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Zwei Jahre lang war Ann Vickers Vorsteherin eines Wohlfahrtshauses in Rochester. Sie hatte offenbar Erfolge; sie wurde aufgefordert, in Frauenklubs, vor Kirchengemeinden und in Mädchenschulen zu sprechen, über »Amerikanisierungsmethoden«, »Die Bedeutung des europäischen Volksliedes in der Erziehung von Einwanderern« und andere, ähnlich abwechslungsreiche und lieblich inhaltlose Themen. Es gab nämlich in Rochester eine reiche alte Frau, die Anns Wohlfahrtshaus unterstützte; sie war so aufgeklärt, daß sie ungarische Zigeuner ungarische Zigeunertänze tanzen ließ, vorausgesetzt daß sie bereit waren, unterdessen zu lernen, wie man National-Registrierkassen und Fordautomobile bedient. Als Ann neunundzwanzig Jahre alt war, verlieh ihr die Universität Rochester ehrenhalber den Titel Magister der Künste; und in der alljährlich von dem Times-Register veröffentlichten Liste der »Zehn nützlichsten Frauen in Rochester« stand sie an sechster Stelle. In ihrem Wohlfahrtshaus lernten einhundertsiebenundsechzig Europäer englisch, um die Mord- und Ehebruchnachrichten in den Sensationsblättern lesen zu können; außerdem lernten zweihunderteinundsiebzig Mädchen nähen und kochen, um später ihre Kleider um nicht mehr als sechzig Prozent kostspieliger, als ähnliche Kleider im Warenhaus wären, zu Hause nähen und für fünfzehn Cent eine nahrhafte Gemüsesuppe für vier Personen bereiten zu können, die in jedem Kettenladen mindestens zehn Cent kosten würde.
Und doch zweifelte Ann in diesen beiden Jahren ebenso wie in dem letzten Jahre, das sie als zweite Vorsteherin im Corlears Hook House verbracht hatte, täglich am Wert der Wohlfahrtsarbeit. Diese Arbeit war zu beschränkt. Sie erfaßte nur einen winzig kleinen Bezirk und gewährte den anschließenden Bezirken, die kein eigenes Wohlfahrtshaus besaßen – und das war die Mehrzahl – nicht die Erholungs- und Erziehungsmöglichkeiten, nicht die Hilfe in Notlagen und Ratschläge, die das Unternehmen seinem Wesen nach hätte geben können. Die Arbeit war, so konstatierte Ann, nicht viel wertvoller als ihr Vorgänger, das gute alte herzerwärmende und tränenproduzierende System, das der älteren Tochter des Vikars (der, die unverheiratet geblieben war) die Möglichkeit gab, sich die Zeit zu vertreiben, indem sie denjenigen bettlägerigen Pfarrkindern, die dem Vikar und dem Gutsherrn gegenüber die unappetitlichste Servilität an den Tag legten, Kohlen und Decken und Gelee brachte.
In der modernen Version des Systems, im Wohlfahrtshaus, bekam der munter verlogene und zupackende jüdische Junge mit den großen schwarzen Augen, der den Fürsorgern Geschenke brachte und bei Pfadfindertreffen den Flaggengruß am lautesten brüllte, die Extra-Knickerbockers, das übriggebliebene Gefrorene und, später, das Stipendium zum Zahnarztstudium, während der verschlossene Junge am Ende der Straße, der nichts weiter hatte als eine große Begabung zum Holzschnitzen und zur Konzentration auf sich selbst, leer ausging.
Das Wohlfahrtshaus (so dachte wenigstens Ann Vickers) war nichts weiter als ein Spielplatz, und zwar ein bedeutend schlechter beaufsichtigter als die offiziellen städtischen Spielplätze. Es hatte den sauren Geruch der Wohltätigkeit. Es gab Unterricht, aber keinen guten Unterricht. Die Berufslehrer der städtischen Schulen waren besser und bedeutend geduldiger als die ernsthaften Freiwilligen (ihre Ähnlichkeit mit den Sonntagsschullehrern aus Anns Kinderzeit war groß) die aus der Fülle ihres Unwissens und ihrer guten Absichten den armen Juden, Italienern und Griechen ungefähr ein Jahr lang Unterricht über George Washington und doppelte Buchführung und Zähneputzen gaben. Die Abendschulen machten es besser. Die ehrgeizigen jungen Leute – diejenigen, bei denen es sich überhaupt verlohnte – machten es selbst besser.
Soviel Ann entdecken konnte, lag der Vorzug der Wohlfahrtshäuser darin, daß sie so unpersönlichen und durchgebildeten Körperschaften wie der Lillian Wald's Visiting Nurses Association und dem modernen, organisierten Wohlfahrtswesen zum Dasein verholfen hatten.
