, die beide nicht sensibel sind, gibt; daß Leben und Tod relative Begriffe sind.
Leben mit menschlicher, tierischer und Pflanzenorganisation ist etwas Höheres, so wie gewöhnlicher Tod Trennungsprozeß von Leben und Organisation. Leben ohne Organisation und Organisation ohne Leben sind etwas sehr Geringes und anderes. Ihre höhere Einheit, die beide bestimmt und beide wechselseitig potenziert, beiden höhere Bedeutung gibt, auf die kömmt's an.
Ritters Ansicht
Ritters Ansicht der Entstehung und Verschwindung der Stoffe gibt auch Licht über den Tod.– Wer weiß, wo wir in dem Augenblick anschießen, in dem wir hier verschwinden. – Muß denn auf allen Weltkörpern einerlei Art der Erzeugung sein? Der Einfluß der Sonne macht es wohl wahrscheinlich, daß es die Sonne sein könnte, wo wir wieder abgesetzt werden.
Leben ist der An fang des Todes
Leben ist der Anfang des Todes. Das Leben ist um des Todes willen. Der Tod ist Endigung und Anfang zugleich, Scheidung und nähere Selbstverbindung zugleich. Durch den Tod wird die Reduktion vollendet.
Der Erzeugungsprozeß
Daß der Erzeugungsprozeß so früh und so vorzüglich die philosophischen Physiker beschäftigt, ist kein Wunder. Sie ahndeten nicht, daß hier eine merkwürdige Grenzhöhe läge. Was ich begreife, das muß ich machen können, was ich begreifen will, machen lernen. Kommt die Physik hier an eine wirkliche Grenze, so muß sie die angrenzende Wissenschaft requirieren. Vielleicht ist der Erzeugungsprozeß nur antinomisch konstruierbar –i. e. nur philosophisch – die Philosophie liefert das eine Glied, die Psychologie das zweite, und die Philosophie konstruiert aus beiden den Zeroprozeß.
(Die Wissenschaft von den Substanzen und Ursachen kann man auch die Lehre vom Unendlichen oder von den Zeros nennen. Die Harmonie ist wohl die Synthese von Substanz und Ursache.)
Berührung und Umarmung
In jeder Berührung entsteht eine Substanz, deren Wirkung so lange als die Berührung dauert. Dies ist der Grund aller synthetischen Modifikationen des Individuums. Es gibt aber einseitige und wechselseitige Berührungen. Jene begründen diese.
Der Dithyramb unter den sinnlichen Handlungen ist die Umarmung. Sie muß daher nach ihren Naturgesetzen beurteilt werden.
Sollte jede Umarmung zugleich die Umarmung des ganzen Paares, als einer Natur mit einer Kunst ( einem Geiste) sein, und das Kind das vereinigte Produkt der doppelten Umarmung? Sollten die Pflanzen etwa die Produkte der weiblichen Natur und des männlichen Geistes, und die Tiere die Produkte der männlichen Natur und des weiblichen Geistes sein? Die Pflanzen etwa die Mädchen, die Tiere die Jungen der Natur? Echte Produkte müssen das Produzierende wieder produzieren. Aus dem Erzeugten entsteht wieder das Erzeugen.
Reproduktionskraft ist organische Elastizität.
Philosophische Sinnenlehre
Die Sinne
Die Sinne sind an den Tieren, was Blätter und Blüten an den Pflanzen sind. Die Blüten sind Allegorien des Bewußtseins oder des Kopfs. Eine höhere Fortpflanzung ist der Zweck dieser höheren Blüte, eine höhere Erhaltung; bei den Menschen ist es das Organ der Unsterblichkeit, einer progressiven Fortpflanzung der Personalität.
Unsre Sinne sind höhere Tiere. Aus ihnen entsteht ein noch höherer Animalismus.
Nerven sind höhere Wurzeln der Sinne.
Hypothesen über mehrfache Sinne – über dunkle, über neue Sinne – über ihre mögliche Einrichtung.
(Mannigfaltigkeit und Bestimmtheit gleichzeitiger Augensensationen.)
Sinne überhaupt sind schon Armaturen. Über Fernrohre und Mikroskope.
Das Auge
Das Auge ist das Sprachorgan des Gefühls. Sichtbare Gegenstände sind die Ausdrücke der Gefühle.
