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An den Kaiser.

Nacht ruhte dämmernd auf dem Erdenrunde,
Verhallend war des Tages Laut verweht,
Da stieg, o Herr, aus tiefstem Herzensgründe
Für dich empor zum Himmel mein Gebet!

Nicht daß du lebest, fleht' ich; du wirst leben;
Ein Pfand des Friedens hat des Ew'gen Macht
In dir so vielen Tausenden gegeben;
Die Hoffnung Östreichs welkt nicht über Nacht!

Auch Ruhm und Macht nicht wollt' ich dir erflehen,
Denn wenn des Volkes Liebe nur sie gibt,
Wie könnten sie, mein Kaiser, dir entgehen,
An dem es schon den Klang des Namens liebt.

Auch nicht den Scharfblick, den kein Wahn verblendet,
Nicht Mut und Willenskraft, des Mannes Zier,
Das eine selbst, das seinen Wert vollendet,
Selbst Milde nicht, o Herr, erfleht' ich dir.

Der Gott, der jetzt zum Herrscheramt dich wählte,
Da Umsturz rings und Haß und Zwietracht droht,
Er gab dir, was du brauchst, und was noch fehlte,
Erfahrung reift es und der Drang der Not.

Dem Kaiser nicht, dem Menschen galt mein Beten,
Nicht, Herr, für deine Krone, für dein Herz,
Das rauhe Stürme allzu früh umwehten,
Für deine Jugend fleht' ich himmelwärts.

Es mochte, fleht' ich, nicht dein Herz verbittert
Zurückedenken jener trüben Zeit,
Die mit dem Unrecht auch das Recht erschüttert,
Die mit der Wahrheit auch den Wahn befreit!

Nicht grollen möcht' es jenen finstern Tagen,
Die rings des Lebens Tiefen aufgewühlt
Und so viel eklen Schlamm emporgetragen,
So wenig Perlen nur ans Land gespült!

Es möchte nicht, da deines Thrones Stufen
Jetzt huldigend derselbe Troß umdrängt,
Der Willkür kaum als Freiheit ausgerufen,
Und jedes Band der Ordnung frech zersprengt,

Es möchte nicht, da jenes Fiebertoben
So kläglich jetzt dem Frost des Bangens weicht,
Und wo Empörung kaum ihr Haupt erhoben,
Angeberei nun feig im Dunkeln schleicht,

Nicht Ekel, fleht' ich, möchte dich erfassen
Und Haß und Abscheu vor der Menschen Wahn,
Die gierig erst am Mahl der Sünde prassen
Und zittern, wenn der letzte Trunk getan!

Du möchtest, wenn du Treubruch hier erfahren,
Der Treue denken, die du dort erlebt,
Wo todverachtend deine tapfern Scharen,
Dein greiser Feldherr dir den Sieg erstrebt!

Du möchtest, ob auch zu den Trugpanieren
Des Wahnes trunken sich die Menge kehrt,
Du möchtest, fleht' ich, nie die Kraft verlieren,
Zu glauben, Herr, an echten Menschenwert!

Und Liebe möchte sich zum Glauben finden,
Die heil'ge Liebe, deren Strahlenlicht,
Wie dicht der Trug auch webe seine Binden,
Zuletzt doch siegend in die Herzen bricht!

Die Liebe, die bedauert statt zu rächen,
Die mild den Ölzweig schlingt ums Richterschwert,
Die zürnend in den Staub tritt das Verbrechen,
Doch im Verbrecher noch den Menschen ehrt!

Die Liebe, fleht' ich, laß in ihm erwachen!
Mit ihr im Bund besieg' er Haß und Streit,
Und schließ' der Zwietracht offnen Höllenrachen,
Der neue Kaiser einer neuen Zeit!

So stieg, o Herr, aus tiefstem Herzensgründe
Für dich empor zum Himmel mein Gebet,
Und dämmernd wich die Nacht vom Erdenrunde,
Vom Morgenhauch wie Nebel fortgeweht;

Und Tag ward's, Tag; Rings flammten Purpurgluten,
Und leuchtend stieg die junge Sonne auf!
»Sie strahlt dem Bösen,« dacht' ich, »wie dem Guten,
Und Segen wie der ihre sei sein Lauf!«


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