Ach, es gibt eine ganze Menge Fehler im organisierten Wohlfahrtswesen – eine ganze Menge, seufzte Ann. Es herrscht zuviel Bürokratismus. Oft werden komplette Akten von Familien in Not für viel wichtiger gehalten als die Linderung der Not. Außerdem neigen die Wohlfahrtsarbeiter dazu, hart zu werden, weil das Unglück ihnen etwas Gewohntes und Vertrautes ist. Aber den Chirurgen geht es nicht anders, und kein Mensch denkt daran, daß das Operieren den mitfühlenden alten Jungfern und Großmüttern des Kirchspiels übertragen werden sollte. Das organisierte Wohlfahrtswesen ist wenigstens unpersönlich. Es gründet seine Hilfe nicht auf ein Lächeln und eine antiquierte freundschaftliche Gesinnung auf Seiten der Opfer, sondern auf ihre Not. Es ist nicht auf einen Bezirk beschränkt; es ist für die ganze Gemeinschaft wenigstens geplant. Und es befaßt sich nicht mit den Sehnsüchten der Opfer, bessere Dichter oder Köche oder Bootlegger oder Ausdruckstänzer zu werden – zarte, heilige Bestrebungen, denen es besser bekommt, in Frieden gelassen als von wohlmeinenden Alles-Bejahern gehätschelt zu werden – sondern mit ihrem Mangel an Nahrung, Schuhen und Geld für die Miete.
Was sie selbst betraf – Ann hatte das Leben in Wohlfahrtshäusern ebenso satt, wie die Jungfrau von Orleans es satt bekommen hätte, in einem der vornehmeren Nonnenklöster zu leben. Sie hingen ihr zum Halse heraus, diese komfortablen Erziehungsstätten, die mit ihrer Backsteingotik zwischen verbotenen Kneipen, Handwäschereien und koscheren Schlächterläden standen und inmitten der Massen, die, tragisch oder heiter, wahrhaft lebten, ihre Würste erzeugten, liebten, Späße machten, einen Standard krampfhaft lächelnder Lieblichkeit aufrecht erhielten. Es war unerfreulich gewesen, als Zweite die Regeln zu befolgen (oder sich geschickt über sie hinwegzusetzen) zu tun, als ob es einem Freude machte, zu einer Mahlzeit aus zähem Hammelfleisch herunterzukommen; so zu tun, als hätte man nicht geraucht, wenn das Schlafzimmer blau von Qualm war; Jahr für Jahr sich über den geplanten, aber sonderbarerweise hinausgeschobenen Erfolg Ikeys zu begeistern, der seine Stellung in der Fischbackstube aufgeben und Doktor der Naturheilkunde werden wollte.
Als Vorsteherin war sie aber noch schlimmer daran. Die eigenen Vorschriften zu mißachten, bot keine geheime aufregende Freude; es war keine wirkliche und erfreuliche Bosheit, einer Fürsorgerin Vorwürfe wegen Zigarettenrauchens zu machen, wenn man selbst geraucht hatte; es gab jetzt kein Entrinnen vor den Patronen – vor den reichen Frauen, den jovialen Geistlichen, den ästhetischen Effektenmaklern, den philosophisch-anarchistischen Bankiers, die für das Betriebskapital des Wohlfahrtshauses sorgten und damit bedeutend billiger, als früher einmal ein kräftiger schwarzer Sklave zu haben war, Leib und Seele der Vorsteherin erwarben.
Mit dem sanften Entsetzen eines Jungen, der an ein Lager zurück denkt, in dem er einen ganzen fürchterlichen Sommer lang gezwungen worden ist, sportlich, musikalisch, fröhlich und voll bürgerlicher Rechtschaffenheit zu sein, und zwar unter den göttlichen Augen eines anämischen, aber energischen Schullehrers in kurzen Hosen und Brille, mit dem sanften Entsetzen eines solchen Jungen bewahrte Ann die Erinnerung an Jahre langweiliger Mahlzeiten in der Halle, in deren Verlauf sie die baumwollene Tischdecke und die gepanzerten Teller überblickte und zuhörte, wie die älteren jungen Damen unter den Fürsorgerinnen wiehernd über eine Geschichte lachten, in welcher der Witzbold, einer der zum Haus gehörenden Fürsorger, sich des Wortes »verdammt« zu bedienen gewagt hatte.
