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30. Kapitel.

Der Lord hatte den Roten seine Boote zur Verfügung gestellt, um nach dem linken Ufer überzusetzen. Sie benutzten sie aber in einer anderen Weise. Eine Anzahl von ihnen ritt nämlich, trotz der Breite des Stromes, auf schwimmenden Pferden über denselben hinüber, um am jenseitigen Ufer forschend aufwärts zu reiten, während andere diesseits dasselbe taten. Eine dritte Abteilung hatte sich in die Boote verteilt und suchte, den Fluß hinabfahrend, die beiden Ufer desselben von der Wasserseite ab. Das Resultat dieser sorgfältigen Untersuchung mußte abgewartet werden.

Unterdessen hatte der Lord sich mit Juarez nach der Kajüte begeben, während Sternau mit Mariano und Amy auf dem Deck zurückgeblieben waren, um die beiden Erwähnten in ihren wichtigen, diplomatischen Verhandlungen nicht zu stören; denn Lindsay brachte nicht bloß Unterstützung an Geld und Waffen, sondern er hatte mit dem Präsidenten auch wichtige Abmachungen vorzunehmen, die sich auf Englands Verhalten zu dem ferneren Verweilen der Franzosen in dem Staat Mexiko bezogen.

Amy erzählte den beiden Männern von den Lieben in der Heimat. Es gab da so vieles zu fragen, zu berichten und zu erklären, daß die Zeit verschwand, ohne daß es ihnen beikam, einen Maßstab an die Minuten zu legen.

Da erschaute ein heller Ruf vom Ufer herüber.

»Ein Indianer«, sagte Mariano. »Was mag er wollen?«

Sternau trat an Bord und fragte hinüber.

»Mein weißer Bruder mag kommen«, antwortete der Mann. – »Warum? Was gibt es?« – »Eine Spur.« – »Von wem?« – »Weiß nicht. Selbst sehen. Bin Bote von den anderen.«

Da die Boote alle fort waren, machte Sternau die kleine, einruderige Gig, die für den persönlichen Gebrauch des Lords bestimmt war, los und ruderte sich an das Ufer, wo der Mann auf ihn wartete.

»Mitkommen«, sagte dieser einfach, indem er sich wieder stromabwärts wandte, von woher er gekommen war.

Sternaus Pferd stand noch da, wo er von demselben abgestiegen war. Er band es los, setzte sich auf und folgte dem Wilden im Galopp. Der Ritt war kein kurzer. Er währte lange, und der Indianer hielt erst an, als sie wohl eine Wegstunde zurückgelegt hatten. Dort hielten sämtliche Reiter, die am rechten Ufer gesucht hatten, und auch die Boote lagen am Land. Man sah es jedoch der Aufstellung dieser Leute an, daß sie einen Platz zwischen sich hatten, von dem sie ihre Pferde zurückhielten.

Dort saß ein Indianer an der Erde. Die Rabenfeder, die er im Schopf trug, deutete an, daß er unter den übrigen eine Art von Rang einnahm. Er mochte die Suche geleitet haben, und er erhob sich, als er Sternau sah.

»Der Fürst des Felsens mag zu mir kommen«, sagte er.

Sternau stieg ab, übergab die Zügel seines Pferdes einem anderen und trat zu dem Mann, der gesprochen hatte. Dieser deutete zur Erde.

»Mein weißer Bruder sehe.«

Sternau blickte zu Boden, wurde aufmerksam und bückte sich hinab.

»Ah, die Spur eines Reiters«, sagte er. – »Bemerkt mein Bruder die Anzahl seiner Pferde?« – »Ja. Eins hat er geritten, und das andere geführt. Er hatte zwei Tiere bei sich gehabt.« – »Mein Bruder gehe weiter.«

Der Indianer deutet dabei mit der Hand nach dem Ufer hin. Sternau folgte dieser Richtung, indem er dabei die Spur im Auge behielt.

