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Klemens erwachte früh, unbehaglich, wüst im Kopf, öde in der Seele. Der ganze gestrige Abend war ihm wie Geld unter den Händen weggekommen. Er konnte sich auf nichts besinnen. Er rief seinen Diener, einen stämmigen untersetzten Burschen, den er aus Oberwalldorf mitgebracht.
»Johann,« sagte er, »wer hat mich über Nacht hierher begleitet?«
»Das weiß ich nicht, gnädiger Herr.«
»Bin ich allein gekommen?«
»Nein, gnädiger Herr! Ein sehr großer blasser Herr, gewiß so groß wie Euer Gnaden, aber viel schlanker, und ein Jäger kamen mit herauf.«
»War ich denn krank, Johann?«
»Nee, gnäd'ger Herr, das gerade nicht!« sagte Johann mit dümmlichem Lachen.
»Jesus Maria!« rief Klemens entsetzt. »Und ich war bei ihr gewesen! Unmöglich! Bin ich denn an Körper und Seele verhext? Kann ich nicht mehr einen erbärmlichen Tropfen Weins vertragen!«
»Na, gnäd'ger Herr,« sagte Johann begütigend, »ich sollte meinen, es wäre wohl mehr als ein Tropfen gewesen.«
»Ich will mich ankleiden!« rief Klemens.
Er tat es im Fluge und stürmte ebenso zu Mengen. Er haßte Mengen; aber er wollte doch wissen, ob er Faustinen auf irgendeine Weise gekränkt, und ob der Gehaßte ihn zum Dank verpflichtet habe.
Mengen war noch nicht aufgestanden, doch Klemens ließ sich nicht abweisen. Jener befahl die Vorhänge aufzumachen. Klemens setzte sich vor sein Bett – und starrte ihn sprachlos an, denn der ihm wohlbekannte Mantel Faustinens lag auf Marios Bett.
Mengen hatte, plötzlich erweckt, den unseligen Mantel vergessen, er wußte Walldorfs ungemessenes Staunen nicht zu deuten und wartete ruhig auf eine Erklärung dieses und des frühen Besuchs. Als aber Walldorfs Zähne hörbar zusammenschlugen, wähnte er, Klemens werde durch die Erinnerung an sein gestriges Betragen gedrückt, und deshalb sagte er freundlich:
»Das kann wohl einmal passieren, lieber Walldorf, und . . . .«
»O zum Teufel!« rief Klemens außer sich. »Der Mantel gehört . . . .«
»Der Gräfin Faustine!« sagte Mario eiskalt; aber innerlich durchzuckte ihn ein gewaltiger Schreck über seine Unbesonnenheit.
»Und das leugnen Sie nicht einmal?« stammelte Klemens.
»Warum sollte ich?« fragte Mario unbewegt.
»O, Faustine! Faustine! In welche Hände bist Du gefallen!« jammerte Klemens und rannte durch das Zimmer.
»Herr von Walldorf, Ihr gestriges Benehmen war zu begreifen und daher zu entschuldigen. Ihr gegenwärtiges ist aber weder das eine noch das andre. Haben Sie die Güte, mir Ihr Anliegen so kurz wie möglich vorzutragen, damit ich es sobald wie möglich erfüllen kann.«
»Graf Mengen, wie kommt dieser Mantel hierher?«
»Auf diese Frage bin ich nicht Ihnen, sondern der Gräfin Faustine die Antwort schuldig. Daß ich ihr diese Rechenschaft nicht schuldig bleiben werde, davon mögen Sie später Zeuge sein. Übrigens, Herr von Walldorf, bitte ich Sie, meine Verehrung für diese liebenswürdige schutzlose Frau niemals nach der Ihren zu beurteilen, die für diese letzte Eigenschaft einen empörenden Mangel an Rücksicht an den Tag gelegt.«
Klemens wußte genug – für seine Person. Und das, was er weiter wissen wollte, erfuhr er jetzt doch nicht. Also lief er fort, auf die Promenade, hin und her vor Faustinens Fenster. Vielleicht würde sie ihn sehen, ihn rufen. Allein durch Faustinens purpurrote Vorhänge schimmerte der Tag so dämmernd, daß er über ihre Augenlider streifte, ohne sie zu heben.
Sie schlief nicht mehr, sie träumte nur noch halb und halb. Es war ihr wohlig zu Sinn. Sie wußte selbst kaum warum.
»Kunigundens freundliche Zukunft wird es sein!« meinte sie.