»Wohlfahrtshäuser!« Ann stöhnte. »Das Kurzgeschichtenschreiben Mädchen beibringen, die lernen müßten, wie man ein Flugzeug überholt! Litauern, die dazu geboren sind, ausgezeichnete Landwirte zu werden, Unterricht im Töpfern geben! Die Enkel großer Talmudisten lehren, wie sie die Manieren eines Yonkers-Landklubs nachahmen können! Das Korbflechten als Mittel zur Herbeiführung des Himmlischen Reiches lehren! Anständige Lastwagenchauffeure dazu ermuntern, Chiropraktiker zu werden!«
Sie wußte, daß sie müde und ungerecht war. Es waren ihr doch auch hervorragende Menschen und große Leistungen gegenwärtig. Fliegen- und Typhusforschung, Propaganda für öffentliche Spielplätze und Beiträge zur Linderung der Not unter den Armen. Aber, zu diesem Schluß kam sie, das fundamental Böse an den Wohlfahrtshäusern – und mit einemmal erweiterte sie das auf alle »Wohlfahrtsarbeit« in allen Städten, in allen Zeitaltern, ob kirchlich oder einfach fortschrittlich – lag in dem Umstand, der in optimistischen Predigten, begeisterten Zeitschriftenartikeln und den unklaren Überlegungen wohlmeinender Wohltäter gepriesen wurde: daß dadurch nämlich, wie derartige Predigten und Artikel immer erklärten, »die Wohlhabenden und die Unglücklichen zusammengebracht werden, so daß die Reichen eine Gelegenheit finden können, ihr Mitgefühl durch unmittelbarsten Kontakt mit den Armen zu erweitern und zu vertiefen und Verständnis dafür zu gewinnen, welch edle Herzen unter dem blauen Arbeitskittel schlagen können, und daß den Armen eine Möglichkeit erwächst, durch diesen freundschaftlichen Kontakt mit denen, die ihnen Unterricht und Hilfe geben können, etwas zu lernen und sich zu bessern.«
»Natürlich!« schnaubte Ann in dieser unglückseligen revolutionären Stimmung.
»Ja! Die nackten kleinen Seelchen der Wohltätigen streicheln! Ihnen Gelegenheit für ihren Exhibitionismus geben! Es ihnen ermöglichen, daß sie sich bespiegeln und beobachten, wie erhaben sie über die Unglücklichen sind! Und sie dazu ermuntern, daß sie ihre sozialen Taten mit netten, praktischen Methoden ausführen!
In Sowjetrußland werden die Maurer nicht gelehrt, daß es etwas Besseres ist, Verkäufer oder Versicherungsagent oder Annoncenacquisiteur zu sein – oder Fürsorger! Dort werden sie gelehrt, wie man besser Ziegel verlegen kann. Und die Russen meinen nicht, daß es Wohltätigkeit sei, Menschen Arbeit und Essen und Erziehung zu geben. Sie meinen, daß es Pflicht ist.«
Bei einem Kongreß der Wohlfahrtsinstitute in New York lernte Ann Ardence Benescoten kennen.
Der New Yorker Dorfklatsch behauptete, Miss Benescoten hätte fünfzig Millionen Dollar geerbt, und ihr Vater, der Bergmann, hatte ihr auch tatsächlich siebzehn Millionen hinterlassen. (Daß er Bergmann war, hieß nicht, daß er schmutzig wurde und unter Tag sein Leben riskierte. In Wirklichkeit bekam er nur sehr selten ein Bergwerk zu sehen. Er blieb in seinem New Yorker Büro und erdachte sich neue Methoden zum Hinausdrängen ledergesichtiger Prospektoren, die als erste die Gruben entdeckt hatten und zu einem von Mr. Benescotens freundlichen, gut angezogenen Agenten um Finanzhilfe gekommen waren.) Sie war mit ihren fünfzig Jahren unverheiratet, aber das schien ihr keinen Verdruß zu bereiten. Sie lebte mit einer Freundin zusammen, einer Gesanglehrerin, die einmal als Koloratursängerin berühmt gewesen war. Miss Benescoten war berühmt für ihre Wohltätigkeit. Sie bedachte Pfingstmissionen in Spanien und katholische Missionen in Nebraska mit diskreten Spenden und unbeschränktem Rat, sie machte Stiftungen zugunsten eines Heims für Witwen von Konfederations-Offizieren und eines anderen für Neger, die studiert hatten, zugunsten einer Schule für Glaubensheiler und eines Instituts für Psychiatrie, eines Hundeasyls und eines ziemlich kleinen Museums, in das im Laufe eines Monats drei, vier Leute kamen, um kretische und lesbische Münzen zu studieren. Mindestens zweimal wöchentlich wurde ihr Name in den Zeitungen genannt, im Zusammenhang mit einem Ausschuß zur Förderung der mexikanischen Kunst oder zur Heraufsetzung des »Mündigkeitsalters«; mindestens einmal im Monat erschien ihr Bild in den illustrierten Beilagen, entweder bei einer Grundsteinlegung oder – wenn sie einmal ausnahmsweise widerwillig auf die Ausführung ihrer bescheidenen Wohlfahrtswerke verzichtete und für einen Augenblick die ihr zukommende Stellung in der besten Gesellschaft wieder einnahm – auf dem Rasen vor ihrem bayerischen Landschloß in Newport, im Kreise ihrer Neffen und Nichten, wie etwa Thornton Benescotens, des hervorragenden Polospielers, Nancy Benescotens, der Geschiedenen, und Hugh Harrison Benescotens, des Richters.