»Er ist in den Fluß geritten«, sagte er, »vorher aber abgestiegen, um Schilf abzuschneiden. Er hat also über den Fluß gewollt und einige Schilfbündel gemacht, die seinem Pferd die Last erleichtern sollten, indem sie als Schwimmgürtel dienten.« – »Mein Bruder hat das Richtige geraten. Wer mag der Mann gewesen sein?« – »Vielleicht der Jäger, der uns heute begegnete. Seine Richtung ging ungefähr auf diese Stelle zu. Man müßte nach Anzeichen forschen.« – »Die roten Männer haben dies bereits getan.« – »Haben sie etwas gefunden?« – »Ja. Der Fürst des Felsens mag hier herübertreten und die Fährte betrachten.«

Der Indianer zeigte einen Ort, der von Pferdehufen ziemlich zerstampft war. Hier klug zu werden, war jedenfalls ein Meisterstück der Spürkunst, dennoch aber sagte Sternau bereits nach einigen Sekunden:

»Hier haben die Pferde geweidet, während er das Schilf abschnitt; sie sind dabei in einen kleinen Streit geraten. Es steht anzunehmen, daß sie sich gebissen haben. Vielleicht sind dabei Haare verlorengegangen. Man müßte suchen, ob welche zu finden sind.« – »Die roten Männer haben bereits gesucht. Mein Bruder betrachte dieses Haar aus dem Schwanz eines Pferdes.«

Der Indianer reichte Sternau ein Pferdehaar hin, das allerdings so lang war, daß es nur vom Schwanz stammen konnte.

»Ein schwarzes Pferd«, sagte Sternau. – »Und dieses Büschel?«

Der Rote zeigte in der anderen Hand eine Anzahl zusammengefilzter Haare, die von keiner großen Länge waren. Sternau betrachtete sie genau und erwiderte:

»Rotbraun! Dieses Büschel besteht aus unteren Kammhaaren. Das eine Pferd ist also schwarz und das andere rotbraun gewesen. Der Jäger, der uns heute begegnete, ist's, kein anderer. Er hatte zwei solche Pferde.« – »Uff! Die roten Männer sind noch sorgfältiger gewesen.«

Bei diesen Worten zeigte der Indianer nach dem Wald zurück, aus dem soeben zwei Apachen auf schaumbedeckten Pferden hervorkamen.

»Wo sind sie gewesen?« fragte Sternau. – »Mein Bruder spreche mit ihnen selbst.«

Als die Apachen herbeigekommen waren, fragte Sternau sie.

»Meine Brüder haben wohl die Fährte rückwärts verfolgt?« – »Der Fürst des Felsens hat es erraten«, antwortete der eine. – »Wohin führt die Fährte?« – »Genau in der Richtung der Ortes, wo wir dem Jäger begegneten.« – »So ist er es also gewesen?« – »Er war es.«

Sternau konnte sich denken, daß man ihm noch nicht alles gesagt hatte.

»Aber warum widmen meine roten Brüder diesem Jäger eine solche Aufmerksamkeit?« fragte er den Anführer. »Haben sie noch mehr entdeckt?« – »Ja. Der Fürst des Felsens denkt, der Jäger ist über den Fluß geritten?« – »Allem Anschein nach hat er es getan.« – »Die Krieger der Apachen haben es auch gedacht, aber als sie weiter abwärts ritten, haben sie seine Fährte wiedergefunden.« – »Er ist also hier in den Fluß geritten und hat ihn weiter unten wieder verlassen?« – »Ja.« – »Das ist schwer zu begreifen. Um die Tiere zu tränken, braucht man nicht in das Wasser zu reiten, und um den Fluß so bald wieder zu verlassen, wären doch die Schilfgürtel nicht notwendig gewesen. Es bleibt also nur die Ansicht, daß er übersetzen wollte, aber durch etwas abgehalten wurde.« – »Der Fürst des Felsens hat sehr scharfe Gedanken.« – »Ah! Meine roten Brüder haben etwas gefunden?« – »Ja. Mein Bruder folge mir.«

Der Indianer drängte sich in das Schilf hinein, und Sternau folgte ihm. Es war hier ein schweres Fortkommen, aber die Mühe und Anstrengung wurde auch sehr bald belohnt. Denn als sie ungefähr hundert Schritt getan hatten und der Indianer am Rand des Wassers stehenblieb, erblickte Sternau ein Floß, das aus Schilfbündeln und Baumzweigen zusammengesetzt war. Es war von einer solchen Länge und Breite, daß sich ein Mann damit recht gut über Wasser halten konnte, so lange er sich in der Balance erhielt.