Von der Gleichheit der Sensationen, der Identität der Sinne, dem Primat des Auges und der Annäherung aller Materie dem Lichte, aller Handlungen dem Sehen, aller Organe dem Auge.
Stein- und Pflanzennatur
»Die Natur hat Witz, Humor, Phantasie«
Die Natur hat Witz, Humor, Phantasie usw. Naturkarikaturen unter den Tieren, den Pflanzen. Im Tierreiche war die Natur am witzigsten, durchaus humoristisch. Äsopische Fabel.– Die Stein- und Pflanzennatur trägt mehr das Gepräge der Phantasie. In der Menschenwelt zeigt sich die vernünftige Natur, mit Phantasie und Witz geschmückt. Malerei der Natur, ihre Baukunst, ihre Skulptur, ihre Musik. Der Bach und die unbeseelte Natur spricht größtenteils Prosa, nur der Wind ist zuweilen musikalisch. Ihre Mathematik; Geometrie im Kristall; in der Astronomie ihre Mechanik. Ihre Akustik. Grotesken und Arabesken der Natur, ihre Quodlibets. Sonderbare Eindrücke eines französischen Gartens. Ihre Kontraste mit der Kunst. Ihre Ironie und Bespottung der Kunst. Ihre Dekorationen, ihre Opern. Die Natur als Geognostin, Mineralogin, Philosophin, Chymistin usw.
Das Tier lebt im Tiere, in der Luft. – Die Pflanze ist ein Halbtier, daher sie zum Teil in der Erde, der großen Pflanze, zum Teil in der Luft lebt. – Die Erde ist das große Nahrungsmittel der Luft. Die Luft ist ein Brachmane. – Die Verbindung des Stickstoffs und Oxygene in der Luft ist durchaus animalisch, nicht bloß chemisch.
Das Leben der Pflanzen
Das Leben der Pflanzen ist, gegen das Leben der Tiere gehalten, ein unaufhörliches Empfangen und Gebären, und letzteres gegen dieses ein unaufhörliches Essen und Befruchten. Wie das Weib das höchste sichtbare Nahrungsmittel ist, das den Übergang vom Körper zur Seele macht, so sind auch die Geschlechtsteile die höchsten äußern Organe, die den Übergang von sichtbaren zu unsichtbaren Organen machen.
Die Bäume
Die Bäume scheinen unter allen Pflanzen die edelsten, weil ihre unzähligen Individuen so sehr mittelbar nur noch an der Erde hängen und gleichsam schon Pflanzen auf pflanzen sind.
Blumen
Toleranz und Kosmopolitism der Blumen. Streben nach individueller Alleinherrschaft der Tiere.
Steine
(Mineralogie.) Steine in Potenzen – spezifisch verschiedne Fossilien – dem Grad nach verschiedene Steine. Wenn man einen philosophischen Stein hat, so hat man auch, wohl einen mathematischen und artistischen Stein?
Die Tiere
Die Tiere haben kein allgemeines Hauptorgan der Vitalität. Die Nerven überhaupt scheinen aber durchgehends der Sitz der plastischen Kraft zu sein. (Ein Tier wird durch den Magen, ein andres durch den Kopf und so fort charakterisiert. Anwendung davon auf entomologische und zoologische Klassifikationen.)
Warum das Männchen im Tierreiche schöner (relative Schönheit) sein muß als das Weibchen? (Die tierische Schönheit, der Reiz ist Stärke, Energie.) (Direkt reizender ist der Mann überhaupt, indirekt reizender die Frau.)
Problem: Schönheit soll das unzertrennliche Symptom, äußre Kennzeichen von Güte sein. Schönheit soll Güte, Güte Schönheit notwendig symbolisieren und signalisieren zugleich.
Zunge und Lippen usw. sind Teile eines Telegraphs. Telegraph ist ein künstliches Sprachwerkzeug. Die Augen sind Fernröhre, die Fernröhre Augen, die Hand, als Sprachwerkzeug, akustischer Exzitator und Nichtleiter, als Pinsel, als allgemeines Direktionswerkzeug, Habe, Griff, als Unterstützung, Unterlage.
Die zahmen Tiere nähern sich, als hilfloser, den Menschen.