Miss Benescoten brummte in einer Ausschußsitzung, bei der sie mit Ann zusammen war: »Ich habe Sie gestern über Zahnkliniken sprechen hören. Sie haben Verstand, meine Liebe. Kommen Sie heute zu mir zum Lunch.«
Ihr Speisezimmer war so düster und nahezu so groß wie ein Eisenbahnschuppen. Der Lunch bestand aus Gegenständen, deren Namen Ann völlig fremd waren, wenn sie sie auch später als Regenpfeifereier, kalten Fasan in Aspik, Spargel vinaigrette und Bar-le-Duc-Johannisbeeren agnoszierte.
»Ich habe Sie beim Kongreß beobachtet, Miss Vickers. Und ich habe mich dafür interessiert, was Sie alles im Corlears House getan haben, in Rochester und in Clateburn – ja, und auch im Gefängnis in Dingsda – sehr amüsant! Ich habe selbst einen Wohltätigkeitszirkus. Ich finde, er ist praktischer als alle diese Anstalten. (Noch etwas Heidsieck für Miss Vickers, Stone.) In keiner Weise gebunden durch derartige idiotische Vorschriften. Den Leuten immer helfen, wenn sie amüsant aussehen. Ja, auf amüsante Art Wohltätigkeit üben – nicht es peinlich machen – was anderes, wie?«
Ann ließ also ganz plötzlich ihre Fürsorgearbeit schießen und wurde Almosenière bei dieser modernen Großfürstin.
Ann hatte ein kleines, elegantes in Schwarz und Silber gehaltenes Büro im dritten Stockwerk des Benescotenschen Chateaus am Riverside Drive, mit einem Diktaphon, einer Stenotypistin und vier Telephonen – einem gewöhnlichen, einer Privatleitung, einer Verbindung zur Hauszentrale, die von einem Lakaien bedient wurde, und einer direkten Leitung zu Miss Benescotens Privatgemächern.
Es gab Routinepflichten, deren wichtigste darin bestand, Bettelbriefe, Betteltelegramme und Bettelbesuche zu erledigen oder abzuwimmeln. Nach der ersten Morgenpost – unterbrochen durch telefonische Anrufe von rätselhaften Personen, für die es eine unbedingte Notwendigkeit war, »Miss Benescoten persönlich zu sprechen – ich werde sie nicht aufhalten, ich kann meine Angelegenheit nicht gut am Telefon auseinandersetzen« – empfand Ann großes Mitleid für Miss Benescoten und war reichlich überrascht und ein wenig verärgert über die Anzahl von Mitbürgern, die umsonst etwas haben wollten. In dieser ersten Morgenpost, die aus zweihundert Briefen bestand, fand sich auch ein wortreiches Bittschreiben von der Witwe eines Kleinstadt-Zimmermanns, die schrieb, sie hätte genug, um davon zu leben, aber Miss Benescoten möchte sich doch freundlichst die Tochter des Zimmermanns kommen lassen – einschließlich Pullmannkarte – und sie an Tochter Statt bei sich aufnehmen. »Dafür wird sie sicher von Herzen gern Ihnen überall wo es möglich ist im Haus behilflich sein. Hat nicht kochen gelernt, wird aber von Herzen gern Ihnen überall helfen natürlich nicht gerade Fegen und Scheuern was zu schwere Arbeit ist für ein Mädchen, was ihre Erziehung hat, liest französisch wie ich englisch.« Eine Bitte um einen Flügel für ein junges Mädchen, das, »wenn man ihr nur eine Gelegenheit gibt, eine Musentochter« werden könnte. Sieben Bitten um Ablösung einer Hypothek. Sechzehn Bitten um Darlehen, rückzahlbar innerhalb eines Monats, stammend von unbescholtenen Menschen, die, sollte Miss Benescoten darauf bestehen, als Sicherheit Gegenstände geben würden wie »eine originalantike Großvateruhr weiß nicht wie alt«, eine Eisdiele in Hohokus, einen Ehering und eine theologische Bibliothek.
