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59. Zu den ewigen Sternen.

Nun sind wir länger als einen Monat bei dem Mann im Monde zu Gast gewesen und sind nicht einmal an Erstickung gestorben! Wir könnten also unsere Reise fortsetzen und uns weiter in die Tiefe des Weltenraums hineinbegeben. Aber wie können wir dorthin gelangen? Es ist ja so unendlich weit und obendrein so grimmig kalt, daß man sich den feurigen Wagen des Elias wünschen möchte, um auf ihm im Sturmwind dahinzufahren.

Doch nein, wir wollen nochmals auf dem Lichtstrahl reisen, dann kommen wir wenigstens mit einer Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern in der Sekunde vorwärts. Und trotz dieser ungeheuren Schnelligkeit brauchen wir nicht weniger als vier und ein halbes Jahr, um den nächsten Stern, das Alpha im Zentauren, zu erreichen! Wenn wir uns dann umwenden, ist unsere eigene alte Sonne nur noch ein funkelnder Stern; von der Erde aber und den übrigen Planeten ist längst nichts mehr zu sehen. –

Wieder lassen wir uns auf den Lichtstrahl nieder und reisen geradeaus, Tage, Nächte und Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte hindurch, immerfort mit der gleichen, schwindelerregenden Schnelligkeit. Die Sonne ist längst hinter uns verschwunden, aber vor uns funkeln immer neue Welten aus der Nacht des unendlichen Raumes. Wir sausen vorüber, gewahren aber, daß viele von ihnen Lebewesen und Pflanzen tragen, dergleichen wir auf Erden nie erblickten. Aber wir hören bald auf, darüber zu staunen. Denn warum sollte gerade die Erde der einzige Himmelskörper sein, der mit Leben begnadet wurde? Sie ist ja im Weltenraum winziger als ein Staubkorn, das unter Milliarden anderer durch den Fuß des Dromedars auf den Wüstenpfaden der Sahara ausgewirbelt wird; sie ist unbedeutender als ein Tropfen, der in der unermüdlich schäumenden Brandung die Felsen an der Küste der Insel Sankt Paul benetzt. Ein großer schwedischer Forscher, Svante Arrhenius, hat im Jahre 1900 nachgewiesen, daß von den Himmelskörpern eine Kraft ausgeht, die Strahlungsdruck heißt und die Materie und mikroskopisches Leben von einem Stern zum andern senden kann! Ohne solche Überführung im Weltenraum wäre es ja auch schwer zu begreifen, wie überhaupt das Leben auf unserer Erde, die im Anfang glühendflüssig war, hat entstehen können. Durch die schärfsten Fernrohre, die wir bis jetzt herstellen können, sehen wir am Himmelsgewölbe etwa hundert Millionen Sterne! Die Milchstraße ist eine einzige Anhäufung von Sonnen! Wie käme also die arme kleine Erde dazu, die einzige zu sein, auf deren Oberfläche das Leben eine Freistatt fand!

Tausend Jahre setzen wir unsere Reise fort. Hinter uns liegen die Sterne, die von der Erde aus nur durch die schärfsten Fernrohre sichtbar waren. Aber immer neue Welten funkeln an uns vorüber wie Sternschnuppen in der Nacht. Sonnen, viele Male größer als unsere eigene, Doppelgestirne, dunkle Sterne, die bereits erloschen sind, und leuchtende Nebelflecke in unendlichem Wechsel – der Reichtum der Schöpfung ist unerschöpflich!

Und noch immer weiter geht unsere Reise, Milliarden Jahre hindurch, geradeaus, immer in der gleichen Geschwindigkeit von 300 000 Kilometern in der Sekunde! Unsere schwache Hand würde ermüden, auch nur die Zahl der Jahre mit immer neuen Nullen zu vergrößern! Unsere alte Sonne würde inzwischen erlöschen, während wir noch immer durch den Weltenraum eilen – und dennoch würden wir nie sein Ende erreichen; der Raum ist endlos, und die Zeit ist ewig, und unser irdischer Verstand ist nicht fähig, die Weite des Weltenraumes und die Ewigkeit zu fassen!


Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.


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