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Gedicht und Dichter.

Es ist vollbracht! – da steht es hingeschrieben! –
Ob ich's gewollt, ob Laune mich getrieben
Und Wort an Wort gefügt, ich weiß es nicht!
Fremd liegt vor mir, was erst in mir noch glühte,
Und zweifelnd frag' ich selbst mich tat Gemüte:
Dein sind die Züge; ist es das Gedicht? –

Nicht mein? – Wes sonst? – War ich's nicht, der es dachte,
War's nicht mein Herz, in dem sein Klang erwachte,
Und ist mein Herz und ist sein Schlag nicht mein?
War's nicht in mir, wie kam's durch mich zum Leben,
Besaß ich's nicht, wie konnte dann ich's geben.
Und was ich schuf, kann's nicht mein eigen sein?

Und doch – wenn mein, was grüßen oft den Meister
Aus seinen Klängen unbekannte Geister,
Gesichte, die sein Auge nie geschaut?
Was tönt es Glauben, wo ich Zweifel trage,
Und atmet Mut, wenn hoffnungslos ich zage,
Und schwelgt in Wonne, wenn mir's bangt und graut?

Wenn mein, so müßt' es meinem Wesen gleichen,
Und gleicht es mir denn? – Meine Haare bleichen
Und noch tönt Jugend frisch aus seinem Klang?
Mich hält die Erde fest, aus der ich stamme,
Und hell doch schlägt aus meinem Lied die Flamme
Des Geistes, der das Ird'sche niederrang?

Wie, wär' ein Saitenspiel ich bloß, und klänge
Nur eines andern Kunst aus mir der Menge?
Ein Sprachrohr nur? Wer aber spricht hinein?
Wer dichtet in mir, wenn ich selbst nicht dichte,
Und warum zieht die Welt mich vor Gerichte
Für meine Lieder, wenn mein Lied nicht mein?

Geduld, mein Geist! – Vielleicht aus all die Fragen
Mag dir die Rose dort die Antwort sagen,
Die Knospe still auf Knospe blühend treibt!
Sie weiß kaum, daß sie blüht, warum sie blühe;
Warum ihr Schoß von solchen Flammen glühe,
Bleibt ihr ein Rätsel, wie's dein Lied ihr bleibt!

Du schaffst ein Lied, sie prangt im Purpurkleide,
Sie duftet und du sinnst; ihr müßt es beide,
Weil Rose sie, und du ein Dichter bist;
Fragt je der Strauch in seinen Blütentagen,
Ob sein die Rosen all', die er getragen,
Was fragst du viel, ob dein Gedicht es ist!

Der Strauch ist nicht die Rose; deine Lieder
Sind nicht du selbst, doch ohne euch hinwieder
Wär' nicht dein Lied, und wär' die Rose nicht,
Warum jedoch vom Strauche Rosen kommen,
Warum dein Lied aus deinem Geist entnommen,
Frag' die Natur, die mahnend also spricht:

»Verteilt an alles Sein sind eigne Gaben,
Und mehr, als er empfing, wird keiner haben,
Und keiner werden, was er nicht schon ist,
Die Frucht, die in ihm keimt, muß jeder bringen:
Dir gab ich, daß vom Mund dir Lieder klingen,
Dem Strauch dort, daß die Rose ihm entsprießt!

Prahlt mit Verdienst nicht, rühmt nicht eure Werke,
In mir ist alle Kraft und alle Stärke,
Und was ihr seid, daß müßt ihr eben sein;
Aus meiner Willkür rollen euch die Lose,
Ich dicht' in dir, ich glühe in der Rose,
Und dein Gedicht und ihre Glut ist mein! –«


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