Ein junger Mann, dessen Zeichenkünste nach dem Urteil des »Prof. Otto Staub, bestbekannter Musiklehrer in Memphis außerdem Autor und Vortragender« denen Frederick Remingtons und Franz Hals' gleichkamen, wünschte fünftausend Dollar, um nach Paris zu reisen und seine Studien zu vollenden. »Bitte um postwendende Antwort, indem ich meine Pläne jetzt mache.«
Ein achtzehnjähriges Mädchen bekannte:
… trotzdem die ganze Welt mich bekämpft und mich all diese Jahre niederzuhalten versucht hat, habe ich wiedergekämpft. Nichts kann mich aufhalten! Ich bin aus dem Stoff, aus dem Erfolge gemacht werden. Es steht in meinen Sternen, jawohl, in meinen Sternen. Ich werde ein Erfolg sein. Ich werde die berühmteste Schriftstellerin in U.S. sein. Nun meine liebe Miss Benescoten, Sie werden wohl eine ganze Menge Briefe von Fremden bekommen, die um Hilfe bitten, und wahrscheinlich wirft Ihre Sekretärin selbe einfach in den Papierkorb, aber ich bitte nicht um Hilfe. Oder ein Darlehen. Mein Vorschlag ist wie folgt: Wenn Sie mir bloß $ 3000 (dreitausend Dollar) vorstrecken wollen, werde ich das Buch (Roman), an dem ich jetzt schreibe beenden. Habe bereits begonnen, ich habe ein fabelhaftes Thema, noch nie benützt auch Charakterisierung usw. Wenn Sie das tun, werde ich Ihnen, sobald Roman beendet das Doppelte zurückzahlen! Sie sehen also, ich bitte nicht um einen Gefallen und auch mit allen Ihren Aktien, Obligationen usw. werden Sie wohl kaum eine bessere Anlage finden! Außerdem höre ich, Sie sind ein sehr wohltätiger Mensch und wenn Sie das tun, werden Sie der ratlosen Welt helfen, indem Sie ihr ein neues Sprachrohr schenken, da Roman nicht eine bloße Geschichte ist sondern blendende Moral enthält und außerdem Lösungen für viele Probleme, die jetzt der Welt den Kopf zerbrechen. Ich weiß, Sie sind ein prächtiger Mensch, ungebunden durch gesellschaftliche Konventionen also machen Sie schon und schicken Sie Scheck über $ 3000 (dreitausend Dollar) postwendend und wenn Sie unbedingt mehr schicken wollen, werde ich auch nicht ein bißchen verletzt sein! Entschuldigen Sie dieses kleine Späßchen. PS. Ich kann Ihnen nicht sagen warum, vielleicht bin ich ein Medium aber ich habe so ein Gefühl, als ob wir uns persönlich kennen würden und wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht in die Augen sehen könnten, würden wir Alys und Ardence zu einander sagen trotzdem Sie soviel älter sind wie ich. Bitte vergessen Sie nicht und es wäre eine himmlische Überraschung, wenn Sie es gleich postwendend schicken würden.
Und Bitten von zweiundfünfzig Organisationen, die es sich zur Aufgabe machten, der Menschheit in allen bekannten Arten zu helfen, vom Studium der Numerologie bis zur Herabsetzung der Teppichzweckenkosten.
Aber der Brief von der alten Dame mit dem verkrüppelten Gatten klang wirklich echt. Trotz all ihren Erfahrungen aus den Wohlfahrtshäusern – die, ebenso wie die Arbeitszimmer Geistlicher und die Zeitungsredaktionen, Stationen der Bettlerstraße sind – konnte Ann ihr Herz nicht genug verhärten, um beim Anblick dieser zittrigen Krakel auf dem billigen Papier mit schwachen blauen Linien nicht wehmütig zu werden.
Ann überlegte, wen ein richtiger, orthodoxer, hochgradiger, »ideologisch nicht angekränkelter« Bolschewist wohl mehr verachten würde: Ardence Benescoten, weil sie glaubte, eine göttliche Berufung dazu zu haben, siebzehn Millionen zu verschenken, oder die Schreiber von Bettelbriefen, weil sie vor ihr krochen.
Von den zweihundert Briefen beantwortete Ann zwölf, und sechs hob sie auf, um sie Miss Benescoten zu zeigen.
Sie sollte Miss Benescoten jeden Vormittag um elf sprechen. Das Boudoir der großen Frauenfreundin stellte sie sich so streng vor wie die Zelle einer Nonne. Das war es keineswegs. Ann kam durch einen Privatsalon in ein riesengroßes Schlafzimmer, das in Elfenbein und Rosa gehalten war: ein großes Bett mit Goldnymphen auf den Eckpfosten; Stühle mit Plattstichstickereien; ein rosa Marmorkamin; ein Toilettetisch wie eine ganze Parfümerie. Miss Benescoten lag auf einer Chaiselongue, rauchte eine kleine Zigarre und unterhielt sich mit ihrer Freundin und Hausgefährtin, der Exdiva Mme Carrozza.
»Ach, Nalja, das ist meine neue Armenpflegerin, Miss Vickers, ein liebes Mädchen!«
Madame Carrozza starrte Ann an.