»Sieht mein weißer Bruder dieses Floß?« fragte der Indianer. – »Ja. Hat mein roter Bruder ein Zeichen gefunden, woraus sich schließen läßt, wer es benutzt hat?« – »Ein sehr deutliches Zeichen. Hier!«

Der Indianer griff abermals in den Gürtel und brachte ein buntes Taschentuch hervor, das zusammengelegt und an den beiden Zipfeln durch einen Knoten verbunden war. Es hatte ganz den Anschein, als sei es von einem Menschen benutzt worden, der unter Kopf- oder Zahnschmerzen litt. Aber als Sternau das Tuch genauer untersucht hatte, sagte er:

»Hier klebt Blut im Innern. Das Tuch ist um verwundete Augen getragen worden. Wo fand man es?« – »Es hing an einem Zweig des Floßes.« – »Welche Unvorsichtigkeit von diesem Cortejo! Denn er ist es gewesen.«

Dabei betrachtete er den Boden. Er fand mehrere Fährten.

»Haben die Söhne der Apachen weiter gesucht?« fragte er.

Der Indianer nickte.

»Was haben sie gefunden?« – »Mein Bruder folge mir!«

Es war hier durch das dichte Schilf eine ziemlich gangbare Bahn gebrochen. Die beiden folgten ihr und gelangten bald an eine Stelle, an der vom Wasser herauf eine doppelte Pferdespur kam.

»Ah, da ist der Jäger wieder aus dem Wasser gekommen«, sagte Sternau. – »Und dorthin ist er geritten«, fügte der Indianer hinzu, nach rechts deutend.

Sie folgten dieser neuen Fährte bis an eine kleine Lichtung im Schilf, deren Boden ganz und gar zerstampft war.

»Haben meine Brüder hier etwas gefunden?« fragte Sternau. – »Hier hat Cortejo gelegen«, antwortete der Apache, »und da ist der weiße Jäger zu ihm gekommen.« – »Wohin führt nun die Spur?« – »Sie führt wieder in den Wald hinein.« – »Ist sie verfolgt worden?« – »Nein.« – »Warum nicht?« – »Der Fürst des Felsens sollte erst gefragt werden.« – »Gut. Mein Bruder denkt, daß der Jäger Cortejo mitgenommen hat?« – »Ja. Er hat ihn auf das andere Pferd gesetzt.« – »So mag mein Bruder mit noch einigen Männern aufbrechen und der Spur folgen, um zu sehen, ob dieselbe nach der Gegend von Candela, Naria und Saltillo führt.« – »Dazu wird man mehrere Tage brauchen.« – »Allerdings, wenn man bis Saltillo reiten wollte. Es wird aber genügen, der Spur bis morgen zu folgen, wenn die Sonne am höchsten steht. Dann weiß man bereits, in welcher Richtung sie weiterführt. Die Söhne der Apachen können mir dann Nachricht bringen?« – »Wohin?« – »Nach Coahuila.« – »Ugh!«

Der Indianer sagte dieses eine Wort und begab sich zu den Seinigen zurück. Ein Wink von ihm genügte, so saßen fünf seiner Gefährten mit ihm auf und folgten ihm, als er auf der Fährte des Jägers davonritt.

Sternau gab jetzt den Befehl, die Nachforschungen einzustellen und die Boote wieder an die Schiffe zu bringen, bestieg sein Pferd wieder und ritt zurück. Als er auf der Gig wieder am Dampfer anlangte, hatte man ihn dort bereits mit großer Ungeduld erwartet.

»Gefunden?« rief ihm Juarez schon von weitem entgegen. – »Ja«, antwortete er. – »Ihn selbst?« – »Nein, sondern leider nur seine Spur.« – »O weh! So lebt er noch?« – »Jedenfalls. Hier dieses Tuch hat er um die Augen gebunden gehabt.«

Bei diesen Worten schwang Sternau sich an Bord und zeigte das Tuch.

