Ida Gräfin Hahn-Hahn
Faustine
Ida Gräfin Hahn-Hahn

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XVI

Feldern wollte sein Kunigunden gegebenes Wort erfüllen. Er bat Faustine um die Güte, seiner Braut zuweilen ihre Gesellschaft zu gönnen. Dabei sagte er:

»Ich bin des günstigsten Einflusses Ihres lichten Wesens auf das krankhaft empfindsame meiner Braut gewiß.«

Faustine sah ihn scharf an und erwiderte: »Sie scheinen mir bestimmte Grenzen setzen zu wollen; aber Sie sollten wissen, daß ich mich denen nicht füge, ohne sie wenigstens im vollen Umfang zu kennen. Erwarten Sie etwas Bestimmtes von mir, wie zum Beispiel, daß ich Fräulein Stein einige Anleitung in der Malerei gebe, oder dergleichen, so sagen Sie es nur gerade heraus! Ich werde es gern tun.«

»Kunigunde malt nicht,« entgegnete Feldern, »und überhaupt ist es nicht ein Lehrmeister, den sie in Ihnen finden möchte, sondern eine Freundin.«

»Wer das in mir sucht, dem komme ich entgegen mit vollem offnem Herzen, und ich bin Fräulein Stein im Voraus dankbar für ihr Zutrauen. Aber, mein bester Feldern, vergessen Sie nicht, daß ich nicht die Person bin, die je ihre Meinung zurückhält, und daß mich, wenn man mich um Rat fragt, keine Rücksichten hindern, ihn nach meiner Überzeugung zu erteilen.«

Hätte Feldern den Mut gehabt, Faustinen sein gespanntes Verhältnis zu Kunigunden offen darzulegen, so hätte sie ihn beschworen, die widerstrebende Braut fahren zu lassen und auf keinen Fall sie selbst mit einem Wesen in Verbindung zu setzen, dessen Ansichten sie teilte. Aber Feldern beharrte in seinem Eigensinn, Kunigundens Benehmen als nervöse Rührseligkeit zu betrachten, die der Zerstreuung, der freundlichen Teilnahme, der rückkehrenden Jugendkraft weichen werde. Wich sie, – warum sollte er vorschnell Fremde von der obwaltenden Spannung unterrichten? Wich sie nicht, – und diesen Fall mochte er sich selbst heimlich gestehen – so erfuhr die Öffentlichkeit ja immer früh genug den Aufsehen erregenden Bruch. Vorläufig setzte er ihr also nur auseinander, wie anmutig und belebend ihr Umgang für ein junges kränkelndes Mädchen sein müsse, dem in einer beschränkten Häuslichkeit, bei einer strengherrschenden Mutter und einem schwachen geistlosen Vater, solcher Verkehr durchaus entzogen sei.

Faustinens Sympathie ward rege. Kunigunde kam ihr wie ein Echo ihres eigenen Wesens vor. Ungeduldig, wie sie war, rief sie endlich:

»Nun, ich sehe ihr mit derselben Teilnahme entgegen, die sie für mich geäußert hat! Bringen Sie Ihre Braut nur recht bald zu mir!«

Kunigunde war entzückt durch diese Botschaft, die Feldern ihr am Nachmittag hinausbrachte, Frau von Stein zufrieden, daß doch irgend etwas im Stande sei, die Tochter aus der unnatürlichen Gleichgültigkeit aufzurütteln, und Herr von Stein sehr gern bereit, mit ihr nach Dresden zu fahren und ihr eine kleine Vergnügung zu verschaffen.


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