»Darf ich Sie eine Sekunde stören, Miss Benescoten, oder soll ich später noch einmal kommen? Ich bin mit den Briefen fertig. Ich glaube, diese sechs Fälle verdienen, daß man ihnen nachgeht, vor allem die alte Dame mit dem kranken Mann.«
»Ach!« Das klang durchaus nicht zartfühlend oder frauenfreundlich. »Ich dachte, ich hätte Ihnen das klar gemacht, Ann. Wir müssen Einzelfälle abweisen – natürlich außer wirklich amüsanten Fällen, die sich lohnen, wie zum Beispiel das mit dem komischen Mädchen – du weißt doch noch, Nalja? – die uns soviel Spaß machte und so komische Ideen über die Verwendung von schwarzem Glas hatte – wir haben sie bei einem Innenarchitekten untergebracht. Aber diese alten armen Leute – sehr schlimm für sie, sicher; sehr unglückliche Menschen. Aber die müssen sich an ihre Verwandten wenden. Wir können uns nur um kombinierte Fälle kümmern, die eine bestimmte Richtung haben, verstehen Sie, Ann?«
Die vertrauensvolle Ann brauchte drei ganze Tage, um die Entdeckung zu machen, daß sie nicht Almosenière bei der Großfürstin war; daß Miss Benescoten nicht den geringsten Wert auf Wohltätigkeit legte; und daß es der einzige Zweck ihrer Anwesenheit war, dafür zu sorgen, daß die Zeitungen für Miss Benescoten anläßlich ihrer lieblosen Taten der Nächstenliebe Propaganda machten. Ein Pfund Konfekt für jedes einzelne von zehntausend Fabrikmädchen – ja, das war amüsante Wohltätigkeit und lieferte Stoff für einen richtigen »Schmusartikel« mit Photos von Miss Benescoten, der berühmten Mme Carrozza und der Fürstin Frangipangi bei der Verteilung der ersten zweihundert Schachteln von einem Lieferwagen der Glasstop Kandy Ko. (Und es kostete nicht, wie die Zeitungen behaupteten, fünftausend Dollar; Ardence war ebenso gerissen, wie seinerzeit ihr Vater; sie hatte der Glasstop Ko. gegenüber betont, daß das eine gute Propaganda für die Firma wäre, und alles zusammen für siebenhundertachtzig Dollar bekommen. Und es waren auch nicht zehntausend Schachteln, sondern nur sechstausend.)
Was für Propaganda, was für Machtbefriedigung war aus der Zahlung der Hypothekenzinsen für die alte Mrs. Jones hinten in den Connecticutbergen zu holen? Aber als Ardence die Englische Siedlung junger Künstlerinnen – eine ganz reizende Kolonie mit roten Dächern in den Catskills – ausstattete und unter den Klängen eines Symphonieorchesters, für dessen kostenlose Mitwirkung Ann hatte sorgen müssen, mit großem Pomp eröffnete – da gab es eine ganze Seite in den New Yorker Sonntagszeitungen, Ardence bekam eine Medaille vom »Graphikerbund« und ein hübsches Diplom von der »Vereinigung zur Rückprimitivisierung ästhetischer Schöpfung«.
Ann sollte nett abwechslungsreiche Berichte über den jeweils letzten Wohltätigkeitsakt Ardences schreiben, sie mit größter Liebenswürdigkeit den betreffenden Redakteuren persönlich übergeben, so ganz nebenbei sagen: »Ach, übrigens, ich habe gerade ein paar neue Photos bei mir«, und eine in der letzten Woche gemachte Gruppenaufnahme zeigen: »Miss Ardence Benescoten, die Tochter des verstorbenen Bergwerksmagnaten, bei der Inaugurierung neuer Abendkurse für Wäschereiarbeiter. Von links nach rechts: Conte Dondesta, erster Sekretär der italienischen Botschaft, Miss Benescoten, Rt. Rev. Dr. Slough, Bischof von Alaska, Bill Murphy, von der Wäschereiarbeiter-Gewerkschaft.«
Manchmal kam Ann sich vor wie ein Gast im Hause Benescoten, manchmal wieder wie ein intellektuelles Stubenmädchen. Es kam vor, daß sie Ardence tagelang nur bei kurzen Besprechungen sah und allein in den Coffee Pot am oberen Broadway lunchen ging; dann wurde sie wieder ganz plötzlich – so daß sie eine Verabredung mit Pat Bramble absagen mußte – zu einem offiziellen Lunch befohlen, bei dem sie irgendeinem Collegepräsidenten, einem Strafrechtler, einem Schweizer Psychiater oder irgendeinem anderen Wohltäter der Gesellschaft vorgeführt wurde, dem Miss Benescoten gerade mit ihrer Klugheit und ihrem venetianischen Glas imponieren wollte.
Ann wohnte in einem Hotel, das ebenso trübselig und klein war wie das Hotel Edmond, aber immerhin so groß, daß sie ihre näheren Bekannten bei sich sehen konnte – Pat Bramble, Dr. Wormser, zwei, drei Fürsorgerinnen, die sie im Corlears Hook kennengelernt hatte. Es war wohltuend billig. Sie wußte, daß ihre Tage bei Ardence gezählt waren, und sparte. Ardence war in Gelddingen großzügig; Ann bekam achttausend im Jahr, und in Rochester hatte sie nur dreitausend einschließlich Kost und Verpflegung gehabt. Sie hätte sich gern Extravaganzen geleistet; sie studierte Schlangenhautschuhe und Talbothüte in den Schaufenstern. Aber danach verlangte es sie doch nicht so sehr wie nach einem halben Jahr des Herumwanderns oder des Stillsitzens fern von allen Büros und »Protokollen über Fälle«, die mit den Leiden einer auf einige Zahlen reduzierten Seele ausgefüllt waren. Sie sehnte sich danach, wieder herauszufinden, ob sie noch immer ein Individuum namens Ann wäre, mit der Fähigkeit, zu lieben, verärgert und töricht zu sein, oder bloß ein Taubenschlag namens Miss Vickers.
