Andreas Gryphius
Horribilicribrifax Teutsch
Andreas Gryphius

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Cleander. Bonosus. Eudoxia. Palladius. Coelestina. Flaccilla. Sophia.

Cleander. Jch bitte / sie treten etwas hinter die Tapete / und hoeren unseren Reden mit Gedult zu! Dionysi ruffe die Jungfrau mit der Mutter herein.

Sophia. Wenn ich auffs wenigste die Freyheit zusterben erhalten kan / schaetze ich mich glueckselig / daß / in dem ich die Angst meines Lebens beschliesse / auch der Ehren die unbefleckte Seiden meiner Keuschheit mit der Purpur dieses Blutes zufaerben / und / dadurch meine Auffrichtigkeit zu bezeugen / faehig worden.

Cleander. Jst dieses eure Tochter / meine Frau / welcher Schoene und Keuschheit ihr so sehr geruehmet?

Sophia (Faellet vor ihm auff die Knie): Die unglueckselige Schoenheit / gnaediger Herr / ist diß eintzige / was mir / doch zu meinem Unglueck / die Natur verliehen. Wenn sie mich und die Reinigkeit meines Gemuethes in Gefahr setzen soll / wuendsche ich eher die weissen Brueste mit meinem eignen Blute zuerroeten / als ein durch Unehr beflecktes Gesicht / vor Euer Genaden auffzuheben. Jch bitte in diesen Schrancken in welchen mich Elend / Armuth und Gewalt dringet und herum treibet / Eure Genaden wolle mir dieses eintzige erhalten und beschuetzen helffen / was mir noch die euserste und recht Eiserne Noth nicht abzwingen koennen / oder mitleidend gedulden / daß ich vor seinen Fuessen dem geaengsteten Geiste den Weg durch diese Brueste oeffne!

Cleander. Meinet ihr / daß wir euren verstelleten Thraenen und falschen Geberden so viel Glauben geben? Wir kennen der Weibes Personen Art und wissen / wie heilig sie sich stellen / wenn sie ihre Wahre hoch außbringen wollen.

Sophia. Himmel / ende nun meine armselige Tage! bin ich noch laenger auff dieser Welt zu leben begierig / wenn ich Namen und Ehre verlohren?

Cleand. Namen und Ehre sind eine Hand voll Wind / und werden nicht geruehmet / als nur Scheines halber.

Sophia. O GOTT! ist es nicht genung / daß ich bey allen in Argwohn gerathen bin; durch diese gewaltsame Hinwegfuehrung? Muß noch meine Unschuld von dem in Zweiffel gezogen werden / welcher von allen fuer den kraefftigsten Beschuetzer elender und verlassener Waisen gehalten wird? Gute Nacht Himmel! sey zum letzten mahl gegruesset Erde! Was verziehe ich weiter?

Sie holet aus mit einem blossen Messer. Cleander faellet ihr in die Armen: die andern kommen alle herzu gelauffen.

Cleander. Genung meine wertheste! Jhre Keuschheit hat wie ein lauteres Gold durch eine so hefftige Anfechtung bewehret werden muessen. Sie ist in diesen Hoff nicht durch Verlust der Ehren gedrungen / sondern durch ihre Tugend eingefuehret / damit dieselbe nach so langem Verdienst praechtiger gekroenet wuerde. Diese Haarlocken sind es / welche uns gefangen: Doch die Keuschheit Sophiae hat diese Bande fester zusammen gezogen / welche eine heilige Ehe zwischen Mir und Jhr unauffloeßlich verknuepffen soll. Dionysi, Thersander, Pompei, Ptolomaee, bringet Kleider / Perlen und Demante / um meine Schoneste also außzukleiden / wie ihre Tugend und unser Stand erfordert / ob sie wohl mehr gezieret wird durch diese abgeschnittene Haare / als durch alles Reichthum dieser Welt.

Coelestina. Werthe Jungfrau Sophia. Jch wuendsche zu dieser unverhofften Ehe und Ehre Jhr so viel Gluecks / als dero keusche Tugend verdienet / und schaetze mich glueckselig / in dem ich heute Jhre Kundschafft erhalte / von Jhr / als dem vollkommenen Spiegel aller Zucht / zu lernen / was uns allen anstehet.

Sophia. Wird von den Jungfrauen auffs praechtigste gekleidet. Jndessen wuenschen die andern einander allerseits Gluecke.

Cleander. Dionysius, welcher diesem unsern Vorsatz bey sich die Hand geboten / soll nicht sonder Lohn dieser Freude beiwohnen / wenn Jungfrau Coelestina ihre Camillam ihm vermaehlen will / werden wir Mittel finden / sie beyde bester massen zu befoerdern; Und damit Horribilicribrifax und Daradiridatumtarides nicht alleine bey der allgemeinen Freude sich mit Schlaegen / wie uns erzehlet / behelffen duerffen / wollen wir dem Daradiridatumtaride, doch mehr aus Mittleiden gegen die unglueckselige Selenissam, das Commendo ueber die gvarnison in dem nechsten Flecken / dem Horribilicribrifax aber eine Corporalschafft Tragoner in der Vorstadt vertrauen. Lasset die Personen alle auff den Hoff fordern / und unterdessen die Heerpaucken und Trompeten erschallen!

Die Personen gehen alle ab / biß auff Florentin.

Florentin. Hochzeiten ueber Hochzeiten! was werde ich Marcepan bekommen! Laß schauen / ich muß zehlen / wie viel es Heyrathen setze! Jch und Rosina, das ist die Erste; mein Herr und Coelestina, das ist die Ander; Camilla und Dionysius, das ist die Dritte. Bonosus und Eudoxia, das ist die Vierdte; der ungeheure Capitain mit dem Namen von sieben Meilen / und Selenissa, werden die fuenffte halten; ja wol / es mangelt mir noch eine / ey ja! ja! der Stadthalter mit der fremden Jungfrau / das ist die Sechste. Wenn doch sieben wehren / so haetten wir eine gantze Woche voll Hochzeit! wolan! Capitain Horribilicribrifax mag unsre grosse / dicke / derbe / alte / vierschroetige / ungehobelte / trieffaeugichte / spitznaesichte / schluesseltragende Schleusserin nehmen / so ist die Reihe vollkommen. Jhr Herren / Jungfrauen und Frauen / wo euch Sophiae großmuethige Keuschheit / und Coelestinen bestaendige Anmuth / zuforderst aber Florentini (und der bin ich) hoher Verstand gefallen so kommet alle mit auff die Hochzeit / jener grosse weitmaeulichte Baur der dort hinten stehet / mag wol zu Hause bleiben / Er moechte uns den Wein gar aussauffen / und alles auff fressen / daß die Braut selbst hungerig zu Bette gehen mueste.

Der Auffzug wird beschlossen unter Trompeten und Heerpaucken mit einem Tantz / in welchem alle Personen / wie auch Sempronius mit seiner Cyrilla erscheinen.


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