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Der allmächtige Yomna-König im Jenseits hatte sich wieder einmal geirrt, wodurch ein noch junger Hausvater an einem Herzschlag starb. Seine Seele war schon da und wartete in der Vorhalle auf den Ruf des ewigen Gerichts. Als er vorgeladen wurde, entdeckte man, daß er nur aus Verwechslung geholt worden war. Er mußte wieder zur Welt gebracht werden. Die Boten, die ihn zur Welt begleiten sollten, sagten aber, daß sein Körper leider schon begraben worden wäre. Was nun? Man beriet sich lange und fragte schließlich den armen Mann, ob er nicht die Güte haben wollte, den Rest seines Lebens in einem anderen Körper verbringen zu wollen. Es wäre soeben ein anderer Mann gestorben, dessen Körper noch gut brauchbar sei. Er willigte ein. Als er nun allmählich wieder aufwachte, fand er sich in einem fremden 74 Hause, in dem nur fremde Gesichter zu sehen waren. Die Frauen und Kinder, die bisher geweint hatten, lachten wieder und alle freuten sich über die Rückkehr des Hausvaters. Die Frau, die er in seinem Leben nie gesehen hatte, nannte ihn Gemahl und unbekannte Kinder riefen ihn Vater. Er selbst wußte nicht, was er sagen sollte, er blieb stumm und ließ sich nur gut pflegen, damit er sich zuerst von der Krankheit erholen könnte, an der sein Vorgänger gestorben war, der – wie er später hörte – Ok geheißen hatte.
Als er sich wieder gesund und wohl fühlte, rief er eines Abends die Frau zu sich. »Liebe Frau«, sagte er in einer sanften und freundlichen Stimme, »ich bin an sich nicht euer Mann, sondern ich komme vom Süden, von der Provinz Olsan, wo ich eine Frau und ein Kind habe. Ich heiße auch nicht Ok, sondern Yun, ich bin nur durch die Verwechslung des Jenseits hierher geschickt worden.« 75
»Oh Gemahl, wie könnt ihr denn so etwas sagen!« rief die Frau erstaunt und erschrocken, »seht, ich bin doch eure Frau!« Sie deckte ihn gut zu und brachte ihm kräftige Fleischbrühe. Sie kochte ihm noch mehr Heilkräuter, weil sie glaubte, er hätte sich noch nicht von dem großen Todesschreck erholt. Sie pflegte ihn mit immer größerer Sorgfalt und Liebe. Seine wiederholten Erklärungen hörte sie gar nicht an.
Yun sehnte sich aber trotzdem nach seiner eigenen Frau und seiner Heimat, die so weit entfernt im Süden lag. So floh er in einer tiefen Nacht aus dem Haus und erreichte nach langer, rastloser Wanderung seine eigene Heimat. Er sah die bekannten Hügel, Felder und Wege, den heimatlichen Bach und die heimatlichen Brücken. Gegen Abenddämmerung stand er vor seinem eigenen Haus und sah seine Frau in Trauerkleidung den Hof kehren. Sie erkannte ihn nicht und fragte, was er begehre. 76
»Ich bin nur ein Wanderer und bitte Euch, da die Sonne schon gesunken ist, um Unterkunft für eine Nacht.«
»Es tut mir sehr leid«, sagte die Frau, »daß ich euch nicht beherbergen kann. Vor einem halben Monat ist mein Mann gestorben. Geht in ein anderes Haus.«
»Das tut mir sehr leid. Euer Mann war sicher ein guter und gebildeter Mensch. Hat er einen Knaben hinterlassen, der euch trösten kann?«
»Ja, der Himmel ist gnädig.«
»Heißt er nicht Tsungshin, der Knabe?«
»Ja, er heißt Tsungshin, woher wißt ihr das?«
»Jetzt weiß ich, daß ich euren Mann gut kenne, ich habe mit ihm manchen Becher Wein zusammen getrunken, wenn er mich besuchen kam. Er hat mir auch viel von Euch erzählt. Ihr seid die zweite Tochter der Familie Hoang von Tuitgol?«
»Ja, das bin ich«, sagte sie, erfreut, einen Freund ihres Mannes zu sehen. 77 »Kommt herein, wenn euch diese kleine Hütte eueres Freundes gut genug ist.«
Sie führte ihn in das Zimmer ihres Mannes und bewirtete ihn mit gutem Abendessen.
Nun saß die ganze Familie wieder da, und er erzählte die ganze Wanderung seiner Seele, die Rückkehr vom Jenseits, die Erholung bei der Familie Ok.
Die Frau weinte vor Freude, gewann den fremden Körper bald lieb, aus dem ja die Stimme ihres eigenen Mannes klang. Sie legte ihre Trauerkleidung ab, räumte den Opfertisch beiseite und lebte glücklich mit dem heimgekehrten Gatten. 78