Sie blieb, sie »nahm es von den Ägyptern zur Beute« und fragte sich immer wieder, ob jene viel berühmten Taten Mosis nicht häßliche Orientalentricks gewesen wären. Aber in jeder Woche kamen, und das war sehr tröstlich, neunzig Dollar auf das Sparkonto in der Bank. Es verging kein Tag, an dem sie nicht den Wunsch verspürte, zu gehen; an dem sie nicht das Gefühl hatte, sie müßte die Befriedigung haben, selbst zu kündigen, ehe sie entlassen würde. Im Hause Benescoten fehlte es nicht an Anlässen zum Ärger. Ardence war abwechselnd bissig und an Tagen, an denen sie sich selbst als Wohltäterin bewunderte, matschig wie eine überreife Banane. Es gab Streitigkeiten. Ardences Butler (echt importierter Stilton) war nie ganz sicher, ob Ann ein Dienstbote oder eine Dame wäre. (Ann war das ebenso unklar, aber sie machte sich weniger Sorgen darüber als der Butler.) Und Miss Benescoten hatte, außer Anns Abteilung der Rechtschaffenheit und Propaganda, eine Privatsekretärin für ihre eigene Korrespondenz, und diese war fraglos eine Dame. Sie führte den Namen »Gesellschafts-Sekretärin« und war Tochter eines Admirals. Sie erzählte Ann oft vom Admiral. Wenn sie zu einer Besprechung kam und fand, daß Ann darauf bestand, sie müsse dem Heim für Bessere Postangestellte, das von Ardence nun schon einen Monat hingehalten werde, irgendeine Antwort geben, dann lief die Gesellschafts-Sekretärin zu Ardence, küßte ihr die fette Hand, warf Ann einen finsteren Blick zu und winselte: »Ach, Miss Benescoten, die Leute hetzen Sie ja alle ab wie einen Nigger! Lassen Sie sich nicht von ihnen quälen, Liebste!«
Zweierlei hielt Ann davon ab, zu gehen: das schmutzige Sparkonto – sehr angenehm und bekömmlich wie die meisten schmutzigen Dinge – und die gelegentlichen Besuche Lindsay Atwells.
Er war nahezu ganz kahl, und sein Nasenrücken hatte einen tiefen Einschnitt von der Hornbrille, die er beim Lesen trug. Und doch wirkte er recht jung, dieser Lindsay Atwell, der wie ein Tennisspieler aussah: gute Figur, stets klare Augen, grauer soldatischer Schnurrbart und gesunde Hautfarbe. Sein kahler Kopf war nicht blaß und fettig; er war sonnegebräunt und in durchaus gefälliger Weise etwas sommersprossig. Er roch nach frischer Luft – was gar nicht gerechtfertigt war, denn wenn er auch ab und zu vierzig Blocks weit ging, hatte er nicht das geringste dafür übrig, an der Reiterparade der Yankies und Semiten teilzunehmen, die im Park Londoner Lebewelt markierten. Er verbrachte auch seine Ferien nicht mit Golf oder einem heroischen Lagerleben zwischen Salbenschichten und Moskitos; wenigstens behauptete er, immer auf einer Wiese in den Adirondacks zu liegen und Conan Doyle zu lesen.
Sie schätzte ihn auf sieben- bis achtundvierzig Jahre.
Lindsay Atwell war Ardence Benescotens Anwalt; das gelehrteste und am wenigsten gewaltige Mitglied der Firma Hargrave, Kountz, Atwell & Hargrave.
Ann konnte ihn sich wochenlang nicht losgelöst von Begriffen der Tradition denken: Harvard, der Rackett-Klub mit dem Century-Klub in Sicht, Kinderferien in Bar Harbor, und eine bis zur Plymouth Colony zurückreichende Familie. In einem Punkt täuschte sie sich nicht: er hatte in Harvard Jura studiert. Im übrigen, er war in Kansas geboren, hatte die Universität von Kansas besucht und die exotischen Sommer seiner Jugend verbracht, indem er in Präriepfützen nach Kaulquappen fischte und Walter Scott und Victor Hugo las. »Aber im Krieg war ich ein großer Held«, sagte er; »ich war Militärrichter und kam manchmal erst nach sechs Uhr nachmittags aus meinem Büro.« Seine Familie reichte allerdings bis zum Cro-Magnon-Menschen zurück, aber dann gab es in seinem Stammbaum eine große Lücke bis zu seinem Großvater, der ein sehr geschätzter Farmer in Ohio war, bis ihn die Hypothek ereilte. Kurz, er war ein typischer wohlerzogener New Yorker.
Er sprach ziemlich gewählt; aber er wirkte auf Ann nicht geschraubt.
Sie sah ihn oft. Es gab viele Rechtshändel über den Zusammenschluß der Parzellen zur Bildung des tausend Morgen großen Grundstückes für die Englische Siedlung junger Künstlerinnen und viele Beratungen zwischen Miss Benescoten und Lindsay darüber, ob sie den Auftrag einem berühmten oder einem guten Architekten geben sollte.