»Was wissen Sie nun von ihm?« fragte der Lord. – »Erstens, daß er sicher an den Augen verletzt ist. Zweitens, daß er auf einem kleinen Floß stromab geschwommen ist.« – »So mag das richtig sein, was mein Steuermann vermutete, nämlich, daß seine eigenen Leute sich seiner entledigt haben.« – »Dann wird er einige sehr böse Stunden erlebt haben. Es ist kein Spaß, blind auf einem Floß schwimmen zu müssen.« – »Sie nehmen also an, daß er wirklich erblindet ist?« – Jetzt wenigstens, ja. Hätte er nur ganz wenig zu sehen vermocht, so wäre es ihm gar nicht eingefallen, das Tuch zurückzulassen. Es ist ihm auf irgendeine Weise vom Kopf geglitten, und er konnte es nicht finden.« – »Aber was dann?« – »Sein kleines, aus Schilf erbautes Floß wurde an das Ufer getrieben. Er fühlte Boden und schlich an das Land, wo er im Schilf gefunden wurde.« – »Von wem?« – »Von dem Jäger, der uns heute begegnete, Señor Juarez.« – »Ah, von diesem! Da sind unsere Apachen leider zu spät gekommen.« – »Ja, leider; denn dieser Jäger ist mit ihm, wie es scheint, in südlicher Richtung davongeritten.« – »Das ist ja immer noch vorteilhaft. Er ist ja im Land geblieben. Wäre er aber an das andere Ufer, also nach Texas gegangen, so hätten wir die Macht über ihn verloren. Haben Sie eine Ahnung, wohin er gegangen ist?« – »Ja«, antwortete Sternau. »Nach der Hacienda del Erina.« – »Warum dorthin?« – »Weil seine Tochter dort ist. Er befindet sich als Erblindeter in einem sehr hilflosen Zustand und muß nun vor allen Dingen darauf bedacht sein, zu Leuten zu gelangen, denen er Vertrauen schenken kann. Da steht seine Tochter natürlich obenan.« – »Sie glauben, daß dieser Jäger ihn nach der Hazienda bringt?« – »Ja.« – »Was sollte derselbe für ein Interesse dabei haben?« – »Cortejo wird ihm eine hohe Belohnung versprochen haben.« – »Das ist wahrscheinlich. Möglich ist es aber auch, daß die beiden sich bereits kennen.«

Da machte Sternau eine Gebärde der Überraschung.

»Diese Ansicht bringt mich auf einen plötzlichen Gedanken«, sagte er. »Können Sie sich besinnen, Señor Juarez, welche Antwort der Jäger gab, als wir ihn nach seinem Namen fragten?« – »Ja. Er sagte, er heiße Grandeprise.« – »Und ein Grandeprise ist der Verbündete von Cortejo.« – »Sie meinen den schwarzen Kapitän?« fragte der Lord. – »Ja. Er heißt ja wohl ursprünglich Grandeprise. Sein Piratenschiff war der ›Lion‹. Jetzt nennt er sich Henrico Landola.« – »Sie meinen, daß er mit diesem Jäger verwandt sei?« – »Es ist dies immerhin möglich. Der Name Grandeprise kommt nicht so häufig vor.« – »So müßte man sich beeilen, die beiden in die Hände zu bekommen. Was für Maßregeln haben Sie getroffen?« – »Ich habe einige Apachen auf ihre Spur geschickt. Diese Leute sollen sich überzeugen, ob diese Fährte nach der Richtung von Saltillo führt, und mir dann Nachricht nach Coahuila bringen.« – »Wäre es nicht besser gewesen, anstatt dieser bloßen Kundschafter den beiden Kerlen eine Schar Verfolger nachzusenden?« – »Warum halten Sie dies für besser?« – »Weil wir dann Cortejo schnell in unsere Hände bekommen hätten.« – »Sie irren sich. Zunächst müßte die Verfolgung mit Anbruch der Nacht eingestellt werden. Grandeprise aber wird die Nacht benutzen, um einen möglichst großen Vorsprung zu bekommen.« – »Waren seine Pferde so gut?« – »Er reitet die ganze Nacht hindurch und nimmt sich von der ersten besten Herde neue Pferde. Die Verfolger würden ihn nicht erreichen.« – »Aber wollen wir Cortejo entkommen lassen?« – »Nein. Allerdings ist es nur auf der Hazienda möglich, ihn festzuhalten. Das können wir nun freilich ohne die Hilfe Señors Juarez nicht.« – »Was wünschen Sie?« fragte der Präsident. – »Aus dem aufgefangenen Brief von Cortejos Tochter geht hervor, daß sich in der Hazienda eine große Zahl von Cortejos Anhängern festgesetzt hat. Wir brauchten also Mannschaften, Señor.« – »Wieviel?« – »Wer weiß das. Ich habe keine Ahnung, wie stark die Besatzung der Hazienda ist.« – »So lassen Sie uns sehen, wie viele Leute ich entbehren kann. Ich werde mein Möglichstes tun. Die Hazienda ist ein wichtiger Punkt, da sie in der Nähe des großen Verkehrsweges zwischen Süden und Norden liegt. Sie und Cortejo in meine Gewalt zu bringen, bin ich also zu jeder Anstrengung bereit. Ich denke, es wird gut sein, möglichst bald hier aufzubrechen, damit wir schnell wieder nach Coahuila kommen.« – »Wir müssen leider die Boote erwarten.« – »Wann können dieselben zurück sein?« – »In frühestens einer Stunde.« – »Wir holen diese Zeitversäumnis schnell nach, indem wir die Dampfer schneller arbeiten lassen.«