Vernunftlosigkeit gehört mit in den Charakter des Tiers. Sichtbare Unvernunft negativer Charakter des Tierkörpers; Charakter des Menschenkörpers sichtbare Vernünftigkeit.
Fossilien
(Naturgeschichte.) Wie alle Wissenschaften sich einer gemeinschaftlichen philosophischen Wissenschaft mehr oder weniger nähern und danach eingeteilt werden können, so ließen sich auch wohl die Fossilien nach einem philosophischen Fossil ordnen – die äußre Beschreibung dieses philosophischen Fossils wäre der jetzige präparative Teil.
Doppelte äußre Klassifikation der Fossilien. Idealisches – vollkommen äußres Fossil – einfaches äußres Fossil. Formales – reales Fossil. Doppeltes formales Fossil.
Verwitterung der Fossilien. Auch die Lebensflamme trennt die Verbindungen, die sie selbst gemacht hat. (Gärung, Fäulnis.)
Verwandtschaftsprinzip der Fossilien.
(Geognosie.) Die Mittelgebirge sind die reichhaltigsten an mannigfaltigen Fossilien. Die neuste, friedliche Zeit ist weniger fruchtbar an wunderbaren Produktionen und Bildungen gewesen, daher in den neusten Erdschichten wenig Mineralien gefunden worden. Der Basalt ist vorzüglich reich. Die ersten Revolutionen waren einfach, aber gewaltsam, Grundrevolutionen. Die folgenden waren schon gebildeter, mannigfacher. Daher trugen ihre Produkte den Reiz der Mannigfaltigkeit der Gestalten und Massen und des Kolorits. Die neusten Revolutionen waren mehr Revolutionen der Oberfläche, sie waren partieller, lokaler, und ihre Produkte sind monoton und mehr nur Veränderungen der ältern Produkte. Die Züge des Granits sind gleichsam ein mannigfach gegliederter Äquator der Erde; das Land plattet sich gegen sie ab. Sie haben regelmäßigere Witterung. Im Mittelgebirg' ist die Witterung am veränderlichsten, im platten Lande wieder regelmäßiger. Sie haben die meiste Sonne. – Das platte Land hat, wie die Pole, zuweilen mehr Sonne als das gebirgige Land; aber im ganzen weniger. So bildet sich die Oberfläche der Erde in analoge Planigloben, die dem kubischen Globus ähneln. Wie die meisten Gebirge auf einer Seite steil und auf der andern, in ziemlich paralleler Richtung mit ihren Achsen, flach abfallen – so fällt auch das große Erdgebirge steil gegen den Südpol und flach gegen den Nordpol zu. Zusammenhang dieser Erscheinung mit den übrigen astronomischen, geognostischen und geogenischen Verhältnissen.
Einfluß der Auflösbarkeit der Metalle und Erden in Gasarten auf die Geognosie und Geogenie.
(Naturgeschichte und Geognosie.) Geognostische, i. e. chronologische Klassifikation der Oryktognosie. Das Kieselgeschlecht wäre z.B. das älteste usw. – vielleicht besser eine ganz geognostische Nomenklatur gewählt: das Urgeschichtliche, Granitgeschichtliche.
Geognostisches Vorkommen der Fossilien. Das geographische Vorkommen kann sehr oft Schlüsse auf das geognostische Vorkommen begründen. Studium der Geognosie an Fossilien. Die ältesten Fossilien tragen das Gepräge der größesten Revolutionen; je neuer, desto ruhiger ist ihre Entstehung gewesen – die Edelgesteine z. B. (Alle Kristalle sind jüngerer Entstehung; die ältesten Fossilien sind daher Gemengte.)
Jahreszeitenlehre
(Menschenlehre.) Die Kindheit ist der Erwachsenheit entgegengesetzt; Blüte und Frucht, Frühling und Herbst.
(Jahreszeitenlehre.) Es gibt keinen Sommer. Es gibt nur Eine oder zwei oder drei oder n oder unendlich viel Jahreszeiten. Morgen, Abend und Nacht entspricht dem Frühling, Herbst und Winter, die Einteilung in Tag und Nacht der in Sommer und Winter.