Atwell besuchte Ann in ihrem Büro und seufzte: »Miss Vickers, ich sage Ihnen, es hat gar keinen Zweck – ich kenne sie schon länger, und es hat gar keinen Sinn, unsere Ardence dazu überreden zu wollen, daß sie Tipple zum Architekten nimmt, bloß weil er Einfälle hat und fähig ist. Du lieber Gott, er ist ganz unbekannt, Mr. Tuftwall dagegen ist führend in seinem Beruf, seitdem er sich beim Bau des Falconer Building Tower mit Ruhm bedeckt hat – alles ist von ihm, außer dem Entwurf und den Einzelheiten der Ausführung – so etwas vergibt er natürlich weiter! Und er hat seinen eigenen Pressechef, einen wirklich begeisterten – der ist nicht so widerwillig wie Sie – dem es große Freude machen würde, mit Ihnen bei der Beschaffung kostenloser Propaganda sowohl für Ardence wie für Mr. Tuftwall zusammenzuarbeiten. Sie müssen noch lernen, daß in unserer modernen Zeit sogar aus der Schönheit praktischer Nutzen geschlagen werden kann!«
Ann legte den Kopf zurück, starrte Lindsay Atwell an und rief erstaunt: »Soll das heißen, daß Sie Ardence auch hinter die Schliche gekommen sind?«
»Pst! Demnächst werden Sie noch anfangen, am Präsidenten Wilson oder gar an der Christian Science herumzukritteln!«
Von nun an ging Atwell, wenn er zu Ardence kam, in Anns Büro vor Anker; sie sprachen über James Joyce und andere elegante, unverfängliche Themen, und einmal führte er sie liebenswürdig zum Lunch zu Cherry. Das war an jenem Herbsttag, an dem Ann, sechs Monate nach ihrem Antritt, um drei Uhr nachmittags kurz entschlossen ihren Abschied nahm: sie war von Miss Benescoten zur Rede gestellt worden, weil sie noch immer ihre Zeit an das Heim eines Zeitungsjungen vergeudete, das schon zu gut versorgt war, um noch Propagandamöglichkeiten zu bieten.
Um vier Uhr war sie in einem Reisebüro.
Drei Tage später, um zwölf Uhr in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag, reiste sie nach England ab – ihre Pläne reichten nicht weiter als bis zum Pier in Plymouth.
Was sie bei der Abfahrt erregte, war nicht die Menagerie, die mit Küssen, Blumensträußen und Gin Abschied nahm; sie kannte ja die redseligen Mengen der Eastside gut genug. Es war das Kraftgefühl und die Entschlossenheit, die sich in den langen, geschmeidigen Linien des Schiffs ausdrückten, in den schimmernden, weiß gestrichenen Stahlwänden und dem gewaltigen, befehlshaberischen Dröhnen der Dampfpfeife. Kraft! Keine verschlagene Kraft, wie die Miss Benescotens, sondern die reine Kraft von Stahl und Dampf … Nur noch die Zeit einer mühselig abgesessenen Bürowoche, und sie war in England!
Hinunter zu dem überraschend massiven Luxus ihrer in Rosa und Grau gehaltenen Kajüte.
Pat Bramble, mit müden Augen, aber zierlich in einem weißen Kaninfellmantel mit hohem Kragen, Dr. Wormser, Miss Dantzig vom Wohlfahrtshaus in Rochester, Miss Edes und Dr. Wilson Tighe vom Corlears Hook House hatten sie begleitet; sie redeten laut und verstreuten überall in der Kajüte Rosen, Konfekt und Exemplare des Moon-Calf und des Age of Innocence. Dann lächelte in der Tür Lindsay Atwell.
»Ach, das freut mich!« murmelte eine jungfräuliche Ann. »Woher wußten Sie, mit welchem Schiff ich fahre?«
»Das war nicht schwer für einen wirklich profunden juristischen Intellekt. Ich hörte Sie zu Ardences Butler sagen, daß Sie heute abend fahren, und das ist das einzige Schiff, das abgeht. Ann, ich hoffe, es wird großartig werden. Tun Sie eines für mich! Gehen Sie nach Cornwall. Dort gibt es ein Dorf, das ist vollkommen – St. Mawgan im Vale of Lanherne, ganz alt, ganz still, versteckt zwischen Bäumen, mit einem Uhrturm, der älter ist als ganz Amerika. Dann wandern Sie durch Newquay und bleiben Sie auf Pentire Head, nichts als Stechginster und Goldmeerfenchel, so habe ich es vom Sommer her in Erinnerung. Das Meer ist dort besonders weit und weinrot. Ich saß dort einmal stundenlang an meinen Rucksack gelehnt. Wenn Sie zurückkommen, müssen Sie mir davon erzählen. Alles Gute – leben Sie wohl!«
Er war gegangen; und der Dampfer brummte: »Onnnnn! Schifffreiiiii! Onnnnn!«