Sternau hatte recht gehabt. Die Apachen brachten die Boote erst nach Ablauf einer Stunde zurück. Die beiden Dampfer waren geheizt und zum Aufbruch bereit. Sie setzten sich in Bewegung, nachdem die Roten die Weisung erhalten hatten, auf dem heute zurückgelegten Weg wieder in das Lager zu gehen.

Während der beginnenden Fahrt hatte Juarez Zeit, sich mit dem Lord genau zu besprechen. Ihre gegenseitigen Abmachungen wurden zu Papier gebracht und von beiden unterzeichnet. Napoleon ahnte nicht, daß heute mitten in den Wildnissen des Rio Grande del Norte ein Vertrag geschlossen wurde, der ihn in der Folge zwang, Mexiko Juarez zu überlassen und seine Truppen aus diesem Land zu entfernen.

Mariano und Amy genossen unterdessen alle Seligkeiten des Wiedersehens und gaben einander das Versprechen, sich nie wieder zu trennen.

Sternau stimmte ihnen bei.

»Noch sind wir nicht in dem Hafen der Ruhe angelangt«, sagte er. »Wir wissen nicht, was uns noch widerfahren kann. Darum ist es geraten, eng zusammenzuhalten, damit wir uns nicht wieder verlieren.« – »Juarez wird uns beschützen«, sagte Amy. – »Er bedarf selbst noch der Unterstützung«, antwortete Sternau. – »Ich denke, seine Macht steigt von Tag zu Tag?« – »Das tut sie auch, aber jetzt ist sie noch so gering, daß ich mir vorhin gar nicht getraut habe, eine Bitte auszusprechen, die doch sehr nötig war.« – »Welche?« – »Ich hätte gewünscht, die Hazienda eher zu erreichen als Cortejo.« – »Ah! Das wäre allerdings sehr gut«, meinte Mariano. – »Da man aber die Stärke der dortigen Besatzung nicht kennt, so wären immerhin tausend Mann zu diesem Unternehmen erforderlich; aber eine solche Zahl kann Juarez noch nicht entbehren.« – »So nehmen wir weniger!« rief Mariano. – »Du bist mutig, mein Freund«, entgegnete Sternau. – »Oh, warum sollte man die Hazienda nicht mit weniger Leuten nehmen können? Nicht die Zahl, sondern die Tapferkeit tut es.« – »Du hast recht. Man könnte die Hazienda auch durch List nehmen; aber die Strecke zwischen ihr und Coahuila befindet sich noch in den Händen der Franzosen, die vorher zu verdrängen sind.« – »So wird Cortejo uns entkommen.« – »Ich hoffe das Gegenteil.« – »Er wird die Hazienda viel früher als wir erreichen.« – »Du vergißt, daß er bedeutende Umwege machen muß.« – »Weshalb?« – »Weil er sich von den Franzosen ebensowenig als vor uns sehen lassen darf.« – »Das ist wahr. Wenn Juarez sich beeilt und wir einen Parforceritt unternehmen, so kommen wir Cortejo vielleicht doch noch zuvor.« – »Ich hoffe. Es ist zu berücksichtigen, daß er blind ist, das heißt hilflos, obgleich er einen Begleiter hat. Die Augen schmerzen ihm jedenfalls. Er hat sicher Wundfieber. Das vermindert die Schnelligkeit seines Rittes außerordentlich. Ich möchte nicht an seiner Stelle sein.«

Sternaus Vermutung war eine ganz richtige.


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