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Spannung zwischen der politischen Leitung und der Heeresleitung

 

[Meine Unterredungen mit dem deutschen Kronprinzen und General Ludendorff]

Das Auftreten des Generals Hoffmann am 12. Januar hat den Zustand schwerer Spannung bloßgelegt, die sich im Laufe der Verhandlungen mehr und mehr zwischen unserer politischen und militärischen Leitung herausentwickelt hatte. Eine unter dem Vorsitz des Kaisers am 2. Januar im Schloß Bellevue abgehaltene Beratung hatte die Gegensätze nicht ausgeglichen, sondern nur finden Augenblick überkleistert. Damals schon schwirrten Gerüchte über eine ernstliche Krisis durch die Luft, die sich bis zur Nachricht von dem Entlassungsgesuch des Generals Ludendorff verdichteten. Der Verlauf, den die Verhandlungen in Brest nach dem Eintreffen Trotzkis nahmen, entsprach in keiner Weise den Wünschen der Obersten Heeresleitung, die wegen der Notwendigkeit, für die Frühjahrsoperationen auf dem westlichen Kriegsschauplatz ihre Dispositionen zu treffen, auf eine rasche Entscheidung drängte und in der Trotzkischen Verhandlungsmethode nur den Versuch der Verschleppung und der revolutionären Propaganda erblickte.

Am Sonntag, 13. Januar, am Tag nach der Hoffmannschen Erklärung in Brest, besuchte mich in der Frühe vor neun Uhr unangesagt der Kronprinz, der – ebenso wie Hindenburg und Ludendorff – in Berlin eingetroffen war. Er wollte offen und ungeschminkt meine Meinung über Herrn von Kühlmann hören, dem von der Obersten Heeresleitung die schwersten Vorwürfe wegen seiner Verhandlungsleitung gemacht würden. Ich legte dem Kronprinzen die außerordentlichen Schwierigkeiten dar, unter denen Kühlmann zu verhandeln hatte und die meines Erachtens von der Obersten Heeresleitung nicht in vollem Umfang erkannt und gewürdigt würden. Kühlmann habe im Kampf mit einem so gerissenen, skrupellosen und zielbewußten Gegner wie Trotzki stets auch unsere Bundesgenossen und unsere eigene innere Lage im Auge zu behalten. Ich machte kein Hehl daraus, daß nach meiner Ansicht der Kardinalfehler darin liege, daß wir in diese schwierigen Verhandlungen hineingegangen seien, ohne daß vorher eine klare Verständigung zwischen unserer politischen und militärischen Leitung und zwischen uns und Österreich-Ungarn herbeigeführt worden sei. Daraus müsse man für künftige Verhandlungen lernen; ich könne aber nur auf das dringendste widerraten, jetzt Herrn von Kühlmann abzuhalftern. Das Wesentlichste sei, daß Reichskanzler und Oberste Heeresleitung sich endlich aufrichtig und vollständig über das verständigten, was sie von den Russen wollten; nötigenfalls müsse der Kaiser ein Machtwort sprechen und eine klare Parole ausgeben.

Der Kronprinz sagte mir am Schluß der zweistündigen Unterhaltung, er halte es für dringend geboten, daß ich mit Ludendorff über die Sache spräche. Als ich es ablehnte, meinerseits in einer Angelegenheit, die außerhalb meines Aufgabenkreises liege, einen Schritt bei dem General Ludendorff zu tun, antwortete er, dann werde er Ludendorff veranlassen, sich an mich zu wenden. Auf diese Weise hatte ich Gelegenheit, noch an dem gleichen Nachmittag dem General Ludendorff meine Ansichten über Sache und Personen darzulegen und so dazu beizutragen, daß damals in der kritischen Zuspitzung der Brester Verhandlungen ein Wechsel in der Leitung unserer auswärtigen Politik und in der Führung der Friedensdelegation vermieden wurde.


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