(Erdenlehre.) Einteilungen der Erde. Philosophische und poetische Geographie. Historische Geographie ist die spezielle. Weltgegenden. Fiktionen der Astronomie. Sternbilder. Lichtmeßkunst. Sollte man nicht nach der mittlern Stärke des Lichts die Entfernungen berechnen können?
Naturstudium
Eine ganz eigne Liebe und Kindlichkeit gehört, nebst dem deutlichsten Verstände und dem ruhigsten Sinn, zum Studium der Natur. Wenn erst eine ganze Nation Leidenschaft für die Natur empfäht, und hier ein neues Band unter den Bürgern geknüpft wird, jeder Ort seine Naturforscher und Laboratorien hat, dann wird man erst Fortschritte auf dieser kolossalischen Bahn machen, die mit ihr im Verhältnis stehn.
Zum Experimentieren gehört Naturgenie, d. i. wunderartige Fähigkeit, den Sinn der Natur zu treffen und in ihrem Geiste zu handeln. Der echte Beobachter ist Künstler; er ahnt das Bedeutende und weiß aus dem seltsamen, vorüberstreichenden Gemisch von Erscheinungen die wichtigen herauszufühlen.
Sollte die Natur nicht an sich verständig sein, gar keines Kommentars bedürftig? Bloße Beschreibung, reine Erzählung hinlänglich?
Wir sind auf einer Mission: zur Bildung der Erde sind wir berufen.
Die Moral
Neue Behandlung der Moral.
Neue Bearbeitung der Moral – höchstdringend.
Neue Behandlung der Moral (vid. Hemsterhuys).
Das eigentliche Lebenselement
Die Moral ist, wohlverstanden, das eigentliche Lebenselement des Menschen. Sie ist innig eins mit der Gottesfurcht. Unser reiner, sittlicher Wille ist Gottes Wille. Indem wir seinen Willen erfüllen, erheitern und erweitern wir unser eignes Dasein, und es ist, als hätten wir um unser selbst willen, aus innerer Natur so gehandelt. Die Sünde ist allerdings das eigentliche Übel in der Welt. Alles Ungemach kommt von ihr her. Wer die Sünde versteht, versteht die Tugend und das Christentum, sich selbst und die Welt. Ohne dies Verständnis kann man sich Christi Verdienst nicht zu eigen machen – man hat keinen Teil an dieser zweiten, höhern Schöpfung.
Gerade wegen der Einfachheit ihrer Grundgesetze ist die Moral so schwierig in der Praxis. –
Allzufrühe Moral
Allzufrühe Moral ist dem Menschengeschlecht äußerst nachteilig. Sie hat, wie Religion, unendlich viel Schaden angerichtet und sich selbst sehr verspätet.
»In Fichtens Moral«
In Fichtens Moral sind die wichtigsten Ansichten der Moral. Die Moral sagt schlechthin nichts Bestimmtes – sie ist das Gewissen, eine bloße Richterin ohne Gesetz. Sie gebietet unmittelbar, aber immer einzeln. Sie ist durchaus Entschlossenheit. Richtige Vorstellung vom Gewissen. Gesetze sind der Moral durchaus entgegen.
Moralität und Unwissenheit
Ist unsre Unwissenheit etwa Bedingung unsrer Moralität? Wollen wir unwissend sein, weil wir es, bewandten Umständen nach, wollen müssen? Wir sind nur unwissend, weil wir es wollen.
Moralität und Glauben
Wenn ein Mensch plötzlich wahrhaft glaubte, er sei moralisch, so wird er es auch sein.
Unschuld und Unwissenheit
Unschuld und Unwissenheit sind Schwestern. Es gibt aber edle und gemeine Schwestern. Die gemeine Unschuld und Unwissenheit sind sterblich. Es sind hübsche Gesichterchen, aber ohne alle Bedeutung und nicht dauerhaft. Die edlen Schwestern sind unsterblich. Ihre hohe Gestalt ist unveränderlich, und ewig leuchtet ihr Antlitz vom Tage des Paradieses. Beide wohnen im Himmel und besuchen nur die edelsten und geprüftesten Menschen.
Der Moralsinn
Ansicht der ganzen Welt durch den Moralsinn. Deduktion des Universums aus der Moral; alle wahren Verbesserungen sind moralische Verbesserungen, alle wahren Erfindungen moralische Erfindungen, Fortschritte. (Verdienste des Sokrates.)
Menschen sind in bezug auf den moralischen Sinn, was Licht und Luft in bezug auf Auge und Ohr sind.
Sittliches Gefühl
Sittliches Gefühl ist Gefühl des absolut schöpferischen Vermögens, der produktiven Freiheit, der unendlichen Personalität, des Mikrokosmus, der eigentümlichen Divinität in uns.
Das Ideal der höchsten Stärke
Das Ideal der Sittlichkeit hat keinen gefährlichern Nebenbuhler als das Ideal der höchsten Stärke, des kräftigsten Lebens, was man auch das Ideal der ästhetischen Größe (im Grunde sehr richtig, der Meinung nach aber sehr falsch) benannt hat. Es ist das Maximum des Barbaren und hat leider in diesen Zeiten der verwildernden Kultur gerade unter den größesten Schwächlingen sehr viele Anhänger erhalten. Der Mensch wird durch dieses Ideal zum Tiergeiste – eine Vermischung, deren brutaler Witz eben eine brutale Anziehungskraft für Schwächlinge hat.
Krumme Regel
Allem Ideal liegt eine Abweichung von der gemeinen Regel oder eine höhere (krumme) Regel zum Grunde. (Das Moralgesetz ist eine krumme Regel.)
Unterschied zwischen Wahrheit und Schönheit wie zwischen Recht und Moralität. Die Künstler verwechseln oft Wahrheit mit Schönheit. Wahrheit und Recht sind Studien, bloß zum Privatregulativ der Moralität und Schönheit und ihrer Darstellung; der Kanon, der verändert wird usw.
Moralität der Natur
Die wirkliche Natur ist nicht die ganze Natur. Was einmal dagewesen ist, lebt fort, nur nicht in der wirklichen Natur. Alle diese Gesetze beziehn sich schon von fern auf die Moralität der Natur.
(Bildungslehre der Natur.) Die Natur soll moralisch werden; wir sind ihre Erzieher, ihre moralischen Tangenten, ihre moralischen Reize. – Läßt sich die Moralität wie der Verstand usw. objektivieren und organisieren? (Sichtbare Moral.)
Zukunftslehre (Kosmogogik). Die Natur wird moralisch sein, wenn sie aus echter Liebe zur Kunst sich der Kunst hingibt, tut, was die Kunst will; die Kunst, wenn sie aus echter Liebe zur Natur für die Natur lebt und nach der Natur arbeitet. Beide müssen es zugleich, aus eigner Wahl, um ihrer selbst willen, und aus fremder Wahl, um des andern willen, tun. Sie müssen in sich selbst mit dem andern, und mit sich selbst im andern zusammentreffen.
Das Moralprinzip
Das Leben ist ein moralisches Prinzip. (Unvollkommne Moralität – unvollkommnes Leben.) Das sittliche Wesen, das Moralprinzip ist wohl die Substanz der Seele? Der universale, enzyklopädisierte Willen ist das Moralprinzip.
Der gewöhnliche oder kleinere Charakter kann unendlich ins Kleine gebildet sein. Der größere Charakter ebenfalls. Die Funktionen des unendlich großen Charakters und des unendlich kleinen Charakters werden den Funktionen des absoluten Mittelcharakters gleich sein. (Atmosphärischer Charakter.)
Das Gewissen
Schon das Gewissen beweist unser Verhältnis, Verknüpfung (die Übergangsmöglichkeit) mit einer andern Welt – eine innre, unabhängige Macht und einen Zustand außer der gemeinen Individualität. Auf diesem Beweise beruht die Möglichkeit des tätigen Empirismus. Wir werden erst Physiker werden, wenn wir imaginative Stoffe und Kräfte zum regulativen Maßstab der Naturstoffe und Kräfte machen.
Grundsätze
Handeln nach Grundsätzen ist nicht der Grundsätze halber schätzenswert, sondern der Beschaffenheit der Seele wegen, die es voraussetzt. Wer nach Grundsätzen handeln kann, muß ein schätzenswerter Mann sein – aber seine Grundsätze machen ihn nicht dazu, sondern nur das, was sie bei ihm sind – Begriffe einer wirklichen Handlungsweise, Denkformen seines Seins.